Irascible Music
Irascible Music
FreeMusikliebhaber und Musikliebhaberin.
Ort
Lausanne & Zürich
Gegründet
2001
Follower
49
Verfremdungseffekte mit Hackbrettspiel: Obliecht, «Aimée»
In meinen sieben Jahren Literaturstudium wurde dieser eine Begriff immer aufs Neue durchgekaut: the uncanny, das Unheimliche. Sigmund Freuds Idee, wonach das Bekannte und Heimische mensch plötzlich fremd, also eben unheimlich erscheint. So nehmen wir auch gewisse Klänge als seltsam und vertraut zugleich wahr. Der Klang des Hackbretts gehört sicherlich in diese Kategorie. Kombiniert mit einem Pop-Beat, einer psychedelischen Gitarrenlinie und einem Vocoder-Gesangseffekt auf einer schweizerdeutschen Storyline wird er unverkennbar zu Obliecht: das brandneue Projekt von Donat Kaufmann (dem kreativen Kopf hinter One Sentence. Supervisor), Anuk Schmelcher und Elias Menzi. In der Single «Aimée» geht es darum, in mehreren Realitäten gleichzeitig zu leben, ohne Stellung beziehen zu müssen. Also das Leben von «Schrödingers Katze» zu leben, die nirgends und überall gleichzeitig existiert. «Simmer da nid scho einisch gsi?» Der Song wirkt cinematisch: man fühlt sich, als würde man durch unerforschte Landschaften streifen, die sich gleichzeitig fremd und bekannt anfühlen. Auch musikalisch fällt es mir schwer, Obliecht mit irgendeiner Band zu vergleichen (die Schlagzeug-Grooves haben vielleicht etwas von Radiohead), und doch knüpft der Sound an bekanntes an und ist extrem eingängig.Die Verbindung zur Schweizer Musiktradition besteht, und doch wirkt sie komplett modern aufgefasst. Die wunderbaren Klänge des Hackbretts schaffen etwas mystisches – das Unerforschte in der Heimat, die man so gut zu kennen glaubt. Ebenso das Schweizerdeutsche, das mir persönlich in der Musik immernoch schnell etwas ungemütlich und erzwungen vorkommt, klingt – durch den Vocoder filtriert – seltsamerweise natürlich.Für jene, die das nicht wussten: ein Obliecht ist auf Schweizerdeutsch nichts anderes als ein Oberlicht. Logisch. Ich dachte bei der Musik assoziativ an das Irrlicht; subtil transportierte mich meine Vorstellung sogleich in eine neblige, moosige Schweizer Berglandschaft in der Abenddämmerung. Spooky und heimelig zugleich. Der Verfremdungseffekt ist real.Für Perlensuchende: Auf irascible.ch gibt es weitere musikalische (Neu-)Entdeckungen für deinen guten Geschmack.Lorenzo Contin / Irascible
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Verfremdungseffekte mit Hackbrettspiel: Obliecht, «Aimée»
In meinen sieben Jahren Literaturstudium wurde dieser eine Begriff immer aufs Neue durchgekaut: the uncanny , das Unheimliche. Sigmund Freuds Idee, wonach das Bekannte und Heimische mensch plötzlich fremd, also eben un heimlich erscheint.
So nehmen wir auch gewisse Klänge als seltsam und vertraut zugleich wahr. Der Klang des Hackbretts gehört sicherlich in diese Kategorie. Kombiniert mit einem Pop-Beat, einer psychedelischen Gitarrenlinie und einem Vocoder-Gesangseffekt auf einer schweizerdeutschen Storyline wird er unverkennbar zu Obliecht : das brandneue Projekt von Donat Kaufmann (dem kreativen Kopf hinter One Sentence. Supervisor ), Anuk Schmelcher und Elias Menzi.
