Ride2xplore
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FreeWir, eine Journalistin & ein Abenteurer, leben & arbeiten seit März 2016 in unserem VW-Bus. In der Schweiz & in Europa.
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#VANLIFE: Internet mit Handkuss
On the road online sein. Das Leben im VW-Bus hat seine Herausforderungen. Aber auf der Suche nach einer schnellen Internetverbindung, fanden wir in Spanien die Menschlichkeit.Der alte Mann streckt seine Hand aus und die junge Frau hinter der Theke gibt ihm das Messer. Ein wortloser Dialog. Sie arbeitet als Barista in einem kleinen Café, er scheint jeden Tag hier zu sein. Der Barhocker neben der Türe hat er vorübergehend zu seinem Zuhause gemacht. Er hat eine schmutzige Stofftüte daraufgestellt. Zieht daraus ein Brot, ein Glas Essiggurken heraus. Die Theke des kleinen Imbisses ist vielleicht zwei Meter lang. Er hat auf einem Meter seine Brotkrümel verstreut. Überall Brot, Wurst, Tomaten, Gurken. Die Frau hinter der Theke verzieht keine Miene. Im Gegenteil, sie stellt ihm ein Café hin, ohne dafür Geld einzukassieren. Er lässt alles liegen, läuft raus und wieder rein. Quetsch sich hinter meinem Stuhl durch, entschuldigt sich, als ich wegrutsche, um ihm Platz zu machen. Beisst wieder in sein Brot, erzählt imaginären Menschen seine Geschichten. Ich möchte sie hören, nerve mich meinen Spanischkurs vernachlässigt zu haben und wende mich stattdessen wieder meinem Bildschirm und der Arbeit zu.Menschlichkeit teilenWir sind in Castellon, keine 50km nördlich von Valencia. In einem Shoppingcenter haben wir endlich ein WIFI gefunden, welches stark genug ist, um unsere Online-Arbeiten zu erledigen. Meistens sind Fastfood Buden die einfachste Adresse, um ungestört und ohne viel konsumieren zu müssen, eine anständige Internetverbindung zu haben. In Castellon ging weder bei McDonalds noch bei Burger King etwas. Und so fanden wir per Zufall dieses Café im Shoppingcenter, mit dem bärtigen Mann und der wortlose Barista, die sich einen Vormittag und ein Stück Menschlichkeit teilen.Einblicke in das Leben der AnderenDas liebe Internet, es macht es uns möglich standortunabhängig zu arbeiten. Es verbindet uns mit unseren Familien und Freunden Zuhause und in der Welt. So vieles wird einfacher mit ihm. Wenn man es dann mal hat. Für uns Nomaden ist es nicht selbstverständlich immer online zu sein. Meist funktioniert es ganz gut über den Hotspot des Smartphones eine Verbindung aufzubauen. Im Ausland sind aber die Datenmengen begrenzt und so macht es Sinn, ab und an nach einer besseren und günstigeren Leitung zu suchen. Und auch, um mit den Menschen hier in Kontakt zu kommen. Einen Einblick in ihren Alltag zu erhaschen.Taten anstatt Daten Ein paar Tage zuvor, in einer anderen Stadt, in einer anderen Imbissbude. Ein Pakistani steht hinter der Theke. Es dauert nicht lang, da kommt ein angetrunkener Mann hineingewankt. Hassan spricht freundlich mit ihm, fragt wie es ihm geht und dann, soweit reicht mein Spanischkurs, ob er ihm eine grosse Flasche Wasser kaufen gehen kann. „Eine grosse, klar?