Kaleio
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FreeKALEIO fördert, begleitet und vernetzt Mädchen in der Schweiz – damit sie gross werden, ohne sich klein zu machen! Mehr auf kaleiomag.ch
Ort
Basel-Stadt
Gegründet
2020
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3
Geschenke für Mädchen: Achtung Genderfalle!
Wie navigiert man durch nach Geschlechter getrennte Spielzeugabteilungen und worauf muss man bei der Geschenkwahl achten? KALEIO gibt Tipps und Antworten.Bei der Suche nach Geschenken für kleine und grosse Kinder ist es nicht immer einfach, das Richtige zu finden. Insbesondere Spiele und Spielzeug, die nachhaltig sind, möglichst lange genutzt werden, Spass machen (schliesslich steht der ja im Vordergrund) und frei von Geschlechterstereotypen sind. Das gilt insbesondere für Geschenke für jüngere Kinder, egal ob Mädchen oder Jungen.Als Eltern ist man wahrscheinlich versucht, das Kind selbst zu fragen, was es sich wünscht. Aber wenn man die ausgetretenen Pfade verlassen, Neues ausprobieren und qualitativ hochwertige Artikel kaufen möchte, die die Entwicklung des Kindes fördern, ohne es einzuschränken, ist es hilfreich zu wissen, wo man suchen soll. Und man muss auch wissen, warum es notwendig ist, bestimmte Artikel zu meiden.Markenhersteller haben ab den 1980er-Jahren gezielt bestimmte Spiele und Spielzeuge für Mädchen und Jungen entwickelt, die auf der Verpackung Fotos von Mädchen oder Jungen zeigen und eine geschlechterspezifische Sprache und Farbe verwenden. Denn sie haben erkannt, dass sie mehr Produkte verkaufen und mehr Gewinn machen können, wenn sie den Eltern den Eindruck vermitteln, dass diese Produkte für das eine Geschlecht geeignet sind, für das andere aber nicht.Durch die rosa-hellblaue Spielzeugwelten zu navigieren, ist keine leichte Aufgabe für Eltern. (© iStock Photos / bogdankosanovic)Das Problem liegt dabei nicht in der Abbildung von Mädchen oder Jungen auf der Verpackung oder in der Farbwahl, sondern in der Art der Produkte, die Mädchen oder Jungen vorbehalten sein sollen. Abgesehen von der Tatsache, dass es auch im Jahr 2023 noch negativ wahrgenommen werden kann, wenn ein Junge ein «Mädchenprodukt» benutzt (nicht aber im umgekehrten Fall!), lassen sich bei einem Blick in die Regale grosser Spielzeuggeschäfte einige Gender Bias feststellen:Produkte, die auf Mädchen ausgerichtet sind, werben häufig für passive Aktivitäten oder drehen sich rund um die Bereiche Kommunikation oder die Pflege anderer.Häufige Merkmale von Spielzeug für Mädchen:Sie sind oft weich und kuschelig, wie zum Beispiel Plüschtiere, Stoffpuppen, Taschen, etc.Sie kommen in sanften, pastelligen oder warmen Farben daher (Rosa, Lila, Rot).Sie haben abgerundete, niedliche, glitzernde Motive.Ihre Struktur ist einfacher, sie haben weniger Reliefs oder sind sogar flach.Sie legen viel Wert auf die körperliche Erscheinung.Sie fördern nicht die Bewegung.Sie umfassen häusliche Aktivitäten (Basteln, Kochen, Putzen, Kommunikation, Dekoration ...).Sie sind weniger technisch, weniger ausgeklügelt, daher billiger und kleiner.Häufige Merkmale von Spielzeug für Jungen: Sie haben sind oftmals in dunklen und kalten Farben gehalten. Sie beschäftigen sich mit schlagkräftigen oder historischen Themen, wie Burgen oder Weltraumraketen, oder bewegten Objekten, wie zum Beispielen Traktoren oder Superheld-Figuren.Sie betonen viel stärker das aktive Handeln, das Eingehen von Risiken, Macht, das Entdecken und Erobern der Umwelt sowie logisches und wissenschaftliches Denken. (All das sind Kompetenzen, die später in der Gesellschaft in der Regel oft stärker gewürdigt werden.)Dabei sollten wir uns immer vor Augen führen, dass Mädchen mitnichten weniger fähig sind als Jungen, ihre Umwelt dreidimensional wahrzunehmen, Entscheidungen zu treffen oder andere herauszufordern!Toll sind Aktivitäten und Produkte, die nicht versuchen, Geschlechterstereotype zu verstärken. (© iStock Photos / fstop123)Es ist daher wichtig, ihnen in den ersten Jahren ebenfalls Spiele und Spielsachen anzubieten, die ihnen helfen, diese Fähigkeiten zu entwickeln. Es geht natürlich nicht darum, irgendjemandem zu verbieten, mit der Puppenküche zu spielen oder Perlenketten herzustellen. Es geht vielmehr darum, sich bewusst zu machen, dass Aktivitäten und Produkte, die nicht versuchen, Geschlechterstereotype zu verstärken, zu bevorzugen sind. Es geht darum mit den richtigen Geschenken die Chancen für Mädchen zu erhöhen, eines Tages ihre Träume verwirklichen zu können: sei es, eine Superheldin in einer Trollwelt, eine Professorin für Astrophysik oder eine Opernsängerin zu werden!
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Elisabethenstrasse 10, 4051 Basel,
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mint & malveMicha und Karin von LOREMoour.way
Geschenke für Mädchen: Achtung Genderfalle!
Wie navigiert man durch nach Geschlechter getrennte Spielzeugabteilungen und worauf muss man bei der Geschenkwahl achten? KALEIO gibt Tipps und Antworten.
