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Vorurteile über Deutsche, wie ich sie hasse.
Eine junge Deutsche über ihr Leben in Zürich. Es ist nicht immer ganz einfach mit uns Einheimischen.
Als ich sieben Jahre alt war, zogen wir von Köln in die Schweiz. So musste ich mich schon einige Zeit mit Vorurteilen gegen Deutsche auseinandersetzen. Bereits bei kleinen Kindern fängt es anscheinend an, dass sie Deutsche automatisch mit einem Nazi und Arroganz assoziieren. Ich frage mich nur, was ihre Eltern ihnen da erzählt haben. Später dann, als die grosse deutsche Welle in die Schweiz kam (circa 2006), begann es mit den Anschuldigungen: Deutsche würden die Jobs wegnehmen, vor allem in den Gesundheits- und Gastronomiesektoren. So etwas will ich gar nicht erst hören. Mal abgesehen davon, dass «einen Job wegnehmen» eine völlig unzulässige Schuldzuweisung ist, da erstens den Job nun mal der bessere bekommt – und zweitens, dass es in der Schweiz nun mal nicht genügend Bewerber für solche Posten gibt. Oder ist es etwa so, dass tausend ausgebildete Schweizer Ärzte zu Hause auf ihrem Arbeitslosengeld sitzen? Ich denke nicht.
Das einzige was man dabei fühlen sollte, ist Dankbarkeit, weil hier sonst einiges zusammenbrechen würde (schön, dass nun auch die Migrationswerbung in den Trams darauf aufmerksam macht). Ein weiteres Beispiel ist die seit einigen Wochen wieder ausgebrochene Debatte über Deutsche Professoren. Es heisst, es gäbe zu viele; einige Artikel im Tagesanzeiger aber auch Werbungen der SVP machten bereits darauf aufmerksam. Ich studiere Psychologie an der Universität Zürich, einem Fach, in dem 5 von 6 Professoren aus Deutschland kommen. Natürlich mag ich sie als Deutsche sowieso, aber denke mir natürlich auch: was wäre ohne sie? Kann einem das ein Kritiker mal verraten?Die Debatte ist nun aufs Neue entflammt, da deutsche Unis die Professoren mit Prämien von bis zu 100 000 Euro versuchen wieder ins Heimatland zu locken. Ach, und plötzlich regt man sich darüber auf. Siehste, jetzt wollt ihr sie doch zurück! Da kann man nur noch dazu raten, sie vielleicht ein wenig mehr willkommen zu heissen, anstatt die Quote in Zeitungen fertig zu machen und sich dann darüber aufzuregen, wenn sie an eine andere Uni wechseln und man hier das Problem vorfindet, eine wichtige Stelle neu besetzen zu müssen.
Dieses Jahr habe ich endlich angefangen Schweizerdeutsch zu reden. Ich muss schon sagen, es wird einiges einfacher – der Unterschied ist deutlich bemerkbar, denke man nur an die äusserst freundliche Bedienung in einigen Zürcher Bäckereien beim Bestellen auf Hochdeutsch. Doch mit Freunden, die ich schon seit Jahren kenne, werde ich niemals auf Schweizerdeutsch wechseln. Sie kennen mich schon immer so, wollen nicht dass sich etwas verändert. Und ich will dies auch nicht, ich gebe zu, dass ich beim Hochdeutsch immer noch mehr ich selbst bin, mich redegewandter fühle. Mit Fremden oder Leuten die man neu kennenlernt ist dies einfacher, kommt es doch nicht gerade auf die Schnelle zu einer hitzigen, philosophischen Diskussion.
Beim Thema Klischees darf man nicht ausser Acht lassen, dass auch die Schweizer damit zu kämpfen haben. Das Paradies auf Erden wird zu gerne nur auf Schokolade, Käse, Uhren und Alpen reduziert, inklusive Alphornbläser, Heidi und Jodeln. Leider kommen auch weniger vorteilhafte, nicht gerade idyllische Klischees wie jenes des Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hinzu. Wenn ich in Deutschland bin kommt dies eigentlich jedes Mal beim Thema Schweiz auf. Ob es denn stimme, was man so hört. Ob die wirklich so schlimm seien und niemanden Neues aufnehmen wollen. In diesem Falle, obwohl ich mich schon zu oft über die Vorurteile von Schweizern inklusive ihrer schlimmen Beleidigungen über mein Heimatland aufregen musste und mich in Streitigkeiten verworren habe, muss ich die Schweiz doch irgendwo verteidigen. Die Schweiz ist ein sehr internationales Land mit vielen ausländischen Arbeitskräften. Und gerade Zürich hat sehr viel zu bieten, neben den tollen Arbeitsbedingungen, Ferienfeeling und zusätzlich ganz viel Kultur. Bei den Jugendlichen bekomme ich die Ablehnung gegen andere Nationalitäten sowieso nicht mehr wirklich zu spüren, und zu guter Letzt muss man festhalten: Punkto Rassismus unterscheiden wir Europäer uns wirklich nicht gross voneinander. Er ist in jedem Land vorhanden, natürlich ist er in der Schweiz vor allem durch die Minarett- und Ausschaffungsinitiative so populär geworden – schaut man sich dann mal Plakate der Österreichischen FPÖ an, merkt man, dass diese nicht viel besser beziehungsweise noch viel schockierender sind.
