Das Jahr ist zwar noch jung und ich habe über das Wohnen in Zürich schon wilde Geschichten gehört, aber hiermit verleihe ich...
edgarbarowski
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Meine Stadt
Zürich
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Lisa SeitlingerHamburger AlexSerap0210
Mein Zimmervermieter ...
Das Jahr ist zwar noch jung und ich habe über das Wohnen in Zürich schon wilde Geschichten gehört, aber hiermit verleihe ich dir trotzdem schon offiziell den Preis "Wohnverhältnis des Grauens 2014". Das wird deine Wohnsituation kaum glamouröser machen, aber vielleicht dir den Mut, dich aus dieser Situation zu befreien. Ich kenne dein Mietverhältnis nicht, aber wenn dabei nur ansatzweise ein Papier unterschrieben worden sein sollte, dann ist das Vorgehen deines Vermieters untragbar. War der mal Gefängniswärter?
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Züriphototrip
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Erniedrigt.
Eigentlich ist es im Bett doch ganz gemütlich.
Heute Morgen habe ich etwas wirklich Verrücktes getan. Also ich meine jetzt nichts so unmittelbar Lebensgefährliches, wie mich mit einer 1:12-Flagge vor den Prime Tower zu stellen, aber etwas, das einem grundgemütlichen Wesen wie mir eigentlich absolut abwegig erscheint. Ich habe mich heute Morgen freiwillig eine Stunde früher aus dem Bett gequält, um Sport zu treiben. Das hatte einen Grund: Nur einmal wollte ich nicht vom Rattern der Baumaschinen vor meinem Fenster geweckt werden. Wenn plötzlich unter dir die Matratze zu vibrieren beginnt, hilft keine Doppelverglasung, kein Kissen über dem Kopf und auch keine Watte im Ohr. Da hilft nur früher aufstehen. Und so hatte ich meinen Wecker auf eine wirklich kühne Uhrzeit befehligt. Nach mehreren Runden Kampf gegen mich selbst, gegen viel zu kleine Knöpfe auf dem Nachtschrank und ganz allgemein gegen das Gewicht des Universums, verpasste ich meinem inneren Schweinehund um 5.38 Uhr endlich den entscheidenden Tiefschlag. Mit diesem ersten Sieg des Willens über das Fleisch im Rücken fühlte ich mich wie ein König. Plötzlich war alles leicht. Die Schnürsenkel meiner Laufschuhe fügten sich von ganz alleine in ihre alltägliche Verknotung. Vor dem Fenster schliefen die Bagger wie Spielzeuge. Und ein jungfräuliches Dunkelblau rief mich nach draußen. Ganz selbstverständlich rollte sich der Asphalt unter meinen Sohlen ab und die Hänge des Uetlibergs schienen mir ein klein wenig flacher. Meine Finger freuten sich regelrecht darauf, vom Morgentau auf der Klimmzugstange endgültig geweckt zu werden. Ich schnaufte zufrieden meinen eigenen Rhythmus und lief tiefer ins Grün. Die Überzeugung, heute der Erste zu sein, der mit seinen Atemfähnchen die Waldluft verziert, ließ in mir ein zutiefst menschliches Gefühl der Überlegenheit breit werden. Dann hörte ich ein Krachen und Knacken über mir, das näher kam. Harsch zerschnitt das kalte Licht zweier Stirnlampen mein Morgenidyll. Ich hielt an und staunte, wie zwei Mountainbiker auf ihrem Gefährt an mir vorbeirasten. Und diesen Satz meine ich genau so. Es handelte sich um zwei Verrückte und ein Gefährt. Ein Downhill-Tandem. Ich stand sekundenlang da und starrte hinterher, bis ich nicht mehr sicher war, ob ich vielleicht nur geträumt hatte. Doch dann formte sich aus meinem Atemdunst plötzlich ein Antlitz, das ich aus dem Geschichtsunterricht kenne. Es war Napoleon, erschienen, um mir und meiner Überheblichkeit ins Gesicht zu lachen. Sein Gelächter war derart erniedrigend, dass ich mich auf einmal nicht mehr nach kalten Sportgeräten, sondern nach der warmen Umarmung meiner Mutter sehnte. Ich habe meine Lektion gelernt. Diese Stadt ist nicht nur auf die absurdesten Arten aktiv, es wird auch immer jemanden geben, der vor dir aufsteht. Morgen lieber wieder Baggerlärm.
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Züriphototrip
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Entführt.
Durch dieses Fenster ist der Unhold gekommen, um mir meine Liebste zu nehmen.
Ich bin neu in der Stadt. Als ich zum ersten Mal in die Limmat sprang, war sie angenehme 22 Grad warm, so wie es sich für eine Julierfrischung gehört. Als ich die Limmat danach wieder verließ, übernahm die Sonne die Rolle des Handtuchs. Ich habe die Stadt in ihrem Sommerkleid kennengelernt und mich gleich in sie verliebt. Ich weiß ja, dass es eigentlich „s Züri“ heißt. Langes Ü, kurzes I. Ein Neutrum. Soviel habe ich seit meiner Ankunft schon in Erfahrung bringen können. Aber für mich ist der Sommer in Zürich eine Frau. Eine Geliebte. Vielleicht sind diese Gedanken nur Auswüchse der Einsamkeit, der man als Neuling ausgesetzt ist, wenn man in einer fremden Stadt ausgespuckt wird. Vielleicht sind es auch die Strassennamen, die mich soweit gebracht haben. Marta, Hilda, Berta, Agnes, Ida und wie ihr sonst noch alle heißt. Ich liebe euch! Vielleicht bin ich auch einfach beziehungsgestört. Aber ich hab ja alles dokumentiert. Schaut euch die Bilder an. Und bitte sagt mir, dass ihr mich versteht. Diashow, los:
Bild eins: Zwei Ufer, die sich um die schönsten Menschen streiten. Bild zwei: Leben, das sich unter Sonnenschirmen staut. Bild drei: Auf dem Fahrrad nur Fahrtwind aus flüssiger Watte. Bild acht: Ein Berg im Grilldunst tausender Cervelat. Bild dreiundzwanzig: Ein freier Tag im August, der so schön ist, dass man ihn mit Feuerwerk verlängert. Bild vierunddreißig: Laue Nächte, in denen man Vieles vermisst, aber keinen Pullover. Bild vierzig: Eine betrunkene Idee, die im Sprung von einer Brücke endet. Bild einundvierzig: Und zehn Meter flussabwärts in einem Lachen wieder auftaucht.
Achja, sie ist schön. Aber sie ist weg. Das bringt mich zu dem Grund zurück, warum ich schreibe: Heute Nacht war ein Unhold in der Wohnung. Ich habe es im Halbschlaf noch Rumpeln gehört, aber das war bald im Hintergrundrauschen meiner Träume untergegangen. Als ich mich heute morgen dann im Halbhellen in meinem Zimmer umgeschaut habe, der Schock: Sonnenbrillen, Badehosen, die kurzen Leibchen, Alles zerwühlt. Sie war weg. Und dann dieser seltsame Duft überall. Ich weiß wer es war, denn der Täter hat eine Botschaft für mich auf dem Schreibtisch hinterlassen: Ein feuchtes Blatt. Es war der Herbst.
Ich bin gespannt, was dieser Kerl für mich in Zürich bereithält. Er hat zwar meine Geliebte vertrieben, aber die Bilder von ihr konnte er mir zum Glück nicht klauen. Die hatte ich nämlich auf meinem Kissen liegen.
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