Bei der Suche nach Geschenken für kleine und grosse Kinder ist es nicht immer einfach, das Richtige zu finden. Insbesondere Spiele und Spielzeug, die nachhaltig sind, möglichst lange genutzt werden, Spass machen (schliesslich steht der ja im Vordergrund) und frei von Geschlechterstereotypen sind. Das gilt insbesondere für Geschenke für jüngere Kinder, egal ob Mädchen oder Jungen. Als Eltern ist man wahrscheinlich versucht, das Kind selbst zu fragen, was es sich wünscht. Aber wenn man die ausgetretenen Pfade verlassen, Neues ausprobieren und qualitativ hochwertige Artikel kaufen möchte, die die Entwicklung des Kindes fördern, ohne es einzuschränken, ist es hilfreich zu wissen, wo man suchen soll. Und man muss auch wissen, warum es notwendig ist, bestimmte Artikel zu meiden. Markenhersteller haben ab den 1980er-Jahren gezielt bestimmte Spiele und Spielzeuge für Mädchen und Jungen entwickelt, die auf der Verpackung Fotos von Mädchen oder Jungen zeigen und eine geschlechterspezifische Sprache und Farbe verwenden. Denn sie haben erkannt, dass sie mehr Produkte verkaufen und mehr Gewinn machen können, wenn sie den Eltern den Eindruck vermitteln, dass diese Produkte für das eine Geschlecht geeignet sind, für das andere aber nicht.
Durch die rosa-hellblaue Spielzeugwelten zu navigieren, ist keine leichte Aufgabe für Eltern. (© iStock Photos / bogdankosanovic)
Das Problem liegt dabei nicht in der Abbildung von Mädchen oder Jungen auf der Verpackung oder in der Farbwahl, sondern in der Art der Produkte, die Mädchen oder Jungen vorbehalten sein sollen. Abgesehen von der Tatsache, dass es auch im Jahr 2023 noch negativ wahrgenommen werden kann, wenn ein Junge ein «Mädchenprodukt» benutzt (nicht aber im umgekehrten Fall!), lassen sich bei einem Blick in die Regale grosser Spielzeuggeschäfte einige Gender Bias feststellen:
Produkte, die auf Mädchen ausgerichtet sind, werben häufig für passive Aktivitäten oder drehen sich rund um die Bereiche Kommunikation oder die Pflege anderer.
Häufige Merkmale von Spielzeug für Mädchen:
Sie sind oft weich und kuschelig, wie zum Beispiel Plüschtiere, Stoffpuppen, Taschen, etc.
Sie kommen in sanften, pastelligen oder warmen Farben daher (Rosa, Lila, Rot).
Sie haben abgerundete, niedliche, glitzernde Motive.
Ihre Struktur ist einfacher, sie haben weniger Reliefs oder sind sogar flach.
Sie legen viel Wert auf die körperliche Erscheinung.
Sie fördern nicht die Bewegung.
Sie umfassen häusliche Aktivitäten (Basteln, Kochen, Putzen, Kommunikation, Dekoration ...).
Sie sind weniger technisch, weniger ausgeklügelt, daher billiger und kleiner.
Häufige Merkmale von Spielzeug für Jungen:
Sie haben sind oftmals in dunklen und kalten Farben gehalten.
Sie beschäftigen sich mit schlagkräftigen oder historischen Themen, wie Burgen oder Weltraumraketen, oder bewegten Objekten, wie zum Beispielen Traktoren oder Superheld-Figuren.
Sie betonen viel stärker das aktive Handeln, das Eingehen von Risiken, Macht, das Entdecken und Erobern der Umwelt sowie logisches und wissenschaftliches Denken. (All das sind Kompetenzen, die später in der Gesellschaft in der Regel oft stärker gewürdigt werden.)
Dabei sollten wir uns immer vor Augen führen, dass Mädchen mitnichten weniger fähig sind als Jungen, ihre Umwelt dreidimensional wahrzunehmen, Entscheidungen zu treffen oder andere herauszufordern! Toll sind Aktivitäten und Produkte, die nicht versuchen, Geschlechterstereotype zu verstärken. (© iStock Photos / fstop123)
Es ist daher wichtig, ihnen in den ersten Jahren ebenfalls Spiele und Spielsachen anzubieten, die ihnen helfen, diese Fähigkeiten zu entwickeln. Es geht natürlich nicht darum, irgendjemandem zu verbieten, mit der Puppenküche zu spielen oder Perlenketten herzustellen. Es geht vielmehr darum, sich bewusst zu machen, dass Aktivitäten und Produkte, die nicht versuchen, Geschlechterstereotype zu verstärken, zu bevorzugen sind. Es geht darum mit den richtigen Geschenken die Chancen für Mädchen zu erhöhen, eines Tages ihre Träume verwirklichen zu können: sei es, eine Superheldin in einer Trollwelt, eine Professorin für Astrophysik oder eine Opernsängerin zu werden!
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Wie leben Mädchen in der Schweiz?
In der Schweiz sind die Lebenswelten von Mädchen, ihre Interessen, Wünsche und Sorgen, sehr wenig erforscht . Für entsprechende Studien fehle oftmals das Geld. KALEIO hat die Herausforderung angenommen und nach Studien, Umfragen und Daten gesucht, um einen Einblick in die Lebenswelt von Mädchen in der Schweiz zu bekommen.
Wie viele Mädchen leben in der Schweiz? Stellen Sie sich vor, alle Mädchen der Schweiz würden zusammen in einer Stadt wohnen. Diese Stadt wäre grösser als Zürich. Das Bundesamt für Statistik (BFS) zählte im Jahr 2019 rund 630 000 Mädchen im Alter von 0 bis 14 Jahren. Etwa die Hälfte lebt laut BFS in einem Haushalt, in dem beide oder zumindest ein Elternteil nicht von Geburt an einen Schweizer Pass hatte. Diese Stadt der Mädchen wäre also sehr divers, auch in Bezug auf Sprachen: Zahlen des BFS aus dem Jahr 2019 zeigen, dass ein Drittel der unter 15-Jährigen zu Hause mehr als eine Sprache spricht, wobei nach den drei grössten Landessprachen Albanisch, Portugiesisch und Spanisch am häufigsten vertreten sind.
