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Ruth von Seen
Ruth von Seen
FreeLesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
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Winterthur
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Von Steinen und Soldaten an der Töss
Wir sassen am Ufer der Töss und haben mit den Steinen gespielt. Einander flache Steine auf die Schulter geladen oder auf die Beine. In die Sandale geschoben und die kleinen zwischen die Zehen. Das war sehr lustig. Und die Steine waren noch sonnenwarm. Unglaublich schöne Momente. Wärme, Zugewandtheit, spitzbübisches Grinsen. Auf einmal guckte dieser graue Soldat zwischen den Steinen hervor. Abgeschabt, verloren von einem spielenden Kind wahrscheinlich. Vor wie langer Zeit ist nicht auszumachen. Ich ziehe ihn hervor und sehe, wie mager er geworden ist. Aber nimmermüde, in dieser Pose zu liegen. Ich beginne zu mutmassen. Lege ihn auf einen roten Stein, damit er sich etwas abhebt in der Steinwüste. Knipse. Die inszenierte Ödnis zeigt an, wie sinnlos Kriege sind, wie hoffnungslos für die Soldaten, wenn sie mal ihren ersten Eifer abgelegt haben. Der Hass vor dem Feind legt sich, denn nun werden sie vom Hunger getrieben. Von der Sehnsucht nach ihrer Familie. Vielleicht hat er eigene Kinder oder ist noch zu jung dazu und träumt von einer Freundin. Die Liebesgeschichte hatte sich gerade angebahnt, bevor er eingezogen wurde. Ehe ich weiter fantasieren kann, landet sanft ein Stein auf meinem Fuss. Da ist jemand, der sich Aufmerksamkeit erhofft. Gut. Bin wieder da. Am Ufer der Töss. Die Sonne scheint. Ich knipse nochmals und stecke den Soldaten danach in meine Handtasche. Da kann er ein bisschen schlafen. Und weiterträumen. Vom Frieden. Von der Heimkehr, gutem Essen und der Freundin, die auf ihn gewartet hat. Obwohl da nur gerade mal ein erster Kuss war. Mit herbstlichen Grüssen in die StadtEure Madame de Ouila
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- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
Lesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
- An diesem Ort kann ich mich am besten entspannen:
- Hof der Stadtbibliothek
- Meine Lieblingsbar:
- Fahrenheit
- Mein Lieblingsclub:
- Albani
- Da nehme ich noch einen Schlummi:
- Coalmine
- In einem Film über mein Leben, würde mich dieser Schauspieler verkörpern:
- Meryl Streeep
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UZFTruffledaveFarbtanz23sandritaRon_WinterthurAndrea_GumanuelafurrerMärliElena LaffranchialeksMagnatumPicoInit7
Von Steinen und Soldaten an der Töss
Wir sassen am Ufer der Töss und haben mit den Steinen gespielt. Einander flache Steine auf die Schulter geladen oder auf die Beine. In die Sandale geschoben und die kleinen zwischen die Zehen. Das war sehr lustig. Und die Steine waren noch sonnenwarm. Unglaublich schöne Momente. Wärme, Zugewandtheit, spitzbübisches Grinsen.
Auf einmal guckte dieser graue Soldat zwischen den Steinen hervor. Abgeschabt, verloren von einem spielenden Kind wahrscheinlich. Vor wie langer Zeit ist nicht auszumachen. Ich ziehe ihn hervor und sehe, wie mager er geworden ist. Aber nimmermüde, in dieser Pose zu liegen. Ich beginne zu mutmassen.
Lege ihn auf einen roten Stein, damit er sich etwas abhebt in der Steinwüste. Knipse. Die inszenierte Ödnis zeigt an, wie sinnlos Kriege sind, wie hoffnungslos für die Soldaten, wenn sie mal ihren ersten Eifer abgelegt haben. Der Hass vor dem Feind legt sich, denn nun werden sie vom Hunger getrieben. Von der Sehnsucht nach ihrer Familie. Vielleicht hat er eigene Kinder oder ist noch zu jung dazu und träumt von einer Freundin. Die Liebesgeschichte hatte sich gerade angebahnt, bevor er eingezogen wurde.
