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Marco Büsch
Marco Büsch
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Zürich
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„Ja klar, setz dich nur hin!“
Die Uni kann ein wirklich gemütlicher Ort sein. Man muss nur aufpassen, dass sich nicht die falschen Personen bei einem an den Tisch setzen. Ein kleiner Erlebnisbericht. Ich habe ja sonst keine Probleme. Es ist so ein typisches Uni-Phänomen: Man sitzt alleine an einem Tisch im Lichthof und eine Person fragt einem, ob sie sich auch hinsetzen könnte und natürlich sagt man ja, weil es nun wirklich noch genug Platz an diesem Tisch hat und man so etwas von das Gegenteil von asozial ist und dann kommt noch eine Person hinzu, die die erste kennt und setzt sich auch hin und sie beginnen laut Gespräche zu führen und sowieso kommen noch drei andere hinzu und plötzlich sitzt man an einem Tisch mit einer Gruppe von Menschen, die man gar nicht kennt und fühlt sich irgendwie um den Tisch beraubt. Soziales Verhalten hat schon seine Tücken, kaum gibt man den kleinen Finger, nehmen die Anderen schon den ganzen Tisch. Diese „table crasher“. Aber so ist das halt. Dafür bin ich kein Asozialer. Oder letztens sass ich zum Beispiel an einem der kleinen Tische in der Nähe des Haupteinganges und quälte mich durch langatmige Ausführungen des Herrn Aristoteles (siehe letzte Kolumne letzte Woche). Ich war müde und ich wollte eigentlich nur endlich diesen sicher sehr wichtigen, aber in diesem Moment sehr nervigen Text zu Ende lesen, da trat eine junge nette Dame mit einem Laptop an meinen Tisch und fragte höflich, ob sie sich dazusetzen dürfte. Ich bejahte natürlich, ich bin ja kein Unmensch. Und damit öffnete ich die Pforte zur Hölle, denn kaum hatte sie sich hingesetzt, bildete sich neben ihr eine lange Schlange mit jungen Studenten, die sich in irgendeinen Fachverein einschreiben wollten. Oh ja natürlich, jemand vom Fachverein – ich hätte es schon am überfreundlichen Grinsen beim Hinsetzen erkennen können. So sind sie halt die Fachvereinsleute: Immer gut gelaunt. Immer kommunikativ. Nein, wirklich kein Problem, stör mich nur beim Texte lesen. Ist ja sowieso a piece of cake dieser Aristoteles, Gopfertammi! Nun denn, es wurden Mitgliederbeiträge bezahlt, E-Mail-Adressen eingetippt und so weiter und so fort. Ich versuchte weiter zu lesen, aber es ging nicht: Die Dame schien eine besondere Wirkung auf die Männer zu haben, denn jeder Einzelne versuchte auf Teufel komm raus mit ihr zu flirten. Das war ein bisschen wie früher „Swissdate“ auf Tele Züri: Manchmal lustig und vielfach einfach nur unendliche Fremdscham. Mein Liebling war der eine, der fragte, ob er auch mit schwedischen Kronen bezahlen dürfte, weil er eben gerade in Stockholm gewesen sei (oh Wunder!) und ob sie auch schon in Stockholm gewesen sei („nein.“) und es ist wirklich schön dort („aha.“) und er studiere extrem gerne das Fach, dass sie zusammen studieren („Dann bist du ja am richtigen Ort. Du, weißt du, die Anderen müssen auch noch bezahlen...“) und er möge vor allem diesen und diesen Autor („aha. Aber Franken hast du auch? Die Pause ist eben fast um“) und so weiter und so fort. Es war wirklich komisch anzusehen, wie dieser junge Mann es fertig brachte, dass gegen Ende überbordende Desinteresse des Gegenübers einfach zu ignorieren, um den eigenen Flirt-Sermon knallhart durchzuziehen. Aber vielleicht funktioniert das ja. In diesem Falle wohl eher nicht. Nun ja, aber amüsant war es auf alle Fälle. Ich habe mir überlegt, dass ich jetzt auch mit dem „table crashen“ beginne, so als eine Art Performance: Ich frage höflich, ob ich mich vielleicht kurz hinsetzten könnte und wenn die Person bejaht, springen ungefähr zehn Leute hinter einer Ecke hervor und setzen sich auch dazu. Und dann beanspruchen wir den ganzen Platz und reden total laut. Einfach so. Ich weiss jetzt zwar nicht, was bei dieser Performance der Mehrwert sein soll, aber das ist ja auch das Schöne bei der Kunst: Es braucht keinen. Wenn also jemand mitmachen will, kann er sich gerne bei mir melden – je mehr, desto besser. Und sonst hocke ich halt wieder alleine an einen Tisch. Muss ich ja wohl. Der Aristoteles liest sich leider nicht von selbst. (Bildquelle: http://de.yelp.ch/biz_photos/-cEh47zl_XSt3hvXXeH_LQ?select=X0hZYg_kzyUurmpY0zZW6w#X0hZYg_kzyUurmpY0zZW6w9)
„Ja klar, setz dich nur hin!“
Die Uni kann ein wirklich gemütlicher Ort sein. Man muss nur aufpassen, dass sich nicht die falschen Personen bei einem an den Tisch setzen. Ein kleiner Erlebnisbericht. Ich habe ja sonst keine Probleme.
