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Ruth von Seen
Ruth von Seen
FreeLesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
Meine Stadt
Winterthur
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Schwebende Schuhe am blauen Himmel
Liebe LeserInnen, liebe StadtkinderDies ist vorläufig meine letzte Kolumne - natürlich bleibe ich ein Stadtkind und wir begegnen uns bestimmt hier und dort. Ich finde es grossartig, dass die MFW auch in diesem Jahr eine so grosse Anzahl von ehrenamtlichen HelferInnen hatte!Um nur ein Beispiel von der lockeren Stimmung zu nennen:Als mir, leicht sehbehindert, bei der Obergass Buchhandlung mein Veloschlüssel aus der Hand auf den Boden rutschte, bat ich eine Gruppe von vorbeiziehenden Mädels um Hilfe.Kein Problem, da ist er, lachte die eine und das Fahrrad war im Nu fahrbereit.Ein Sturm kam auf, der Wind begann trockene Blätter aufzuwirbeln, über dem Kirchturm waren alle Stufen von Grau zu sehen: vom hellen, noch leicht von der Sonne angesäuselten Grau zum dunklen, das sich demnächst entladen würde.Ich begann zu strampeln, damit ich vor dem Regen nach Hause käme.Der Veloweg nach Seen war noch nicht ganz fertig saniert, ich fuhr fast so schnell wie der Wind und kam vor dem Regen nach Hause.Wenige Tage später ist der Weg saniert.Ich dagegen bin daran, meine Sehnerven, wenn auch nicht zu sanieren, sie doch zu trainieren, auch im übertragenen Sinn.Auf eine Stadt der Kunst und der Wertschätzung!Mit allen guten Wünschengrüsst euch eure StadtschreiberinRuth von Seen
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- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
Lesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
- An diesem Ort kann ich mich am besten entspannen:
- Hof der Stadtbibliothek
- Meine Lieblingsbar:
- Fahrenheit
- Mein Lieblingsclub:
- Albani
- Da nehme ich noch einen Schlummi:
- Coalmine
- In einem Film über mein Leben, würde mich dieser Schauspieler verkörpern:
- Meryl Streeep
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Schwebende Schuhe am blauen Himmel
Liebe LeserInnen, liebe Stadtkinder
Dies ist vorläufig meine letzte Kolumne - natürlich bleibe ich ein Stadtkind und wir begegnen uns bestimmt hier und dort. Ich finde es grossartig, dass die MFW auch in diesem Jahr eine so grosse Anzahl von ehrenamtlichen HelferInnen hatte!
Um nur ein Beispiel von der lockeren Stimmung zu nennen:
Als mir, leicht sehbehindert, bei der Obergass Buchhandlung mein Veloschlüssel aus der Hand auf den Boden rutschte, bat ich eine Gruppe von vorbeiziehenden Mädels um Hilfe.
Kein Problem, da ist er, lachte die eine und das Fahrrad war im Nu fahrbereit.
Ein Sturm kam auf, der Wind begann trockene Blätter aufzuwirbeln, über dem Kirchturm waren alle Stufen von Grau zu sehen: vom hellen, noch leicht von der Sonne angesäuselten Grau zum dunklen, das sich demnächst entladen würde.
Ich begann zu strampeln, damit ich vor dem Regen nach Hause käme.
Der Veloweg nach Seen war noch nicht ganz fertig saniert, ich fuhr fast so schnell wie der Wind und kam vor dem Regen nach Hause.
Wenige Tage später ist der Weg saniert.
Ich dagegen bin daran, meine Sehnerven, wenn auch nicht zu sanieren, sie doch zu trainieren, auch im übertragenen Sinn.
Auf eine Stadt der Kunst und der Wertschätzung!