Ehe ich weiter fantasieren kann, landet sanft ein Stein auf meinem Fuss. Da ist jemand, der sich Aufmerksamkeit erhofft. Gut. Bin wieder da. Am Ufer der Töss. Die Sonne scheint. Ich knipse nochmals und stecke den Soldaten danach in meine Handtasche. Da kann er ein bisschen schlafen. Und weiterträumen. Vom Frieden. Von der Heimkehr, gutem Essen und der Freundin, die auf ihn gewartet hat. Obwohl da nur gerade mal ein erster Kuss war.
Mit herbstlichen Grüssen in die Stadt
Eure Madame de Ouila
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Farbige Kulturstadt und das Klima; ein roter Blätterhaufen
Am kommenden Wochenende haben wir kulturmässig die Qual der Wahl. Am besten wir lassen uns treiben, werfen hier ein Auge rein und spitzen dort die Ohren.
Und dann die Klimademo. Ob mitlaufen oder nicht, das Thema geht uns alle an. Ich stand kürzlich am Mittag am Bahnhof und sah, wie sich die Wolken auflösten und der Sonne Platz machten. Ein blitzblanker Himmel plötzlich. Das hat mich überrascht, ich nahm meinen Stift und schrieb:
weggeputzt
das gewölk
ein flugzeug hinterlässt eine spur
gerade linien in den himmel gezeichnet
eine schrift aus kerosin
die alsogleich verblasst
niemand will die botschaft lesen
oder gelesen haben
kinder jubeln
schau ein flugezeug
wo ist die welt?
fragt das kind
wie lange haben wir sie noch
mit all ihren wundern?
fragen seine Eltern und schauen einander an
holen Karton und Pinsel und Farben und malen
mit dem Kind ein Plakat, das sie hochhalten.
Sie marschieren in einer großen Menschenmenge mit,
die alle ähnliche Fragen aufgeschrieben haben.
Grüße in die Stadt
Eure Madame de Ouila
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Herbstgedanken
Ich eilte, wie so oft, auf die s26, die mich getreulich in sechs Minuten zum Hauptbahnhof bringt. Von dort in die Stadt oder weiter in eine andere Himmelsrichtung.
Es war Mittagszeit, die Sonne schien kräftig und ich schaute auf die Uhr. In fünf Minuten muss ich eingestiegen sein.
Da. Eine Rose. Sie leuchtet geradezu, scheint mich zu grüssen.
Ich MUSS stehenbleiben, zurückgrüssen. Kurze Frage, ob ich ihr Innerstes auch wirklich ins Netz stellen darf. Die Antwort war etwas undeutlich, vielleicht wurde sie von der Frage überrumpelt.
Aber ich musste ja gleich weiter.
So gibt es viele Situationen, in denen man unsicher ist, was angemessen ist.
Und wenn man schnell unterwegs ist, reagiert man oft auch zu schnell.
Ich versuche also, etwas mehr Zeit einzuberaumen, wenn ich unterwegs bin. Damit ich die Menschen grüssen kann, die Katzen und natürlich auch die Rose. Heute werde ich sehen, wie es ihr geht. Ob sie über Nacht ihr Verblühen fortgeführt hat. Ich werde nochmals innehalten ohne zu fotografieren und ihr zuflüstern, dass sie die Schönste ist.
Der Herbst hat wie jede Jahreszeit eine besondere Schönheit. Das Verblühen gehört dazu, das Fallen des Obstes und später das Rascheln der Blätter unter den Füssen.
Mit Rosengrüssen in die Stadt
Eure Madame de Ouila
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Dorfet in Seen
Liebe Brigitte und Marlies,
am letzten Wochenende war Dorfet bei uns in Seen. Da bin ich am Freitagabend mit einer Freundin am Dorfbrunnen vorbeigekommen und habe Ihre Mitteilung gelesen. Sie hat mich berührt.
Seit mehr als 20 Jahren haben Sie den Dorfbrunnen geschmückt!
Ich kenne Sie nicht persönlich, bin aber oft am Brunnen vorbeigefahren, wenn ich vom Geiselweid herkam, zurück von meiner sommerlichen Schwimmrunde. (Beim Hinweg fahre ich jeweils eine andere Route).
Nun möchte ich Ihnen auf diesem Weg danken.
