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cad789
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FreeNun, ich bin eher so der Zufallstyp: Entweder du siehst mich, oder du siehst mich nicht.
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Zürich
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Beleidigungen
Eine Beleidigung muss auch erst noch verstanden werden. Ich habe mal folgendes beobachtet: Ein Handwerker betritt das Atelier eines Künstlers und schaut sich dessen Werke und Sammelsurium an. Er sagt, er komme nicht draus, was das alles sein soll und fragt den Künstler nach seiner Kunst. Nachdem der Künstler eine unbrauchbare, weil unverständliche Antwort abgegeben hat, nickt der Handwerker mit dem Kopf und sagt "Aha, Du machst hier also so Selbstverwirklichung und so." Selbstverwirklichung ist unter Kreativen ein Schimpfwort, aber das weiss der Handwerker nicht, er sagt das einfach, weil er das mal irgendwo gehört hat und nun meint, es passe gut in die Situation. Der Künstler, unverstanden wie meistens, holt andere Werke hervor und sagt dem Handwerker, hier habe er etwas einfacheres für ein einfaches Gemüt wie ihn. Als einfaches Gemüt betitelt zu werden ist auch eine Beleidigung, aber diesmal weiss das der Künstler nicht, weil er nicht deutscher Muttersprache ist, das mit dem einfachen Gemüt mal irgendwo gehört hat und hier meint, es passe in die Situation. Da aber der Handwerker eben auch kein Deutschprofessor ist, kommt auch diese unabsichtliche Beleidigung nicht an, denn der lacht und sagt: "Ja, das gefällt mir schon besser, mir gefallen die einfachen Dinge." Wir verbrachten einen lustigen Abend. - Wenn mich jemand beleidigt, gehe ich immer davon aus, dass die Person gar nicht weiss, was sie sagt. In den meisten Fällen sind Beleidigungen reine Unmutsbekundungen von wütenden, frustrierten Personen, die einen Blitzableiter suchen. Und ich habe einen Blitzableiter. Manche Leute haben keinen, dann gibt es einen Kurzschluss und jemand muss dran glauben. Wenn man dann noch zusätzlich in einem übertriebenen Männlichkeitswahn lebt, seine Hybris mit einer übertriebenen Portion Ehre und Stolz aufgebläht hat, reicht ein Mittelfinger um eine Schiesserei anzuzetteln. Aber die meisten Leute sind normal und bei einer Beleidigung einfach konsterniert, düpiert, verletzt, perplex, und es verschlägt ihnen die Sprache, und zwar genau für den Zeitraum, in dem sie schlagkräftig antworten sollten oder den Urheber der Beleidigung zur Rede stellen sollten, was das überhaupt soll. Am besten begegnet man solchen Situationen mit Humor, aber das ist leichter gesagt als getan.
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Kinder
@panchosancho: Den grossen Innenhof mit Spielplatz gab es auch bei uns. Nur war niemand da. Der erste, der sich in den Sandkasten setzte oder auf der Wiese Ball spielte, wurde zehn Minuten später wegen irgendetwas beschimpft. Sobald ich radfahren konnte, fuhr ich weit weg. Die Genossenschaft als Idee war nicht schlecht, die Infrastruktur wäre super gewesen und die anderen Kinder waren lieb. Die Häuserreihen mit den begrünten Innenhöfen und dem Kindergarten in der Mitte, hätten ganz schön sein können. Es waren die Erwachsenen, die Alten, die in dieser Siedlung keine Bewegung wollten. - Ach, und wegen dem Fussballspielen. Richtig Fussball zu spielen habe ich auch erst hier gelernt. Allerdings leider nicht im Innenhof, sondern beim Quartierclub. :-)
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Kinder
