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Wir, eine Journalistin & ein Abenteurer, leben & arbeiten seit März 2016 in unserem VW-Bus. In der Schweiz & in Europa.

Meine Stadt Wo unser Bus gerade steht
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#Vanlife: Der Tomatensalat des Chirurgen

#Vanlife: Der Tomatensalat des Chirurgen

Am 19. März dieses Jahres trat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew nach über 30 Jahren an der Macht überraschend zurück. Im Juni soll das Land seinen Nachfolger wählen. Während wir diese News lasen, erinnerten wir uns unweigerlich an Nurbek den lustigen Chirurgen, den wir in Kasachstan kennengelernt hatten. Es begann alles mit einer Einladung zum Kaffee in der Dämmerung eines heissen Sommerabends. Wir wollten die roten Klippen des Scharyin Canyons, einer Schluchtenlandschaft im Süden Kasachstans, im Sonnenuntergang fotografieren und dann einen ruhigen Abend verbringen. Aber unter einem kleinen Unterstand mit Blechdach, der den Besucher des Nationalparks zum Picknicken dient, sassen zwei Ehepaare mit vier Kindern, die wir schon von weitem hatten lachen hören. Als wir an ihnen vorbeigingen, kam die Einladung. Wenig später tranken wir schwarzen Kaffee aus ihren Thermobecher und lachten mit ihnen mit. Einmal mehr hatten wir erleben dürfen dass Humor auch ohne gemeinsame Sprache funktioniert. Die Kommunikation wurde erst einfacher, als einer der beiden Chirurgen seine Tochter anrief und sie via Telefon, von ihrer eigenen Geburtstagsparty aus, die Sätze hin und her übersetzte. Als die Familien hörten, wir würden in den nächsten Tagen nach Almaty fahren, luden sie uns zu sich nach Hause ein. Adressen und Telefonnummern wurden ausgetauscht und wir erhielten zum Abschied ein „kleines“ Geschenk – die grösste Wassermelone, die ich je gesehen hatte – bevor sich unsere Wege trennten.Wiedersehen in AlmatyEs gibt diese Situationen wo man sofort weiss: Das war jetzt nett. aber keiner wird sich beim anderen melden. Und dann gibt es die anderen, wo das Bauchgefühl stimmt und man merkt es passt, wenn wir da auch tatsächlich hinfahren. So war es auch bei dieser Begegnung. Also parkten wir ein paar Tage späteren unseren Bus vor dem Haus der einen Familie, die in Almaty lebt und die befreundete Familie, die Männer hatten jahrelang zusammengearbeitet, gerade während einer Woche bei sich auf Besuch hatte. Die beiden Chirurgen waren schon lange vor unserer Ankunft in der Küche gestanden, hatten Teigtaschen gebacken, eine Suppe gekocht und Tomaten und Gurken zu Salat geschnippelt, Fruchtschalen gefüllt, Tee gekocht und Kompott aufgegossen. Wie in Zentralasien üblich erwartet uns ein üppig gedeckter Tisch, zudem ein Grossmütterchen mit Kopftuch und einem Mund voller strahlender Goldzähne, sowie die Teenager-Tochter, die Englisch studiert und als Übersetzerin half, das Gespräch einfacher zu gestalten.  Humor, Hotpants und HausmännerDie Stimmung war sofort wieder sehr fröhlich, was vor allem auch an Nurbek lag, der so ausdrucksstark mit seinem Gesicht und den Händen sprach, dass er mehr an einen Komiker als an einen Arzt erinnerte und wir oft verstanden und loslachten, bevor die Übersetzung ihren Weg in unsere Ohren gefunden hatte. Ab und an stiess sein Kollege ihn mit dem Ellbogen in die Rippen. „Sei doch mal etwas ernster, du bist schliesslich Chirurg!“, was allerdings alle am Tisch noch mehr zum Lachen brachte.  Zum Nachtisch gab es Eis und wir kamen auf den Glauben zu sprechen. 