Wie gestalten Mädchen ihre Freizeit? Spielen, Sport und Freund:innen treffen: Das sind laut einer Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus dem Jahr 2019 die häufigsten Freizeitaktivitäten von 6- bis 13-jährigen Mädchen und Jungen. Mädchen tendieren dazu, etwas weniger oft draussen zu spielen und verbringen dafür ein wenig mehr Zeit mit der Familie als Knaben. Beliebt sind bei Mädchen vor allem kreative Tätigkeiten. 76 Prozent der Mädchen verbringen mindestens einmal pro Woche Zeit mit Malen, Zeichnen und Basteln. 42 Prozent machen einmal pro Woche Musik. Welche Medien nutzen Mädchen? Die gleiche Studie der ZHAW untersuchte auch das mediale Nutzungsverhalten. Am meisten verbreitet ist bei 6- bis 13-jährigen Mädchen das Fernsehen, gefolgt von Musikhören. An dritter Stelle kommt – im Unterschied zu den Knaben – das Lesen von Büchern. 73 Prozent der Mädchen gaben an, dies mindestens einmal pro Woche zu tun. Weit weniger beliebt als Bücher sind Comics und Zeitungen. Fast die Hälfte der befragten Kinder besitzt ein eigenes Handy, wobei etwas mehr als ein Drittel der Mädchen es vor allem für Fotos und Filme machen benutzt. Das Internet nutzen knapp 60 Prozent der Mädchen mindestens einmal pro Woche. Eine repräsentative Studie von Sucht Schweiz ergab, dass mehr als doppelt so viele Mädchen als Jungen eine problematische Nutzung von sozialen Netzwerken aufweisen, nämlich knapp zehn Prozent der 11- bis 15-jährigen Mädchen. Die Social-Media-Nutzung wurde als problematisch gewertet, wenn beispielsweise Hobbys oder Freund:innen wegen Social Media vernachlässigt wurden oder die Befragten ihre Familie deswegen anlogen.
Über ein Drittel der Mädchen nutzt das Handy vor allem für Fotos und Filme. Foto: © Daisy Daisy – Adobe Stock Photos
Was erleben Mädchen auf digitalen Plattformen? Je älter Mädchen werden, desto häufiger nutzen sie Handy und Internet. Doch nicht alles, was Mädchen dort zu sehen bekommen, empfinden sie als angenehm. Bei einer weiteren Befragung der ZHAW von 12- bis 19-Jährigen gaben 55 Prozent der Mädchen an, bereits einmal online von einer fremden Person sexuell belästigt worden zu sein. Die ZHAW beobachtet diesbezüglich bei beiden Geschlechtern einen Anstieg über die letzten Jahre. Je ein Drittel der Mädchen machte zudem Erfahrungen mit Fotos und Videos, die ohne ihre Zustimmung online gestellt wurden, und mit Mobbing auf Plattformen wie Facebook.
Wem vertrauen Mädchen ihre Gefühle an? Bei Problemen können die meisten Mädchen in der Schweiz auf ihre Familie zählen. Wie der Nationale Gesundheitsbericht 2020 zusammenfasst, können 78 Prozent der 11- bis 13-jährigen Mädchen mit ihrer Mutter über Dinge sprechen, die sie beschäftigen. Bei 53 Prozent ist dies auch mit dem Vater der Fall. Ausserhalb der Kernfamilie scheinen Mädchen ebenfalls auf viel Unterstützung zu treffen. 90 Prozent der 11- bis 15-Jährigen sprechen gemäss dem Gesundheitsbericht mit Kolleginnen und Kollegen über Probleme und können sich auf sie verlassen, wenn etwas schief läuft. Auch zur Lehrperson haben 70 Prozent der 11- bis 13-Jährigen eine vertrauensvolle Beziehung, wobei dieser Anteil in der Pubertät stark abnimmt. Was denken Mädchen über ihren Körper? Bodyshaming, also den eigenen Körper abzuwerten, ist unter Mädchen in der Schweiz weit verbreitet, wie eine Umfrage der Gesundheitsförderung Schweiz zeigt. Von circa 300 befragten Mädchen aus der Deutschschweiz und der Romandie im Alter von 13 bis 16 Jahren gaben gerade mal 38 Prozent an, mit ihrem Körpergewicht zufrieden zu sein. Fast die Hälfte gab an, sich zu dick zu fühlen. Auch Jungs hadern mit ihrem Körper, wie die Studie zeigt. Sie fühlen sich aber eher nicht zu dick, sondern zu dünn. Den Grund für die hohe Unzufriedenheit orten die Studienautor:innen unter anderem in den sozialen Medien. Perfektionierte Körper und manipulierte Bilder würden Jugendliche unter Druck setzen.
Wie steht es um die Gesundheit von Mädchen? Von den 11- bis 15- jährigen Mädchen schätzen 86 Prozent ihren eigenen Gesundheitszustand als gut bis ausgezeichnet ein, wie ein Bericht der Fachstelle «Sucht Schweiz» zeigt. Trotzdem gaben 18,2 Prozent an, dass sie mehrmals wöchentlich an Kopfschmerzen leiden, 13,7 Prozent leiden an Bauchschmerzen und 15,1 Prozent an Rückenschmerzen. 45,4 Prozent der Mädchen sind oft müde, knapp 30 Prozent können schlecht einschlafen und ein Viertel ist oft launisch oder gereizt. An psychischen Beschwerden ist unter anderem Traurigkeit relativ weit verbreitet. 23,8 Prozent der befragten Mädchen fühlen sich öfters bedrückt oder traurig, wobei dies bei den Knaben nur auf 8,8 Prozent zutrifft. Auch die neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik zur psychischen Gesundheit von Schweizer Kindern und Jugendlichen zeigen, dass Mädchen stärker von psychischen Problemen betroffen sind. Sie erleben öfter wiederkehrende Gedanken über den Tod, fühlen sich ohnmächtig oder haben das Gefühl, die Zukunft sei hoffnungslos. Dabei kommen auch Gefühle der Verärgerung und Wut bei 18,7 Prozent der Mädchen regelmässig auf, während dies bei den Knaben mit 14,3 Prozent etwas seltener der Fall ist. Mädchen sind also nicht seltener wütend als Knaben, sondern zeigen dies oftmals anders, wie die Psychotherapeutin Anna Ross in einem Interview mit Kaleio sagte.
