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Freedieperspektive, die lesergenerierte Monatszeitung für Kunst, Kultur & Politik
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Let's Talk About Sex
«Let’s talk about Sex, baby/Let’s talk about you and me/Let’s talk about all the good things/And the bad things that may be.» – Dieser Refrain des Songs «Let’s Talk About Sex» von Salt ’n’ Pepa fand sich 1991 immerhin eine Woche auf Platz 1 der Schweizer Charts – zu einer Zeit namentlich als Gangsta-Rap populär wurde und kurz bevor Alben wie Doggystyle (Snoop Doggy Dogg, 1993) erschienen.So hat «Let’s Talk About Sex» auch zwanzig Jahre nach seinem Erscheinen, trotz seines chauvinistischen Restbestands in Form des Worts «baby», nichts an Aktualität eingebüsst, wenn es um das Verhältnis zwischen Männern und Frauen geht. Ein Verhältnis, das unter Titeln wie Gleichberechtigung oder Gleichstellung zu fassen und immer noch neu zu bestimmen versucht wird. Dass dieses Verhältnis nach wie vor Anlass zu Diskussionen gibt, lädt dazu ein, einmal eine neue Perspektive auszuloten.Jetzt schnell ein Abo machen und die neue Ausgabe von dieperspektive zum Thema «Von A bis Sex» schon bald im Briefkasten haben. Hier für nur 30 Stutz pro Jahr.Ein – vor allem auch in den Medien – allzu oft besprochener Teilbereich dieser Gleichstellungs-Debatte betrifft die Lohngleichheit. De iure (seit 32 Jahren sogar in der Schweizer Bundesverfassung) ist die Lohngleichheit nämlich längst verankert. De facto ist es immer noch so, dass Frauen durchschnittlich 18.4% weniger verdienen als Männer (Medianlohn bei gleicher Anforderung). Branchenspezifischer Spitzenreiter mit 33% Lohnungleichheit ist der hochgelobte Schweizer Finanzsektor: die wahre Bling-Bling-Gang. Ganz zu schweigen davon, dass Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen – und vor allem auch in der Bankenwelt, einem Männerklüngel sondergleichen – nach wie vor untervertreten sind.Das ist ein eigenartiger Zustand für einen Rechtsstaat, denn offensichtlich wird dem Recht nicht Folge geleistet. Weshalb? Vielleicht wird die Diskussion zu einseitig geführt, rein auf der wirtschaftlichen und rechtlichen Ebene. Die Diskussion über die Gleichheit zwischen Mann und Frau muss aber alle Aspekte des Verhältnisses zwischen den Geschlechtern beinhalten – auch Sex, wie Salt ’n’ Pepa es gefordert haben. Das heisst nicht, dass nun alle ihr persönliches Sexualleben in der Öffentlichkeit breitzuwalzen hätten. Die Werbung genannte Softpornographie tut schon genug dafür, dass Sex in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Nicht auf die beste Art. Die Werbung stilisiert alle zu Hochleistungsverführerinnen und -verführern, anstatt die Leute als Alltagsfickerinnen und Alltagsficker ernst zu nehmen. Soziale Klischees werden damit einmal mehr zementiert. Ganz allgemein. Aber zu sprechen wäre über persönliche Sexualpraktiken. Sexualpraktiken zwischen zwei Menschen: «you and me».Die Werbung mit ihrem Leitspruch «Sex sells» und die private Sexualpraxis eines durchschnittlichen Pärchens spannen den Rahmen für diese Debatte, und vielleicht weit darüber hinaus. Der Rahmen zwischen «all the good things and the bad things that may be». In diesem gilt es ebenso über Pornographie, emontionslosen, reinen Sex und das von Salt ’n’ Pepa propagierte Liebesideal zu diskutieren – statt Initiativen zum Verbot von Sexualkunde zu lancieren: Ist «just sex» dasselbe wie «making love»? Gaukeln wir uns mit «making love» vielleicht etwas vor? Wären Sex und Liebe vielleicht zu trennen? Und was ist überhaupt ein Pärchen? Entscheidender noch als eine öffentliche Diskussion über dieses Thema ist natürlich das Gespräch im Schlafzimmer – eben weil sich das Sexualleben grösstenteils immer noch zwischen zwei Menschen abspielt.