Es ist so ein typisches Uni-Phänomen: Man sitzt alleine an einem Tisch im Lichthof und eine Person fragt einem, ob sie sich auch hinsetzen könnte und natürlich sagt man ja, weil es nun wirklich noch genug Platz an diesem Tisch hat und man so etwas von das Gegenteil von asozial ist und dann kommt noch eine Person hinzu, die die erste kennt und setzt sich auch hin und sie beginnen laut Gespräche zu führen und sowieso kommen noch drei andere hinzu und plötzlich sitzt man an einem Tisch mit einer Gruppe von Menschen, die man gar nicht kennt und fühlt sich irgendwie um den Tisch beraubt. Soziales Verhalten hat schon seine Tücken, kaum gibt man den kleinen Finger, nehmen die Anderen schon den ganzen Tisch. Diese „table crasher“. Aber so ist das halt. Dafür bin ich kein Asozialer.
Oder letztens sass ich zum Beispiel an einem der kleinen Tische in der Nähe des Haupteinganges und quälte mich durch langatmige Ausführungen des Herrn Aristoteles (siehe letzte Kolumne letzte Woche). Ich war müde und ich wollte eigentlich nur endlich diesen sicher sehr wichtigen, aber in diesem Moment sehr nervigen Text zu Ende lesen, da trat eine junge nette Dame mit einem Laptop an meinen Tisch und fragte höflich, ob sie sich dazusetzen dürfte. Ich bejahte natürlich, ich bin ja kein Unmensch. Und damit öffnete ich die Pforte zur Hölle, denn kaum hatte sie sich hingesetzt, bildete sich neben ihr eine lange Schlange mit jungen Studenten, die sich in irgendeinen Fachverein einschreiben wollten. Oh ja natürlich, jemand vom Fachverein – ich hätte es schon am überfreundlichen Grinsen beim Hinsetzen erkennen können. So sind sie halt die Fachvereinsleute: Immer gut gelaunt. Immer kommunikativ. Nein, wirklich kein Problem, stör mich nur beim Texte lesen. Ist ja sowieso a piece of cake dieser Aristoteles, Gopfertammi! Nun denn, es wurden Mitgliederbeiträge bezahlt, E-Mail-Adressen eingetippt und so weiter und so fort. Ich versuchte weiter zu lesen, aber es ging nicht: Die Dame schien eine besondere Wirkung auf die Männer zu haben, denn jeder Einzelne versuchte auf Teufel komm raus mit ihr zu flirten. Das war ein bisschen wie früher „Swissdate“ auf Tele Züri: Manchmal lustig und vielfach einfach nur unendliche Fremdscham. Mein Liebling war der eine, der fragte, ob er auch mit schwedischen Kronen bezahlen dürfte, weil er eben gerade in Stockholm gewesen sei (oh Wunder!) und ob sie auch schon in Stockholm gewesen sei („nein.“) und es ist wirklich schön dort („aha.“) und er studiere extrem gerne das Fach, dass sie zusammen studieren („Dann bist du ja am richtigen Ort. Du, weißt du, die Anderen müssen auch noch bezahlen...“) und er möge vor allem diesen und diesen Autor („aha. Aber Franken hast du auch? Die Pause ist eben fast um“) und so weiter und so fort. Es war wirklich komisch anzusehen, wie dieser junge Mann es fertig brachte, dass gegen Ende überbordende Desinteresse des Gegenübers einfach zu ignorieren, um den eigenen Flirt-Sermon knallhart durchzuziehen. Aber vielleicht funktioniert das ja. In diesem Falle wohl eher nicht. Nun ja, aber amüsant war es auf alle Fälle.