Stimmt es, dass Mädchen keine Mathematik mögen? Die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) sind bei Mädchen tatsächlich wenig beliebt, wie eine qualitative Untersuchung der Fachhochschule Ostschweiz (FHO) zeigt. Während nur 2 von 26 befragten Zehntklässlerinnen Chemie als ihr Lieblingsfach angaben, waren es bei den Sprachen über die Hälfte. Eine Studie der Akademien der Wissenschaften Schweiz über Gymnasiastinnen aus dem Jahr 2014 bestätigt dieses Bild. Obwohl Biologie noch vor den Sprachen und gestalterischen Fächern als beliebtestes Fach genannt wurde, landeten Physik, Wirtschaft, Mathematik und Chemie auf den hintersten Plätzen. Die Studie liefert eine mögliche Erklärung für diese Tendenz: Die befragten Mädchen fühlten sich in MINT-Fächern deutlich weniger gefördert als Knaben und schätzten ihre Fähigkeiten in diesen Bereichen generell tiefer ein. Warum die meisten Mädchen Mathe nicht mögen und was das mit Genderstereotypen zu tun hat, erfährst du hier .
64 % der Knaben, aber nur 40 % der Mädchen geben an, in ihrem Interesse an Technik durch ihre Familie stark gefördert worden zu sein. Quelle: Studie der Akademien der Wissenschaften Schweiz . Foto: © insta photos – Adobe Stock Photos
Was für Berufswünsche haben Mädchen? Bei 9- bis 12-jährigen Mädchen sind Berufe mit Tieren sowie Schauspielerin und Sängerin äusserst beliebt, wie die qualitative Studie der FHO zeigt. Bei älteren Mädchen spiegeln die Berufswünsche teilweise das Interesse an Schulfächern. Zwar ist gemäss einer Umfrage aus dem Jahr 2011 Ärztin der häufigste Wunschberuf von 13- bis 15-jährigen Mädchen, technische oder handwerkliche Berufe tauchen unter den beliebtesten zehn Berufen aber keine auf. Oft genannt werden hingegen Dekorateurin, Lehrerin, Kleinkinderzieherin, Tierärztin, Anwältin, Pflegefachfrau, Coiffeuse, Kosmetikerin und Psychologin. Die Entwicklung der letzten Jahre hat jedoch gezeigt, dass sich zumindest bei handwerklichen Berufen ein Wandel abzeichnen dürfte. So gibt es je nach Region bereits heute mehr junge Malerinnen als Maler.
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7 Tipps, wie Sie Ihre Tochter unterstützen können, wenn ihre Brüste zu wachsen beginnen
Wenn die Brüste knospen, beginnt eine besondere Zeit voller Aufregung und Freude, aber auch voller Unsicherheit und Angst. Finden Sie heraus, wie Sie Ihre Tochter dabei klug begleiten können. 1. Stellen Sie sie nicht bloss Begegnen Sie den Veränderungen, die im Körper Ihrer Tochter stattfinden, mit Ernsthaftigkeit und Respekt. Und bleiben Sie dabei möglichst natürlich. Wenn Sie können, bitten Sie Ihre Familie (inklusive Tanten, Onkel, Grosseltern), unnötige Kommentare zu unterlassen. Besprechen Sie dieses Thema auch nicht mit anderen Erwachsenen vor dem Mädchen oder hinter seinem Rücken. Das ist ihre Privatsache und sie kann entscheiden, ob sie mit jemand anderem darüber sprechen möchte oder nicht. 2. Informieren Sie sich und suchen Sie das Gespräch Um Ihrer Tochter zu helfen, besser zu verstehen, was mit ihr los ist, können Sie (alleine oder gemeinsam) mehr über Brüste, ihren Aufbau und ihre Funktion – das Füttern von Säuglingen – lesen. Sie können auch den «Körperwunderland»-Artikel aus der Ausgabe 5 von KALEIO verwenden, in dem ich beschreibe, was im Körper eines Mädchens passiert, wenn ihre Brüste wachsen. Damit haben Sie einen guten Ausgangspunkt für Fragen und Gespräche. Wichtig ist es, dass Sie im Gespräch mit Ihrer Tochter nicht auf das Aussehen der Brüste fokussieren.