Über die Bettgewohnheiten der werten Damen und Herren wird hingegen kaum gesprochen – und der Verdacht, in dieser Sache falle auch privat kaum ein Wort, liegt nahe. Dass Elfriede Jelinek 2004 für ihre schonungslose Darstellung sexueller Praktiken und Klischees den Nobelpreis erhielt, ist dafür der ironische Beweis. Neben allen anderen Gründen Jelinek den Preis zu verleihen, zeigt diese Vergabe, dass das Thema Sex im privatesten Sinn die Gesellschaft offensichtlich im Schritt juckt. Die Drastik, mit der sie in ihrem meistverkauften Buch „Lust“ die Sexualpraxis eines Direktors mit seine Frau darstellt, ist (den Faden des Salt ’n’ Pepa Songs 13 Jahre danach wieder aufnehmend) ein Tabubruch sondergleichen. Auf 250 Seiten wird ein ums andere Mal wiederholt, wie der Herr Direktor im feinen Anzug über Mittag seine Frau kurzerhand über den Tisch legt, sie über den Badewannenrand drückt, ihr den Schwanz in den Mund stopft und sie hart von Hinten nimmt – Gangsta-Rap im Bürgertum. Die Geisteshaltung, die aus einer solchen Figur spricht, braucht wohl kaum erläutert zu werden.Nicht zuletzt könnte darin aber eine Antwort auf die Frage nach der Lohngleichheit liegen: Warum ist Lohngleichheit de iure gegeben aber de facto nicht? Darauf lässt sich bloss mit einer rhetorischen Gegenfrage antworten: Aber weshalb sollte der Herr Direktor einer weiblichen Angestellten auch den gleichen Lohn zahlen wie einem männlichen Angestellten, wenn er zu Hause seine Frau immer nur hart von hinten ran nimmt? Und das macht die schon recht alte Forderung von Salt ’n’ Pepa, im Sinne der Gleichstellung über Sex zu sprechen, nur noch dringlicher.Text: Fabian SchwitterWeitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe.
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Let's Talk About Sex
«Let’s talk about Sex, baby/Let’s talk about you and me/Let’s talk about all the good things/And the bad things that may be.» – Dieser Refrain des Songs « Let’s Talk About Sex » von Salt ’n’ Pepa fand sich 1991 immerhin eine Woche auf Platz 1 der Schweizer Charts – zu einer Zeit namentlich als Gangsta-Rap populär wurde und kurz bevor Alben wie Doggystyle (Snoop Doggy Dogg, 1993) erschienen. So hat «Let’s Talk About Sex» auch zwanzig Jahre nach seinem Erscheinen, trotz seines chauvinistischen Restbestands in Form des Worts «baby», nichts an Aktualität eingebüsst, wenn es um das Verhältnis zwischen Männern und Frauen geht. Ein Verhältnis, das unter Titeln wie Gleichberechtigung oder Gleichstellung zu fassen und immer noch neu zu bestimmen versucht wird. Dass dieses Verhältnis nach wie vor Anlass zu Diskussionen gibt, lädt dazu ein, einmal eine neue Perspektive auszuloten.
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Ein – vor allem auch in den Medien – allzu oft besprochener Teilbereich dieser Gleichstellungs-Debatte betrifft die Lohngleichheit. De iure (seit 32 Jahren sogar in der Schweizer Bundesverfassung) ist die Lohngleichheit nämlich längst verankert. De facto ist es immer noch so, dass Frauen durchschnittlich 18.4% weniger verdienen als Männer (Medianlohn bei gleicher Anforderung). Branchenspezifischer Spitzenreiter mit 33% Lohnungleichheit ist der hochgelobte Schweizer Finanzsektor: die wahre Bling-Bling-Gang. Ganz zu schweigen davon, dass Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen – und vor allem auch in der Bankenwelt, einem Männerklüngel sondergleichen – nach wie vor untervertreten sind.