Klischees werden immer bleiben, sie gehören zum Menschsein dazu. Aber man darf doch immer noch darum bitten, egal wie kitschig und gutmenschlich es klingen mag, die Persönlichkeit hinter jedem zu sehen, Vorurteile zu überwinden und niemals Feindlichkeit, wie hier vor allem gegen Deutsche, salonfähig werden lassen!
M., 19, Studentin Weitere Artikel auf dieperspektive.ch oder in der Printausgabe .
Als ich sieben Jahre alt war, zogen wir von Köln in die Schweiz. So musste ich mich schon einige Zeit mit Vorurteilen gegen Deutsche auseinandersetzen. Bereits bei kleinen Kindern fängt es anscheinend an, dass sie Deutsche automatisch mit einem Nazi und Arroganz assoziieren. Ich frage mich nur, was ihre Eltern ihnen da erzählt haben.
Später dann, als die grosse deutsche Welle in die Schweiz kam (circa 2006), begann es mit den Anschuldigungen: Deutsche würden die Jobs wegnehmen, vor allem in den Gesundheits- und Gastronomiesektoren. So etwas will ich gar nicht erst hören. Mal abgesehen davon, dass «einen Job wegnehmen» eine völlig unzulässige Schuldzuweisung ist, da erstens den Job nun mal der bessere bekommt – und zweitens, dass es in der Schweiz nun mal nicht genügend Bewerber für solche Posten gibt. Oder ist es etwa so, dass tausend ausgebildete Schweizer Ärzte zu Hause auf ihrem Arbeitslosengeld sitzen? Ich denke nicht.
Das einzige was man dabei fühlen sollte, ist Dankbarkeit, weil hier sonst einiges zusammenbrechen würde (schön, dass nun auch die Migrationswerbung in den Trams darauf aufmerksam macht).
Ein weiteres Beispiel ist die seit einigen Wochen wieder ausgebrochene Debatte über Deutsche Professoren. Es heisst, es gäbe zu viele; einige Artikel im Tagesanzeiger aber auch Werbungen der SVP machten bereits darauf aufmerksam.
Ich studiere Psychologie an der Universität Zürich, einem Fach, in dem 5 von 6 Professoren aus Deutschland kommen. Natürlich mag ich sie als Deutsche sowieso, aber denke mir natürlich auch: was wäre ohne sie? Kann einem das ein Kritiker mal verraten?Die Debatte ist nun aufs Neue entflammt, da deutsche Unis die Professoren mit Prämien von bis zu 100 000 Euro versuchen wieder ins Heimatland zu locken. Ach, und plötzlich regt man sich darüber auf. Siehste, jetzt wollt ihr sie doch zurück! Da kann man nur noch dazu raten, sie vielleicht ein wenig mehr willkommen zu heissen, anstatt die Quote in Zeitungen fertig zu machen und sich dann darüber aufzuregen, wenn sie an eine andere Uni wechseln und man hier das Problem vorfindet, eine wichtige Stelle neu besetzen zu müssen.
Dieses Jahr habe ich endlich angefangen Schweizerdeutsch zu reden. Ich muss schon sagen, es wird einiges einfacher – der Unterschied ist deutlich bemerkbar, denke man nur an die äusserst freundliche Bedienung in einigen Zürcher Bäckereien beim Bestellen auf Hochdeutsch. Doch mit Freunden, die ich schon seit Jahren kenne, werde ich niemals auf Schweizerdeutsch wechseln. Sie kennen mich schon immer so, wollen nicht dass sich etwas verändert. Und ich will dies auch nicht, ich gebe zu, dass ich beim Hochdeutsch immer noch mehr ich selbst bin, mich redegewandter fühle. Mit Fremden oder Leuten die man neu kennenlernt ist dies einfacher, kommt es doch nicht gerade auf die Schnelle zu einer hitzigen, philosophischen Diskussion.
Beim Thema Klischees darf man nicht ausser Acht lassen, dass auch die Schweizer damit zu kämpfen haben.
Das Paradies auf Erden wird zu gerne nur auf Schokolade, Käse, Uhren und Alpen reduziert, inklusive Alphornbläser, Heidi und Jodeln.
Leider kommen auch weniger vorteilhafte, nicht gerade idyllische Klischees wie jenes des Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hinzu.
Wenn ich in Deutschland bin kommt dies eigentlich jedes Mal beim Thema Schweiz auf. Ob es denn stimme, was man so hört. Ob die wirklich so schlimm seien und niemanden Neues aufnehmen wollen.
In diesem Falle, obwohl ich mich schon zu oft über die Vorurteile von Schweizern inklusive ihrer schlimmen Beleidigungen über mein Heimatland aufregen musste und mich in Streitigkeiten verworren habe, muss ich die Schweiz doch irgendwo verteidigen.