In der Single «Aimée» geht es darum, in mehreren Realitäten gleichzeitig zu leben, ohne Stellung beziehen zu müssen. Also das Leben von «Schrödingers Katze» zu leben, die nirgends und überall gleichzeitig existiert. «Simmer da nid scho einisch gsi?» Der Song wirkt cinematisch: man fühlt sich, als würde man durch unerforschte Landschaften streifen, die sich gleichzeitig fremd und bekannt anfühlen. Auch musikalisch fällt es mir schwer, Obliecht mit irgendeiner Band zu vergleichen (die Schlagzeug-Grooves haben vielleicht etwas von Radiohead), und doch knüpft der Sound an bekanntes an und ist extrem eingängig.
Die Verbindung zur Schweizer Musiktradition besteht, und doch wirkt sie komplett modern aufgefasst. Die wunderbaren Klänge des Hackbretts schaffen etwas mystisches – das Unerforschte in der Heimat, die man so gut zu kennen glaubt. Ebenso das Schweizerdeutsche, das mir persönlich in der Musik immernoch schnell etwas ungemütlich und erzwungen vorkommt, klingt – durch den Vocoder filtriert – seltsamerweise natürlich.
Für jene, die das nicht wussten: ein Obliecht ist auf Schweizerdeutsch nichts anderes als ein Oberlicht. Logisch. Ich dachte bei der Musik assoziativ an das Irrlicht; subtil transportierte mich meine Vorstellung sogleich in eine neblige, moosige Schweizer Berglandschaft in der Abenddämmerung. Spooky und heimelig zugleich. Der Verfremdungseffekt ist real.
Für Perlensuchende: Auf irascible.ch gibt es weitere musikalische (Neu-)Entdeckungen für deinen guten Geschmack.
Lorenzo Contin / Irascible
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Tauchgang ins Bewusstsein – Superdark, «Here It Comes»
Das Psychedelische wird oft mit dem Konsum halluzinogener Drogen gleichgesetzt, welche das Bewusstsein verändern und den Konsument*innen die eigene Psyche offenbaren sollen (gr. delos , „offenbar, offenkundig“ – ja, das hab ich eben auf Wikipedia nachgelesen). Aber man muss nicht unbedingt auf LSD trippen, um in die eigene Gedankenwelt einzutauchen und sich zu verlieren. Und dies kann ähnlich einem Trip mal sehr schön, mal ganz schön beängstigend sein.
Mit dieser Ambivalenz spielen die Zürcher Superdark auf ihrer neuesten Single „Here It Comes“ . Stilistisch sind die Jungs in der breiten Kategorie des Psychedelic Rock verankert, ein Genre, das Experimentelles willkommen heisst und doch auf einer vertrauten Erfolgsformel basiert. Auch Superdark klingt eher modern als puristisch, und doch hallt das Echo vertrauter Grössen nach. Klangteppiche aus Gitarren, genügend Hall, durchgezogene Shaker-Rhythmen und mehrstimmige Gesänge wecken wohl generationsübergreifend Erinnerungen an verrauchte Konzertabende, an denen man sich das Haar ins Gesicht schüttelt und der Begleitung über die dröhnenden Gitarren ins Ohr schreit „Bischs au hert am fühle?“.
Hier muss ich jedoch anfügen, dass „Here It Comes“ nicht nur den nostalgischen Rausch beschwört, sondern auch einen thematischen Tiefgang bringt. Der Song handelt vom Kampf über die Kontrolle der eigenen Gedankenwelt. Den unerwünschten Gedanken und Vorstellungen wirken Superdark mit ihren ruhig-verträumten Gitarrenklängen, luftigen Rhythmen und viel gechillter Mindfulness entgegen: And here it comes, just let it pass, and let it go.
Nach einem komplett selbst produzierten ersten Album haben Superdark ihr zweites Album «So Far Out There» im Winter 2021 gemeinsam mit Philippe Laffer (Alterna Recording Studios) aufgenommen und 2022 finalisiert und gemischt. Die Kernthemen auf dem Album, die unterbewusste Innenwelt und das Surreale, widerspiegeln sich im Artwork. Fun fact: Das Artwork wurde mithilfe Künstlicher Intelligenz kreiert, und von einem befreundeten Künstler dann von Hand ergänzt. Eine perfekte Metapher für Superdark also, die mit „Here It Comes“ zu einem gekonnten Spagat zwischen Altbewährtem und Innovation ansetzen. Das Musikvideo zu "Here It Comes" findest du here.