Das ist ein eigenartiger Zustand für einen Rechtsstaat, denn offensichtlich wird dem Recht nicht Folge geleistet. Weshalb? Vielleicht wird die Diskussion zu einseitig geführt, rein auf der wirtschaftlichen und rechtlichen Ebene. Die Diskussion über die Gleichheit zwischen Mann und Frau muss aber alle Aspekte des Verhältnisses zwischen den Geschlechtern beinhalten – auch Sex, wie Salt ’n’ Pepa es gefordert haben. Das heisst nicht, dass nun alle ihr persönliches Sexualleben in der Öffentlichkeit breitzuwalzen hätten. Die Werbung genannte Softpornographie tut schon genug dafür, dass Sex in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Nicht auf die beste Art. Die Werbung stilisiert alle zu Hochleistungsverführerinnen und -verführern, anstatt die Leute als Alltagsfickerinnen und Alltagsficker ernst zu nehmen. Soziale Klischees werden damit einmal mehr zementiert. Ganz allgemein. Aber zu sprechen wäre über persönliche Sexualpraktiken. Sexualpraktiken zwischen zwei Menschen: «you and me».
Die Werbung mit ihrem Leitspruch «Sex sells» und die private Sexualpraxis eines durchschnittlichen Pärchens spannen den Rahmen für diese Debatte, und vielleicht weit darüber hinaus. Der Rahmen zwischen «all the good things and the bad things that may be». In diesem gilt es ebenso über Pornographie, emontionslosen, reinen Sex und das von Salt ’n’ Pepa propagierte Liebesideal zu diskutieren – statt Initiativen zum Verbot von Sexualkunde zu lancieren: Ist «just sex» dasselbe wie «making love»? Gaukeln wir uns mit «making love» vielleicht etwas vor? Wären Sex und Liebe vielleicht zu trennen? Und was ist überhaupt ein Pärchen? Entscheidender noch als eine öffentliche Diskussion über dieses Thema ist natürlich das Gespräch im Schlafzimmer – eben weil sich das Sexualleben grösstenteils immer noch zwischen zwei Menschen abspielt.
Über die Bettgewohnheiten der werten Damen und Herren wird hingegen kaum gesprochen – und der Verdacht, in dieser Sache falle auch privat kaum ein Wort, liegt nahe. Dass Elfriede Jelinek 2004 für ihre schonungslose Darstellung sexueller Praktiken und Klischees den Nobelpreis erhielt, ist dafür der ironische Beweis. Neben allen anderen Gründen Jelinek den Preis zu verleihen, zeigt diese Vergabe, dass das Thema Sex im privatesten Sinn die Gesellschaft offensichtlich im Schritt juckt. Die Drastik, mit der sie in ihrem meistverkauften Buch „Lust“ die Sexualpraxis eines Direktors mit seine Frau darstellt, ist (den Faden des Salt ’n’ Pepa Songs 13 Jahre danach wieder aufnehmend) ein Tabubruch sondergleichen. Auf 250 Seiten wird ein ums andere Mal wiederholt, wie der Herr Direktor im feinen Anzug über Mittag seine Frau kurzerhand über den Tisch legt, sie über den Badewannenrand drückt, ihr den Schwanz in den Mund stopft und sie hart von Hinten nimmt – Gangsta-Rap im Bürgertum. Die Geisteshaltung, die aus einer solchen Figur spricht, braucht wohl kaum erläutert zu werden.
Nicht zuletzt könnte darin aber eine Antwort auf die Frage nach der Lohngleichheit liegen: Warum ist Lohngleichheit de iure gegeben aber de facto nicht? Darauf lässt sich bloss mit einer rhetorischen Gegenfrage antworten: Aber weshalb sollte der Herr Direktor einer weiblichen Angestellten auch den gleichen Lohn zahlen wie einem männlichen Angestellten, wenn er zu Hause seine Frau immer nur hart von hinten ran nimmt? Und das macht die schon recht alte Forderung von Salt ’n’ Pepa, im Sinne der Gleichstellung über Sex zu sprechen, nur noch dringlicher. Text: Fabian Schwitter Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
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Lotto: Warum wird den Armen das Geld aus der Tasche gelockt?
Glücksspiel ist meist eine Sache für arme Menschen. Gewinnen tut selten jemand. Die Einnahmen von Swisslos fliessen in die Kantone und von dort in gute Projekte.