Aus KALEIO-Ausgabe Nummer 5 «Mein Raum». Illustration: Anna Moderska. 3. Helfen Sie ihr, i hren ersten BH auszusuchen Fragen Sie Ihre Tochter zunächst, ob sie überhaupt schon einen BH möchte und ob sie Sie beim Aussuchen mit dabei haben will. Es könnte sein, dass das eine Mädchen schon lange von einem Sport-BH träumt, während ein anderes davon noch gar nichts wissen will. Erfragen Sie ihre Bedürfnisse und respektieren Sie diese. Erklären Sie auch, dass die Funktion von BHs darin besteht, den Körper beim Tragen der Brüste zu unterstützen. Aber jede Frau entscheidet für sich selbst, was für sie am bequemsten ist. Beim Sport wird ein BH sicherlich nützlich sein. 4. Werden Sie sich bewusst, wie Sie zu Ihren Brüsten und jenen anderer stehen Kinder lernen durch Nachahmung. Falls Sie eine Mutter sind, ist es wichtig, wie Sie sich zu Ihren Brüsten verhalten und ob Sie die Brüste anderer Frauen kommentieren (das gilt natürlich für den ganzen Körper). Wenn ein Mädchen von Frauen, die ihr nahestehen, hört: «Ich wünschte, ich hätte grössere Brüste» oder «Meine Brüste hängen», lernt sie, dass das Aussehen von Brüsten wichtig genug ist, dass man darüber spricht. Sie verinnerlicht auch, dass es zum Frausein dazugehört, mit seinem Körper unzufrieden zu sein. Ähnlich verhält es sich, wenn sie Kommentare von geliebten Menschen (Männern und Frauen) über die Brüste anderer hört («Die da hat richtig Holz vor der Hütte!»). Das signalisiert ihr, dass es in Ordnung ist, das Aussehen von jemandem auf diese Weise zu beurteilen, und dass Brüste, für die es offenbar ungeschriebene Schönheitsstandards gibt, häufiger kommentiert werden als der Rest des Körpers. Diese Einstellung kann dazu führen, dass sie den eigenen Körper und die Körper anderer Mädchen oder Frauen zu objektivieren beginnt. Mehr zu dem Thema erfahren Sie unter anderem im Buch «Beauty Sick. How the Cultural Obsession with Appearance Hurts Girls and Women» von Renee Engeln (derzeit nur auf Englisch erhältlich). 5 . Feiern Sie die Vielfalt In der Pubertät vergleichen sich Jugendliche immer stärker miteinander. Mädchen fragen sich, ob sie sich gut entwickeln, vergleichen ihre Brüste mit denen ihrer Freundinnen. Sie sind auch auf Social Media unterwegs, wo sie oft nur einen Typ von Körper und Schönheit antreffen. Deshalb sind Erfahrungen, bei denen ein Mädchen Körper von Frauen unterschiedlichen Alters in einer natürlichen Umgebung sehen kann, z. B. im Schwimmbad in der Umkleidekabine, sehr wertvoll. Auf der Website der Fotografin Laura Dodsworth finden Sie Bilder von sehr unterschiedlichen Brüsten. Sie können sie sich mit Ihrer Tochter ansehen, wenn Sie das für eine gute Idee halten.
Aus KALEIO-Ausgabe Nummer 5 «Mein Raum». Illustration: Anna Moderska. 6. Hören Sie ihr zu und seien Sie da Mädchen entwickeln sich sehr unterschiedlich. Einige kehren nach den Sommerferien verwandelt in die Schule zurück, mit fast ausgewachsener Brust, während andere gerade erst anfangen zu knospen. Für Ihre Tochter kann dies mit allen möglichen Gefühlen verbunden sein: «Lea hat schon Brüste und ich noch nicht!» Oder: «Keine von ihnen hat Brüste, ausser mir. Ich komme mir sehr dumm vor.» Es ist eine gute Idee, Ihrer Tochter ganz genau zuzuhören und ihr zu erklären, dass jeder Mensch anders und einzigartig ist und sich in seinem eigenen Tempo entwickelt. 7. Handeln Sie In der Pubertät sind die Reaktionen mancher Jungs auf die sich verändernden Körper ihrer Kolleginnen nicht immer angemessen. Es ist wichtig, Jungen in dieser Zeit nicht zu verteufeln: Ich meine das nicht im Sinne von «So sind sie halt», sondern weil sie vielleicht bis anhin kein gutes Vorbild hatten und einfach versuchen, mit ihren Emotionen so gut es geht alleine zurechtzukommen. Gleichzeitig sollte ein solches Verhalten nicht kleingeredet oder als unbeholfenes Necken abgetan werden. Vor allem wenn das NEIN des Mädchens nicht gehört und nicht ernst genommen wird. Vulgäre Kommentare oder das Spicken von BH-Trägern sind übergriffig, sie verletzen persönliche Grenzen. Mädchen und Jungen, Lehrer:innen, Erzieher:innen und andere Eltern müssen darüber informiert werden. Falls erforderlich, ist es eine gute Idee, zusätzliche pädagogische Aktivitäten zu organisieren, die sich um die Themen Grenzen und Empathie drehen. Mädchen müssen wissen, dass niemand, auch nicht unter dem Vorwand eines Scherzes, das Recht hat, ihre Grenzen zu verletzen und ihnen Unbehagen zu verursachen. Und nur weil sie sich wehren und nicht einverstanden sind, bedeutet das nicht, dass sie «keinen Spass verstehen», sondern dass sie für sich einstehen.
Kinder lernen von Erwachsenen, also sind wir diejenigen, die ihnen von Anfang an vorleben, wie man mit den Grenzen anderer Menschen umgeht: ob man sie respektiert oder ignoriert. Und ob wir für unsere eigenen Grenzen einstehen oder zulassen, dass sie überschritten werden. Über die Autorin: Barbara Pietruszczak ist Journalistin mit den Schwerpunkten Menstruation, Körperbild, Sexualität und sexuelle Tabus. Sie ist die Autorin der KALEIO-Rubrik «Körperwunderland».
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Das Geschlecht ist der entscheidende Faktor für die Berufswahl
Ob im Mathematikunterricht in der Schule, bei der Studienwahl oder in der Berufswelt: Es verläuft ein tiefer Gendergraben durch die Schweiz. Was läuft hier schief und wie können wir das ändern? Die Bildungswissenschaftlerin Elena Makarova ordnet ein.
KALEIO: Beginnen wir mit dem Bli ck auf die Schulzeit. In den sechs PISA-Studien zwischen 2000 und 2015, die auch in der Schweiz durchgeführt wurden, schnitten Mädchen durchschnittlich schlechter in Mathematik und Naturwissenschaften ab als Jungs. Und dies, obwohl sich Fachpersonen einig sind, dass es keine geschlechtsspezifischen Potentiale in diesen Bereichen gibt. Gleichzeitig ist Mathematik das unbeliebteste Fach bei Mädchen. Im Gymnasium beispielsweise wählen viel weniger Mädchen als Jungs die Schwerpunktfächer Physik und Mathematik. Warum sind Mathematik und Physik so unbeliebt bei den Mädchen?
