Tsüri
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Zürich
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7 Gründe, warum du beim Tsüri-Crowdfunding mitmachen musst
1. Weil Zürich ein Stadtmagazin brauchtBis Anfang 2015 fehlte Zürich ein richtiges Stadtmagazin. Dann kam Tsüri.ch. Unabhängig, unerschrocken, direkt, fröhlich, kritisch, engagiert und nah bei den Menschen. Das zeichnet uns aus. Und so werden wir bleiben. Während die anderen Verlage ihre Redaktionen zu Tode sparen, bauen wir weiter auf.2. Weil wir keine Angst habenWir machen das, was sich andere Journalist*innen nicht trauern, denn wir stehen mittendrin. Wir haben keine Berührungsängste und wenn nötig, stellen wir die unangenehmen Fragen und treten den Mächtigen auf die Füsse. Guter Journalismus braucht Geduld, Recherche, Timing und Mut.3. Weil wir den Lokaljournalismus neu definierenFrüher haben die Journalist*innen gesendet, dann konnten sie plötzlich auch empfangen. Wie Seibt zu sagen pflegt: «Dem Journalisten wird die Kanzel unter dem Arsch weggeschossen.» Ja, und das ist gut so. Der Lokaljournalismus im 21. Jahrhundert muss noch viel mehr können, als senden und empfangen. Wie das geht und was ihr davon hält, wollen wir am 19. Oktober im Karl der Grosse mit dir diskutieren: mit Hansi Voigt, Stephanie Grubenmann, Christof Moser und Simon Jacoby.4. Weil wir zusammen die Stadt bewegenNichts bewegt sich von allein. Wir wollen die besten Geschichten erzählen, wir wollen die Menschen aufrütteln, wir wollen Debatten anregen. Alleine geht das nicht. Zusammen werden wir die Stadt bewegen.5. Weil sich Tsüri.ch prächtig entwickeltÜber 1,77 Millionen Mal habt ihr auf unserer Webseite rumgeklickt. Crazy. Und bis zum Start des Crowdfundings wurden bereits über 800 Menschen Tsüri-Member. Das zeigt vor allem Eines: Es braucht Tsüri.ch in der Stadt. Wir wollen diesen Höhenflug noch nicht begraben. Schnall dich an und komm mit! 6. Weil du als Member nicht nur die Welt rettestWenn du Member wirst, kannst du «Retter*in des Journalismus» auf deine Visitenkarte schreiben. Aber du kriegst noch viel mehr als nur ein wohliges Gefühl: Die besten Event-Tipps in deiner Agenda, du kannst gratis (oder vergünstigt) an unsere Veranstaltungen und kannst jeden Artikel bewerten, wodurch du über die Honorare der Journalist*innen mitentscheidest. 7. Weil wir dein Geld brauchenUnabhängigen Journalismus kann man nicht kaufen, aber unterstützen. Wir brauchen dich, weil du uns brauchst. Es ist paradox: Wir entwickeln uns prächtig, es läuft besser als erhofft. Doch es reicht leider noch nicht ganz, damit wir den Break-Even ohne Crowdfunding schaffen. Darum: Wenn du willst, dass es Tsüri.ch weiterhin gibt und dadurch ein neuer faszinierender Lokaljournalismus auf die Beine gestellt wird, dann musst du jetzt mitmachen!
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Maika SnfontollietMarko WeissmeretborerEimeontanita.bonitaStephanie StalderSarah von Züriplausch.chEXILSusa1982sarjaJoana Cardoso
7 Gründe, warum du beim Tsüri-Crowdfunding mitmachen musst
1. Weil Zürich ein Stadtmagazin braucht
Bis Anfang 2015 fehlte Zürich ein richtiges Stadtmagazin. Dann kam Tsüri.ch. Unabhängig, unerschrocken, direkt, fröhlich, kritisch, engagiert und nah bei den Menschen. Das zeichnet uns aus. Und so werden wir bleiben. Während die anderen Verlage ihre Redaktionen zu Tode sparen, bauen wir weiter auf.
2. Weil wir keine Angst haben
Wir machen das, was sich andere Journalist*innen nicht trauern, denn wir stehen mittendrin. Wir haben keine Berührungsängste und wenn nötig, stellen wir die unangenehmen Fragen und treten den Mächtigen auf die Füsse. Guter Journalismus braucht Geduld, Recherche, Timing und Mut.
