Ruth von Seen
Ruth von Seen
FreeLesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
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Winterthur
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Ambivalenz und Gleichgültigkeit, sagte Hazel: von Biss & Bass
Biss:Du hast die besinnliche Zeit auch überlebt? Jetzt sind wir mitten im neuen Jahr und alles fühlt sich, klar, genau gleich an.Ich beschliesse aus Prinzip nie Vorsätze für kommende Jahre. Die Chancen, dass ich mich selber enttäusche, sind viel zu hoch.Bass: War bei Hazel Brugger über Mittag in der Villa Sträuli. Gelbe Erbsensuppe von Sophie und ambivalente Zustände, in Geschichten verpackt von Hazel. Auch sie scheinen im neuen Jahr angekommen zu sein. Die Suppen, die Ladys und die Geschichten ... konnte jedoch den Kaffee nicht mehr geniessen, musste noch ein paar Kärtchen einkaufen gehen, im Laden an der Metzgasse, Nr. 4 – leider ist dort Ausverkauf, du kannst nur noch diese Woche schmökern. Überall gehen die kleinen, unabhängigen Läden zu, mir gefällt das gar nicht.Biss:Gut, einen Vorsatz könnten wir ja umsetzen: Geh zu Kummer und Co in Winterthur einkaufen anstatt in Konstanz. Bis bald wieder, geniess das Wochenende!
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- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
Lesen und Schreiben sind meine Leidenschaft. Mit offenen Ohren und Augen durch die Stadt flanieren - und Schattenspiele beobachten.
- Der schönste Ort in der Stadt:
- Stadtbibliothek
- An diesem Ort kann ich mich am besten entspannen:
- Hof der Stadtbibliothek
- Meine Lieblingsbar:
- Fahrenheit
- Mein Lieblingsclub:
- Albani
- Da nehme ich noch einen Schlummi:
- Coalmine
- In einem Film über mein Leben, würde mich dieser Schauspieler verkörpern:
- Meryl Streeep
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Gilbert64giellarossiGiesserei8Berne
Ambivalenz und Gleichgültigkeit, sagte Hazel: von Biss & Bass
Biss:
Du hast die besinnliche Zeit auch überlebt? Jetzt sind wir mitten im neuen Jahr und alles fühlt sich, klar, genau gleich an.
Ich beschliesse aus Prinzip nie Vorsätze für kommende Jahre. Die Chancen, dass ich mich selber enttäusche, sind viel zu hoch.
Bass: War bei Hazel Brugger über Mittag in der Villa Sträuli. Gelbe Erbsensuppe von Sophie und ambivalente Zustände, in Geschichten verpackt von Hazel. Auch sie scheinen im neuen Jahr angekommen zu sein. Die Suppen, die Ladys und die Geschichten ... konnte jedoch den Kaffee nicht mehr geniessen, musste noch ein paar Kärtchen einkaufen gehen, im Laden an der Metzgasse, Nr. 4 – leider ist dort Ausverkauf, du kannst nur noch diese Woche schmökern. Überall gehen die kleinen, unabhängigen Läden zu, mir gefällt das gar nicht.
Biss:
Gut, einen Vorsatz könnten wir ja umsetzen: Geh zu Kummer und Co in Winterthur einkaufen anstatt in Konstanz. Bis bald wieder, geniess das Wochenende!
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Heisser Kaffee am Stadelhofen: von Biss & Bass
Biss:
Jetzt ist es wieder kalt. Mir frieren die Fußspitzen beim Denken an das morgendliche "Zur-Arbeit-Gehen". Die Böden in der S12 sind jetzt immer so versifft und man kann sich nicht mehr auf die Treppe setzen. Ich sitze lieber auf den Stufen als zu versuchen, mich in die Privatsphäre eines Mitreisenden zu bewegen, welcher ein Viererabteil für sich beansprucht.
Bass:
In Seen wartete ich auf die S12. Sie kam nicht. Ich fror und rieb mir die Hände, bis sich die Anzeigetafel ohne jede weitere Information auf die nächste Abfahrt schob. Schob mich meinerseits in den Bus, der sich schnellstens füllte, weil die S12 offenbar ausfiel. Bis ich in Zürich war, dauerte es doppelt so lang wie normal. Kein guter Start in den Tag.