ELENA MAKAROVA: Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen: In der Wahrnehmung der Mädchen gehören Mathematik und Physik nicht mit dem Frausein zusammen. Wir haben über 3 000 Gymnasiastinnen gefragt, welche Eigenschaften sie mit Mathematik und Physik verbinden. Genannt wurden: hart, ernst, kühl, nüchtern, streng, robust und starr. Mit dem Begriff «Frau» wiederum verbanden sie entgegengesetzte Eigenschaften: weich, verspielt, gefühlvoll, verträumt, nachgiebig, zart und beweglich. Das bedeutet, dass diese Fächer von den Mädchen und Frauen nicht mit dem eigenen Geschlecht als vereinbaren angesehen werden. Hier spiegeln sich gesellschaftlich tief verankerte Stereotypen wider, was als weiblich oder männlich angesehen wird.
Elena Makarova ist Professorin für Bildungswissenschaften an der Universität Basel und leitet das Institut für Bildungswissenschaften. Sie forscht seit vielen Jahren zu Themen im Bereich Entwicklung, Lernen und Lehren im Hinblick auf Heterogenität im schulischen Kontext, Akkulturation und Adaptation, Berufsorientierung und Gender sowie Serious Games in der Berufsorientierung.
70 Prozent der jungen Frauen entscheiden sich für einen Lehrberuf, der niedrige Anforderungen an schulische Mathematikkenntnisse stellt. Leider besteht ausgerechnet ein Zusammenhang zwischen Berufen mit hohen mathematischen Ansprüchen und Löhnen, wie Analysen zeigen. (Die ser Zusammenhang gilt nicht für andere Anforderungen wie beispielsweise sprachliche oder naturwissenschaftliche Kompetenzen). Sprich: Mädchen meiden Lehrberufe, die höhere Mathematikanforderungen stellen und die später zu einer besseren Entlohnung führen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab, wenn wir uns die Studierenden i n technischen Fächern sowie Bauwesen und Informatik anschauen, wo der Frauenanteil ebenfalls sehr tief ist. Die Folge: Nimmt man die 30 ve rbreitetsten Berufe der Schweiz, so lassen sich die meisten von ihnen in traditionelle Männer- und Frauenberufe einteilen . Das ist dann der Fall, wenn mindestens 70 Prozent der Menschen in einem Berufsfeld Männer oder Frauen sind.
Elena Makarova , warum geht die Geschlechterschere auseinander, wenn es um die Studien- und Berufswahl geht?
Die Berufswahl ist ein sehr langer Prozess, der schon im Kindesalter beginnt und mehrere Phasen durchläuft. In jeder Phase beurteilen wir aufs Neue, ob ein Beruf zu uns passt oder nicht. Je weiter dieser Prozess voranschreitet, desto enger wird die Auswahl. Im Alter von jungen Erwachsenen spielt das Geschlecht schlussendlich eine zentrale Rolle bei der Berufswahl, auch wenn dies ihnen gar nicht bewusst ist. Ob ein Beruf zu ihnen passt, beurteilen sie massgeblich anhand dessen, ob der Beruf ihrem Geschlecht zugeschrieben wird oder nicht. Das ist für die jungen Menschen wichtiger als das Sozialprestige eines Berufs. Und erst an dritter Stelle kommen ihre eigenen Interessen und Stärken. Das heisst, eine junge Frau wählt eher einen traditionellen Frauenberuf mit niedrigerem Sozialprestige als einen Beruf, der männlich konnotiert ist, ihr mehr Sozialprestige verleihen würde und – was besonders gravierend ist – ihren Stärken und Interessen entspräche. Wir verlieren dadurch Talente, die in einem anderen Beruf womöglich viel bessere Leistungen erzielen und mehr Erfüllung finden würden. Welche Berufe sich vermeintlich eher für Männer oder Frauen eignen, wird Kindern und Jugendlichen ständig und überall im Alltag gezeigt und vorgelebt: In den Familien, in der Schule und in den Medien. Frauen sind in Gesundheits- und Sozialberufen sehr stark übervertreten und werden deshalb mit emotionalen und sozialen Kompetenzen assoziiert. Männer dominieren im MINT-Bereich und werden deshalb mit rationalen und technischen Kompetenzen in Verbindung gebracht.
Illustration aus «Die Pilotin»: Kaleio Nr. 10 «Welt ohne Erwachsene» (© Wanda Dufner)
Was können beziehungsweise müssen wir ändern? Im Berufsalltag müssen wir die Strukturen ändern. Ganz wichtig ist hierfür eine günstige Kinderbetreuung. Verbinden Frauen mit einem Beruf (oder zum Beispiel einer traditionell männlich konnotierten Berufsbranche) eine gute Vereinbarkeit mit Familie, so entscheiden sie sich eher dafür und steigen auch weniger aus einer Berufsbranche aus. Zudem müssen Betriebe eine diskriminierungsfreie Kultur etablieren. Zentral sind natürlich auch ein gesellschaftlicher Wandel und das Aufbrechen traditioneller Rollenzuschreibungen. Nur, die meisten Menschen sind sich über ihre eigenen Genderstereotype gar nicht bewusst. Wir alle müssen eigene Haltungen und Annahmen reflektieren und fragen, was wir an Kinder und Jugendliche weitergeben.
Die Schule hat einen grossen Wirkungshebel. Für die Lehrpersonen bedeutet das aber auch eine grosse Herausforderung, weil sie nicht nur ihre eigenen Genderstereotype reflektieren und durchbrechen müssen, sondern auch jene der Schüler:innen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich oft um unbewusste, sehr subtile Formen der Diskriminierung handelt, die auf Mädchen dennoch einen grossen Einfluss haben. Zum Beispiel indem eine Lehrperson einem Jungen ein ausführlicheres Feedback auf einen Mathematiktest gibt als einem Mädchen. Mädchen reagieren darauf und verlieren Selbstvertrauen in diesen Bereichen, was zu schlechteren Leistungen führt.