3. Weil wir den Lokaljournalismus neu definieren
Früher haben die Journalist*innen gesendet, dann konnten sie plötzlich auch empfangen. Wie Seibt zu sagen pflegt: «Dem Journalisten wird die Kanzel unter dem Arsch weggeschossen.» Ja, und das ist gut so. Der Lokaljournalismus im 21. Jahrhundert muss noch viel mehr können, als senden und empfangen. Wie das geht und was ihr davon hält, wollen wir am 19. Oktober im Karl der Grosse mit dir diskutieren: mit Hansi Voigt, Stephanie Grubenmann, Christof Moser und Simon Jacoby.
4. Weil wir zusammen die Stadt bewegen
Nichts bewegt sich von allein. Wir wollen die besten Geschichten erzählen, wir wollen die Menschen aufrütteln, wir wollen Debatten anregen. Alleine geht das nicht. Zusammen werden wir die Stadt bewegen.
5. Weil sich Tsüri.ch prächtig entwickelt
Über 1,77 Millionen Mal habt ihr auf unserer Webseite rumgeklickt. Crazy. Und bis zum Start des Crowdfundings wurden bereits über 800 Menschen Tsüri-Member. Das zeigt vor allem Eines: Es braucht Tsüri.ch in der Stadt. Wir wollen diesen Höhenflug noch nicht begraben. Schnall dich an und komm mit!
6. Weil du als Member nicht nur die Welt rettest
Wenn du Member wirst, kannst du «Retter*in des Journalismus» auf deine Visitenkarte schreiben. Aber du kriegst noch viel mehr als nur ein wohliges Gefühl: Die besten Event-Tipps in deiner Agenda, du kannst gratis (oder vergünstigt) an unsere Veranstaltungen und kannst jeden Artikel bewerten, wodurch du über die Honorare der Journalist*innen mitentscheidest.
7. Weil wir dein Geld brauchen
Unabhängigen Journalismus kann man nicht kaufen, aber unterstützen. Wir brauchen dich, weil du uns brauchst. Es ist paradox: Wir entwickeln uns prächtig, es läuft besser als erhofft. Doch es reicht leider noch nicht ganz, damit wir den Break-Even ohne Crowdfunding schaffen. Darum: Wenn du willst, dass es Tsüri.ch weiterhin gibt und dadurch ein neuer faszinierender Lokaljournalismus auf die Beine gestellt wird, dann musst du jetzt mitmachen!
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Die Langstrasse erstickt am Geld
Einst war die Langstrasse als freiheitsliebende Sündenmeile bekannt. Heute sind die Bodenpreise und Mieten derart hoch, dass Geschäfte sogar in die Altstadt oder zum Paradeplatz fliehen müssen. Quo Vadis Langstrasse?
Alteingesessene (Gastro-)Unternehmen werden durch die hohen Mieten von der Langstrasse vertrieben und durch finanziell stärkere ersetzt. Das ist relativ neu, denn als Sündenmeile war die Langstrasse während Jahren ein Garant für tiefe Mieten (und heruntergekommene Liegenschaften). Doch der Wind hat gedreht. Die Vertriebenen ziehen um. In Quartiere, wo sie die Forderungen der Vermieter noch erfüllen können. Altstetten, Schwamendingen oder gar Schlieren? Nicht nur, es geht nämlich auch in die andere Richtung.
Es ist absurd, dass gleich zwei beliebte Lokale in vermeintlich besseren und nobleren Stadtkreisen günstigere Gewerbeflächen gefunden haben: Das Hostel Langstars zog ins Oberdorf und die Betreiber des Nachtclubs Revier sind neu beim Paradeplatz zu finden. Altstadt und Bankenviertel? Sind inzwischen offenbar zumindest teilweise günstiger als die Langstrasse.
Dass die Gentrifizierung sich teilweise umgedreht hat, ist zwar erstaunlich, aber für die Aufwertung der Langstrasse gibt es verschiedene logische Gründe:
Einerseits spiegelt sich das veränderte Angebot natürlich auch im Publikum wieder: Viele Zürcher*innen gehen nicht mehr an die Langstrasse in den Ausgang. Dafür ist es zu kommerziell, zu gröölig, zu kontrolliert – die Sündenmeile wurde zur Partymeile. Und wo der Mainstream einkehrt, wird investiert und organisiert. Nun ist es ruhiger, sauberer und für eine breitere Gesellschaft schöner: Als Beispiel dient immer wieder die Bäckeranlage, welche früher von Biertrinkenden genossen wurde und heute als Spielwiese für Nachwuchs-Zürcher*innen dient.
