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Stadtstreuner Vol. XIX

Stadtstreuner Vol. XIX

Aus dem Wunsch, in keiner männerdominierten Band mit den standardisierten vier bis fünf Typen, die Leadsänger, Leadgitarrist und Lead-was-auch-immer sind, spielen zu müssen, entstand ein bunt gemischter Haufen aus sechs Individuen mit dem vielversprechenden Namen Wargirl, ein bisschen chaotisch, ein bisschen anarchisch.Als Produzent und Gitarrist Matt Wignall, der bereits mit den Cold War Kids und Mando Diao zusammengearbeitet hatte, Lust auf eine neue Band bekam, waren ihm zwei Dinge besonders wichtig: Es sollte keine stereotype Männer-Rockband werden, wie man sie zu Tausenden in jeder Grossstadt findet. Und es sollte eine Gruppe sein, die in ihrem Mix – sowohl durch ihre Persönlichkeit als auch durch ihre Musik – Long Beach mit all seinen kulturellen Einflüssen, Neuschöpfungen und seiner starken Arbeiterklasse verkörpert. Denn dieser «lange Strand» bedeutet mehr für ihn, und für die gesamte Band, als nur Heimat. In starkem Kontrast zu den angepassten Schickimicki-Bezirken L.A.s wie etwa Hollywood oder Bel Air, bedeutet Integration in dieser Region, sich selbst zu bleiben, seine Kultur zu bewahren, diese nach aussen zu tragen und mit anderen zu teilen. So entsteht ein Patchwork-Muster an individuellen Lebensentwürfen und eine Fülle an Persönlichkeiten, die man nur abseits von gesellschaftlichen und kulturellen Zwängen findet. Erinnert ihr euch vielleicht an das kultige Schweizer Kinderlied: "Mini Farb und dini, das sind zeme zwei. Wäreds drü, vier, foif, sechs, siebe, wo gern würed zeme bliebe. S'git en Rääägäbogäää, wo sich cha la gse" - etwa so. Statt in zermatschtem Graubraun unterzugehen, zeigen diese Musiker Farbe. Und diese Palette geht weit über ihre personelle Zusammenstellung hinaus, denn gerade ihre Musik ist ein wahres Feuerwerk der Stile und Einflüsse. Problemlos wechselt Wargirl nach Lust und Laune zwischen Soul, Psychedelica, Reggae, Dub, Latin, Rap, Disco und – als wäre das noch nicht bunt genug – einer gehörigen Portion Garage Rock und Post Punk. Aber auch der unverkennbare Stil der 60er Girl Groups hatte es Wignall angetan, weshalb man insbesondere auf ihrem gleichnamigen Debütalbum Wargirl, das 2018 erschienen ist, immer mal wieder in den Genuss der Sixties kommt. Diese Offenheit und Unvoreingenommenheit spiegelt sich auch in den Texten: Diese überzeugen neben dem dynamisch-mitreissenden Sound mit politischen, hinterfragenden und persönlichen Inhalten. Viele darin erzählte Geschichten und Situationen stammen auf die eine oder andere Weise aus den privaten Erfahrungen der Musiker. Natürlich klingt das manchmal auch wütend, kämpferisch und entschlossen, aber nie aggressiv.Doch nicht nur stilistisch tanzt das Sextett aus der Reihe, anders als andere Bands setzt Wargirl auf gleich zwei Perkussionisten, Erick Diego Nieto und Jeff Suri, einen Gitarristen, Matt Wignall himself, Tammy Raye am Bass, die Keyboarderin Enya Preston sowie Frontfrau und Sängerin Samantha Parks. Diese bezeichnet die Band selbst übrigens gerne augenzwinkernd als «unicorn» – etwas, dass unmöglich ist oder von dem man immer angenommen hatte, dass es nicht existiert. Ein Fabelwesen, das tun und lassen kann, was es möchte, das aussehen kann, wie es will, da es ja in keine vorgegebene Schublade passen muss. Oder auch anders gesagt: Wargirl sind eine Band, von der niemand geglaubt hat, dass es sie geben könnte, die sich nun – nachdem sie die Freiheit erprobt haben – nicht mehr so einfach vertreiben lassen. Zu unserem Glück.Geht reinschnuppern - lohnt sich.