“ Der Mann nickt und Hassan drückt ihm Geld in die Hand. 10 Minuten später, Dylans Download ist immer noch nicht weiter, kommt der Betrunkene zurück und stellt mit einem Knall und einem Lachen den 8 Liter Kanister auf einen Tisch, gibt ohne zu fragen das restliche Geld an Hassan zurück. Der packt ihm, ebenfalls ohne zu fragen, Falafel im Fladenbrot in eine Tüte. Nachdem der Betrunkene uns beim hinein- und hinausgehen zweimal freundlich gegrüsst hat, kommt er nun mit der Hand auf dem Herzen und einem bübischen Schalk in den Augen auf mich zu.„Ich heisse Mohammed und komme aus Marokko. Wie heisst du?“Ich fühle mich wie im Spanischkurs.„Ich heisse Martina und komme aus der Schweiz.“„Sie sprechen Englisch! Komm, lass sie,“ ruft Hassan dazwischen.Der Mann spricht weiter freundlich auf uns ein.„Sprichst du Französisch?“ versuche ich das Gespräch einfacher zu machen.Er schüttelt den Kopf. „No français. Arabian only.“„Mohammed! Jetzt kommt schon.“ Hassan wieder. Nett, aber bestimmt.Er nimmt meine Hand und drück seine Lippen darauf, murmelt etwas Unverständliches, dann geht Mohammed schulterzuckend zurück zu Hassan, nimmt seine Tüte mit dem Falafel, bedankt sich und geht. Nicht ohne sich vorher in der Eleganz eines Betrunkenen noch einmal bei uns vorzustellen. Hassan schaut ihm hinterher, wie einem kleinen Bruder, auf den es aufzupassen gilt.„Er kommt jeden Tag,“ sagt er und putzt mit einem Lumpen den Nachbarstisch. „Er ist ein guter Mann.“ Die Menschlichkeit, manchmal braucht sie keine Worte. Sondern Taten. Also eigentlich fast immer.Am 21.1. erzählen wir im Volkshaus in Zürich live aus 2 Jahren leben & arbeiten im Bus. www.ride2xplore.com Instagram: Ride2xplore
Unser zwei-sprachiger Vlog über das Leben im Bus.
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#VANLIFE: Internet mit Handkuss
On the road online sein. Das Leben im VW-Bus hat seine Herausforderungen. Aber auf der Suche nach einer schnellen Internetverbindung, fanden wir in Spanien die Menschlichkeit.
Der alte Mann streckt seine Hand aus und die junge Frau hinter der Theke gibt ihm das Messer. Ein wortloser Dialog. Sie arbeitet als Barista in einem kleinen Café, er scheint jeden Tag hier zu sein. Der Barhocker neben der Türe hat er vorübergehend zu seinem Zuhause gemacht. Er hat eine schmutzige Stofftüte daraufgestellt. Zieht daraus ein Brot, ein Glas Essiggurken heraus. Die Theke des kleinen Imbisses ist vielleicht zwei Meter lang. Er hat auf einem Meter seine Brotkrümel verstreut. Überall Brot, Wurst, Tomaten, Gurken. Die Frau hinter der Theke verzieht keine Miene. Im Gegenteil, sie stellt ihm ein Café hin, ohne dafür Geld einzukassieren. Er lässt alles liegen, läuft raus und wieder rein. Quetsch sich hinter meinem Stuhl durch, entschuldigt sich, als ich wegrutsche, um ihm Platz zu machen. Beisst wieder in sein Brot, erzählt imaginären Menschen seine Geschichten. Ich möchte sie hören, nerve mich meinen Spanischkurs vernachlässigt zu haben und wende mich stattdessen wieder meinem Bildschirm und der Arbeit zu.
Menschlichkeit teilen
Wir sind in Castellon, keine 50km nördlich von Valencia. In einem Shoppingcenter haben wir endlich ein WIFI gefunden, welches stark genug ist, um unsere Online-Arbeiten zu erledigen. Meistens sind Fastfood Buden die einfachste Adresse, um ungestört und ohne viel konsumieren zu müssen, eine anständige Internetverbindung zu haben. In Castellon ging weder bei McDonalds noch bei Burger King etwas. Und so fanden wir per Zufall dieses Café im Shoppingcenter, mit dem bärtigen Mann und der wortlose Barista, die sich einen Vormittag und ein Stück Menschlichkeit teilen.