Illustration «Die Rangerin» aus: Kaleio Nr. 3 «Erde I love you» (© Justyna Chudzińska-Ottino) Wir wissen aus Ländern, in denen mehr Frauen im MINT-Bereich vertreten sind, dass dort auch weniger stereotype Zuschreibungen vorhanden sind. Das heisst, die Sichtbarkeit ist extrem wichtig und hat einen grossen Einfluss. Ich denke da an Schulbücher. Gerade in Lernunterlagen in den Fächern Mathematik, Physik oder Chemie sind fast ausschliesslich Männer als Wissenschaftler und Erfinder abgebildet. Es gibt dort keine weiblichen Vorbilder für Mädchen. Aus diesem Grund bemühen wir uns Lehrpersonen für das Thema zu sensibilisieren und Schulbücher aber auch Unterlagen zur beruflichen Orientierung auf die Kriterien der Gendergerechtigkeit hin zu überprüfen und zu verbessern. Mich stimmt positiv, dass wir in der Gesellschaft einen Wandel erleben. Dazu gehört auch die Entwicklung, dass viele Menschen Geschlechter heute nicht mehr in zwei Kategorien teilen, sondern als Kontinuum sehen und auch einen non-binären Bereich anerkennen. Das alles hilft, die bestehenden Geschlechterkategorien zu durchbrechen. Wir brauchen einen Wandel in den Köpfen und Strukturen – wir haben noch viel zu tun!
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Illustration aus: Kaleio Nr. 11 «Erfindungen» (© Katarzyna Doszla)
Mehr Girlpower im Sport
Mädchen in der Schweiz treiben weniger Sport als Jungs. Sportmuffel sind sie deswegen aber noch lange nicht. Ändern sich die Strukturen, treiben auch mehr Mädchen Sport in einem Verein, sagt die Expertin für Mädchenförderung.
KALEIO: Mädchen sind weniger sportlich aktiv . Ist das ein Problem? Elke Gramespacher: Nicht per se, aber wenn sich ein Zu-wenig-Sport-Treiben auf die Gesundheit auswirkt, dann schon. Gesundheit ist ja nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern bedeutet auch, sich wohlzufühlen und mental fit zu sein. Hier kommt neben dem Sport in der Schule vor allem der Sportverein ins Spiel: Er ist ein Ort der sozialen Integration, wo man neue Freundschaften knüpft, Menschen kennenlernt, die man sonst vielleicht nicht treffen würde, weil sie zum Beispiel auf eine andere Schule gehen. Mit anderen Worten: Im Sportverein bauen Kinder und Jugendliche soziales Kapital auf, und das hat auch eine gesundheitsfördernde Wirkung.
Elke Gramespacher ist Professorin für Bewegungsförderung und Sportdidaktik im Kindesalter an der Pädagogischen Hochschule FHNW.
Mädchen haben also einen Nachteil, der über die körperliche Gesundheit hinausgeht, weil sie weniger am organisierten Sport teilnehmen?
Ja. Aber der Sport ist nicht der einzige Ort, wo man soziales Kapital sammeln kann. Dies kann man ebenso gut im Musikverein oder beispielsweise in der Grossfamilie. Kommt hinzu: Während im Jugendalter Jungs ihr soziales Kapital unter Gleichaltrigen eher in einer Gruppe suchen, suchen es Mädchen häufig bei der besten Freundin. Sprich in einer vertieften, sehr intensiven Beziehung. Das kann man sich zunutze machen, wenn man Mädchenförderung im Sport betreibt. Wie? Wir wissen aus Studien, dass, wenn die beste Freundin in einen Sportverein geht, die andere auch eher mitgeht.
Gehen wir einen Schritt zurück: Warum sind Mädchen überhaupt weniger aktiv in Sportvereinen? Es sind nicht individuelle, sondern strukturelle Gründe. Zum einen spielt der kulturelle Hintergrund teilweise eine Rolle. In gewissen Kulturen ist der Frauensport noch wenig verbreitet. Ein anderer Grund ist, dass Mädchen zu Hause mehr eingespannt werden bei der Hausarbeit und deshalb weniger Freizeit haben. Das nimmt zwar in der Gesellschaft insgesamt ab, aber betrifft die Mädchen immer noch stärker als Jungs. Und dies gilt ebenso für Mädchen ohne Migrationshintergrund. Klingt düster. Würde ich nicht nur so sehen. Vergleichen wir die Zahlen heute mit jenen von vor 30 Jahren, dann haben die Mädchen stark aufgeholt, was den Vereinssport anbelangt. Ein Erfolgsbeispiel ist der Fussball. Hier hat die Anzahl Mädchen in den letzten Jahren stark zugenommen. Dazu haben Filme wie «Kick it like Beckham» beigetragen. Aber auch die Vereine haben sich geöffnet und beispielsweise Mädchenmannschaften gegründet. Und auch die Eltern sind offener geworden gegenüber dem Fussballsport. Das ist ein ganz wichtiger Faktor. Ausserdem nehme ich an, dass der Trend sich weiter fortsetzt, je mehr weibliche Trainerinnen es gibt.
Ausschnitt aus der Rubrik «Flink wie Pippi» aus KALEIO Nr. 10 Was braucht’s noch, damit Mädchen mehr Sport treiben? Für mich ist das Empowerment besonders wichtig. Dazu gehört, dass wir Mädchen die verschiedenen Sportarten näherbringen, gerade auch solche, die eher männlich konnotiert sind, wie zum Beispiel Zweikampfsportarten. Dies kann beispielsweise gefördert werden, indem Trainer:innen in die Schulen kommen. Oder indem man Mädchen porträtiert, die solchen Sport treiben, wie Sie es im Magazin Kaleio tun in der Rubrik «Flink wie Pippi». Denn gerade bei männlich konnotierten Sportarten ist die Hemmschwelle besonders gross für Mädchen, weil sie zum Beispiel Angst haben, ausgelacht zu werden. Wichtig sind deshalb auch Sporttage «einmal nur für Mädchen». Warum «nur für Mädchen»?