Mit dem Projekt Langstrasse Plus versuchte die Stadt um die Jahrtausendwende die Strasse zu beruhigen und von Drogen und Strassenstrich zu befreien. Dies ist einer der Hauptgründe, warum die Mieten explodierten und noblere und durchgestylte Geschäfte einziehen und Zwischennutzungen wie die Perla Mode schon seit einer ganzen Weile keinen Platz mehr haben.
Die andere Ursache für die rasante Veränderung drängt mit einer unvorstellbaren Wucht ins Quartier: die Europaallee. Teure Läden und Beizen, Grossbanken oder internationale Unternehmen wie Google besiedeln die Passage zwischen Hauptbahnhof und Langstrasse und bringen ein komplett neues und feines Publikum mit sich. In der Verlängerung der Luxusallee: die sogenannten Gammelhäuser. Klar, die Zustände darin waren abartig und niemand hat es verdient, von seinen Vermietern auf diese Art ausgenommen zu werden. Und doch sind die Häuser ein Symbol dafür, was gerade an der Langstrasse passiert: Für die stolze Summe von 32 Millionen Franken wurden sie von der Stadt Zürich gekauft. Es sollen Sozialwohnungen entstehen. Auf gut Zürcherisch heisst das nichts anderes als die totale Sauberkeit, totale Sicherheit, totale Organisation – sodass sich nur ja niemand gestört fühlt.
Mehr tolle Texte findest du imfall auf Tsüri.ch. Und noch mehr gibt es, wenn du für 5 Franken im Monat Member wirst. :)
Am Ende ist dieser Prozess noch lange nicht angekommen. Das Quartier bleibt unter Druck. Das Kasernen-Areal wird in ein paar Jahren komplett anders aussehen, wenn die Stadt Bildung, Kultur und Gewerbe ansiedelt. Und auch für das Gelände um den Helvetiaplatz gibt es grosse Pläne. Die Stauffacherstrasse soll zur Begegnungszone werden, und vielleicht setzt sich sogar die Forderung nach einer autofreien Langstrasse durch.
Während uns diese Projekte noch bevorstehen, wirken Langstrasse Plus, die Europaallee und nicht zuletzt auch die polizeiliche Repression bereits auf die Bodenpreise. Der Tagi untersuchte die Perioden von 2008-2010 und 2014-2017 und schreibt gar von einer Seefeldisierung.
Demnach stiegen die Bodenpreise pro Quadratmeter Fläche im Langstrassenquartier zwischen den beiden Perioden um sagenhafte 89 Prozent auf 27’385 Franken. Damit liegt die Langstrasse zwar noch deutlich hinter dem Kreis 1, aber immerhin Rang zwei – und weit vor anderen Quartieren wie Seefeld, Werd oder Enge.
Wo ist die nächste Langstrasse? Wo gehen die Junkies, Alkoholiker, Prostituierten und Jugendlichen als nächstes hin? Wird die Langstrasse zur neuen Bahnhofstrasse? Dehnt sich der Kreis 1 weiter aus und reicht eines Tages bis zur Seebahnstrasse? Noch sind wir weit davon entfernt. Doch die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten und Politiker*innen, Stadtplaner*innen und nicht zuletzt Investor*innen schreiten munter voran. Wer weiss, vielleicht sprechen wir in ein paar Jahren nicht mehr von der Seefeldisierung, sondern von der Langstrassisierung. Quo Vadis Langstrasse?
Titelbild: Screenshot/Instagram
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Wie eine Startup-Schmiede dank der Zürcher Jugendförderung Geld spart
Junge Kreative, die einen günstigen Arbeitsraum suchen, wenden sich gerne an die Raumbörse der Stadt Zürich. Denn diese, so steht es auf der Webseite, vermittelt Räume an junge Menschen bis sie maximal 26 Jahre alt sind.
