Kommentare

nach Abstimmungen bin ich mir oft nicht mehr so sicher. Da stimmte zum Beispiel das Volk, dass Mühleberg abgeschaltet sein soll. Und jetzt? Wird Mühleberg saniert. Ist das rechtens?? Nicht das erste Mal geht dies so. Dann frage ich mich, ob ich überhaupt noch abstimmen gehen soll. Tue es trotzdem.

Also ich fände es etwas voreilig Gleichheit als Metaphysik darzustellen. Gleichheit ist etwas, das - empiristisch gesehen (die lieben Rationalisten sind da ganz anderer Meinung) - erst durch den Vergleich von Unterschieden in der Welt erkennbar wird. Auch wenn es keine identischen Gegenstände gibt, ist unser Erkenntnisapparat offenbar dieser Beschränkung oder Täuschung unterworfen, Dinge für identisch halten zu müssen. Das in ziemlich grundlegender Weise: Wer das nicht könnte, würde kein praktisches Leben mehr führen können, wäre unfähig irgendwelche Bezüge aufbauen zu können. Seine moralischen Vorstellung also an solcher Identität zu orientieren, muss nicht gleich metaphysisch sein, aber es muss sicherlich begründet werden und ich werde Dir dahingehend Recht geben, dass ein Verweis auf den Rechtsstaat keine Begründung ist, da dieser selbstverständlich derselben Begründungsleistung unterworfen ist.

also guantanamo - und trotzdem. du kannst die frage ob die usa ein rechtsstaat ist oder nicht, nicht mit ja oder nein beantworten, du kannst allenfalls eine skala nehmen und bemerken, dass die usa nicht wirklich legitmiert sind, über andere staaten den stab zu brechen. sie tuns trotzdem, weil ungleicher. gleichheit ist schon wieder metaphysik, erkenne keine gleichheit, nirgends in der natur. da kann rousseau schwadronieren wie er will. also auch keine vor dem recht. aber es ist das anzustrebende ideal. dazu brauchts moralisierende knüppel, aber die sollen andere schwingen. ich geh an die sonne. dem blickwinkel wegen.

in einem rechtsstaat kannst du nicht ohne anklage und prozess und urteil über jahre ins gefängnis gesteckt werden. - es geht hier nicht um haarspalterei. es geht um die frage, ob das recht für alle gleichermassen gültig ist oder ob manche etwas gleicher sind? mir ist auch klar, dass rechtstheorie und rechtspraxis nicht immer deckunsgleich sind. aber wenn hunderte menschen über jahre ohne rechtsgültiges urteil im gefängnis gehalten werden, so ist das ein zustand, der in keinem rechtsstaat zu tolerieren ist. oder findest du das eine frage des blickwinkels?

ein rechtsstaat kann unmöglich absolut recht sein. wenn du diese messlatte anwendest findest du keinen und kannst den begriff effektiv über bord werfen.

nix metafüsick. - menschen, die administrativ versorgt wurden, waren unter umgehung des gesetzes und des rechtsstaates versorgt worden. so ähnlich wie guantanamo heute. gerechtigkeit ist eine andere diskussion. recht! es geht hier um die frage des rechtsstaates. haben wir den schon abgeschrieben?

gerechtigkeit ist so ein metaphysischer begriff, der für jeden etwas anderes heisst und trotzdem eine voraussetzung für einen rechtsstaat ist. gerechtigkeit also als unerreichbares ideal, dem man allenfalls im vergleich zu anderen etwas näher sein kann.
die schweiz z.bsp. hat gesetze denen die menschen aber auch der staat unterworfen ist. diese können als ungerecht empfunden werden. kann aber gar nicht anders sein. der rechtsstaat ist da gewahrt, wo man sich gegen willkür mithilfe des gesetzes gegen den staat durchsetzen kann. das verdingkindersystem ist aus heutiger sicht unrecht, lag damals aber innerhalb des gesetzes. willkür ist unrecht und man kann sich in der schweiz eher dagegen wehren als das in der ddr möglich war. dafür gabs dort im bereich der sozialen gerchtigkeit apsekte, die dem schweizerischen system vermutlich überlegen waren.
man kann also für beide länder punkte finden, in dem das eine gerechter als das andere handelte. eine rangliste ist nutzlos, wenn das streben nach dem ideal im vordergrund steht, also die schweiz versuchen sollte, die gerechten apsekte der ddr anzustreben.
und hier wirds witzig, weil die gerechtigkeit im einen vermutlich ungerechtigkeit im anderen bedingt. soziale gerechtigkeit z.bsp. nur über minderung der freiheit zu erreichen wäre. freiheit zwangsläufig soziale unterschiede schafft, weil sie auch die freiheit zum scheitern beinhaltet. freiheit ist übrigens auch so ein metaphysischer begriff. ist ja klar.