Die Schweiz ist ein sehr internationales Land mit vielen ausländischen Arbeitskräften. Und gerade Zürich hat sehr viel zu bieten, neben den tollen Arbeitsbedingungen, Ferienfeeling und zusätzlich ganz viel Kultur.
Bei den Jugendlichen bekomme ich die Ablehnung gegen andere Nationalitäten sowieso nicht mehr wirklich zu spüren, und zu guter Letzt muss man festhalten:
Punkto Rassismus unterscheiden wir Europäer uns wirklich nicht gross voneinander. Er ist in jedem Land vorhanden, natürlich ist er in der Schweiz vor allem durch die Minarett- und Ausschaffungsinitiative so populär geworden – schaut man sich dann mal Plakate der Österreichischen FPÖ an, merkt man, dass diese nicht viel besser beziehungsweise noch viel schockierender sind.
Klischees werden immer bleiben, sie gehören zum Menschsein dazu. Aber man darf doch immer noch darum bitten, egal wie kitschig und gutmenschlich es klingen mag, die Persönlichkeit hinter jedem zu sehen, Vorurteile zu überwinden und niemals Feindlichkeit, wie hier vor allem gegen Deutsche, salonfähig werden lassen!
M., 19, Studentin
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«Rassismus?» «Find ich geil.»
Ein Klischee geht um in Zürich – das Klischee der arroganten Deutschen. Zudem klauen sie unsere Jobs. Die guten (Ärzte) und die, von denen es ganz viele gibt (Gastro). Die Deutschen kommen in ganzen Horden. Man könnte meinen, sie kommen in Extrazügen über die Grenze. Sie nisten sich bei uns ein. Nehmen unsere Wohnungen, nehmen unsere Frauen und Männer und nehmen unsere Sitzplätze im Tram. Und – ui näi! – sie sagen dem Üetliberg «Ütliberg»! Dazu sind sie dermassen arrogant, dass sie nicht mal bereit sind, unsere «Sprache» zu lernen. Soweit das Klischee. Stimmt natürlich alles nicht. Klar, wir haben viele Deutsche in Zürich. Na und? Es ist nicht ihre Schuld, dass wir zu wenige Ärzte ausbilden. Es ist nicht ihre Schuld, dass wir dermassen viele «Latte», Espressi und Cappuchini trinken, dafür aber nicht genügend Arbeitskräfte stellen. Wir brauchen die Deutschen! Wir sind ihnen zu Dank verpflichtet!
Das Gegenteil ist der Fall. Fremdenhass gegenüber den Deutschen ist salonfähig geworden. Im Tram, in der Beiz, bei der Arbeit. Überall wird gegen die Deutschen gewettert. Warum eigentlich? Das Nörgeln ist denn auch nicht wirklich zielgerichtet. Meistens heisst es einfach: «Diese dummen Deutschen.» Und keiner schaut hin. Breite Zustimmung. Man stelle sich vor, jemand nervt sich im Tram über «diese dummen Tamilen/Schwarzen/Jugos.» Alle würden sich sofort und vehement von diesem Rassisten distanzieren. Nicht so bei den Deutschen. Fremdenhass gegenüber den Deutschen ist salonfähig geworden.
Ein harmloses Klischee entwickelt sich in wenigen Jahren zu einem gefährlichen Fremdenhass. Menschen werden ausgeschlossen aufgrund ihrer Herkunft. Und niemand schaut hin. Niemand reagiert. Eher im Gegenteil. Natürlich nicht alle. Aber auch junge, gebildete, urbane und weltoffene linke Menschen ziehen gegen die Deutsche in den Kampf. Befeuert von den konservativen Eliten und den Massenmedien.
Klischees können gefährlich sein. Gegen eine Volksgruppe hetzen ist einfach. Und wenn man mal von einem Deutschen genervt ist, soll das auch gesagt werden dürfen. Fremdenhass, der salonfähig ist und quer durch die ganze Bevölkerung nicht nur akzeptiert wird, sondern als das Normalste der Welt angesehen ist, ist saugefährlich und meiner modernen Stadt Zürich nicht würdig.
Text: Simon Jacoby Die ganze Klischee-Ausgabe kriegst du mit einem Abo. Hier zu bestellen: dieperspektive.ch
Ein Klischee geht um in Zürich – das Klischee der arroganten Deutschen. Zudem klauen sie unsere Jobs. Die guten (Ärzte) und die, von denen es ganz viele gibt (Gastro). Die Deutschen kommen in ganzen Horden. Man könnte meinen, sie kommen in Extrazügen über die Grenze. Sie nisten sich bei uns ein. Nehmen unsere Wohnungen, nehmen unsere Frauen und Männer und nehmen unsere Sitzplätze im Tram. Und – ui näi! – sie sagen dem Üetliberg «Ütliberg»! Dazu sind sie dermassen arrogant, dass sie nicht mal bereit sind, unsere «Sprache» zu lernen. Soweit das Klischee. Stimmt natürlich alles nicht. Klar, wir haben viele Deutsche in Zürich. Na und? Es ist nicht ihre Schuld, dass wir zu wenige Ärzte ausbilden. Es ist nicht ihre Schuld, dass wir dermassen viele «Latte», Espressi und Cappuchini trinken, dafür aber nicht genügend Arbeitskräfte stellen. Wir brauchen die Deutschen! Wir sind ihnen zu Dank verpflichtet!
