Bande de Coquins
Bande de Coquins
FreeEine Stadt, eine Bande. Jeden Mittwoch in deiner Inbox.
Ort
Zürich
Gegründet
2017
Follower
9
Seefeld-Imperialismus
Co Chin Chin ist der französische Kolonialname Vietnams. Und gleichzeitig der Name des Zürcher Restaurants an der Gasometerstrasse, das sich selber zum «Vietnam des Kreis 5» gekürt hat. Auf dem Papier mag das stimmen. Aber wenn du hier reinkommst, fühlst du dich weder nach Südostasien versetzt, noch hast du das Gefühl, dich an einen Tisch im Kreis 5 zu setzen. Die Marmortheke, der Kronleuchter, die Vase mit den frischen Blumen: Alles ist sorgfältig konzipiert, niedrige Plastikstühle und Dampfwolken aus der Küche scheinen wegretouchiert. Nicht mal Obama isst sein Bun Cha in einem derart stilisierten Etablissement. Das Seefeld hat sich an der Gasometerstrasse seine eigene Kolonie aufgebaut.Das Co Chin Chin eröffnete Ende des letzten Jahres mit jener demografischen Subgruppe am Tisch, die sich bisher im Lily's auf die Bank reihte. Von da wurde der Vietnamese schnell zum Stadtzürcher Place To Be; Dieter Meier hatte am Abend unseres Besuchs am Tisch nebenan diner en famille. Parallel zur emporschnellenden Wartezeit auf der Reservationsliste stieg auch das Einkommensprofil des Publikums: Inzwischen tragen die Damen im Lokal Hermès-Taschen zur Schau, die teurer sind als ein durchschnittlicher vietnamesischer Jahreslohn. Das Tischgespräch neben uns drehte sich um PowerPoint Slides, Steuerfüsse, Verlobungsringe und den letzten Einkauf im Fidelio. Essende Vietnamesen haben wir keine gesehen.Kolonie hin oder her – das Essen im Co Chin Chin ist verdammt gut. Wenn du noch nicht da warst, solltest du bei der nächsten Chance auf einen freien Tisch hingehen. Wenn du nicht zu früh satt werden, sondern viel probieren möchtest: Geh mit einer grossen Gruppe von Freunden und bestell einfach die gesamte Vorspeisenliste (245 SFr.). Macht sich auch gut auf Instagram. Häng aber ein #throwback in die Caption – das Zeitfenster fürs subversive Geheimtipp-Prahlen ist längst geschlossen.CO CHIN CHIN, Gasometerstrasse 7, 8005 ZürichDi bis Fr 11 – 14.30; 18 – 23, Sa 10 – 24, So 10 – 21(Bild Credit: @svenruoss)
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Feldstrasse 63, 8004 Zürich,
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Eine Stadt, eine Bande. Jeden Mittwoch in deiner Inbox.
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Deboneisabelbalzertamärlibez_ginialoisholdenerRon_in_BaselaagAngelaHammam Basar +Salon
Seefeld-Imperialismus
Co Chin Chin ist der französische Kolonialname Vietnams. Und gleichzeitig der Name des Zürcher Restaurants an der Gasometerstrasse, das sich selber zum «Vietnam des Kreis 5» gekürt hat. Auf dem Papier mag das stimmen. Aber wenn du hier reinkommst, fühlst du dich weder nach Südostasien versetzt, noch hast du das Gefühl, dich an einen Tisch im Kreis 5 zu setzen. Die Marmortheke, der Kronleuchter, die Vase mit den frischen Blumen: Alles ist sorgfältig konzipiert, niedrige Plastikstühle und Dampfwolken aus der Küche scheinen wegretouchiert. Nicht mal Obama isst sein Bun Cha in einem derart stilisierten Etablissement . Das Seefeld hat sich an der Gasometerstrasse seine eigene Kolonie aufgebaut. Das Co Chin Chin eröffnete Ende des letzten Jahres mit jener demografischen Subgruppe am Tisch, die sich bisher im Lily's auf die Bank reihte. Von da wurde der Vietnamese schnell zum Stadtzürcher Place To Be; Dieter Meier hatte am Abend unseres Besuchs am Tisch nebenan diner en famille. Parallel zur emporschnellenden Wartezeit auf der Reservationsliste stieg auch das Einkommensprofil des Publikums: Inzwischen tragen die Damen im Lokal Hermès-Taschen zur Schau, die teurer sind als ein durchschnittlicher vietnamesischer Jahreslohn. Das Tischgespräch neben uns drehte sich um PowerPoint Slides, Steuerfüsse, Verlobungsringe und den letzten Einkauf im Fidelio. Essende Vietnamesen haben wir keine gesehen. Kolonie hin oder her – das Essen im Co Chin Chin ist verdammt gut. Wenn du noch nicht da warst, solltest du bei der nächsten Chance auf einen freien Tisch hingehen. Wenn du nicht zu früh satt werden, sondern viel probieren möchtest: Geh mit einer grossen Gruppe von Freunden und bestell einfach die gesamte Vorspeisenliste (245 SFr.). Macht sich auch gut auf Instagram. Häng aber ein #throwback in die Caption – das Zeitfenster fürs subversive Geheimtipp-Prahlen ist längst geschlossen. CO CHIN CHIN, Gasometerstrasse 7, 8005 Zürich Di bis Fr 11 – 14.30; 18 – 23, Sa 10 – 24, So 10 – 21 (Bild Credit: @svenruoss )