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Mit rosaroter Sonnenbrille in den Frühling – Barrio Colette, «Rouge Rose»
Barrio Colette sind zurück! Wild und unvergleichbar, im Rosa und Roten Farbton. Nach der ersten Single Façon Façon im Jahr 2020 und der EP Amour de vivre – voller Mini-Hits wie Filles Garçons – am 31.3. kommt nun das Album Rouge Rose ! Und dem fehlt es an nichts: Ein einzigartig roher und salziger Cocktail aus Rock'n'Roll. Eine zärtliche Hingabe zum Chanson, zu heftigen Drums und scharfen Gitarren. Mensch schwimmt im Scharlachroten und Rosafarbenen, und trifft auf die gequälten Geister von Anissa und Noémie, die dringliche Balladen und alten Unmut durchstreifen.
Die etwas garagige Laissez-Faire-Ästhetik ihrer verwaschenen Gitarren und minimalistischen Beats ist mit einem Hauch French-Pop-Psychedelik durchzogen. Die Texte hingegen zeugen von ungeschönter Punk-Poetik mit einem guten Schuss Melancholie. So etwa auf Je Veux Plus , eine vorherige Single zum Album: Ich will, dass du nicht mehr existiert, Songs schreiben, die nicht von dir handeln.
Nur eine Woche vor dem Album-Release verwöhnt uns das Duo nun mit einem Amuse-Bouche mit demselben Titel. Rouge Rose knüpft mit seinen Lo-Fi-Gitarren und unvergleichlichen Drum-Machines sogleich an den Sound an, den wir von Barrio Colette kennen und lieben. Trotzdem findet die Band einen Weg, im Minimalismus zu experimentieren: so etwa in der zweiten Strophe, als der Beat plötzlich aussetzt und der Sprechgesang – theatralisch und obercool zugleich – alleine dasteht. Wenig später verwandeln sich die verträumt-bluesigen Slide-Klänge der verhallten, verzerrten Gitarre kurz in ein witzig-überspieltes Solo, alles noch mitten in der Strophe. Die etwas überschlagenen Chöre im Outro verpassen dem Song grosses Mitsing-Potenzial.
Rouge Rose ist eine Frühlingshymne, die Spass macht, auch wenn man sie am besten nach durchzechten Nächten sonnenbrillentragend am verkaterten Brunchtisch laufen lässt. Gleichzeitig brachial und süss wie ein geköpfter Schoko-Osterhase oder Zigarettenlöcher in der blumigen Picknickdecke. Dazu gibt’s ein ebenso sehenswertes Musikvideo .
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Psychedelische Reise auf den Mond: The Yelins, «Moon»
“The most vintage band in Switzerland” – ein starkes Statement der Band aus Vevey, aber nicht unbegründet: The Yelins gehen mit ihrer Liebe zu allem Analogen aufs Ganze. Vom Gear zu den Visuals und den Outfits, alles erinnert an die unvergleichlich warme und ewig attraktive Ästhetik der 60er und 70er-Jahre. Trotz dieser primären stilistischen Inspiration erschaffen The Yelins mit "Moon On The Rocks" ein Album, das am Puls der Zeit ist. Das ist vor allem der Qualität des Songwritings zu verdanken: die Songs sind eingängig, geschmeidig und treffen mit ihrer Kombination von dringlichen Refrains und psychedelischen Höhenflügen ins Schwarze. Der Sound von The Yelins findet die perfekte Balance zwischen analoger Haptik und moderner Finesse.