Mit allen guten Wünschen
grüsst euch eure Stadtschreiberin
Ruth von Seen
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Mohnblumen im Gerstenfeld
Zurzeit mache ich eine kleine Serie in Sachen „Gerstenfeld“. Ihr wisst, dass ich oft zum Waldrand hochgehe, um die Beine zu bewegen und auch die Gedanken. Vor wenigen Wochen sah ich zu meiner Freude, dass der Bauer Gerste ausgesät hatte; ich erkenne das Grün der Gerste so schnell, weil dieser besondere Farbton zu meinen Favoriten gehört.
Und wenn der Wind hindurch fährt, ergibt sich eine besondere Bewegung, ich würde fast sagen, ein Klang. Aber das ist natürlich nur mit meinem inneren Ohr zu hören. Das physische Ohr nimmt die Stimmen der Singvögel wahr, die sich im Wald tummeln und jubilieren. Ob es ein Jubilieren ist, weiss ich zwar nicht genau, sie haben ja viel zu tun, besonders im Frühling. Ich stehe dann da, höre zu, bewundere alles und beginne, Fotos zu machen. Die Gerste ist so schnell gewachsen, dass ich fast nicht nachkomme mit Knipsen. Die Blüten des Mohns leuchten in ihrem satten Rot und meine Angst, der Regen könnte die zarten Blütenblätter zerstören ist zwar nicht unberechtigt, doch es gibt noch viele Knöpfe, die sich in den nächsten Wochen öffnen werden - bis das Feld geerntet werden wird. Ich wäre gespannt zu erfahren, an wen die Gerste später verkauft wird. Vorerst gehe ich so oft wie möglich die Treppen hoch, um zu sehen, wie alles wächst und gedeiht. Und zu knipsen, als könnte man das Leben festhalten. Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Abendsonne und Zehnernote
Ich setze mich zu einer Frau auf eine Bank in der Nähe des Bahnhofs, weil dort noch ein einziges, von der Sonne beschienenes Plätzchen frei ist und die Sonne bald verschwunden sein wird. Meine Nase nimmt einen starken Geruch wahr, der von den Kleidern der Frau ausgehen muss und mein Impuls ist, sofort wieder aufzustehen und mich anderswo hinzusetzen. Stattdessen versuche ich ein Gespräch mit ihr, sie schüttelt jedoch bekümmert den Kopf, sagt, kein Deutsch. Ihr Gesicht ist voller Falten und jede einzelne scheint mir eine Geschichte von Leid und Not zu erzählen.
Was soll ich tun?
Eine Zehnernote, die ich aus Gewohnheit bei mir trage, rettet mich in diesem Moment.
Ihre Dankbarkeit um diese kleine Hilfe begleitet mich den ganzen Abend.
Und darüber hinaus, deshalb teile ich es mit euch.
Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Bärlauch und Dachs
In unserer Nähe gibt es ein Wäldchen, das ich liebe. Es scheint immer dünner zu werden, doch mit dem Blattgrün im nahenden Frühling verflüchtigt sich dieser Eindruck wieder. Die Dachsfamilie, die dort lebt, haben wir schon länger nicht mehr gesehen, doch der Hinweis der Stadtpolizei lässt uns stutzen. An einen Baumstamm gepinnt steht folgendes:
„Geschätzte Waldbesucher
An dieser Öffentlichkeit befinden sich bewohnte Dachsbauten. Wir bitten Sie, an den Dachsbauten nichts zu verändern“. Der Aufruf, dass Dachsbauten weder zugeschüttet noch sonst wie verschlossen werden dürfen, verstört mich. Haben wir den Kontakt zur Natur so sehr verloren? Den Respekt vor dem Leben?
Der Bärlauch im Revier der Dachse wächst kräftig, sein frisches Grün leuchtet und besänftigt mich. Ohne den Höhlen allzu nahe zu kommen, pflücke ich eine Handvoll der jungen Blätter und werde sie zuhause feingeschnitten als Letztes dem Risotto beifügen.
Das Foto stammt aus dem Wäldchen: Es sieht aus, als läge da ein Mischwesen im Geäst, um alles zu beobachten und zu registrieren. Ob es plötzlich zu uns runterspringt und faucht?