Das ist nichts Neues. Ich habe meine Kindheit in Italien verbracht. Das war das Paradies. Als Kinder konnten wir immer spielen, rumrennen, Dinge kaputt machen, die Erwachsenen ärgern, bis sie uns ohrfeigten, mit einem orangen Plastikball (Super Santos) Fussball spielen, bis die Hyazinthen, Engelstrompeten und Lilien im Garten traurig aussahen, und kurz darauf der sich rächende Rosenstrauch mit seinen Dornen den Plastikball alt aussehen liess. Die Erwachsenen strahlten trotzdem vor Freude wenn sie uns sahen, gaben uns immer Kaugummis, Bargeld oder Sandwiches. Wir konnten immer bis spät abends aufbleiben, durften Wein trinken und sahen am TV Filme mit Gewalt und Sex. Weil die Erwachsenen und diese Filme für uns eher langweilig waren, spielten wir nachts draussen Verstecken oder jagten den Glühwürmchen nach. Im italienischen Kindergarten machten wir die ganze Zeit Lärm. Als ich in der Schweiz ankam, war nicht nur die Temperatur kühler. Als Kind hatte ich Jahre lang Heimweh. Hier durfte man praktisch nichts. Ich empfand Zürich als ein Gefängnis. Vor allem die Genossenschaft, in der ich aufwuchs. Da wurden wir die ganze Zeit observiert. Nicht nur ich, sondern auch Schweizer Kinder wurden ständig beschimpft und gemassregelt von alten, griesgrämigen Leuten, die ständig am Fenster standen und nur darauf warteten, bis wir wieder irgendetwas falsch machten. Sie fanden immer irgendetwas. Wir mussten ständig ruhig dasitzen. Das waren harte, zähe Jahre der Disziplinierung. Zu Hause gingen wir auf Zehenspitzen, damit die Nachbarn nicht reklamierten. Und sie reklamierten trotzdem ständig, schimpften laut und energisch. Über meinem Zimmer wohnte ein Mädchen. Ich hörte nie etwas von ihr, keinen Mucks. Doch regelmässig wurde sie so heftig zusammengeschissen von ihrer vor Wut türschletzenden Grossmutter, dass ich sie weinen hörte. Sie durfte nicht mit uns spielen. Ihr Grossvater war Rassist, manchmal passte er mich ab und erzählte mir, dass Italiener dreckige Menschen seien. Ich gewöhnte mich erst an Zürich, als ich endlich ein Teenager war und mit meinen Kollegen herumziehen konnte. Wir versteckten uns in unserer Freizeit an Orten, wo keine Menschen waren, um rumzuhängen und Joints zu rauchen. Wenn wir auf dem Schulhausplatz Basketball spielten, wurden wir nach einer gewissen Zeit vertrieben, wegen Anwohnern, die den Lärm des Balls nicht ertrugen. Die Leute hier ertragen eigentlich prinzipiell nichts. Das ist nichts Neues. Als ich während des Studiums kellnerte, beobachtete ich die Gäste und lernte die Gesellschaft aus einem nochmals anderen Blickwinkel kennen. Die Eltern haben eine entschuldigende Haltung, wenn sie mit ihren Kindern das Restaurant betreten, sie entschuldigen sich für jedes Nüdelchen, das auf den Boden fällt, sie entschuldigen sich permanent wegen ihres Kindes. Und andere Leute essen schnell den Teller leer und bestellen sofort die Rechnung, wenn in ihrer Nähe eine Familie mit Kindern platznimmt. Das ist einfach diese Gesellschaft, das sind die Schweizer, ich kenne sie nicht anders. Es ist eigentlich eine Frechheit, ein Kind zu sein. Und die Eltern ernten böse Blicke, weil sie Schuld für die Existenz ihrer Kinder sind. Wenn man unter 1,3m gross ist, hat man bereits etwas falsch gemacht. Wenn ich das in Italien erzähle, halten sich die Leute den Bauch vor lachen. Trotzdem möchte ich hier eine Familie gründen mit zwei oder drei Kindern. Auch wenn in dieser Verbots- Nulltoleranz- und Sofortstrafgesellschaft das Klima feindseliger werden sollte, bin ich der Meinung, dass Kinder nun einmal zur Gesellschaft gehören, mit ihrem ganzen lebhaften Wesen. Ich finde, Kinderhasser gehören in ein Sanatorium.
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wollen wir mal über Glücksmomente schreiben?
Heute beim Blumengiessen auf dem Balkon habe ich eine Schwebefliege (Holzwäschpi) beobachtet, die sich auf das Geländer gesetzt hat. Dieses Tier ist faszinierend! Für einen Moment konnte ich all das vergessen, was ich heute sonst noch so alles zu tun habe. Das ist für mich ein Glücksmoment, weil die Pendenzenliste im Kopf stresst wie zehn Laubbläser.
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haben Frauen Spass (noch) am Sex?
@Dunkelziffer: Danke, der Verdacht ist berechtigt. Du bringst mich zum Lachen.
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haben Frauen Spass (noch) am Sex?