Lotto spielen oder Lose kaufen – die Möglichkeit bietet sich an jeder Ecke. Sogar in der Post am Schalter fragen sie immer: «Wollen Sie noch Ihr Glück mit einem Los versuchen?» Nein, danke. Es ist seit Langem kein Geheimnis, dass vor allem ärmere und bildungsferne Menschen ihr Geld für Glücksspiele ausgeben – und nicht selten daran verarmen. Gewinnen tut nur selten jemand.
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Die Organisation, die hinter den ganzen Losen steckt, ist Swisslos. Eine vom Staat stark überwachte Firma, die den Auftrag hat, möglichst viel Geld einzunehmen. Denn mit den Einnahmen (abzüglich den mageren Gewinnen und dem Aufwand für die Administration) werden hunderte Projekte in der ganzen Schweiz finanziert. Meist sind es Projekte, denen sonst das Geld fehlen würde: Kultur, Bildung, Umweltschutz, Sport. Jeder Franken in ein solches Projekt ist mit Sicherheit besser investiert, als wenn man es einer Grossbank anvertraut.
Das Problem sind nicht die Projekte. Das Problem ist, dass die Glücksspiele faktisch einer Armen-Steuer gleichkommen. Lotto und Lose sind gefährliche Sachen: Wer wenig hat, dem wird genommen. Wer wenig hat, der braucht mehr Geld und träumt vom richtig fetten Los. Der Staat hat ein grosses Interesse daran, dass die ärmeren Bürger ihr Geld an Swisslos verlieren. Und so wird Tag für Tag den beinahe-mittellosen Menschen das Geld aus der Tasche gelockt.
Mit dieser Armen-Steuer kommen jährlich weit über 300 Millionen Franken in die Kassen . Knapp 326 Millionen werden an die Kantone verteilt. Der Kanton Zürich erhält für die Förderung von Projekten mit einem guten Zweck über 77 Millionen (zum Vergleich : Der Kanton Zürich gibt pro Jahr 91 Millionen Franken Steuergelder für die Kulturförderung aus).
Wie oben schon festgehalten: Nichts gegen die Förderung von Sportvereinen, Gesundheitsstiftungen, Bibliotheken und vom Vogelschutz. Aber müssen es wirklich die Ärmsten der Gesellschaft bezahlen? Warum wird den Armen das Geld aus der Tasche gelockt, während die Reichen zum Teil pauschalbescheuert, ääh pauschalbesteuert werden? Was soll diese Umverteilung von unten nach oben? Solange es Glücksspiel gibt, ist diese Art, mit den Einnahmen umzugehen sicher eine gute Idee. Klar, die Spieler verlieren ihr Geld freiwillig. Aber erstens könnten die Einnahmen von Swisslos beispielsweise mit einer Steuererleichterung für niedrige Einkommen zurückerstattet werden und zweitens sollten Projekte mit einem guten Zweck über Steuergelder gefördert werden, denn da werden alle ihrem Einkommen entsprechend zur Kasse gebeten. Text: Simon Jacoby Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
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Hauen wir uns was rein?
Die friedliche Zeit zwischen Weihnachten und Silvester eignet sich hervorragend für ausschweifende Parties. Alkohol ist immer mit dabei. Nicht selten auch Substanzen, die die Farben klarer und die Musik erlebbar werden lassen.
Ein Blick auf die Zahlen.
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Vorglühen war mal. Eintrinken mit Freunden ist was für unter Zwanzigjährige. Könnte man meinen. Nicht alle setzen für einen gelungenen Abend nur auf Alkohol. Magische Pilze vor der Party? MDMA Pulver dippen an der Party? Auf dem WC der Party Koks rupfen, wenn die Müdigkeit kommt? Alle haben solche Szenen schon mitbekommen – viele schon mitgemacht.
Doch wie sieht die Gesamtsituation aus? Wie verbreitet sind Partydrogen in unseren Kreisen wirklich? Das Suchtmonitoring vom Bundesamt für Gesundheit (finanziert vom Tabakpräventionsfonds) zeigt auf, wie es ist.
Im vergangenen Jahr haben
27% der städtischen 15- bis 24-Jährigen gekifft.
0.4% der Schweizer Wohnbevölkerung (ab 15 Jahren) Kokain genommen.