Ich habe mir überlegt, dass ich jetzt auch mit dem „table crashen“ beginne, so als eine Art Performance: Ich frage höflich, ob ich mich vielleicht kurz hinsetzten könnte und wenn die Person bejaht, springen ungefähr zehn Leute hinter einer Ecke hervor und setzen sich auch dazu. Und dann beanspruchen wir den ganzen Platz und reden total laut. Einfach so. Ich weiss jetzt zwar nicht, was bei dieser Performance der Mehrwert sein soll, aber das ist ja auch das Schöne bei der Kunst: Es braucht keinen. Wenn also jemand mitmachen will, kann er sich gerne bei mir melden – je mehr, desto besser. Und sonst hocke ich halt wieder alleine an einen Tisch. Muss ich ja wohl. Der Aristoteles liest sich leider nicht von selbst.
(Bildquelle: http://de.yelp.ch/biz_photos/-cEh47zl_XSt3hvXXeH_LQ?select=X0hZYg_kzyUurmpY0zZW6w#X0hZYg_kzyUurmpY0zZW6w9)
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Dort, wo die Uni noch gut ist
Ich habe einen Ort gefunden, wo die Uni noch nicht so sehr Bologna ist. Weniger Wirtschaft. Mehr so Wissenschaft. Das hat aber auch gedauert. Früher, als ich noch nicht an der Uni war, habe ich mir die Uni ziemlich romantisch vorgestellt, so mit zwanzig hochinteressierten Studenten, die in einem kleinen Saal sitzen und eifrig und wortgewandt mit dem Professor über Gott und die Welt diskutieren. Aber dann hat mich das Bologna-System hart durchgeschüttelt und mich schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt mit seinen überfüllten Hörsälen, den Multiple-Choice-Prüfungen und den andauernden Überschneidungen der Kurszeiten. Bis ich letzte Woche bemerkt habe, dass nicht Bologna schuld ist, ich studiere einfach im falschen Hauptfach. War irgendjemand schon jemals im Raum KO2-D-54 an der Uni Zürich? Ja genau, ich auch nicht. Jedenfalls nicht bis letzte Woche. Der Raum ist irgendwo im Hauptgebäude hinten links, hinter dem Lift, so bei den Lagerräumen im Parterre. Ich musste auch eine Weile suchen, aber ich hab es dann trotzdem zehn Minuten vor Beginn in die Vorlesung geschafft. Pardon, ich meine das Seminar. In meinem Hauptfach ist das eben grösstenteils Hans was Heiri, weil sowieso immer über hundert Leute anwesend sind, was das Seminar-Gefühl nicht so wirklich aufkommen lässt. Nun überhaupt wäre es in vielen Fächern unmöglich, zehn Minuten vor Beginn einer Vorlesung noch einen Platz zu finden – nicht einmal auf dem Boden. In diesem Falle war jedoch alles anders: Der kleine Raum war leer. Zehn Minuten vor Beginn der Vorlesung war der Raum einfach leer. Ich setzte mich trotzdem hinein und fühlte mich etwas unwohl. Wie früher, wenn man nicht zugehört hat, wenn der Lehrer vom kommenden Stundenausfall erzählt hat und man dann am nächsten Tag mit zwei, drei anderen Dummen alleine im Klassenzimmer sass. Zehn Minuten später waren von dreissig angemeldeten Personen ungefähr zehn erschienen, nur der Professor liess auf sich warten. Er betrat dann fünfzehn Minuten zu spät den Raum mit der Begründung, er mache das immer so und dafür keine Pause. Danke für die Information, eine Mail vorab wäre wohl zu viel des Guten gewesen. Nun, vielleicht hat schon jemand anhand der Indizien erraten, innerhalb welcher Fachrichtung dieses Seminar gehalten wurde? – Genau, es war ein philosophisches Seminar. Darob war mir das mit dem fehlenden Vorabmail natürlich klar: Sokrates hat ja