Einblicke in das Leben der Anderen
Das liebe Internet, es macht es uns möglich standortunabhängig zu arbeiten. Es verbindet uns mit unseren Familien und Freunden Zuhause und in der Welt. So vieles wird einfacher mit ihm. Wenn man es dann mal hat. Für uns Nomaden ist es nicht selbstverständlich immer online zu sein. Meist funktioniert es ganz gut über den Hotspot des Smartphones eine Verbindung aufzubauen. Im Ausland sind aber die Datenmengen begrenzt und so macht es Sinn, ab und an nach einer besseren und günstigeren Leitung zu suchen. Und auch, um mit den Menschen hier in Kontakt zu kommen. Einen Einblick in ihren Alltag zu erhaschen.
Taten anstatt Daten
Ein paar Tage zuvor, in einer anderen Stadt, in einer anderen Imbissbude. Ein Pakistani steht hinter der Theke. Es dauert nicht lang, da kommt ein angetrunkener Mann hineingewankt. Hassan spricht freundlich mit ihm, fragt wie es ihm geht und dann, soweit reicht mein Spanischkurs, ob er ihm eine grosse Flasche Wasser kaufen gehen kann. „Eine grosse, klar?“ Der Mann nickt und Hassan drückt ihm Geld in die Hand. 10 Minuten später, Dylans Download ist immer noch nicht weiter, kommt der Betrunkene zurück und stellt mit einem Knall und einem Lachen den 8 Liter Kanister auf einen Tisch, gibt ohne zu fragen das restliche Geld an Hassan zurück. Der packt ihm, ebenfalls ohne zu fragen, Falafel im Fladenbrot in eine Tüte. Nachdem der Betrunkene uns beim hinein- und hinausgehen zweimal freundlich gegrüsst hat, kommt er nun mit der Hand auf dem Herzen und einem bübischen Schalk in den Augen auf mich zu. „Ich heisse Mohammed und komme aus Marokko. Wie heisst du?“ Ich fühle mich wie im Spanischkurs. „Ich heisse Martina und komme aus der Schweiz.“ „Sie sprechen Englisch! Komm, lass sie,“ ruft Hassan dazwischen. Der Mann spricht weiter freundlich auf uns ein. „Sprichst du Französisch?“ versuche ich das Gespräch einfacher zu machen. Er schüttelt den Kopf. „No français. Arabian only.“ „Mohammed! Jetzt kommt schon.“ Hassan wieder. Nett, aber bestimmt. Er nimmt meine Hand und drück seine Lippen darauf, murmelt etwas Unverständliches, dann geht Mohammed schulterzuckend zurück zu Hassan, nimmt seine Tüte mit dem Falafel, bedankt sich und geht. Nicht ohne sich vorher in der Eleganz eines Betrunkenen noch einmal bei uns vorzustellen. Hassan schaut ihm hinterher, wie einem kleinen Bruder, auf den es aufzupassen gilt. „Er kommt jeden Tag,“ sagt er und putzt mit einem Lumpen den Nachbarstisch. „Er ist ein guter Mann.“ Die Menschlichkeit, manchmal braucht sie keine Worte. Sondern Taten. Also eigentlich fast immer.
Am 21.1. erzählen wir im Volkshaus in Zürich live aus 2 Jahren leben & arbeiten im Bus. www.ride2xplore.com Instagram: Ride2xplore
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#VANLIFE: Campieren auf dem Kirchplatz
Dank unserem VW-Bus haben wir das stürmische Schweizerwetter nach Weihnacht hinter uns gelassen und sind der Sonne hinterhergefahren. Eingeholt haben wir sie in Spanien und dabei die Bekanntschaft eines alten Kirchturms gemacht.
Das neue Jahr hat für uns in einem verlassenen Dorf in Spanien begonnen. Nur wir und unser Bus auf dem Kirchplatz, der seit Jahren von der Natur zurückerobert wird und jeden Moment darauf wartet, dass weitere Steine aus der Turmmauer hinunterfallen, weil sie sich vor lauter Einsamkeit nicht einmal mehr gegenseitig festhalten mögen.