Am Sihlquai 131/133 macht die Stadt Zürich aber eine Ausnahme – eine, die 1050 Quadratmeter gross ist. Der Impact Hu b, eine in 49 Ländern tätige Non-Profit-Organisation unter anderem mit Standorten im Viadukt und an der Hardbrücke, hat sich in dieser Zwischennutzung eingemietet und das alte Backsteinhaus für 500‘000 Franken umgebaut. Nicht nur aus Stilgründen, auch um bauliche Bestimmungen zu erfüllen.
Mit Unterstützung der Swisscom und der Börsenbetreiberin SIX entstand so ein «Coworking-Space», also Arbeitsplätze, die sich junge Kreative, Techniker, Ingineure etcetera teilen. Das Sihlquai bietet rund 250 Start-Ups einen Arbeitsplatz und vor allem gute Vernetzung mit anderen jungen Firmen.
Keine Räume an Start-Ups Es scheint, als passe die Raumbörse und der Impact Hub nicht so richtig zusammen. Eine städtische Organisation, die explizit darauf hinweist, dass keine Räume an Etablierte und an Start-Ups vermietet werden – dort eingemietet: der Impact Hub.
Kein Scheiss, kein Spam: Mit dem Tsüri-Mail verpasst du keinen Beitrag.
Für die ganze Fläche im Erdgeschoss, im ersten Stock und im Dachgeschoss bezahlt der Impact Hub keine Miete. Allerdings verrechnet die Stadt pro Quadratmeter eine Pauschalentschädigung von 85 Franken. Total überweist der Verein monatlich 89‘250 Franken – im Jahr sind das gut eine Million Franken.
Bei gut 500 Mitgliedern, die monatlich 45 Franken bezahlen und bei rund 200 Personen, die regelmässig in der Zwischennutzung arbeiten und einen Platz für maximal 550 Franken im Monat mieten, nimmt der Impact Hub am Sihlquai höchstens 122‘500 Franken ein. Allerdings geht diese Rechnung so nicht auf. Denn nur 60 der Plätze werden à 550 Franken vermietet, der Rest ist nur teilweise belegt oder wird günstiger abgegeben.
Bisher kein Gewinn für den Impact Hub Alle drei Standorte zusammen erwirtschaften durch die Mitglieder im Jahr 2015 voraussichtlich 500‘000 Franken. Es ist anzunehmen, dass der grösste Teil vom Sihlquai stammt, da dieser mit Abstand die geräumigste Niederlassung ist. Der Rest des Budgets setzt sich aus Partnerschaften und vermietete Räumlichkeiten an externe Firmen zusammen.
Dies sei nötig, denn rein mit den Einnahmen durch die vermieteten Büroplätze können die Ausgaben nicht gedeckt werden, schreibt der Impact Hub auf Anfrage. Sowieso: «Ein potentieller Überschuss käme allein dem Standort des Impact Hub Zürichs zugute», so Céline Tykve vom Impact Hub.
Im vergangenen Februar erreichte der Hub erstmals in seinem vierjährigen Bestehen den Break-Even, Gewinne gab es bisher noch keine. Wegen dem teuren Umbau rechnet der Verein für das Jahr 2015 mit einem Verlust von 200‘000 Franken, bei einem Umsatz von 1,5 bis 2 Millionen. Wenn der Umbau eine halbe Million kostete und nun ein Verlust von 200‘000 CHF berechnet wird, könnte ab dem nächsten Jahr ein schöner Gewinn von 300‘000 Franken in der Kasse klingeln.
Schwierige Aufschlüsselung Für Daniel Hilfiker von der Raumbörse ist das kein Widerspruch. Wegen der Grösse der Liegenschaften am Sihlquai seien die Räumlichkeiten anders verteilt worden als dies bei Standorten der Raumbörse üblicherweise der Fall wäre. Der Kanton, dem die Häuser gehören, habe die Stadt gebeten, auch die Interessen der Wirtschaftsförderung bei der Vergabe zu berücksichtigen. Darum seien die Räume zu je einem Drittel an bestehende Mieterinnen (zum Beispiel das Kinderballett), die Grossen (Impact Hub, Photobastei und Manifesta) und die U26-Jährigen (Zum Beispiel an die Jungen Journalisten) verteilt worden.
Das Wichtigste: Nicht nur die Kleinen, auch der Impact Hub habe nachweisen müssen, dass der Verein gemeinnützig arbeite, «niemand kann sich dort privat bereichern, das ist wesentlich», so Daniel Hilfiker.