auch nie etwas aufgeschrieben. Das Beste war aber, dass in der Zeit, bevor der Professor die Räumlichkeiten betrat, ein Philo-Student vors Pult stand und uns erzählte, dass die Philosophische Fakultät plane, das Obligatorium für Latein und Alt-Griechisch in der Philosophie zu streichen. How shocking! Und er sammle Unterschriften dagegen. Ich überlegte mir, ob ich vielleicht beginnen sollte Unterschriften zu sammeln gegen dieses Unterschriftensammeln gegen die Abschaffung des Latein-Obligatoriums in der Philosophie. Ich hätte sehr ziemlich sicher mehr Unterschriften sammeln können. Aber irgendwie wäre das noch absurder gewesen. Doch lassen wir dieses Thema, ich bin wahrscheinlich nur neidisch auf all die Leute, welche sich in der Kanti oder danach in den Arsch geklemmt und Latein gebüffelt haben. Und ich lerne jetzt mühsam spanisch und bekomme die ganze Zeit unter die Nase gerieben, dass es sooo viel einfacher wäre, wenn ich Latein gehabt hätte. Ja, ja, ich wäre gerne so geworden, wie ein anderer nie gewesen war... Nun bin ich ellenweit abgewichen von dem, was ich eigentlich erzählen wollte: Der Professor meinte jedenfalls, wir sollten richtig mitmachen in den Diskussionen, weil wir ja so wenige seien und es sonst so langweilig würde. Und das erste Mal hatte ich das Gefühl, dass ich wirklich mitdiskutieren wollte. Gut, ich habe in den ersten zwei Stunden noch keinen Piep von mir gegeben: Immer langsam mit den jungen Pferden. Das wird ein längerer Prozess an dessen Ende ich dann auch mal die Hand erheben werde. Aber dieser kleine versteckte Raum, diese wenigen Leute, dieser Prof, die ganze Atmosphäre hatte wirklich ein bisschen diesen „Dead Poet Society“-Charme. Es gibt sie also doch noch, dachte ich bei mir, diese Orte an der Uni, an denen die Wissenschaft und das Wissen an sich zelebriert werden und nicht nur für die nächste Prüfung und für den späteren erleichterten Berufseinstieg gelernt wird. Und dann liess der Prof uns auch noch eine Viertelstunde früher gehen. Und ich ärgerte mich ein bisschen, dass ich mich so darüber freute, dabei hätte ich doch jede Minute auskosten müssen wollen. Hätte. Dürfen. Können. Wollen. Ich bin halt so konditioniert, da kann man wohl nicht mehr viel machen... (Bilderquelle: Flickr.com, von hannesinchina. Nein, ist nicht der KO2-D-54)
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Sie sind ueberall: Die Schweizer
Sie sind ueberall: Die Schweizer. Ganz ehrlich, ich glaube, der Ort muss noch erfunden werden, an dem sich kein Schweizer findet. Besonders die arroganten Zuercher sind ueberall in der Welt. Und im Ausland sind sie nicht mal so arrogant. Man muss die Schweizer einfach moegen, speziell die Zuercher. Nicht, weil wir wirklich so wahnsinnig toll sind, sondern weil wir einfach ueberall sind und es schwer ist an uns vorbei zu kommen.
Ich meine: Man geht in einem Schlafraum eines Hostels in Cartagena, Kolmbien, zu Bett zwischen Australier, Englaendern und Amis und denkt sich nichts boeses, dann wacht man am Morgen auf und ploetzlich ist der Raum voller Schweizer. Schock! Aber kein Problem, denn ich tue einfach so, als koennte ich nur englisch sprechen und versuche mich aus der Raum zu schleichen. Leider bin ich mit dem Fuss in den Tuerrahmen gelaufen und han so etwas wie "gopferdammi" geschrien. So viel zur perfekten Tarnung.