Für Ihren Einsatz, für die Blumen, für das Schmücken eines öffentlichen Ortes. Stundenlohn: null Franken. Dank: selten.
Nehme ich an.
Alles Gute weiterhin!
Vielleicht lernen wir uns an einer nächsten Dorfet kennen?
Und an uns Stadtkinder alle: Tragen wir Sorge zum öffentlichen Raum. Nehmen wir unseren Abfall mit und entsorgen ihn fachgerecht und nicht auf der Strasse. Zigarettenstummel gehören für mich auch dazu, sorry.
Schöne Grüsse in die Stadt
Eure Madame de Ouila
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Subjektiver Rückblick auf die MFW
Mein Name ist Lisa Morgenstern,sagte sie. Sie stand in der bis auf den letzten Platz gefüllten Stadtkirche und begann mit dem ersten Song. Synthesizer, Stimme und Piano vermengten sich in ihrer Performance zu einem Klanggebilde, das mich tiefer atmen ließ: vor Glück. Diese Kraft. Diese Zartheit. Diese Absicht, alles zu einem einzigartigen Kunstwerk zusammenzufügen. Und diese Meisterschaft, die darin aufschien.
Mein Name ist Lisa Morgenstern, das sagte sie so traumverloren, als müsste sie sich vergewissern, wer auf dem Klavierstuhl sitzt, wem diese wundersamen Töne zu verdanken seien … Natürlich gab es viele weitere Höhepunkte während der Musikfestwochen, das ist unbestritten. Und während ich an diesem grauen Spätsommernachmittag einer Frage nachgehe, die sich wahrscheinlich nicht im Internet beantworten lässt, trinke ich Kaffee und reagiere auf eine WhatsApp einer Freundin. Sie probiere gerade ein Knödelrezept aus, schreibt sie, und erwarte hohe Gäste aus Milano. Das erheitert mich. Ich stehe auf, die Frage muss warten.
Ich hoffe, dass euch euer Ausprobieren zu einem verblüffenden Resultat führt. Ob ein neues Rezept oder eine neue Melodie, ein Weg, den ihr noch nie gegangen seid oder ein Wort, das ihr noch nie ausgesprochen, denn: „Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es“. Erich Kästner.
Wohlan! Und schöne Grüße in die Stadt.
Eure Madame de Ouila
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Liebeserklärung an …
...meine Stadt!
Zugegeben, der Juli war etwas langweilig im Rückblick.
Aber im August geht es bäumig los (und auf dem Bäumli wie immer am letzten Tag im Juli: Radio Stadtfilter!), nämlich schon am 7. August mit der Eröffnung der Musikfestwochen.
Ich freue mich auf Big Zis, um nur einen Namen zu nennen, die beim Café Roulotte auftreten wird.
Wenn ich kurz vor dem 1. August eine Liebeserklärung an meine Stadt schreibe, schwappt meine Lobhudelei unter Umständen auf das ganze Land über. Aber da bleibe ich dann doch etwas vorsichtig. So pauschal möchte ich auch wieder nicht Liebenswürdigkeit versprühen.
Aber für meine Stadt: ja.
Und das bedeutet: für die Menschen, die hier leben.
Danken möchte ich, ganz punktuell:
Dem Barkeeper im Albani, der mir ein besonders grosses Glas gespritzen Wein nach draussen brachte.
Einer Freundin, die für uns eine vorzüglich mundende Aprikosenwähe gebacken hat.
Und eben: dem ganzen Team der Musikfestwochen, die ein grossartiges Fest für die Stadt organisieren.
Die Liste lässt sich natürlich fortsetzen. Jeder hat bestimmt eine persönliche, die er/sie in Gedanken am Laufen hält.
Das Foto habe ich übrigens in der Nähe der Geiselweidbadi gemacht. (Gespiegelte Wolken und gestickte Blumen als verträumtes Erstaugustfeuer, das hat mir gefallen).
Ihr wisst schon: die Petition läuft noch. Liebeserklärungen allein reichen nicht. Es braucht konkrete Pflege, heisst Handlung, um das pulsierende Gefüge, das wir Stadt nennen, am Leben zu erhalten.
In diesem Sinn, feiert schön!
Eure Madame de Ouila
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