Ach Debaucher, das täuscht. Sexualität gehört zu jedem Menschen. Das ist nichts Lästiges. Es ist nur manchmal die Art und Weise, wie ein solches Thema eröffnet wird, die entscheidend ist, ob das Thema auf Ablehnung stösst oder nicht. Ich habe vor ein paar Monaten hier im Forum mehrere Threads gesehen, die zwar das Potential zu interessanten Diskussionen um das Thema Sexualität, Liebespraktiken, Verführung, Vorlieben etc. gehabt hätten, nur wurden sie eben leider eröffnet von einem jungen Mann, der das Thema eng an seine eigenen Kronjuwelen und seine überhöhte Selbstdarstellung geknüpft hat und darüber hinaus eine misogyne, saloppe Sprache verwendete und nationalistisches, chauvinistisches Gedankengut in seine Beiträge einfliessen liess. Bei der genauen Lektüre seiner tausend Beiträge fand der geneigte Ron Orp's Mail-Leser heraus, dass dieser Mann gekränkt war (auf Ablehnung gestossen) und sexuell zu kurz gekommen war, d.h. seine Eier waren am Platzen. Seine Wut schmetterte sich auf das "böse Weibervolk" nieder wie eine Gerölllawine. Trotzdem hielt er an seiner Ansicht fest, dass er selbst ein mondäner, aufgeschlossener, moderner, sexuell lebendiger, offener Mensch sei und die weiblichen Forenschreiber hier alles verklemmte, frigide Bünzli-Schweizerinnen wären. Irgendwann war dieser Mann weg und seine Threads wurden gelöscht. Es ist nun eine Frage der Zeit, bis er mit neuem Pseudonym zurückkehrt, oder bis ein anderer kommt, der in seine Fussstapfen tritt, denn die Mutter der Idioten ist immer schwanger. - Das Thema "Sex" ist delikat, weil es etwas sehr Intimes eines jeden Menschen betrifft. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass Frauen darüber reden können, unter vier Augen, im Vertrauen, aber nicht darüber schreiben wollen, und wahrscheinlich auch nie würden. Schon gar nicht in einem Forum mit irgendwelchen Irgendanonymen, die das Niveau auf einen simplen Dirty Talk herunterreissen. - Was ist eigentlich das Ziel dieser Threads? Meistens dienen sie den Männern als Plattform für ihre Prahlerei, wahrscheinlich in der Hoffnung, das Interesse einer Frau zu wecken, die das liest, glaubt was sie liest, ihn dann anschreibt und ein Rendezvous wünscht, oder aber sie hoffen darauf, dass irgendeine Frau das grosse Mysterium der weiblichen Sexualität preisgibt und eine allgemeingültige universale Bedienungsanleitung niederschreibt, die für den Leser als Passepartout-Schlüssel zu allen weiblichen Herzen und Körperöffnungen verwendet werden kann. Das ist höchst illusionär. Aber vielleicht ist genau das der Traum, (nämlich derjenige der Verwandlung vom unselbstsicheren Grünschnabel voller Triebe und Hemmungen zum Casanova hin, der Frauenherzen erobert, sie beglückt und in ihrer guten Erinnerung bleibt,) der so manch einen antreibt, solche Threads mit einschlägigem Thema zu veröffentlichen. Es wird vielleicht einmal der Tag kommen, an dem ein weibliches Pseudonym mit roter Lippe im Icon auf so einen Thread einsteigt und die wissbegierigen Herren mit brisanten Informationen füttert. Doch am anderen Ende der Leitung wird nur ein Mann sitzen, getarnt unter falscher Flagge, der aus einem Buch zitiert oder irgendwelches Zeugs erfindet und dabei teuflisch grinst. So ist das halt mit dem Internet. Es ist wie ein Orakel aus Flüssigkristall, in das man hineinschaut. Man sieht Dinge, die geschehen sind, gerade passieren oder noch kommen werden, aber auch Dinge, die es nie geben wird und nie gegeben hat. Man kommuniziert mit Leuten, die abwesend sind oder so gar nicht existieren, wie sie sich selber aufspielen, also kommuniziert man durch das Orakel in eine Maskerade mit Marionetten, Puppen, Vogelscheuchen, Bööggen und Gespenstern hinein, in der Hoffnung, irgendetwas Brauchbares würde da wieder zurückkommen. Das ist unglaublich dumm.
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