70% der Kasachen sind Muslime. Die restlichen Prozente teilen sich Christen und Juden. Da wir ein paar Wochen zuvor im Osten des Landes an einer muslimischen Hochzeit, an der viel Alkohol geflossen war und die Braut keinen Schleier getragen hatte, eingeladen gewesen waren, hatten wir bereits erlebt: Hier nimmt man den Koran weniger genau als anderswo. Und so war es auch bei unseren Freunden. Die Frauen trugen, wie die allermeisten Musliminnen in Zentralasien, keine Kopftücher, die junge Tochter sass uns in Hotpants gegenüber, die beiden Männer standen bei unserer Ankunft wie selbstverständlich in der Küche, während die Frau des Hauses auf der Arbeit war. „Wir sind so wie die meisten bei Euch mit dem Glauben. Wir gehen nur zu speziellen Feiertagen in die Moschee und tun sonst was unser Herz uns sagt.“ Radikalen Einfluss spürt das Land, so lasen wir es in diversen Artikel und so wird es uns auch an der üppig gedeckten Tafel bestätigte, allerdings auch. Aber da hätte der Präsident Nursultan Nasarbajew(von 1990 – 19. März 2019 an der Macht), der seine politische Karriere in der Sowjetzeiten begonnen hatte und mit Religion dementsprechende wenig am Hut hat, dagegen gehalten. Dass die Thematik aber auch hier viel komplexer ist, zeigt die Eröffnung der grössten Moschee Zentralasiens durch eben diesen Präsidenten vor zehn Jahren.  Hosensack PolitikDa wir nun hinter geschlossenen Mauern sassen und das Vertrauen zueinander stimmte, fragten wir wie es denn so sei mit diesem Diktator? „Wir fühlen uns frei. Kein Problem.“ Gibt es auch mal Demonstrationen, ein Auflehnen? Die Augen von Nurbek wurden gross, er deutete mit dem Zeigefinger dramatisch gestikulierend an die Stirn bevor er loslachte. „Wir sind nicht wahnsinnig. Da wirst du sofort eingesperrt.“ Und sein Kollege ergänzt: „Wisst ihr, wir haben uns damit arrangiert. Solange meine Familie glücklich ist, wir ein Dach über dem Kopf und genügend auf dem Tisch haben, sollen die machen was sie wollen.“  Manchmal würden sie untereinander über die Missstände diskutieren, „aber dann machst du wieder die Faust im Sack und schaust das es deiner Familie gut geht.“ „Genau, Hosensack Politik, mehr geht nicht,“ bestätigen sich die Männer gegenseitig und wir verstanden, dass Freiheit hier anders definiert wurde. Offene Zukunft Jetzt ein gutes halbes Jahr später lesen wir überrascht die Artikel zum plötzlichen Rücktritt des Machthabers, der sich in den letzten dreissig Jahren sein Familienbankkonto fett gefüllt und sich eine Hauptstadt erbaut hat, die schwierig in Worten zu beschreiben ist. Wir hatten während des Besuches im damaligen Astana immer das Gefühl wir bewegten uns in einem überdimensionierten Expo-Park, der jedem Künstler und Architekten, der Nursultan Nasarbajewgenug Honig ums Maul geschmiert hatte, erlaubte eine Skulptur aufzustellen oder ein Gebäude zu planen. Alles sehr gekünstelt, mit wenig Stil und noch weniger Charme, aber Hauptsache es ist nach der Idee des Präsidenten gebaut. So ist es nur konsequent wird Astana seit Mitte März zu Ehren des jetzt Ex-Machthabers in Nursaltan umbenannt. Gerne hätten wir zu den aktuellen Geschehnissen die Meinung unserer Freunde. Aber dazu braucht es wohl einen weiteren Besuch, einen weiteren Teller von den Chirurgen exakt geschnippelten Tomatensalat. Denn via Whats App tauschen wir lieber nur Nettigkeiten aus. Wer weiss, wer da alles mitliest. Martina und Dylan leben seit April 2016 in einem VW Bus in der Schweiz, in Europa oder Zentralasien. Ab Herbst 2019 erzählen sie in einem authentischen Multimediavortrag über das Leben als Moderne Nomaden, ohne Wohnung und mit Jobs, die mit auf die Reise genommen werden können. Mehr unter www.ride2xplore.com oder www.explora.ch

Unser zwei-sprachiger Vlog über das Leben im Bus.

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