Das Gegenteil ist der Fall. Fremdenhass gegenüber den Deutschen ist salonfähig geworden. Im Tram, in der Beiz, bei der Arbeit. Überall wird gegen die Deutschen gewettert. Warum eigentlich? Das Nörgeln ist denn auch nicht wirklich zielgerichtet. Meistens heisst es einfach: «Diese dummen Deutschen.» Und keiner schaut hin. Breite Zustimmung. Man stelle sich vor, jemand nervt sich im Tram über «diese dummen Tamilen/Schwarzen/Jugos.» Alle würden sich sofort und vehement von diesem Rassisten distanzieren. Nicht so bei den Deutschen. Fremdenhass gegenüber den Deutschen ist salonfähig geworden.
Ein harmloses Klischee entwickelt sich in wenigen Jahren zu einem gefährlichen Fremdenhass. Menschen werden ausgeschlossen aufgrund ihrer Herkunft. Und niemand schaut hin. Niemand reagiert. Eher im Gegenteil. Natürlich nicht alle. Aber auch junge, gebildete, urbane und weltoffene linke Menschen ziehen gegen die Deutsche in den Kampf. Befeuert von den konservativen Eliten und den Massenmedien.
Klischees können gefährlich sein. Gegen eine Volksgruppe hetzen ist einfach. Und wenn man mal von einem Deutschen genervt ist, soll das auch gesagt werden dürfen. Fremdenhass, der salonfähig ist und quer durch die ganze Bevölkerung nicht nur akzeptiert wird, sondern als das Normalste der Welt angesehen ist, ist saugefährlich und meiner modernen Stadt Zürich nicht würdig.
Text: Simon Jacoby
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In was für einer Welt leben wir eigentlich?
Am Samstag vereinigten sich die ultra-orthodoxen Christen und Abtreibungsgegner zum jährlichen «Marsch für s‘Läbe». Echt übel, diese Veranstaltung.
Samstagnachmittag. Turbinenplatz Zürich. Tausende Fundis treffen sich und beten. 50 Minuten lang. Eingepfercht auf den Platz, von Zürcher Polizisten umgeben und beschützt. Zur gleichen Zeit: Wenige Meter daneben beim Schiffbau. Die Gegenbewegung formiert sich. Junge und fortschrittliche Stadtkinder, die sich bei ihrer ganz persönlichen Abtreibung nicht dreinreden lassen wollen. Nach dem Gottesdienst machten sich die Christen auf den Weg. Die Stadtpolizei ging mit einem Grossaufgebot und zwei Wasserwerfer vor dem Umzug her. Und sorgten dafür, dass sich die beiden Demos nicht vermischten und einander aufs Maul gaben. Die Christen im Umzug sind gegen die Abtreibung. Sie meinen, Abtreibung sei Mord und darum zu verbieten. Unglaublich viele Menschen liefen mit: alt, jung, Kinder, Pfarrer, Nonnen, Musiker… Als die Götter der Geschmacklosigkeit erwiesen sich die Läufer einer Gruppe von gut 50 Personen in der Mitte des Umzuges: Sie trugen kleine Särge. Kindersärge, auf denen die Namen von potenziell abgetriebenen Föten standen (siehe Foto). Die Polizei hatte den Auftrag, die beiden Bewegungen zu trennen. Dies gelang recht gut. Im Vergleich zu früheren Demos waren die Stadtpolizisten erstaunlich zurückhaltend. Kein unnötiges Geballer mit Gummischrot. Kein Wasser, das wie Ausversehen aus dem Wasserwerfer spritzte. Die Polizisten waren stets zur Stelle als es brenzlig wurde – hatten den Pfefferspray zwar etwas locker in der Hand. Für einmal trugen sie aber tatsächlich dazu bei, dass die Situation nicht eskalierte. Im Normalfall ist eher das Gegenteil der Fall. Fazit: Die Polizisten bewachten den Umzug der christlichen Fundamentalisten. Sinnvoller wäre es, sie hätten die Stadt – also und – vor den gestrigen Abtreibungsgegnern beschützt.
Text & Bild: Simon Jacoby Weitere spannende Artikel auf dieperspektive.ch oder im Abo.
Am Samstag vereinigten sich die ultra-orthodoxen Christen und Abtreibungsgegner zum jährlichen «Marsch für s‘Läbe». Echt übel, diese Veranstaltung.
Samstagnachmittag. Turbinenplatz Zürich. Tausende Fundis treffen sich und beten. 50 Minuten lang. Eingepfercht auf den Platz, von Zürcher Polizisten umgeben und beschützt.
