DerStadtsensor

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Urban Pro

Der Stadtsensor macht aufmerksam, sensibilisiert in der Wahrnehmung, regt die Selbstreflexion an, initiiert eine neue Wirklichkeitsbildung.

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Der Stadtsensor trifft auf Res Strehle, Chefredaktor Tagesanzeiger im August 2015: Ein Dialog.

Der Stadtsensor trifft auf Res Strehle, Chefredaktor Tagesanzeiger im August 2015: Ein Dialog.

Der Stadtsensor (dS): Wie ist Ihre Haltung betreffend digitaler und analoger Welt?Res Strehle (rS): Der Tagesanzeiger war immer schon der Überzeugung, dass es beides braucht. Wir stellen zudem fest, dass sich der Printjournalismus nach wie vor recht gut hält. Dies ist auch eine Schweizer Eigenheit. Unser regionales Verteilsystem stellt einen hohen Komfort und Qualitätsanspruch unsererseits sicher. Den Abonnementen morgens um sechs die Zeitung in den Briefkasten zu legen, ist uns ein zentrales Dienstleistungsanliegen.dS: Für mich stellt diese Nähe zu den Kunden etwas Persönliches und auch Intimes dar. Bleibt die Zeitung am Morgen mal aus, so wird bei manchen ein bestehendes Morgenritual unterbrochen und man sehnt sich wieder nach dem vertrauten, individuellen Service.rS: Genau. Eine weitere nicht unwichtige Qualität ist die durch die Papierzeitung gewährleistet Abschirmung gegenüber der Umwelt, durch welche man Raum und Zeit für sich alleine gewinnt. Daneben gibt es Personen, welche die Gepflogenheit haben, sich „nur einmal“ im Tag zu informieren und so dann bewusst zur Papierzeitung und oder auch zum E-Paper greifen. Wiederum andere wollen ganz rasch, aktuell, multimedial und dauernd informiert werden. Wir müssen alles bieten.dS: Müssen Sie das?rS: Ja, wir sind der Meinung als aktuelles Informationsmedium – nicht etwa als Magazin – müssen wir die volle Palette in allen Tempi und Rhythmen und zudem auch multimedial bieten. Gleichzeitig werden Ressourcen knapp und die Ansprüche und Erwartungen wachsen – dies stellt uns vor grosse Herausforderungen.dS: Könnte sich der Tagesanzeiger nicht nebst dem bestehenden Onlineangebot gerade im Printbereich stärker konzentrieren? Ich denke dabei nicht mehr an eine tägliche Ausgabe. Dafür eine themenspezifisch fokussierte und qualitativ fundiert recherchierte Version.rS: Dies ist nicht ausgeschlossen. Zu bedenken gilt an dieser Stelle die doch nicht ganz kleine Redaktion und diese müssten wir dann auf dieser Basis finanzieren können. Das wäre dann eine Spur zu elitär und würde in Richtung Premium gehen. Einen Teil der Leser haben wir ja bereits durch Onlinemedien und Gratiszeitungen verloren. Bei denjenigen, welche sich für eine solche Printversion entschieden haben, stellt die relative kleine Deutschschweiz für uns eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Zudem gibt es ein zweites bekanntes und vertrautes Produkt auf dem Markt – die NZZ – welche auch diesem Anspruch folgt.dS: In unserer schnellen, multimedialen und mit Informationen übersättigten Welt suchen viele Menschen in meinem beruflichen wie privaten Umfeld heutzutage wieder vermehrt thematische Bündelungen, klare Strukturen mit entsprechender Fokussierung und Konzentrierung zwecks besseren Orientierung. Wie erleben Sie das?rS: Für das ist ja genau die Zeitung gut. Sie erlaubt, wie bereits erwähnt, die Abschirmung von Überinformation.dS: Sie schreiben auf ihrem neuen Foto Blog ZOOM, dass die dokumentarische Kraft der Fotografien verloren gegangen ist. Was sind nach ihrem Verständnis überhaupt noch verlässliche Quellen?rS: Dies ist eine „urjournalistische“ Aufgabe, an der sich nichts geändert hat. Neu ist die Aufbereitung und Verteilung der Inhalte über das Netz, bei welcher sich vor allem die Technik stark weiterentwickelt hat.dS: Wo informieren und inspirieren Sie sich selber?rS: Ich habe meine Medien – Netz und Papier. Wenn ich auf einen der beiden Träger verzichten müsste, so wäre dies das Papier. Sie sehen also, dass dies nicht nur eine Generationenfrage ist. Sondern eher mit Wahrnehmungsgewohnheiten zu tun hat. Wo, wie und was man liest und wie stark man auch das Multimediale oder Spielerische schätzt, ist äusserst individuell. Wichtig ist für uns, die bestmöglichen Nutzungsformen anzubieten. Zudem haben wir bei uns eine rege betriebene Diskussionskultur – eingebettet in einer flachen Hierarchie – in welcher wir Aktualität, Informationen und Haltungen entsprechend austauschen und uns gegenseitig informieren und inspirieren lassen.dS: Wann schreiben Sie über Menschen?rS: Wenn sie und ihre Themen interessant sind.dS: Tagesaktuell?rS: Auch.dS: Regional?rS: Das macht den Zugang einfacher für uns – ist aber nicht zwingend.dS: Ich sehe mich selbst als aufklärender Humanist und bin der Ansicht, dass die aufklärerische Komponente durchaus auch Medienauftrag ist. Wie sehen Sie das?rS: Den Aufklärungsanspruch hatte ich früher auch so wie Sie. Heute habe ich ihn ein bisschen weniger und bin etwas pragmatischer und desillusionierter unterwegs. Wir versuchen heute Fakten herauszubringen, welche nicht bekannt sind, um grösstmögliche Transparenz herzustellen. Mir fällt zudem bei aktuellen Debatten auf, dass die wichtigen Fragen oft nicht geklärt sind.dS: Ich stehe als Stadtsensor und als Quintessenz-Qualität Firmeninhaber für eine etwas andere Qualität. Mehr Sinnlichkeit, Fokussierung, Langsamkeit, Genuss und den Anspruch, möglichst ganzheitlich wahrzunehmen, ist mir wichtig. Was halten Sie davon?rS: Vermehrt zu differenzieren, zu verlangsamen und auf Eigenleistung zu setzen wäre sicherlich auch für uns reizvoll. Dennoch würden wir dabei nur ein zu kleines Segment unserer Leserschaft abholen. Interessant ist aber dennoch der Umstand, dass Studierende des MAZ Luzern (Medienausbildungszentrum – die Schweizer Journalistenschule), die uns kürzlich besucht haben, genau die von Ihnen erwähnten Qualitäten als attraktiv angesprochen haben.Der Stadtsensor bedankt sich bei Res Strehle für diesen offenen und inspirierenden Austausch.Und Ihr liebe Leser? Wo liegt Eure Präferenz? Weshalb greift Ihr zu Papier bzw. der digitalen Version?



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