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So ein Zirkus
Es gibt Menschen, die machen aus jeder Situation ein Theater. Und es gibt jene, die nehmen das Theater mit, wohin sie gehen. Lustig ist es nur mit letzteren, und Alexis Saile gehört dazu. Der Künstler ist für seine verrückten Zeichnungen bekannt, für seinen Sammelwahn und seine Party-Auftritte. Wer einmal erlebte, wie er um zwei Uhr morgens mit einer Gitarre auf den Tisch steigt und sich eine Flasche Wein über den Kopf schüttet, wird es nicht vergessen. Vergangene Woche hat er das Ristorante Zampano eröffnet. Hinter dem Restaurant stecken neben Saile auch Art Director Adrian Ehrat und Fotograf Florian Kalotay. Im Sommer hatte das Trio während vier Wochen ein Pop-Up veranstaltet, das Kunstausstellungen, wilde Parties und Gastronomen kombinierte. Diesmal soll es mindestens drei Monate dauern. Für die Speisen zuständig ist Margaretha Jüngling, ein experimentierfreudiges Jungtalent, das davor im Stazione Paradiso, Zum Goldenen Krass und für Neil Young auf Tour gekocht hatte. Es ist ein kalter Mittwochabend, als wir kurz nach 21 Uhr vor das Industrie-Gebäude in der Binz treten. Saile steht im roten Faserpelzpulli vor einem Lagerfeuer und zieht unruhig an einer Zigarette. Er sagt, bis vor drei Stunden sei nicht klar gewesen, ob sie es bis zur Eröffnung schaffen werden. Das ist kaum Koketterie. Saile gilt als Mann von einzigartigen Prioritäten. Termine gehören nicht dazu. Wir fragen ihn nach dem Menü, er winkt ab und sagt, «Ich musste mich um die Kerzen kümmern. Keine Ahnung, was auf die Teller kommt.» Drinnen sind die Wände weiss und frisch gestrichen. In ein paar Wochen werden hier Zeichnungen von Saile hängen, wenn dieser die Idee dann immer noch gut findet. Die Tische und Stühle stammen aus dem Fundus des Künstlers, der täglich ins Brockenhaus fährt und dort immer etwas findet. Auf dem Plattenspieler laufen Rodriguez und vertonte Poesie von Leonard Cohen. Beda Achermann ist hier, Miguel Ledesma vom Maison Manesse auch, sie reden mit Männern in Hochwasserhosen und Frauen mit asymmetrischen Frisuren. Kaum einer ist unter dreissig. Jünglings Stimme dringt gellend aus der offenen Küche. Sie scheint zu wissen, was sie tut. Wir bestellen die «Chef's Choice», vier Gänge für 75 Franken. In den folgenden drei Stunden kriegen wir einen scharfen Kürbis-Dip und Lattich mit Mandeln, Tatar, Federkohlsalat mit Parmesan, Kartoffelstock mit Ei und Pilzen, Cheesecake und ein Randen-Brownie, alles zum Teilen. Ehrat und Kalotay stehen hinter der Bar und an den Tischen. Saile ist derweil damit beschäftigt, das Lokal umzustellen. Während wir auf den Hauptgang warten, bringt er uns einen Kerzenständer und nimmt ihn wieder mit, tauscht unsere Stühle aus und wechselt fünfmal die Musik. Kurz nach Mitternacht wird das Lachen lauter, der Rotwein zum fünften Mal nachgeschenkt, erste Zigaretten werden angezündet. Wir denken an die Sitzung am nächsten Morgen und holen unsere Mäntel. Als wir zufrieden und todmüde aus dem Lokal stolpern, treffen wir Saile wieder vor dem Lagerfeuer. Seine Wangen leuchten, die Ohren glühen. Er drückt uns einen Kuss auf die Backe und meint, schade, dass wir schon gehen – er werde gerade erst warm. R ISTORANTE ZAMPANO, Talwiesenstrasse 17, 8045 Zürich Mi – Sa, Slots um 18:30 und 21:15, Reservation empfohlen. Cash only.
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