Ruth von Seen
Ruth von Seen
FreeLesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
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Winterthur
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Frohe Festtage!
So rufen wir einander zu. An einem Abend der letzten Woche wollte ich unbedingt noch einen Adventskranz besorgen, der Spaziergänger hatte mir Fotos geschickt und ja, es habe noch einige wenige. Weil es früh dunkel ist, musste ich das Licht am Fahrrad anschalten, musste trampen, musste husten. Konnte mich wenig später schnell für einen Kranz mit orangen Kerzen entscheiden. Mitsamt dem Teller hatte ich gebeten, als ich vor der Kasse stand, dann jedoch innegehalten. Wie sollte ich den transportieren? Daran hatte ich nicht gedacht. Der Korb hinten war angemacht, der Kranz wäre zu gross, um hineingelegt zu werden.Haben Sie vielleicht eine Schachtel und eine Schnur, bat ich. Danach bezahlte ich, trug das Glanzstück wie eine Trophäe auf beiden Armen vor mir her, zurück zum Fahrrad. Ich hatte richtig geschätzt, keine Chance, dass das Teil in den Korb passt. Also auf den Sattel damit, die Schachtel mit dem schmucken Inhalt halten und das Zweirad schieben. So hatte ich mir den Abgang nicht gedacht, doch es kam schlimmer. Am Bahnhof Seen musste ich das Fahrrad über den Randstein emporheben und gleichzeitig kam in (in meinen Augen) hohem Tempo der Stadtbus um die Kurve gefahren. Ich geriet kurz in Panik, die Schachtel geriet ins Rutschen, der Bus aus meinem Winkel in Schieflage – und schon war eine helfende Hand an meiner Seite. Es war eine junge Frau, die mir über den Randstein half, die Schachtel wieder zurechtschob und mich beruhigte. Bus, Fahrrad, Kranz: alles heil geblieben. Frohe Festtage, rufe ich nun allen zu, denen ich begegne und zünde am Sonntag alle vier Kerzen an. Ihr Licht wird sich in den dunklen Kugeln spiegeln, die den Kranz schmücken. Frohe Festtage! Wir lesen uns wieder im Neuen Jahr.Eure SchreiberinRuth von Seen
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- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
Lesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
- An diesem Ort kann ich mich am besten entspannen:
- Hof der Stadtbibliothek
- Meine Lieblingsbar:
- Fahrenheit
- Mein Lieblingsclub:
- Albani
- Da nehme ich noch einen Schlummi:
- Coalmine
- In einem Film über mein Leben, würde mich dieser Schauspieler verkörpern:
- Meryl Streeep
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UZFTruffledaveFarbtanz23sandritaRon_WinterthurAndrea_GumanuelafurrerMärliElena LaffranchialeksMagnatumPicoInit7
Frohe Festtage!
So rufen wir einander zu.
An einem Abend der letzten Woche wollte ich unbedingt noch einen Adventskranz besorgen, der Spaziergänger hatte mir Fotos geschickt und ja, es habe noch einige wenige. Weil es früh dunkel ist, musste ich das Licht am Fahrrad anschalten, musste trampen, musste husten.
Konnte mich wenig später schnell für einen Kranz mit orangen Kerzen entscheiden. Mitsamt dem Teller hatte ich gebeten, als ich vor der Kasse stand, dann jedoch innegehalten. Wie sollte ich den transportieren? Daran hatte ich nicht gedacht. Der Korb hinten war angemacht, der Kranz wäre zu gross, um hineingelegt zu werden.
Haben Sie vielleicht eine Schachtel und eine Schnur, bat ich.
Danach bezahlte ich, trug das Glanzstück wie eine Trophäe auf beiden Armen vor mir her, zurück zum Fahrrad. Ich hatte richtig geschätzt, keine Chance, dass das Teil in den Korb passt. Also auf den Sattel damit, die Schachtel mit dem schmucken Inhalt halten und das Zweirad schieben. So hatte ich mir den Abgang nicht gedacht, doch es kam schlimmer. Am Bahnhof Seen musste ich das Fahrrad über den Randstein emporheben und gleichzeitig kam in (in meinen Augen) hohem Tempo der Stadtbus um die Kurve gefahren. Ich geriet kurz in Panik, die Schachtel geriet ins Rutschen, der Bus aus meinem Winkel in Schieflage – und schon war eine helfende Hand an meiner Seite. Es war eine junge Frau, die mir über den Randstein half, die Schachtel wieder zurechtschob und mich beruhigte. Bus, Fahrrad, Kranz: alles heil geblieben.