Aber eben: Es ist keine Seltenheit. Egal, ob man in Kolumbien in einem Schlafraum mitten unter Schweizern aufwacht oder in Ecuador in eine Strandbar mit nur vier Stuehlen hockt: Sie sind ueberall, die Schweizer. Besonders die Zuercher. Von Europa wollen wir ja gar nicht sprechen: Ich habe ja schon vier Stunden noerdlich von Stockholm in einem kleinen Kaff einen noch kleineren Laden betreten und alles was ich zu hoeren bekam, war: "exguueeesi chani da mal dure". Bitteschoen, supertoll hier am Arsch der Welt einen Landesgenossen zu finden.
Ich bin zum Schluss gekommen, dass es nicht unsere Schuld ist: Die Schweiz ist einfach zu klein und wir haben zu viel Geld. Anders kann ich es mir nicht erklaeren, dass ich an jedem Ort in dieser Welt mindestens einen anderen Schweizer treffe und dann meistens noch ein Zuercher. Wobei die Zuercher im Ausland ja wahnsinnig bescheiden sind und vor anderen Schweizern kaum damit rausruecken, dass sie Zuercher sind und wenn doch, dann wird betont, dass man kein Stadtzuercher ist. Die spinnen doch, die Zuercher.
Ich waere jedenfalls froh, irgendjemand koennte mir einen Tipp geben, wo er noch nie einen anderen Schweizer getroffen hat, denn ich habe diesen Ort noch nicht gefunden. Aber vielleicht bin ich einfach ein bisschen zu fest der Buenzlitourist, der nur die stinknormalen Orte besucht, welche im Reisefuehrer des Lonely Planets stehen. Und den hat zumindest hier in Suedamerika jeder. Zumindest jeder Schweizer. Leider.
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Wollen wir nicht alle Foucault heissen?
Um allzu viele Klicks zu vermeiden, habe ich in meinem Titel einen berühmten Philosophen genannt. Schande auf mein Haupt, aber es geht gar nicht um philosophische Angelegenheiten, sondern um Namen. Schöne Namen.
Alexis de Tocqueville. Lasst euch das auf der Zunge zergehen: Alexis. De. Tocqueville. Extra mit einem „c“, damit es einem nicht zu einfach gemacht wird. Oder Émile Durkheim. Mit einem grossen Aigue, welches in Worddateien zu schreiben die hohe Kunst des Tastaturschreibens beansprucht. Das haben sich Émiles Eltern damals wahrscheinlich nicht so gedacht, aber es verleiht dem Namen noch zusätzliche Würze. Nicht, dass er das nötig hätte, Durkheim selbst ist schon genial genug. Es fällt vielleicht auf: Ich habe eine leichte Schwäche für wohlklingende Namen, besonders französische. Ich meine, eigentlich kann sich jeder einen Namen machen, aber es gibt nichts Komfortableres als schon einen guten Namen zu besitzen. So wie zu Beispiel Michel Foucault. Michel ist zwar etwas langweilig, weil konventionell, dafür ist Foucault umso strahlender. Es gibt nichts Besseres als in einer hitzigen Diskussion „Foucault!“ zu schreien, das beendet jegliches Wortgefecht. Foucault klingt so endgültig, es setzt einfach einen Punkt. Oder Claude Longchamp. Zumindest namentechnisch ist er seinen Konkurrenten Michael Hermann oder Regula Stämpfli Äonen voraus. Regula Stämpfli. Das ist für mich irgendwie so etwas wie der Anti-Name. Gut, das ist jetzt vielleicht ein bisschen gemein und auch ein bisschen unfair, weil ich eine leichte Antipathie gegenüber dieser Person empfinde, aber ich glaube, bünzliger kann man nicht mehr heissen.