Zur gleichen Zeit: Wenige Meter daneben beim Schiffbau. Die Gegenbewegung formiert sich. Junge und fortschrittliche Stadtkinder, die sich bei ihrer ganz persönlichen Abtreibung nicht dreinreden lassen wollen.
Nach dem Gottesdienst machten sich die Christen auf den Weg. Die Stadtpolizei ging mit einem Grossaufgebot und zwei Wasserwerfer vor dem Umzug her. Und sorgten dafür, dass sich die beiden Demos nicht vermischten und einander aufs Maul gaben.
Die Christen im Umzug sind gegen die Abtreibung. Sie meinen, Abtreibung sei Mord und darum zu verbieten. Unglaublich viele Menschen liefen mit: alt, jung, Kinder, Pfarrer, Nonnen, Musiker… Als die Götter der Geschmacklosigkeit erwiesen sich die Läufer einer Gruppe von gut 50 Personen in der Mitte des Umzuges: Sie trugen kleine Särge. Kindersärge, auf denen die Namen von potenziell abgetriebenen Föten standen (siehe Foto).
Die Polizei hatte den Auftrag, die beiden Bewegungen zu trennen. Dies gelang recht gut. Im Vergleich zu früheren Demos waren die Stadtpolizisten erstaunlich zurückhaltend. Kein unnötiges Geballer mit Gummischrot. Kein Wasser, das wie Ausversehen aus dem Wasserwerfer spritzte. Die Polizisten waren stets zur Stelle als es brenzlig wurde – hatten den Pfefferspray zwar etwas locker in der Hand. Für einmal trugen sie aber tatsächlich dazu bei, dass die Situation nicht eskalierte. Im Normalfall ist eher das Gegenteil der Fall.
Fazit: Die Polizisten bewachten den Umzug der christlichen Fundamentalisten. Sinnvoller wäre es, sie hätten die Stadt – also und – vor den gestrigen Abtreibungsgegnern beschützt.
Text & Bild: Simon Jacoby
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Enttäuscht hat mich auch der Tagesanzeiger, welcher am Sonntag "neutral" berichten wollte und als Foto eben nicht etwa diese Geschmackslosigkeit mit den Kindersärgen und Kreuzen zeigte sondern ein stinknormales Foto wo kaum was zu sehen war. Die Gegenbewegung wurde als "Linksautonom" abgetan.
Tragisch dass der Steuerzahler aufkommen muss für den Schutz solcher fern von jeglichem Verstand lebenden Leuten
Gemäss anderen Berichten wurde bei Gelegenheit noch gleich gegen Verhütung gewettert -> www.clack.ch
Natürlich ist die Aussage der Christen die reinste Doppelmoral. Ein ungeborenes Kind abzutreiben ist Mord, aber Mord im Namen der Christen ist ok. Darf das Kind eines Ungläubigen nicht getötet werden? Früher wäre doch gleich die ganze Familie dran gewesen.
Zürcher am Openair
Der Openair-Sommer neigt sich langsam dem Ende zu. Für unsere Leser wagten wir uns in eine der temporären Zeltstädte. Was wir zu berichten haben ist wohl nicht neu, dafür umso erstaunlicher – denn wir mögen eigentlich nur Elektro und das GZ Wipkingen.
Die Musik dröhnt aus allen Winkeln. Die Wiesen in Gampel sind während vier Tagen keine Wiesen, sondern der Ort einer Kleinstadt. Über die ganze Zeit des Festivals kommen über 80 000 Personen hier her. Und wohnen in Zelten. So ähnlich hausten früher die römischen Soldaten, wenn sie eine neue Stadt erobern wollten. Nicht nur die Wohnverhältnisse sind mit jenen der alten Römer vergleichbar. „Brot und Spiele“ könnte das Motto des Festivals sein. Oder „Alkohol und Musik“. Oder „Lärm und Pizza“. Man amüsiert sich eben gerne.
Wer die strickten Sicherheitskontrollen passiert, hat einen langen Fussmarsch vor sich. Links und rechts vom Weg türmen sich Abfallberge (Bierdosenberge), die das Campingdorf umgeben. Nach den Zelten kommen die unzähligen Verpflegungsstände. Danach nochmals eine Sicherheitskontrolle. Danach nochmals Stände. Warum es so viele Stände hat, blieb uns bis zum letzten Ton des Festivals unklar.
Beim grossartigen Konzert von Parov Stelar zeigt sich, dass es ganz einfach ist, an einem Openair neue Freunde zu finden. Nicht, dass wir das nötig hätten – aber gut zu wissen ist es allemal. Aus dem Nichts wurden wir angesprochen, scheinbar ohne Grund. Man schreit einander an. Weil die Musik so laut ist, ist Small-Talk nicht so einfach. Ich bevorzuge ruhigere Orte, um Freunde zu machen. Wie auch immer.