Frohe Festtage, rufe ich nun allen zu, denen ich begegne und zünde am Sonntag alle vier Kerzen an. Ihr Licht wird sich in den dunklen Kugeln spiegeln, die den Kranz schmücken. Frohe Festtage! Wir lesen uns wieder im Neuen Jahr.
Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Nach Hause kommen
Am Sonntag fuhr ich mit dem Intercity ein. Wenn die kleinen Häuser der Schrebergärten auftauchen, die Töss, deren Ufer dick verschneit war, wenn die Storchenbrücke blau aufleuchtet – dann weiss ich, nun bin ich bald zu Hause. Ich stehe dann auf, ziehe die Jacke an, hoffe, dass sich die Schalfransen nicht mit dem Reissverschluss verhaken, stelle mich in die Reihe der Aussteigenden und dann öffnen sich schon bald die Türen. Wenn man bedenkt, wie alles funktionieren muss, damit wir von A nach B gebracht werden, wie die Zugführer zuverlässig sein müssen, dann staune ich manchmal immer noch. Dass alles klappt. Dass ich sicher nach Hause kommen kann. Ich muss ja noch auf die S26, die Richtung Tösstal fährt und mich in Seen entlassen wird. An diesem Sonntag erwartete mich der Spaziergänger schon am HB Winterthur. Grosses Hallo, als hätten wir uns lange nicht gesehen.
Der Schnee war hart, die Strasse eisig. Doch schon wenige Tage später ist die Pracht in unserer Höhenlage geschmolzen. Doch das Gefühl der Dankbarkeit, nach Hause kommen zu dürfen, bleibt. Mit guten Grüssen in die Stadt
Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Mauern bauen, einreissen. Erneuern. Befragen.
Zur Zeit werden viele Mauern gebaut, viele auch mental. Das heisst, man hat eine Sache als Wahrheit für sich erkannt und will diese ohne weitere Abwägungen bis zum Äussersten verteidigen. Natürlich habe ich auch „Wahrheiten“ für mich entdeckt, die ich gerne verkünde. Es gibt Erfahrungen, um die ich eine Mauer gebaut habe, damit sie mir niemand kleinreden kann. Andererseits werden genau diese Mauern mit den Jahren brüchig, sind einsturzgefährdet. Entweder stütze ich sie mit all meiner Kraft, oder ich lasse mich darauf ein, diese gemauerten Einsichten zu hinterfragen. Lasse sie gehen als eine Geschichte, die mich geprägt hat, mich jedoch nicht bis zum Lebensende verfolgen muss.
Was die Unterführung im Bahnhof betrifft, frage ich mich, weshalb man die Mauern nicht einfach als „Mauer“ sein lassen kann. Weshalb sie mit teurer Elektronik ausgestattet werden muss. Der ursprüngliche Zustand erscheint mir ehrlicher und ist mit Sicherheit kostengünstiger und auch augenschonender.
Ich plädiere für Mauern, die allenfalls bemalt werden dürfen und ab und zu einen weissen Anstrich erhalten, damit man sie erneut überschreiben kann.
Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Von der Psyche zur Romantik
Gerade läuft die letzte Woche der Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur: Caspar David Friedrich. Ich war über Mittag dort, es hatte etwas weniger Leute, ich wollte die Ausstellung unbedingt sehen, weil die Bilder in einzigartiger Weise zusammengetragen worden sind (teilweise erfahren wir via QR Code die Hintergründe, aus welchem Ort sie zu uns gelangt sind und natürlich etwas über das Bild selbst). – Und ja, es lohnt sich hinzugehen. Vor einem der berühmtesten Bilder stand ich länger, es war „Der Kreidefelsen“. Ich hörte einer Kunstvermittlerin zu, die einer kleinen Gruppe erzählte, dass wir Winterthurer stolz seien, dass dieses Bild zum festen Bestandteil des Museums gehört. Und dass sie herausgefunden habe, dass für die Deutschen der Maler eine ähnliche Bedeutung habe wir für uns Albert Anker und Ferdinand Hodler (historisch gesehen hat sie wohl recht). – Ich schlenderte weiter und schaute mir auch die Menschen an, die andächtig vor einem Werk standen. Es hätte mich interessiert, woher sie kommen, weshalb sie den Weg auf sich genommen haben. – Und weshalb ich euch das mitteile? Weil ich erstens finde, geht hin, wer noch nicht war und zweitens, ich mag die Romantik und möchte auch hier und jetzt wieder mehr davon haben. Die Definition von „Romantik“ hält einiges aus, auf jeden Fall meint sie Wärme und ein umfassenderes Verständnis dem Mensch-Sein gegenüber mit.
Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Psyche und Schmetterling
Als ich dieses kleine Herbstblatt auf dem Asphalt sah, erinnerte es mich an einen Schmetterling in einer grauen Gegend ohne Vegetation. Hier kann niemand überleben, dachte ich. Gestern gegen Abend löste ich mein Versprechen ein und ging mit einer Büchse Tabak in der Klinik vorbei, Filter und Papierchen dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Meine junge Freundin hatte offenbar geschlafen, sie schaute mich aus müden Augen an.
Sie drehte zwei Zigaretten, holte ihre Jacke, zusammen gingen wir in den kleinen Garten an die frische Luft. Es regnete leicht, schnell erreichten wir den gedeckten Sitzplatz. Wir sprachen wenig, es ist nicht immer das Sprechen, das hilft. Manchmal ist es das gemeinsame Schweigen. Das Gefühl von Verbundenheit.
Als wir wieder oben waren, sprach mich eine andere junge Frau an, sie war mir schon beim letzten Besuch aufgefallen.
Sie sind der Herbstfarbentyp, sagte sie und schaute mich an, um gleich weiterzufahren: Ihr Jupe passt sehr gut zu der Farbe der Stiefel und der Jacke.
Ich war etwas überrascht ob dieser direkten Ansprache. Stellte mir vor, dass sie vor ihrer Erkrankung vielleicht in einer Kleiderboutique gearbeitet hatte. -
Bald kam das Nachtessen, es erleichterte den Abschied auf beiden Seiten. Ich ging gerne wieder nach Hause und war einmal mehr dankbar um das Pflegepersonal, das sich für das Wohl der PatientInnen einsetzt. Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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Psyche und Vermicelles
Wer kennt nicht diesen imposanten Bau am Rand von Wülflingen? Wer bei der Haltestelle «Klinik Schlosstal» aussteigt, ist sich bewusst, dass dieses einladende Haus seine Tücken hat, viele Türen, die nicht mehr so schnell aufgehen, wenn sie mal geschlossen wurden. Kurz gesagt: Wer hier regelmässig ein und ausgeht, hat entweder einen Job oder ein gesundheitliches Problem.
Für beide Seiten eine Herausforderung.
Ich besuche einen mir lieben Menschen und sehe junge Frauen und Männer, die auf der Abteilung ihre Runden drehen. Das schmerzt. Psychische Krankheiten sind nicht so easy wie ein einfacher Beinbruch. Weder zu erklären noch zu verstehen wie eine Operation an den Hüften oder wo auch immer ein Eingriff nötig ist.
Wenn ich die Nachrichten anschaue, ist es gar nicht so schwer zu verstehen, dass die Psyche von sensiblen Menschen zu rebellieren beginnt – oder sich total zurückzieht. Oft ist eine Diagnose hilfreich, weil es entsprechende Medikamente gibt. Weil der betroffene Mensch wie auch das Umfeld sozusagen eine neue Landkarte kartographieren muss. Dies und jenes geht mir durch den Kopf während des Besuches, ich beobachte und sortiere. -
- Auf dem Heimweg kaufe ich mir ein fettes Vermicelles, das ich Zuhause verspeise. Eine Überdosis Zucker ist genau das Richtige, um wieder in meinem eigenen Alltag anzukommen.
Mit guten Grüssen in die Stadt Eure Schreiberin Ruth von Seen
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