Nun denn, kommen wir meinem eigenen Namen: „Marco Büsch“. Der ist ganz okay. Marco ist cool. Nicht zu gewollt speziell, aber auch nie ganz zu oberst auf der Liste mit den Namen des Jahres. Und Büsch ist halt Büsch. Je nachdem wie man es ausspricht, wirkt der Name richtig gut oder einfach nur plump. Ich für meinen Teil bevorzuge es, wenn man ihn so leicht französisch ausspricht, so leicht gedehnt. „Büüsch“. Einfach nicht so vorschlaghammermässig, so wie bei „gömmer no i d’Büsch“. Das ist grauenhaft. Aber ich denke, man könnte jeden Namen böswillig unschön aussprechen. Ausser halt eben Alexis de Tocqueville oder Émile Durkheim. Wie der Merowinger in „Matrix reloaded“ so schön sagt: Auf französisch zu fluchen ist wie sich mit Seide den Arsch abzuwischen. Man entschuldige die etwas raue Umgangsprache, aber inhaltlich kann man diesen Ausspruch sicherlich auch auf Namen anwenden. Und schlussendlich ist der Name ja auch nicht mehr so wichtig. Zumindest auf Facebook oder in Chats kann man sich seinen eigenen Namen geben wie „Ghettoking94“ oder „*_*sWeEt_bAbY*_*“, das sollte Entschädigung genug sein. Ich selbst überlege mir, mich selbst in „Marco S. de Büschville“ umzubenennen. Das „S.“ so wie in „Bruno S. Frey“, ich plagiere mich ja auch manchmal selbst, da geht das in Ordnung. Wobei „Marco Büsch“ eigentlich doch ganz okay ist, so für den Hausgebrauch.
(Bildquelle: Meine Wenigkeit)
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Zuercher Baustellen und kolumbianische Strassen
Es sollte eine Kolumne ueber Zuercher Baustellen werden. Das wirkt aber ziemlich absurd, wenn man zurzeit in Kolumbien weilt und metergrossen Schlagloechern ausweichen muss. Ich wollte eigentlich schon vor Wochen eine Hasstirade auf die Zuercher Baustellen ablassen, weil zu viele und weil einfach nervig und Geldverschwendung und sowieso immer genau dort, wo ich mit dem Velo durchfahren muss. Nun habe ich mir aber gedacht, ich warte noch mit der Kolumne, bis ich meinen Kolumbientrip gestartet habe, dann kippt die ganze Kolumne wahrscheinlich etwas ins Absurde. Und genau so ist es.
Schon bei der Taxifahrt vom Flughafen zu unserem Hostel bemerkte ich, dass hier alles ein bisschen anders ist: Vorne gurtet man sich an, hinten nicht. Macht auch Sinn, es ist alles so eng und klein, dass ich sowieso schon gut eingeklemmt war. Es ruckelt gewaltig, weil schlechte Strassen. Vielleicht aber auch, weil man mit geschaetzten 150 durch die Strassen donnert. Auch ueber relativ tiefe Schlagloecher. Ich bin einmal fast mit dem Kopf durch die Decke geplatzt, so etwa wie der Dino bei den Flinstones.
Aber eben, in Kolumbien ist ja allgemein alles etwas kleiner, seien es die Busse oder die Stuehle in den Bars. Ausser die Loecher in den Strassen und auf den Trottoirs, die sind teilweise so gross, dass man sich wundert, dass nie irgendwelche Kinder hineinfallen und darin verschwinden. Gut, viele der Loecher werden auch mit Abfall gefuellt, bis sie wieder betretbar sind, so zwei Fliegen mit einer Klappe.
Man sieht, es wirkt irgendwie absurd ueber die Baustellen in Zuerich zu fluchen, wenn man immer noch leicht Kopfweh hat, weil man mit seinen 190cm im Bus staendig gegen die zu niedrigen Stangen geknallt ist, weil die Strasse so viele Schlagloecher hatte. ich rege mich auch nicht mehr darueber auf, wenn bei jeder Baustelle in Zuerich immer einer arbeitet, waehrend zwei zuschauen. Erstens wird das wahrscheinlich seine Gruende haben (man ist ja selbst kein Bauarbeiter) und zweitens ist das in Kolumbien an der Tagesordnung: Es gibt hier kaum ein Geschaeft, dass nicht doppelt so viele Personen angestellt haette, wie es eigentlich muesste. Nun gut, ich beklage mich nicht, solange ich bestens bedient werde, bin ich bei diesem System voll dabei. Ich bin ja nicht der Finanzminister von Kolumbien. Zum Glueck.