Wegen den drei Standorten kann nicht einmal der Impact Hub klar aufschlüsseln, ob er am Sihlquai Geld verdient und damit die anderen beiden Orte mit den teureren Mieten querfinanziert. Oder ob es sich genau umgekehrt verhält. Um überprüfen und sicherstellen zu können, dass der Impact Hub in der Zwischennutzung keinen Gewinn erwirtschaftet, müsste diese Information für die Stadt Zürich jedoch von zentraler Bedeutung sein.
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Was es mit der Selbstausbeutung der Kreativen auf sich hat
Wir Zürcher sehen unsere Heimat gern als Weltstadt. Nicht so sehr als Geldstadt. Stolz betonen wir: Hier findet auch Kultur statt. Mehr als sonst wo in der Eidgenossenschaft. Doch bei Kunst interessiert oft wenig, wo sie herkommt. Kunst, das ist etwas, wo man hingeht . Besonders nach Feierabend. An die Finissage, in die Oper oder den Rocktempel. Hat man sich nach einem harten Arbeitstag ja auch verdient. In Züri geniesst Krampfen jahrzehntelange Tradition, und die einzig akzeptablen Entschuldigungen, keiner geregelten Arbeit nachzugehen, sind ein Studium oder ein dickes Bankkonto. Doch nicht alle büffeln sie auf ihr nächstes Diplom. Nicht alle ackern für Beförderungen oder Lohnerhöhungen.
Die Zeit als Kapital Manche wagen den Ausbruch aus der Masse der wandelnden Cappuccinohalter. Sie pfeifen nicht unbedingt mit den Lerchen, sondern singen ihr eigenes Lied, leben den eigenen Biorhythmus. Arbeiten Teilzeit, um sich nebenher mit Vollgas ihrer Entfaltung zu widmen. Musiker, Kunstmaler, Schriftsteller, Tänzerinnen. Erfolgsorientiert wie wir sind, gönnen wir ihnen gerne unsere Bewunderung. Solange sie von der DJ-Kanzel winken, auf Plakaten lächeln oder uns im Spätprogramm des Staatsfernsehens begegnen.
Nicht so sehr, wenn der grüne Zweig noch nicht gesprossen ist. Warum auch? Die Milch kommt aus der Migros und die Musik aus dem Internet. Wie schwierig kann es denn sein? Dass es auf dem Weg zum Erfolg keine Abkürzungen gibt, wird gerne ausgeblendet. Sonst käme man ums Eingeständnis nicht herum, dass man investieren muss. In sich selbst. Und zwar Zeit. Ausgerechnet. Gerade davon hat man stets zu wenig. Die Zeit, das muss jetzt sein.
Interesse statt Geld So schüttelt man gern den Kopf über diese Hungerkünstler, diese Tagediebe, Selbstausbeuter, die nicht selten in ihrer Mobilität eingeschränkt am physischen und wirtschaftlichen Limit werkeln. Man wundert sich ob dem Motiv, sich unnötig solchen Widrigkeiten auszusetzen. Wo ein simpler Bürojob das Leben doch weit bequemer machen könnte. Künstler Stefan Wagner, der bis letzten Winter das Corner College leitete, empfindet den Begriff «Selbstausbeutung» eher als ambivalent und negativ konnotiert. Lieber mag er von «prekären Arbeitsbedingungen» sprechen, wie etwa fehlenden Sozialleistungen oder niedriger Entlöhnung.
Er sagt, Künstler wollen einer Arbeit nachgehen, die sie interessiert und erfüllt. Dies oft ausserhalb der gängigen Ökonomie. Die meisten Leute verstehen dieses Konzept nur im Kontext des Unternehmertums. Der Entrepreneur jedoch hat meist andere Ziele. Immerhin sieht Wagner einen Wahrnehmungswandel. In unserer postindustriellen Gesellschaft werde geistige Arbeit zunehmend höher geschätzt.