Nach diesem musikalischen Höhepunkt folgte der so genannte „Mainact“ des Festivals: Xavas. Kennt den/das/die jemand? Wir kannten ihn/es/sie nicht. Gemäss Programm Flyer ist das eine Mischung aus Xavier Naidooo und Kool Savas. Als Zeichen des Protestes liessen wir den offiziellen Höhepunkt des Festivals aus (es stellt sich die Frage, ob unser Protest überhaupt bemerkt wurde bei 80 000 anderen Menschen), und gingen zum Auto, um mit warmem Wodka und Eistee (beides von Aldi) die Lampe zu füllen.
An den Rest des Abends kann ich mich nicht mehr erinnern…
Steff la Cheff, eine wirklich lässige Musikerin. Sie weckte uns gegen Mittag. Darafu folgte Gemtleman. Der deutsche Bob Marley. Als alter Fan seiner Musik konnte ich jedes seiner Lieder mitjohlen. Das ist zugegebenermassen nicht grad schwierig, tönt doch alles ziemlich gleich. Erfrischend politisch bei 30 Grad im Schatten war die politische Ansprache von Gentleman (mit weicher Eso-Stimme): „Denken wir an unsere Brüder in Ägypten, in Spanien und Istanbul… Macht mal n’bissle Lärm…!!!“ So wurde Lärm. Das Publikum, das seit vier Tagen nichts anderes tat als Biertrinken, Musikhören und Freunde suchen, dachte kurz an Ägypten (Pyramiden), Spanien (Torero) und Istanbul (grosse Mosche). Dann gings weiter. Das letzte richtige Konzert Asaf Avidan. Dazu gibt’s nicht viel zu sagen. Toll war es!
Zusammenfassend lässt sich sage, es war ein u hueren Mais hier die ganze Zeit.
Text: Simon Jacoby
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Der Openair-Sommer neigt sich langsam dem Ende zu. Für unsere Leser wagten wir uns in eine der temporären Zeltstädte. Was wir zu berichten haben ist wohl nicht neu, dafür umso erstaunlicher – denn wir mögen eigentlich nur Elektro und das GZ Wipkingen.
Die Musik dröhnt aus allen Winkeln. Die Wiesen in Gampel sind während vier Tagen keine Wiesen, sondern der Ort einer Kleinstadt. Über die ganze Zeit des Festivals kommen über 80 000 Personen hier her. Und wohnen in Zelten. So ähnlich hausten früher die römischen Soldaten, wenn sie eine neue Stadt erobern wollten. Nicht nur die Wohnverhältnisse sind mit jenen der alten Römer vergleichbar. „Brot und Spiele“ könnte das Motto des Festivals sein. Oder „Alkohol und Musik“. Oder „Lärm und Pizza“. Man amüsiert sich eben gerne.
Wer die strickten Sicherheitskontrollen passiert, hat einen langen Fussmarsch vor sich. Links und rechts vom Weg türmen sich Abfallberge (Bierdosenberge), die das Campingdorf umgeben. Nach den Zelten kommen die unzähligen Verpflegungsstände. Danach nochmals eine Sicherheitskontrolle. Danach nochmals Stände. Warum es so viele Stände hat, blieb uns bis zum letzten Ton des Festivals unklar.
Beim grossartigen Konzert von Parov Stelar zeigt sich, dass es ganz einfach ist, an einem Openair neue Freunde zu finden. Nicht, dass wir das nötig hätten – aber gut zu wissen ist es allemal. Aus dem Nichts wurden wir angesprochen, scheinbar ohne Grund. Man schreit einander an. Weil die Musik so laut ist, ist Small-Talk nicht so einfach. Ich bevorzuge ruhigere Orte, um Freunde zu machen. Wie auch immer.
Nach diesem musikalischen Höhepunkt folgte der so genannte „Mainact“ des Festivals: Xavas. Kennt den/das/die jemand? Wir kannten ihn/es/sie nicht. Gemäss Programm Flyer ist das eine Mischung aus Xavier Naidooo und Kool Savas. Als Zeichen des Protestes liessen wir den offiziellen Höhepunkt des Festivals aus (es stellt sich die Frage, ob unser Protest überhaupt bemerkt wurde bei 80 000 anderen Menschen), und gingen zum Auto, um mit warmem Wodka und Eistee (beides von Aldi) die Lampe zu füllen.
An den Rest des Abends kann ich mich nicht mehr erinnern…
Steff la Cheff, eine wirklich lässige Musikerin. Sie weckte uns gegen Mittag. Darafu folgte Gemtleman. Der deutsche Bob Marley. Als alter Fan seiner Musik konnte ich jedes seiner Lieder mitjohlen. Das ist zugegebenermassen nicht grad schwierig, tönt doch alles ziemlich gleich. Erfrischend politisch bei 30 Grad im Schatten war die politische Ansprache von Gentleman (mit weicher Eso-Stimme): „Denken wir an unsere Brüder in Ägypten, in Spanien und Istanbul… Macht mal n’bissle Lärm…!!!“ So wurde Lärm. Das Publikum, das seit vier Tagen nichts anderes tat als Biertrinken, Musikhören und Freunde suchen, dachte kurz an Ägypten (Pyramiden), Spanien (Torero) und Istanbul (grosse Mosche). Dann gings weiter. Das letzte richtige Konzert Asaf Avidan. Dazu gibt’s nicht viel zu sagen. Toll war es!