Biss:
Und müde und träge wird man! Ich fühle mich ständig wie nach einem Fressgelage. Wenn ich abends nach Hause komme und den Lichtschalter betätige, dann ist das, als ob jemand die Glühbirne im Zimmer eines Schlafenden anknipst. Blinzelnd steht man in der Küche und schiebt bei Vollmond eine Pizza in den Ofen.
Der Winter ist schon eine komische Jahreszeit.
Bass:
Das finde ich auch. Und sie hat eben erst begonnen. Meine Knochen schmerzen jetzt schon. Gar nicht daran zu denken, wie es den Menschen geht, die KEIN Zuhause haben. Eine Katastrophe, die mich überfordert.
Der Zugausfall übrigens war wegen einem Personenunfall. Im Stadelhofen kaufte ich mir einen Milchkaffee zum Mitnehmen und hundert Meter später kniete eine Frau am Boden und bettelte. Ich KONNTE nicht so tun, als sähe ich sie nicht, obwohl ich gewollt hätte.
Geld klaubte ich nicht hervor, fragte aber, ob sie meinen Kaffee wolle. Sie wollte und ich versuchte, die Restwärme von vorher noch etwas in meinen Händen zu bewahren.
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Milchsuppe kochen am Stadelhofen: von Biss & Bass
Bass:
Gehst du wählen oder hast du schon gewählt?
Das ist die große Frage, die sich in diesen Tagen stellt. Du kannst zum Beispiel panaschieren, ich finde das ein großartiges Wort. Vielleicht hat es etwas zu tun mit Hefe und Sauerstoff?
Biss:
Ich glaube, viele der Politiker sind selber "panaschiert". Wenn man trinkt, setzt das Hirn halt aus.
Ich habe gewählt - mit stolz geschwellter Patriotenbrust warf ich den Brief eigenhändig ein. Zuerst habe ich den Brief aber frohlockend Mama gezeigt und gesagt: "Schau mal, selber gemacht!".
SVP-Wahlhilfehotline? Nicht für mich, ich bin ein großer Junge!
Bass:
„Wer frei sein will, wählt ABC“, das scheint mir ein verlockender Slogan. Und würde man den Begriff 'Freiheit' definieren wollen, wären wir im Nu bei der Schlacht am Morgarten. Oder zweihundert Jahre später beim ersten Kappelerkrieg. Ich würde einen großen Kochtopf auf ein Feuer stellen und Milchsuppe kochen, denn einander im Namen der Freiheit die Köpfe einschlagen: das gibt Hunger. Alle knurren wir schon, hörst du die Geräusche der leeren Mägen?
Biss:
Ja, siehe unten. Und wie viele Hände von Politikern hast du während des Wahlkampfes geschüttelt? Die Diener des Volkes positionieren sich gerne am Bahnhof Stadelhofen, um eben jenem Volk den Weg zur Arbeit zu versperren. Bei der SP gab es Gummibärli (alle Farben!), die FDP bot ein transparentes Lutschbonbon an und die SVP einen wurmstichigen Apfel. Welcher Bittsteller kriegt meine Stimme? Keiner der erwähnten, aber vielen Dank für die Verpflegung.
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Musikfestwochen und Stenrschnuppen: von Biss & Bass
Bass: Musikfestwochen! Und letzte Sommertage. Sogar Sternschnuppen zischen dir am Kopf vorbei, abends, wenn du dich auf den Boden legst und in den Himmel starrst, die Sterne werden immer klarer, je länger du schaust. Da! Schon wieder! Wie schnell das leuchtende Teil vorübersaust, ehe du dich versiehst, ist es erloschen – wie Träume.
Nun, lieber Biss, bist wieder zurück aus dem Norden? Wie ist es dir ergangen? Nur einmal sah ich auf FB ein Foto von dir und malte mir eine kleine Geschichte aus dazu. Sah den Spaziergänger vor mir mit Zylinderhut. Im hohen Norden war es bestimmt nicht so heiss wie bei uns?
Biss:
Gestern angekommen, träume ich weiter von der Weite. Habe noch beide Augen zu. Du weißt, was das bedeutet.