Mit guten Grüssen in die Stadt
Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Von der Polizei und einem Formular
Are you shure , lautet die Frage in Leuchtschrift über dem Kunstmuseum. Sie sprang mir gestern in die Augen, als ich eben diesen Ort anpeilte für eine Lesung. Mir scheint die Frage zentral in unserer Zeit. Kürzlich war im Tagi zu lesen, dass ein Komiker der Polizei hilft, Telefon-Betrüger auffliegen zu lassen. (Der Smetterling in Tschugger, den man einfach mögen muss in seiner intelligent verschrobenen Art).
Heute Morgen erhielt ich eine Nachricht, meine Tochter habe einen Unfall gehabt, die neue Händynummer sei folgende, blablabla. Diese Nachricht nervt und ich suchte eine Mailanschrift der Polizei. Diese gibt es nicht, man muss entweder anrufen (das wollte ich nicht), oder ein Formular ausfüllen. Das tat ich. Doch um nachzuweisen, dass ich ein Mensch bin, musste ich seltsame Formen ankreuzen, die meine Augen nicht recht definieren konnten. Etwa beim fünften Anlauf funktionierte es. Man muss also Geduld haben, um eine Meldung anzubringen. Bitte an die Polizeit: Können Sie menschenfreundlichere Fragen stellen, um zu beweisen, dass Mensch ein Mensch ist?
Anrufe mit unbekannten Nummern nehme ich selten an und antworte auch nicht auf seltsame SMS.
Die Frage, ob ich sicher sei in diesem oder jenen Bereich jedoch begleitet mich weiterhin als Kompass in meinem Alltag.
Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Verirrte Sonnenstrahlen
Es scheint, als seien die Menschen erschöpft, obwohl das neue Jahr eben erst begonnen hat. Die Champagnerflasche ist entsorgt, die guten Wünsche und Vorsätze wirken schon etwas verblüht.
Es scheint, als würden sich die Menschen scheuen, den Blick zu heben, wenn sich jemand zu ihnen setzt, als hätten sie weder Muße noch Kraft, sich von dem zu lösen, womit sie sich gerade beschäftigen.
Es scheint, als hätten die Menschen vergessen, wie direkte Kommunikation geht.
Sogar die Schalter einer Bank sind entfernt worden, wie ich erstaunt feststellte. Ich wollte etwas nachfragen und war schon länger nicht mehr dort. Als ich eintrat, sah ich als erstes eine Bar, wo sich ein paar Leute tummelten, eine Frau stand hinter der Theke und liess Kaffee raus für einen Kunden. Einen Kaffee hätte ich gerne eingeschenkt bekommen, doch mein Kontostand war bestimmt zu gering, als dass ich mich getraut hätte danach zu fragen.
Anstatt einer Wache stand weiter vorn ein jüngerer Mann, an dem man offenbar nicht vorbei kam ohne zu sprechen. Also eine Bitte aussprechen: „Könnten Sie mir sagen…“
Doch er schien absorbiert und im Gerät vor sich versunken, er reagierte jedenfalls nicht.
Ich wollte jedoch bald wieder gen Seen und die s26 würde in 20‘ fahren. Eigentlich ein perfekter Zeitabschnitt, um eine Frage zu stellen.
Als der Mensch sich bequemte, mich in Augenschein zu nehmen, verwies er mich auf eine Sitzgelegenheit, wo ich Platz nehme dürfe – 10-15‘ Wartezeit müsse ich einrechnen, bis der Kundenberater Zeit habe für mein Anliegen.
Vielen Dank, sagte ich und verliess die edle Halle.
Vielleicht habe ich einfach einen schlechten Moment erwischt. Ich werde mich zuhause online informieren. - Und danach an die frische Luft gehen, die Treppen hoch und einen verirrten Sonnenstrahl begrüssen ...
Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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