Mehr spannende Geschichten findest du auf Tsüri.ch
Die Uniform der Kunstschüler Bei vielen ist das Künstlerleben gar zum Lifestyle verkommen. Berüchtigt das Klischee des Rennrads und des ungenutzten Ateliers. Die Uniform der Kunsthochschüler – die weissen Turnschuhe, der grüne Parka, der zu weite Strickpulli, der Ballettbommel und die Jutetasche – man kann sie kaum mehr aus dem Stadtbild wegdenken. Fast magisch scheint die Anziehungskraft kreativer Ausbildungsstätten, auch wenn die Einschreibung einen noch nicht zum Künstler adelt oder man selbst nach Abschluss nie zu einem werden mag.
Esther Eppstein, die sich u. a. mit ihrem Engagement im Message Salon, der Perla-Mode und jüngst der Grubenstrasse als Zürichs grosse Kunstbotschafterin verdient gemacht hat, sieht gerade in Institutionen wie der ZHdK eine Form der gesellschaftlichen Akzeptanz kreativer Berufe. Letztes Jahr nahm sie eine Auszeit in Tel Aviv, und im Vergleich zu den einfachen Mitteln, die Kunstschaffende dort vorfänden, schöpfe man an der Pfingstweidstrasse aus dem Vollen. Sie geht zwar eher davon aus, dass die meisten Kunstschulabgänger bis Vierzig nicht mehr in künstlerischen Berufen tätig sein werden. Doch wenn man jung sei, stelle man Selbstverwirklichung gerne mal über vermeintliche Sicherheit.
Der Sinn der Arbeit Möglicherweise auch deshalb, weil man einem inneren Wunsch folgt. Es liegt nahe, einen Schalter- oder Schreibtischjob zu wählen, wenn man sonst nichts mit sich anzufangen weiss, doch erliegt man kaum der Existenzangst, wenn man vom Verlangen durchdrungen ist, etwas ganz Bestimmtes auszuprobieren. Die Zeiten, in denen man noch einen «anständigen» Beruf erlernen sollte, scheinen ohnehin vorbei. Oder welchen Beruf übt man heute ein Leben lang aus? Betrachtet man die Weltlage, gab’s schon lange nicht mehr so viel Unsicherheit. Darin liegt eine grosse Chance. Die sollte man sich geben.
Anders gefragt: Ist es denn nicht ebenso Selbstausbeutung, wenn man sich 42 Stunden pro Woche in ein Grossraumbüro sperren lässt? Erliegt man dort durch das Herumreichen von Belegen irgendwann gleichzeitig Bore- und Burnout, war es den kontinuierlichen Sonderbatzen wirklich wert? Die Auseinandersetzung mit vermeintlichen Hungerkünstlern bedeutet nicht zuletzt Sinnfrage. Gerade in einer Gesellschaft von Verkäufern, die sich selbst als Kunstwerk verstehen. Wie viel der eigenen Lebenszeit will man für die Mehrung fremder Kapitale hergeben?
Künstler sollen sich mit dem Unternehmertum anfreunden Man braucht nicht hochbegabt zu sein, muss nicht wie Rembrandt pinseln können, um beruflich erfüllter oder gar erfolgreich zu werden – wie immer man diese Begriffe für sich definiert. Selbst das grösste Talent wird nicht erblühen, wenn es nicht auf sich aufmerksam zu machen vermag. Eppstein ermutigt junge Künstler und Ausbrecher dazu, sich möglich früh eigene Räume zu suchen und zu schaffen, sich mehr mit der Idee des Unternehmertums anzufreunden. Auch wenn oder gerade weil der Markt die Kunst zu beherrschen scheint und die Finanzen immer wieder mal Fragezeichen aufwerfen. Ähnliches fordert auch der dritte Zürcher Kreativwirtschaftsbericht, welcher festhält, dass die meisten Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft auf den Märkten ein Versuch und Irrtum-Verfahren anwenden und damit einen strategischen Aufbau ihrer Aktivitäten verunmöglichen würden. Die Verfasser empfehlen daher, «ökonomische Handlungskompetenzen» vermehrt in die «einschlägigen Bildungssysteme» aufzunehmen.
Eppstein jedenfalls ist überzeugt: die entgegengebrachte Achtung sowie die Freiheit, den eigenen Weg zu den eigenen Bedingungen gehen zu können, seien es mehr als wert – ein Lebensentwurf, von dem eine Mehrheit glaubt, man müsste erst Millionär werden, um ihn auszukosten. Und schelmisch lächelnd fügt sie an, dass es der Punk in ihr auch gar nicht anders zulassen würde.
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