Bass:
Genau, ich verstehe. Vielleicht treffe ich dich blindlings an einem Konzert in der Steibi und remple dich an, falle dir, wie ungeplant, um den Hals! Oder im Schwimmbecken der Badi Geiselweid. Bist du auch so ein Crawlschwimmer? I hate it! Sie schrammen ihre Hände knapp an deinem Gesicht vorbei und werfen Wellen, als gehörte die Bahn nur ihnen. Die tun nur so, als könnten sie schwimmen – sollten vielleicht mal eine Schwimmstunde nehmen. Crawl, richtig ausgeführt, spritzt dem Nachbarn nicht ins Gesicht. Verzog mich nach hinten ins Naturbad, wo ich ganz alleine war, was mich versöhnlich stimmte. Aber so richtige Längen ziehen kannst du dort natürlich nicht.
Biss:
Crawl ist mein Lieblingsfortbewegungsmittel. Du siehst mich beim Bahnhof mit den Armen rudern, den Leuten, die mir zu nahe treten, ins Gesicht schlagen – nur ganz leicht, unabsichtlich natürlich und ein SORRY murmeln. Ich will zurück in den Norden.
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Erzähl mir deine Ron-Story
Ron : Es gibt einen Workshop im Museum für Gestaltung im Saal zur Ausstellung japanischer Plakatkunst. – Das war Anfangs Woche. Da will ich hin, dachte ich und guckte in meine Agenda. Lässt sich einrichten, murmelte ich und notierte mir den Zeitpunkt. Am Mittwoch stand ich zu früh an der Kasse des Museums und so konnte ich zuerst die Ausstellung beäugen. Ein Tanz der Sinne, wenn man will. Kirschbaumblüten und Askese, so der Titel, welcher die Gegensätze in ihrer Spannkraft anzeigt. Meine Sinne tanzten sogleich mit. Und pünktlich stand ich an einem der Holztische, welche mit allerlei Material befrachtet war. Hitomi Murai, selber versierte Graphikerin, gab uns einige Erklärungen. Mich interessierte das japanische Schriftzeichen für Frühling. Spring, sagte die Künstlerin. Das Zeichen für Frühling ist eine Art Haus, man kann es auf meinem Plakat sehen. Die Balkenlinien brauchte ich als Notenlinien und das Wort SPRING sprang für mich ein, tanzte auf der Fläche. Da ist es! Enjoy it, sagte Hitomi noch.
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Nikolaus und Nikole: Geschichte von Ruth Loosli / Illustration von Monique Stadler
Der erste Schnee liegt auf dem Balkon. Gestern hing das Grau des Himmels bedrückend dick über den Häusern, verkroch sich in alle Ecken, klebte an den Fenstern. Es war das Stillstehen vor der Entladung.
Am späten Abend erst löste sich der Bann. Schwere Flocken fielen aus der Schwärze und heute morgen hat sich das Schwergewicht verschoben: Es liegt nun auf den Dächern der Häuser, auf dem Geländer des Balkons und auf den Nadelbäumen der nahen Wälder.
Nikolaus fühlt sich heute sonderbar: Zwischen Euphorie und Erschöpfung sind alle Nuancen enthalten. Im Sommer liess er sich von Nikole zu Nikolaus umwandeln – er hatte sich diesen Schritt gut überlegt. Wollte schon lange als Nikolaus arbeiten, aber als Frau hatte man ihm die Rolle stets abgesprochen. Obwohl klar war, dass es viel mehr Kinder gibt als Nikoläuse in der Lage sind, sie zu besuchen oder auch nur den Stiefel zu füllen. Das war nicht der einzige Grund gewesen für die Entscheidung, ein Mann zu werden – aber das ist eine andere Geschichte und würde eine ganze Sternfibel füllen.
Nach den langen Vorabklärungen und Bescheinigungen und Erklärungen ausfüllen war es endlich soweit und dauerte eine knappe Woche. Operation und Testosteron-Tablette.
Unglaublich, wie sich die Welt veränderte mit diesem Hormon: Plötzlich hatten die Häuser eine andere Farbe, er liebte das Salzige und begann mit dem Töfffahren zu liebäugeln. Das war auch schon in Nikole angelegt gewesen, aber nun war es eindeutig und die Zweifel im Rückzug.
Nur heute, da sind sie wieder da.
Wird er den Kindern genügen können?
Wird er sich wohlfühlen in der lang ersehnten Rolle?
Draussen wartet der Esel. Er wird ihn mit den vorbereiteten Geschenken beladen und ihm eine Karotte hinhalten.
"Komm", wird er sagen, "wir zwei machen uns auf den Weg".
Und es wird sachte schneien und das ist gut so.
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