1.1% der 20- bis 24- Jährigen (stärkste Altersgruppe) LSD genommen.
0.9% der 15- bis 19-Jährigen Ecstasy gelutscht oder geschluckt (schnupfen ist nicht so beliebt). Bei den 20- bis 24-Jährigen geht der Konsum auf 0.2% zurück, um dann in der nächsten Altersgruppe (bis 34 Jahre) wieder auf 0.7% anzusteigen.
Der typische Schweizer Drogenkonsument ist männlich, stammt aus der französischen Schweiz, lebt in einer Stadt, ist zwischen 15 und 24 Jahren alt und befindet sich noch in Ausbildung.
Der Konsum von allen Drogen geht mit steigendem Bildungsniveau und einer festen Arbeitsstelle zurück. Wobei fraglich ist, ob die Beschäftigung und die abgeschlossenen Ausbildung eine Abneigung gegenüber Drogen fördert, oder ob es das fortschreitende Alter ausmacht. Je älter die Schweizer, desto weniger Drogen konsumieren sie. Allerdings nur bis ungefähr Anfang 60: Die Babyboomer, die jetzt immer häufiger pensioniert werden und in der guten alten Hippie-Zeit aufgewachsen sind, nehmen wieder öfter psychoaktive Substanzen.
Von einer Junkie-Generation wäre vor dem Hintergrund dieser Daten völlig daneben. Junge Menschen, die Parties feiern, tun dies in der Regel mit Alkohol und Gras. Der Konsum aller anderen Drogen ist überraschend niedrig.
In diesem Sinne – auf ein nüchternes neues Jahr.
P.S. Die Autoren der Studie schreiben, dass die wenigsten der Befragten angaben, Heroin zu nehmen. Nun, das überrascht wenig: Die Befragung wurde über Festnetztelefone durchgeführt, die im Telefonbuch stehen. Die Ergebnisse können also entweder aufgerundet oder mit Vorsicht betrachtet werden.
P.P.S. Der Titel («Hauen wir uns was rein?») ist ein offizieller Werbeslogan der K-Kioske – allerdings nur in ländlichen Gebieten ;)
Text: Simon Jacoby Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
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Der Kapitalismus und die Krise des Mannes
Lassen Sie mich eine Hypothese formulieren; sie können sie hernach verspotten, verhöhnen, zerreissen; darüber gehässig am Stammtisch disputieren oder - wenn sie zu jener Sorte von Mensch gehören - sie sachlich und ruhig diskutieren. Nun denn genug des eitlen Geschwätzes: Ich möchte hier die These vertreten, dass der Kapitalismus und seine Anreizstrukturen für die Krise des Mannes mitverantwortlich sind und diese verstärken.
Das mag jetzt vielleicht in Ihren Ohren etwas weit hergeholt klingen - vielleicht erscheint Ihnen die These etwas gar beliebig. Doch lassen sie mich meinen Gedankengang darlegen. Beginnen wir zuerst einmal bei der oft beschworenen «Krise des Mannes». Was ist damit überhaupt gemeint? Wenn wir von der Krise des Mannes sprechen, meinen wir in der Regel das schwammig gewordene Rollenbild und die sich daraus ergebenden widersprüchlichen Anforderungen. Für einen jungen Mann gestaltet sich deshalb die Identitätsfindung als grosse Herausforderung. Die Gesellschaft vermittelt ihm einerseits ein klassisch-promiskuitives Rollenbild, in dem der Mann als Schürzenjäger, Brotverdiener und Machertyp dargestellt wird. Andererseits wird dieses Rollenbild wiederum radikal infrage gestellt und an seiner Stelle ein pluralistisches-entsexualisiertes Rollenbild propagiert: der einfühlsame Mann, der seine Triebe zu kontrollieren weiss und mit seiner Partnerin auf gleicher Augenhöhe steht. Ein heranwachsender Mann bewegt sich in diesem Spannungsfeld und findet sich darin mehr schlecht als recht zurecht.
Nachdem ich nun in groben Zügen die «Krise des Mannes» nachgezeichnet habe, wird es Zeit, den Zirkel weiter zum Kapitalismus zu ziehen, welcher gleichsam den Ausgangspunkt meiner Argumentation darstellt.