demokratie ist ja glaub, wenn das volk vertreter wählt, diese im parlament gesetze erlassen, die verwaltung diese durchsetzt und die gerichte diese durchsetzung frei überprüen dürfen, indem sie sie u.a. an der verfassung messen. bei allen diesen elementen können mängel bestehen, so dass die demokratie eben keine ist: die vertreter mit dem meisten geld werden gewählt. die vertreter lassen für ihr stimmverhalten im parlament kaufen, die verwaltung oder die gerichte sind korrupt. oder die verfassung ist nicht human. wo jetzt bei den verdingkindern der fehler war, weiss ich auch nicht.

Glaub auch, dass diese direkte Abhängigkeit so keinen Sinn macht - so habe ich es aber auch nicht gemeint. Rechtsempfinden ist sehr individuell, Unrecht wird bis zu einem bestimmten Mass von einem Volk ertragen - bevor es revoltiert, aufsteht, ausbricht oder was auch immer.
Die Menschen der ddr haben meines Wissens keinesfalls gehungert - sie wussten aber, was "uns" zum konsumieren angeboten wird und empfanden das "unrecht", wollten diesen Zugang "zur Freiheit" auch haben. wegbereitend war das Wissen darüber, wie es anderswo läuft. Zudem; Minderheiten kriegen wohl an wenigen Orten der Welt eher Gehör als in den von Dir geposteten Vergleichs-Staaten...

Zweiflerin fragt sich dies immer wieder, denkt dabei auch an unser Vertrauen, welches immer wieder durch leere Worte gestört wird. Die Kämpfe zwischen den Parteien, oft so grossmaulig und täuschend. Trotzdem, Livanto, wir Schweizer leben im Vergleich zu andern Ländern: paradiesisch

das argument "gütervielfalt" hat wohl nichts mit der frage nach dem rechtsstaat zu tun (sonst wären länder mit hungersnöten in den jahren, in denen genug zu essen da ist, ein rechtsstaat und in den jahren des magels keiner.) - chomsky ist super. ich habe mal angefangen mit dem buch und wenn ich nicht so viel anderes am hals gehabt hätte, hätte ich's auch fertig gelesen. aber das kann ich ja noch tun und freue mich darauf.
bis jetzt tönt es hier ja recht kritisch. - gibt es keine leute, die die schweiz als rechtsstaat verteidigen und zugleich einem ehemaligen betroffenen (nicht mir) von administrativen zwangsmassnahmen erklären können, was der unterschied ist von der schweiz und der ddr? oder ist es heute allgemein anerkannt, dass in dieser hinsicht die schweiz keinen deut besser dastand als die ddr?

ich empfehle das buch "understanding power" von noam chomsky. dort steht drin, was es mit dem "rechtsstaat" so auf sich hat..

Wenn ich mir allerdings anschaue, wie in unseren westlichen Ländern mit Sans Papiers umgegangen wird, beschleichen mich manchmal leise Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit. ... alle Menschen sind gleich? - manchmal eben sind die einen gleicher als die anderen.

Recht hat, wer Recht bekommt - in diesem Sinne gilt in der Regel das Gesetz des Stärkeren, egal was auf der Etikette gestanden hat.
Im Bauplan des Menschen ist eine hierarchische Ordnung festgelegt, möglichst gleiche Rechte für alle zu entwickeln ist was unsere kulturelle Entwicklung daraus hat machen können - und dass sich die Stärksten formieren um der Gleichheit aller entgegen zu wirken ist darum die logische Folge davon. Das war auch in der ddr so. Und weil bei uns im Gegensatz zu diesem nur theoretisch funktionierenden Gebilde auch eine Mehrzahl der ärmsten Zugang zur Gütervielfalt haben, ist das Volk ruhig und wir dürfen eine der "friedlichsten" Zeiten überhaupt erleben.
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