Es geht darum, Mädchen zu ermutigen, etwas auszuprobieren, das sie noch nicht kennen. Und zwar in einem Raum, wo andere Mädchen sind und im besten Fall auch eine Trainerin da ist, die Verständnis hat und sie auch ermutigt. Das ist vor allem in der Pubertät wichtig, wenn der Körper der Mädchen anfängt, sich zu verändern, und sie ihn neu kennenlernen und neu mit ihm umgehen lernen müssen. Insgesamt verwende ich gerne den Begriff «geschlechtersensibel», denn die Geschlechterfrage ist nicht immer relevant, wir sollten sie nicht dramatisieren. Je nach Situation ist auch eine gemischte Gruppenkonstellation förderlich. Aber wir dürfen die Geschlechterdimension zugleich nicht aus den Augen verlieren. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die Bedürfnisse der Mädchen untergehen. Das darf nicht passieren!
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Wie viele Schweizerinnen kennst du, die Geschichte schrieben?
Geschichte machen nur Männer. Geschichte ist langweilig, Schweizer Geschichte sowieso. KALEIO beweist Kindern mit einem Comic das Gegenteil Klar, die englische Königin Elisabeth I. faszinierte schon immer. Und Katharina die Grosse ist den meisten ein Begriff. Aber abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen hinterlassen Schulunterricht und Geschichtsbücher oftmals den Eindruck, dass es stets nur Männer waren, die Geschichte schrieben. Dass Geschichte in vielen Köpfen (von Erwachsenen, aber eben auch von Kindern und Jugendlichen) immer noch automatisch vor allem mit männlichen Akteuren gleichgesetzt wird, das beobachtet auch die Mediävistin Annalena Müller von der Universität Fribourg. Ein Umstand, der auch zu einem falschen Verständnis der Vergangenheit führen könne: «Viele gehen zum Beispiel davon aus, dass das Mittelalter patriarchal war. Dabei konnten Frauen in dieser Epoche ähnlich Macht ausüben wie Männer.» So regierte beispielsweise die Äbtissin des Fraumünsters in Zürich über ein sehr grosses Gebiet und sprach sogar Recht. Geschichte ist mehr als Schlachten und Kriege Warum wissen die meisten von uns nichts davon? Den Grund dafür sieht Müller darin, wie Geschichte immer noch von vielen verstanden wird: nämlich als Schlachten, die gefochten, und Kriege, die geführt werden. «Wenn wir uns aber vergegenwärtigen, dass Geschichte auch Politik und Diplomatie bedeutet, dann verändert sich das Bild», sagt Müller und verweist etwa auf Eheschliessungen unter Adligen. Dort hätten stets beide, Ehegatte und Ehegattin, politische Interessen mit der Ehe verfolgt. Sie nennt auch die vielen Briefe zwischen der Habsburger Herrscherin Maria Theresia und ihrer Tochter Marie Antoinette. Darin zeige sich, wie viel Politisches die beiden Frauen miteinander besprachen und wie sie im Hintergrund die Fäden zogen. Episode mit Katharina von Wattenwyl aus dem KALEIO-Comic Kira und Kooki. Die Historikerin und Journalistin Nadine A. Brügger sieht noch einen weiteren Grund, warum in Geschichtsbüchern kaum weibliche Akteurinnen vorkommen: «Viele Frauen konnten weder lesen noch schreiben. Die Geschichte, die wir in unseren Geschichtsbüchern finden, wurde also von denen geschrieben, die es konnten und durften, und das waren sehr oft Männer. Und diese erzählten die Geschichte anderen Männern.» Leerstellen füllen sich langsam Beide Historikerinnen beobachten, dass das Interesse in der Gesellschaft und in der Forschung an historischen Frauenfiguren und Schicksalen zunimmt. In den Archiven liege noch viel ungesichtetes Material über und von Frauen. «Da gibt es noch sehr viel Grundlagenarbeit zu machen», sagt Müller. Die Forschung ist das eine. Was anderes ist es, dieses Wissen sichtbar zu machen. Genau das hat sich KALEIO mit dem Comic-Buch « Kira und Kooki – Auf den Spuren des Energiekristalls » vorgenommen. Es ist die Geschichte der 11-jährigen Kira, die mit ihrem intelligenten Zeitreise-Roboter Kooki in die Vergangenheit reist, um ihre Mutter zu suchen. Diese ist nämlich eine geniale Physikerin, die beim Experimentieren mit ihrer selbstgebauten Zeitreisemaschine plötzlich verschwindet. Auf ihrer abenteuerlichen Reise in die Vergangenheit trifft Kira in jeder Episode auf eine bedeutende Schweizerin, die auf irgendeine Art Geschichte schrieb. (Das Buch erscheint am 23. Mai und kann über den Webshop von KALEIO bestellt werden/. Als Vorgeschmack ein kleines Geschichts q uiz (Es können mehrere Antworten richtig sein! Die Lösung findest du am Ende dieses Artikels.) 1. Wer war Katharina von Wattenwyl? a) Eine Ehefrau mit 10 Kindern b) Eine Forscherin c) Eine Spionin 2. Wer war Elisabeth Baulacre? a) Eine Frauenrechtlerin b) Eine der ersten Unternehmerinnen Europas c) Einer der reichsten Menschen im Genf des 17. Jahrhunderts 3. Wer war Tilo Frey? a) Die erste Person of Color im schweizerischen Parlament b) Eine der ersten 11 Frauen im Nationalrat c) Eine Politikerin, die sich für die Lohngleichheit von Männern und Frauen einsetzte Warum lohnt es sich überhaupt, in die Vergangenheit zu blicken und mit Kindern und Jugendlichen darüber zu reden? Für die Journalistin und Historikerin Brügger ist klar: Weil man auf diese Weise die Gegenwart besser verstehe. Ein weiterer Grund: «Alle, die vor uns kamen, können ein Vorbild sein. Wenn ich zum Beispiel weiss, dass Menschen, die mir ähnlich sind, sich nicht haben unterkriegen lassen, schenkt mir das Mut. Dann traue ich mich ebenfalls, für meine Rechte und Überzeugungen einzustehen.» Umso wichtiger also, dass wir auch die Frauen aus der Vergangenheit sichtbar machen und über ihre Bedeutung sprechen — nicht zuletzt für die Mädchen von heute. (Diese Antworten sind richtig: 1c, 2b, 2c, 3a, 3b, 3c)
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