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Der Kapitalismus und die Notwendigkeit der Manipulation
Als in den späten 1960er-Jahren die Märkte zunehmend gesättigt waren; immer mehr Menschen einen Kühlschrank und Backofen hatten, fast jeder ein Auto fuhr und im Portmonee der Haushalte trotzdem noch genug Geld vorhanden war, dachte man in den Werbeabteilungen darüber nach, wie man den Haushalten dieses Geld entlocken bzw. wie man eine «künstliche Nachfrage» schaffen konnte. Kluge Köpfe fanden in der emotionalisierten Werbung schliesslich die Lösung. Man verkauft nicht mehr, wie bis anhin ein Produkt, sondern man verkauft von nun an Emotionen; man verkauft nicht mehr Zigaretten, sondern das Gefühl von Freiheit. Man verkauft nicht mehr Damenunterwäsche, sondern… Sie wissen schon. Emotionsgeladene Werbebotschaften sind äusserst effizient, da sie den potentiellen Käufer via dessen Unterbewusstsein erreichen und dort ein oft irrationales Verlangen nach einem entsprechenden Produkt erzeugen können.
Nun gibt es verschiedene Typen von Konsumenten und das Marketing hat im Laufe der Zeit ausgeklügelte Marktsegmentierungen vorgenommen, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen (googeln sie mal nach Dinkies, Woopies, Yumpies). Dabei kommt der Unterscheidung zwischen Mann und Frau jedoch immer noch grösste Bedeutung zu. So begegnen wir Werbung, die auf Männer und Werbung, die auf Frauen zugeschnitten ist. Die dabei eingesetzte Emotionalisierungs oder meinetwegen auch Manipulationstechnik, folgt unterschiedlichen Logiken.
Die Werbung für Männer zeigt uns oft erotische und attraktive Frauen, die dem Besitzer des Produktes XY verfallen sind. Als klassisches Beispiel dienen hier die Axe-Deodorants. In diesem Typ von Werbung erscheinen Männer in einer klassisch-promiskuitiven Rolle und die Frau wird als ein ihm unterworfenes Sex-Objekt dargestellt.
In Werbungen mit Frauen als Zielgruppe, werden jene mit einem künstlichen und unrealistischen Schönheitsideal konfrontiert, um der ihnen das Gefühl zu vermitteln, zu wenig schön und nicht attraktiv genug zu sein. Im selben Atemzug verkauft die Werbung ihnen die Illusion, dass sie sich ein Stück weit diesem Ideal annähern könne, wenn sie denn nur das Produkt XY kaufen würde (denken wir an Mascara, Anti-Falten-Crème, Shampoos, etc.). Frauen werden in dieser Form der Werbung ebenso auf eine «klassische» Rolle reduziert, in der Schönheit das A und O zu sein scheint.
Betrachten wir die Gemeinsamkeiten beider Prinzipien In der Werbung für den Mann, wie in der Werbung für die Frau, werden in beiden Fällen klassische Rollenbilder propagiert. Auf symbolischer Ebene wird versucht, eine Norm zu errichten, die mit der impliziten Botschaft droht, dass abweichendes Verhalten gesellschaftlich sanktioniert werde («Du bist nur jemand, wenn du dich so und so verhältst»). Wenn Menschen diese Rollenbilder akzeptieren und verinnerlichen, werden sie für die Werbung manipulierbar. Denn so können die Werbemenschen fortan den Konsumenten weis machen, dass es zum Mannsein oder zum Frausein gehört, Produkt XY zu erwerben. Und die Menschen tun es tatsächlich.
Die Intervention des Feminismus
Wohl bemerkt werden Frauen von beiden Formen von Werbung erniedrigt: in der Werbung für Männer erscheinen sie als dümmliche Sex- und Lustobjekte und in der Werbung für Frauen müssen sie sich an einem unerreichbaren Schönheitsideal messen. Die Werbeindustrie zog deshalb die berechtigte Wut des Feminismus auf sich. Frauen begannen sich gegen die Darstellung ihresgleichen als Sexobjekte zu wehren und prangerten das krankhafte und künstliche Schönheitsideal an (googeln sie nach «Killing us softly»). Der Feminismus begnügte sich damit jedoch nicht. Ihm war sehr wohl klar, dass die Werbung sich der klassischen Rollenbilder zu Nutze macht; es machte deshalb für den Feminismus absolut Sinn, diese Rollenbilder zu attackieren und andererseits den gesellschaftlichen Pluralismus zu propagieren: jeder soll so sein, wie er oder sie will; es gibt kein richtig oder falsch («you are beautiful, no matter what they say»).