Als wir den Kirchturm zwei Tage zuvor von weitem sahen, war unsere Neugierde geweckt. Die Strasse zum Dorf liess uns erahnen, dass schon lange keiner mehr hier gewesen war. Dreimal mussten wir umgefallene Bäume aus dem Weg räumen. Die Schlaglöcher traten unseren Bus dermassen in den Bauch, dass sich nach und nach die Schranktüren öffneten. Als wir schliesslich um die letzte Kurve bogen, stand er dann erhaben vor uns, der Kirchturm, der als einziger im Dorf noch stolz sein Dach trägt und uns höflich bat, doch die nächsten paar Tage zu bleiben. Wir nahem die Einladung an und beleuchteten als Gastgeschenk den Turm des Nachts mit unseren Lampen, damit er zumindest noch ein letztes Mal stolz über das Tal hinaus leuchten konnte. Was war hier passiert? Während wir tagsüber durch die Ruinen strichen, fragte wir uns, wie es dazu gekommen war, dass dieses Dorf so verlassen war. Was war hier passiert? Der Kirchturm blieb diesmal stumm, wir fragten stattdessen Google. Die letzten Einwohner des Dorfes waren nach dem spanischen Bürgerkrieg von selbst gegangen, weil es ihnen hier zu abgelegen war. Der Alltag zu schwer. Es gab weder Strom noch genügend Wasser und Nahrungsmittel und der Weg, um etwas zu besorgen, war weit. So entschieden die letzten Bewohner an einen angenehmeren Ort zu ziehen. Ein Freund, der seit ein paar Jahren in Spanien lebt, erzählte uns später, es gäbe viele solche Dörfer, denen die Zeit und mit ihnen die Menschen davongelaufen seien. Die leeren Gräber, die Kakteen, deren reife Früchte keiner mehr isst, der Mandelbaum, der aus dem Brunnen wächst; was haben sie hier alles erlebt?
Luxus inmitten der Verlassenheit Heute ist es hier so still, dass wir das leise knacken der Pinienzapfen hören, die sich in der Sonne öffnen. Aber nur für kurze Zeit, dann zieht der Wind um die Häuserecken, rüttelt an unserem Bus. Fast so, als möchte er, dass wir ihm die Vergangenheit vor die Türe legen, damit er sie am letzten Tag dieses Jahres mitnehmen kann. So wie er hier zwischen den halb zusammengefallenen Mauern schon längst alle Spuren des einstigen Lebens mitgenommen hat. Das letzte Lachen, das letzte Weinen, es ist bereits weit über das Mittelmeer hinaus gefegt worden. Wir geben ihm die Vergangenheit gerne mit, denn wir leben im hier und jetzt. Zusätzlich werfen wir noch ein paar Wünsche hinterher und schauen zu, wie sie sich über die Täler und Wälder verbreiten. Hier, wo die Vergangenheit vor sich hin bröckelt, feiern wir in die Zukunft, geniessen die Erfahrung ein Dorf ganz für uns alleine zu haben. Geniessen den Luxus einfach hier sein zu können, uns fremd und gleichzeitig doch zuhause zu fühlen. Als der Wind stärker und die Nacht kälter wird, schliessen wir die Schiebetür unseres Hauses, backen drinnen frisches Brot für den ersten Morgen des neuen Jahres und sind unendlich dankbar für unser Leben und dafür, dass wir vor bald zwei Jahren den Mut hatten an unseren Traum zu glauben, kurzerhand alles Bekannte hinter uns liessen und unserem Weg dem Wind überliessen. Wenn wir auf unser Herz hören, dann kennt der Wind die Richtung und bringt uns da hin, wo wir sein müssen. Am 1. Januar 2018 war dies für uns ein verlassenes Dorf in den spanischen Bergen, wo die Sonne unsere Haut wärmt, der Kirchturm zu uns spricht und die Lebensfreude im Wind flattert. Am 21. Januar erzählen wir am Reisetag im Volkshaus in Zürich, was es bedeutet nur noch im VW-Bus zu leben und als moderne Nomaden nicht einfach zu reisen, sondern zu arbeiten und den Alltag mobil zu gestalten.
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