Zusammenfassend lässt sich sage, es war ein u hueren Mais hier die ganze Zeit.
Text: Simon Jacoby
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Das Wetter ist wie Sex
Das Wetter und der Sex haben einiges gemeinsam. Ist es/er gut, geht’s uns prächtig. Und als Gesprächsstoff ist beides zwar unangenehm, geht aber nie aus...
Über das Wetter redet man nicht gern. Das ist auch verständlich, gilt es doch gemeinhin als das Ober-Small-Talk-Thema. Damit wird dem Wetter extremes Unrecht getan! Alle freuen sich, wenn die Sonne scheint und die Haut gebräunt werden kann – na ja, fast alle zumindest. Warum sollte nicht darüber geredet werden? Besonders, wenn es im Mai schneit, statt 20 Grad warm ist. Oder wenn der Bucheli vom SRF Meteo in den Prognosen dermassen daneben liegt, dass alle in der Daunenjacke und den Gummistiefeln am Letten liegen, obwohl die Sonne brütet.
Trotzdem, es ist irgendwie unangenehm über die Wetterverältnisse zu reden. Vor allem mit Menschen, die man nicht so gut kennt: „Ja gäll, isch schono heiss hüt“, „ja, aber mir münds gnüsse, i dä Schwiiz ischs ja nöd immer so schön wie hüt“. Oder: „Wänns immer so pisst, chani gar nöd an Lette“, „ja voll, ich bin au voll nonig bruun wordä“. Blabla. Immerhin wird geredet!
Mit dem Sex als Gesprächsthema verhält es sich sehr ähnlich. Auch darüber wird nicht so gerne geredet. Vor allem nicht mit Menschen, die man nicht so gut kennt. Trotzdem machen es alle – na ja, fast alle zumindest. Oft auch indirekt. Oder kommt dir das etwa gänzlich unbekannt vor? „Chum doch mit, ich han ebä dä schlüssel zum hinter iigang.“ Oder: „Jetzt blas doch mal äntli, so brännt die chole nie und ich muess mini wurscht wieder roh ässä!“ Blabla. Immerhin wird geredet!
Text: Simon Jacoby Weitere spannende Artikel auf dieperspektive.ch oder im Abo.
Das Wetter und der Sex haben einiges gemeinsam. Ist es/er gut, geht’s uns prächtig. Und als Gesprächsstoff ist beides zwar unangenehm, geht aber nie aus...
Über das Wetter redet man nicht gern. Das ist auch verständlich, gilt es doch gemeinhin als das Ober-Small-Talk-Thema. Damit wird dem Wetter extremes Unrecht getan! Alle freuen sich, wenn die Sonne scheint und die Haut gebräunt werden kann – na ja, fast alle zumindest. Warum sollte nicht darüber geredet werden? Besonders, wenn es im Mai schneit, statt 20 Grad warm ist. Oder wenn der Bucheli vom SRF Meteo in den Prognosen dermassen daneben liegt, dass alle in der Daunenjacke und den Gummistiefeln am Letten liegen, obwohl die Sonne brütet.
Trotzdem, es ist irgendwie unangenehm über die Wetterverältnisse zu reden. Vor allem mit Menschen, die man nicht so gut kennt: „Ja gäll, isch schono heiss hüt“, „ja, aber mir münds gnüsse, i dä Schwiiz ischs ja nöd immer so schön wie hüt“. Oder: „Wänns immer so pisst, chani gar nöd an Lette“, „ja voll, ich bin au voll nonig bruun wordä“. Blabla. Immerhin wird geredet!
Mit dem Sex als Gesprächsthema verhält es sich sehr ähnlich. Auch darüber wird nicht so gerne geredet. Vor allem nicht mit Menschen, die man nicht so gut kennt. Trotzdem machen es alle – na ja, fast alle zumindest. Oft auch indirekt. Oder kommt dir das etwa gänzlich unbekannt vor? „Chum doch mit, ich han ebä dä schlüssel zum hinter iigang.“ Oder: „Jetzt blas doch mal äntli, so brännt die chole nie und ich muess mini wurscht wieder roh ässä!“ Blabla. Immerhin wird geredet!
Text: Simon Jacoby
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Die Stadtzürcher FDP
Viel haben wir in den letzten Tagen über die schwache FDP der Stadt Zürich gehört und gelesen. Ein Aspekt ging bei der Analyse bisher vergessen.
Nach der sensationellen Niederlage gegen den Alternativen Richard Wolff, wird gerätselt, was die FDP falsch gemacht hat. Marco Camin war ein Kandidat ohne Gesicht, er war ein Kandidat ohne Programm und mit einem Wahlkampf, den wahrscheinlich niemand zu verstehen vermochte. Soweit ist alles bekannt.