Die Verwirrung der Männer
Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass die feministische Kritik mittlerweile zum festen Bestandteil des öffentlichen Diskurses geworden ist. Wir finden feministische Argumente und die Kritik an den klassischen Rollenbildern (Kritik am «Machogehabe» und «unterwürfigen Frauen») in Magazinen, Tageszeitungen, Blogs und Fernsehsendungen. Und es ist daher wenig erstaunlich, dass auch junge und nicht mehr so junge Frauen diese Kritik und Wertvorstellungen wiederum übernommen haben.
Für Männer und vor allem für junge Männer, stellt diese Situation eine Herausforderung dar, denn sie leben, wie eingangs erwähnt, in einem Spannungsfeld von zweierlei Wertvorstellungen. Auf der einen Seite steht die Werbung, welche Männern ein klassisch-promiskuitives Rollenbild aufzuzwingen versucht und auf der anderen Seite, das pluralistisch-entsexualisierte Rollenbild der feministischen Kritik. Wie soll sich also ein Mann geben? Tritt ein Mann dominant und anzüglich auf, ist ihm Spott und Gelächter gewiss; ein solches Verhalten ist in vielen Kreisen so unangebracht, wie zu Tisch zu rülpsen oder zu furzen. Tritt ein Mann hingegen einfühlsam und selbstreflektiert auf und vermeidet jegliche sexuelle Avancen oder Anspielungen, ist ihm ein fester Platz in der «Friendzone» der Frauen gewiss (googeln sie nach «Schmerzensmänner»).
Wie also soll sich ein Mann geben? Woran soll er sich orientieren? Wie soll er sich verhalten, damit er für das andere Geschlecht attraktiv ist? Wie soll er sich zwischen lüsternem Dummkopf und weichgewaschenem Schmerzensmann positionieren?
Conclusio
Da bis auf die Wurst alles ein Ende hat, wird es hier an dieser Stelle langsam Zeit, zu einem Abschluss zu kommen. Ich habe mit meinem Artikel die These vertreten, dass der Kapitalismus auf Umwegen zur «Krise des Mannes» beiträgt. Er tut dies, indem er dem Mann einerseits mittels der Werbung ein klassisches-promiskuitives Rollenbild vermittelt und dabei jedoch im selben Augenblick die Opposition des Feminismus hervorruft. Dieser wiederum bekämpft das klassisch-promiskuitive Rollenbild und propagiert an seiner stelle das pluralistisch-entsexualisierte Rollenbild. Der heutige Mann steht zwischen diesen Polen: verwirrt, desorientiert und etwas verloren.
Zum Schluss nun noch dies: Ich bin gewiss weit davon entfernt, die Schwierigkeiten der Identitätsfindung, wie sie sich für Frauen darstellt, verharmlosen zu wollen oder letzten Endes gar den Mann als eigentliches Opfer dieser Entwicklungen sehen zu wollen. Nein, so ist es nun wirklich überhaupt nicht. Vielmehr lag es mir daran, die feministische Perspektive und ihre Kritik, um eine männliche Perspektive zu ergänzen. Beiden Perspektiven gemein ist schliesslich die Kritik an der emotionalisierten und manipulativen Werbung und in letzter Konsequenz die Kritik an der Logik des Kapitalismus.
Text: Pascal Witzig Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
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Stadt Zürich findet Fifa blöd.
Die Fifa hat ihren Sitz in Zürich . Auf den Fifa-Baustellen in Qatar schuften sich Menschen zu Tode . Ein Image-Problem für die Sauber-Stadt Zürich?