Nach dem Release des ersten selbstproduzierten Albums «Echoes» im Jahr 2018 liess sich die Band in ihren «Moon Studios» in Vevey genug Zeit beim Komponieren und Aufnehmen. Auf den ersten Vorgeschmack «Palm Trees» folgt nun «Moon» . Die Single bringt eine treibende und knackige Bassline, mit dramatischem Rock-Timbre gelieferte, eingängige Gesangsmelodien sowie eine schillernde Westerngitarre à la «Twin Peaks». Erneut vermengt die Band gekonnt verschiedene Stilrichtungen innerhalb der breit gefächerten Sphäre der Indie-Psychedelik, ohne jemals klischiert oder repetitiv zu wirken. Liebhaber*innen des exzentrischen Psych-Pop der Last Shadow Puppets oder The Lemon Twigs finden in «Moon» eine berauschende Portion Glück und dürfen sich auf mehr freuen.
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Mit Delia Meshlir ferne Sterne erkunden
Delia Meshlir veröffentlicht eine alternative Version von «Out Of Desire », einer der Haupttitel ihres Debütalbums « Calling The Unknown », das letztes Jahr erschienen ist.
In Zusammenarbeit mit Future Faces, das Projekt ihres Bassisten Alex Muller Ramirez, tauscht die Lausannerin die warmen, jazz-angehauchten und getrübten Klänge gegen kristallklare Synth-Passagen ein, die sich in einem fast schon bombastischen Crescendo mit einem industriell-schweren Beat vermengen.
Den Hang zur Psychedelik verliert Delia Meshlir nicht, eher transportiert sie uns mit der «Stellar Version» aus der herbstlichen Nostalgie des Originals mit Lichtgeschwindigkeit in die düstere Zukunft, oder in die eisigen, unerforschten Gefilde der Galaxie. Der Stilwechsel scheint ebenso unerwartet wie geglückt.
Tatsächlich erfindet sich Delia Meshlir immer wieder neu in Registern, in denen man sie nicht erwartet hätte, die ihr aber dennoch hervorragend stehen. In den letzten Monaten war sie bereits sehr produktiv: Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums «Calling The Unknown» im März 2022, mit dem sie die wichtigsten nationalen Bühnen bespielte, lieferte sie uns im Herbst eine kleine EP mit berauschenden Coverversionen («Something On Your Mind / Bang Bang»). Kurz darauf produzierte sie mit dem Saxophonisten Sha zwei Titel («Lunghin» und «Marmoré») die im Januar bei Ronin Rhythm Records erschienen sind. Wir sind gespannt, was sie als nächstes hervorzaubern wird.
Delia Meshlir – «Out Of Desire (Stellar Version)» (VÖ: Irascible Records, 08. März 2023) Für Perlensuchende: Auf irascible.ch gibt es weitere musikalische (Neu-)Entdeckungen für deinen guten Geschmack.
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Pat Burgener mit neuer Single "Mexico"
Tagträumen? Wird man ja wohl noch dürfen!
Der Schweizer Sunnyboy hat’s wieder getan: Der Sommerhit (zumindest der Herzen) 2022 hört auf den Namen „Mexico“ und ist mal wieder eine astreine 10! Ohne Aber.
Pat tänzelt mal wieder frech, aber mutig auf dem Grad von Feel Good & Melancholie herum, ohne dabei nur annähernd das Gleichgewicht zu verlieren. Man darf träumen, sich frei fühlen, „es“ einfach mal machen. Allein verreisen, einen alten VW Bus kaufen, einer Person, die man schon länger toll findet, sagen, dass man sie toll findet. Den Job kündigen und Surflehrer werden. Jeder hat seine Tagträume. Mit dem Sound von Pat Burgener sprudeln all diese Gedanken nur so aus dem Hinterkopf ins Vordergründige. Ins Bewusste.
Grenzenlose Inspiration und ein intensives Freiheitsgefühl verspürt man, wenn man zur neuen Single mitschunkelt. Diese erscheint übrigens am 12. August – ein bisschen müssen wir uns also noch gedulden. Bis dahin: ganz viel weiter träumen.
Schmeckt nach Salz, riecht nach Meer, leichter Wind aus Nordosten, Möwen, Eiswürfel, Musik, Lagerfeuer...
Gern geschehen!
Für Perlensucher: Auf irascible.ch gibt es weitere musikalische (Neu-)Entdeckungen für deinen guten Geschmack
Coco
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