Nun habe ich eigentlich wenig bis gar nichts ueber Zuercher Baustellen geschrieben, aber mal ehrlich, es gibt ja eigentlich auch nichts zu motzen, solange die Strassen in Takt sind. Ich hatte einfach noch dieses Bild von einer Baustelle auf der Kamera und wollte es sinnvoll verwenden. Das ist mir nicht gelungen, dafuer habe ich mich eine halbe Stunde mit dieser doofen kolumbianisch/wahrscheinlich amerikanischen Tastatur herumgeschlagen, die mich noch wahnsinnig machen wird. Wer mir Schreibfehler vorwirft, der soll es besser machen auf dieser Tastatur. Ich gehe jetzt jedenfalls eine Cerveza trinken und werfe die Flasche danach in ein Schlagloch, um das Trottoir sicherer zu machen. Jeder tut halt, was er kann.
(Bildquelle: Meine Wenigkeit)
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Woche 37
Ich habe eine Liste erstellt mit Leuten, die ich wieder einmal sehen möchte. Manche Treffen waren erfreulich, manche waren Begegnungen der anderen Art. Warum man gewisse Leute zurecht länger nicht gesehen hat und dann auch länger nicht mehr sehen will. Letzten Monat habe ich eine Liste mit Leuten erstellt, die ich gerne wieder einmal treffen würde. Die Liste wurde ziemlich lang. Das kommt davon, wenn man sich aus lauter Bequemlichkeit immer nur mit den üblichen Verdächtigen trifft! Ich schickte also einen Haufen Nachrichten in die Welt hinaus, traf ein paar alte Bekannte und strich sie danach auf meiner Liste ab. Ich fühlte mich dabei wie ein Profikiller. Aber im positiven Sinne. Trotzdem habe ich aufgehört, die getroffenen Personen durchzustreichen; das wirkt so endgültig. Und ausserdem kann ich mir ja merken, wen ich getroffen habe und wen noch nicht. Ich meine, es ist schon eine lange Liste, aber so lange nun auch wieder nicht. Aber darauf will ich eigentlich gar nicht hinaus. Worauf ich hinaus will, ist eine SMS, welche ich von einer alten Freundin erhalten habe. Sie wäre derzeit zwar voll ausgebucht, würde mich aber gerne in Woche 37 treffen... In Woche 37?! Ich meine, okay, sie studiert Wirtschaftswissenschaften und war schon immer eher auf der rationalen Seite des Lebens, aber Woche 37? Bin ich ein Zahnarzttermin oder so ein verdammter Business-Lunch?! Geht’s noch? Was erlaube sich! Ich wollte eine gesalzene SMS zurück schreiben, dass ich lieber zu Hause bleiben würde, als für sie nur so ein mühsamer Fünf-Uhr-Termin zwischen dem Coiffeurbesuch und dem Abendessen zu sein. Das habe ich leider nicht getan. Stattdessen habe ich geantwortet, dass ich sie gerne im zweiten Teil der Woche 37 treffen würde. Die Stichelei zwischen den Zeilen war so subtil eingefädelt, dass ich mir selber auf die Schulter klopfen musste. Aber eigentlich hätte ich doch lieber meinen ersten Entwurf abgeschickt. Aber man weiss ja wie das ist mit den SMS: Solche Dinge kommen einem erst in den Sinn, wenn man bereits „absenden“ gedrückt hat. Nichtsdestotrotz harre ich einer Antwort: Wenn meine leichten Sticheleien gewürdigt oder zumindest verstanden wurden, werde ich mich gerne mit meiner alten Freundin treffen. Ist die Antwort aber ein weiteres Mal in einer solch unpersönlichen Form gehalten, werde ich diese Person unbesucht von meiner Liste streichen. Und mit Streichen meine ich wirklich streichen. So profikillermässig. Endgültig. (Bildquelle: Meine Wenigkeit)
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