Christof Moser versuchte in einem Kommentar der Zeitung Schweiz am Sonntag die Niederlage der Freisinnigen einzuordnen und kam zum Schluss, dass die prekäre Wohnsituation in Zürich (bekämpft von Wolff) den Zürchern wichtiger war, als mehr Parkplätze (vertreten durch Camin). Für Moser, so endet sein Kommentar, ist klar, dass die Stadt Zürich eine liberale Partei brauche. Diese im vergangenen Wahlkampf aber auf die falschen Themen setzte.
Im Normalfall werden die Parteien auf einem Links-rechts-Schema eingeordnet. Diese Achse steht für die wirtschaftliche Positionierung einer Partei. Grob gesagt: links bedeutet mehr Staat, rechts bedeutet mehr Markt. Im Duell Wolff gegen Camin war klar, dass der FDPler gegen den Linken keine Chance hatte, weil er nur auf dieser wirtschaftlichen Achse kämpfte.
Bei der politischen Einordnung von Parteien gibt es aber noch eine andere Achse: die kulturelle. Auf dieser geht es um progressiv/liberal oder um konservativ. Hier hätte die FDP punkten können. Das sieht auch Moser in seinem Kommentar so. Die FDP positioniert sich als rechte Partei (nicht nur in Zürich). Viel mehr Erfolg hätte sie, wenn sie sich gesellschaftlich liberal gäbe: freies Internet für alle, Drogenlegalisierung, Heiraten unter Homosexuellen. Das wären die liberalen Werte, die in Zürich Erfolg haben werden. Eine liberale Partei braucht Zürich, aber keine wirtschaftsliberale Partei. Die neu im Stadtrat vertretene AL ist übrigens eine solche gesellschaftlich liberale Partei.
Solange die FDP auf der wirtschaftlichen Achse gegen die Linken kämpft, hat sie keine Chance. Sie sollte sich mit kulturell liberalen Werten profilieren. Einfach wird aber auch das nicht. Denn die AL, die Grünen und die Stadtzürcher SP sind nicht gerade für ihre konservative Haltung bekannt.
Text: Simon Jacoby
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Viel haben wir in den letzten Tagen über die schwache FDP der Stadt Zürich gehört und gelesen. Ein Aspekt ging bei der Analyse bisher vergessen.
Nach der sensationellen Niederlage gegen den Alternativen Richard Wolff, wird gerätselt, was die FDP falsch gemacht hat. Marco Camin war ein Kandidat ohne Gesicht, er war ein Kandidat ohne Programm und mit einem Wahlkampf, den wahrscheinlich niemand zu verstehen vermochte. Soweit ist alles bekannt.
Christof Moser versuchte in einem Kommentar der Zeitung Schweiz am Sonntag die Niederlage der Freisinnigen einzuordnen und kam zum Schluss, dass die prekäre Wohnsituation in Zürich (bekämpft von Wolff) den Zürchern wichtiger war, als mehr Parkplätze (vertreten durch Camin). Für Moser, so endet sein Kommentar, ist klar, dass die Stadt Zürich eine liberale Partei brauche. Diese im vergangenen Wahlkampf aber auf die falschen Themen setzte.
Im Normalfall werden die Parteien auf einem Links-rechts-Schema eingeordnet. Diese Achse steht für die wirtschaftliche Positionierung einer Partei. Grob gesagt: links bedeutet mehr Staat, rechts bedeutet mehr Markt. Im Duell Wolff gegen Camin war klar, dass der FDPler gegen den Linken keine Chance hatte, weil er nur auf dieser wirtschaftlichen Achse kämpfte.
Bei der politischen Einordnung von Parteien gibt es aber noch eine andere Achse: die kulturelle. Auf dieser geht es um progressiv/liberal oder um konservativ. Hier hätte die FDP punkten können. Das sieht auch Moser in seinem Kommentar so. Die FDP positioniert sich als rechte Partei (nicht nur in Zürich). Viel mehr Erfolg hätte sie, wenn sie sich gesellschaftlich liberal gäbe: freies Internet für alle, Drogenlegalisierung, Heiraten unter Homosexuellen. Das wären die liberalen Werte, die in Zürich Erfolg haben werden. Eine liberale Partei braucht Zürich, aber keine wirtschaftsliberale Partei. Die neu im Stadtrat vertretene AL ist übrigens eine solche gesellschaftlich liberale Partei.
Solange die FDP auf der wirtschaftlichen Achse gegen die Linken kämpft, hat sie keine Chance. Sie sollte sich mit kulturell liberalen Werten profilieren. Einfach wird aber auch das nicht. Denn die AL, die Grünen und die Stadtzürcher SP sind nicht gerade für ihre konservative Haltung bekannt.
Text: Simon Jacoby
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... oder der billigere. generation praktikum und co grüsst.
wahrscheinlich meint die schreiberin auch, dass die polen und ungaren, die in deutschland für 99 cents die stunde arbeiten, bloss BESSER sind als die deutschen, die eigentlich gerne einen lohn zum leben hätten. zum glück ist man mit 19 noch nicht zu alt um in zukunft noch dazuzulernen.