Die Fifa – allmächtig, riesig, korrupt – beschert uns alle vier Jahre wunderbare Sommertage. Bis das Stadion steht und der grüne Rasen verlegt ist, sterben viele Menschen. Vorletzte Woche kippte in Brasilien ein Kran auf Bauarbeiter. Die Fifa machte Druck auf die Baufirma – es ging ihr nicht schnell genug. Noch schlimmer sieht es auf den Baustellen in Qatar aus, wo in gut vier Jahren die Weltmeisterschaft stattfindet. Fast im Tages-Rhythmus sterben nepalische Wanderarbeiter , die wie Sklaven gehalten und auf die Baustellen getrieben werden.
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Ein Problem für die Fifa? Könnte man meinen.
Ein Problem für Zürich? Immerhin sitzt die Fifa am Zürichberg, zahlt hier ihre Steuern (gut 4% bei einem Jahresumsatz von knapp 1 Milliarde) und verleiht hier den «Ballon d’Or». SP-Gemeinderätin Linda Bär fand mit ihrem Vorstoss heraus, dass der Stadtrat die Fifa blöd findet. Die Fifa soll den Bauführern die Kappe waschen, damit die Arbeitsbedingungen erträglich werden. Der Stadtrat geht noch weiter und gibt der Fifa die Verantwortung für die Missstände auf den Baustellen. Endlich sagt es mal jemand: Die Fifa ist Schuld an den vielen toten Menschen. Die Fifa weicht kritischen Fragen aus, oder beantwortet sie überhaupt nicht. Verantwortlich seien die lokalen Baufirmen.
Der Stadtrat kann keinen Image-Schaden für Zürich ausmachen: «Dem Stadtrat sind (…) keine Berichte bekannt, die die Geschehnisse in Qatar direkt mit der Stadt Zürich in Verbindung bringen».
Trotzdem sei die Frage erlaubt, ob die mörderisch korrupte, ausbeuterische und streng hierarchische Fifa zu unserer offenen und modernen Stadt Zürich passen mag. Ich wage es zu bezweifeln.
Text: Simon Jacoby Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
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«Gönd weg vo de UZH!»
+++ Die UBS kauft sich eine Uni +++
+++ Über 100 Studis demonstrieren dagegen +++
+++ Passieren wird wohl trotzdem nichts +++
Nach langem hin und her war es endlich soweit. Das Verwaltungsgericht hat entschieden: Die Uni Züri musste ihren Vertrag mit der UBS offen legen – teilweise zumindest. Denn einige brisante Stellen des Vertrages mit der Grossbank sind immer noch schwarz eingefärbt.
Nun, was wir bis jetzt wissen, sollte reichen, um sich ordentlich zu empören. Für 100 Millionen Franken sichert sich die UBS massiven Einfluss auf die Lehre der Wirtschaftswissenschaften. Nur zur Erinnerung: Die UBS ist die Bank, die so schlecht wirtschaftete, dass sie vom Staat gerettet werden musste. Und diese Bank soll jetzt bestimmen, was an der Uni gelehrt wird?!
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Am Dienstagnachmittag demonstrierten um die 150 Studenten gegen diesen Vertrag. Sie forderten «eine Uni frei von Konzerninteressen» und dass der Vertrag mit der UBS sofort gekündet wird. Die Demonstranten haben ein schlagendes Argument: Die Bildung und die Forschung muss unabhängig werden und bleiben. Bildung darf nicht von Konzerninteressen beeinflusst werden. Wissenschaft hat den Anspruch, systematisch und objektiv die Gesellschaft und sich selber zu reflektieren. Wie soll das gehen, wenn sich die UBS direkt in die Arbeit der Universität Zürich einmischen kann?
Nach dem Start beim Hauptgebäude der Uni zogen die Demonstranten zum Büro des Rektors – dieser ist wegen dem guten Mörgeli schon zurückgetreten – und dann weiter vor den Hauptsitz der UBS am Paradeplatz. Immer wieder skandierten die Studenten «UBS raus aus unserer Uni»! Gehört wurden sie sicher. Ob es auch was genutzt hat? An einer Medienkonferenz kündigte der vorübergehende Rektor O. Jarren an, die Sponsoringreglemente zu überarbeiten. Mal sehen, ob sich die Uni wieder auf die Wissenschaft konzentriert – oder ob sie zu einer Talentschmiede jener Bank wird, die für die weltweite Wirtschaftskrise mitverantwortlich ist.
Text: Simon Jacoby Bild: Nina Fritz, ZS Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
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