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Wermutwolf

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Urban Pro
Ort Zürich
Gegründet 2023
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Mein erstes Mal - Absinthe Brunnen Tour

Mein erstes Mal - Absinthe Brunnen Tour

Es gibt diese seltenen Anlässe, bei denen die Chronistenpflicht fast komplett vergessen geht, an denen man nur noch Teilnehmer ist und sich einfach ungemein freut, dabei zu sein. Diese Absinthe-Brunnen-Tour, die kurz nach dem letzten Vollmond stattfand, gehört dazu. Das war ein echter Volltreffer!Abends um 19.30 Uhr war die Besammlung zu dieser dritten jährlichen Durchführung mit sehr viel Lokalkolorit – was eine der grossen Stärken des Events war. Soweit ich mich erinnern kann, war ich der einzige «fremde Fötzel» in dieser Gemeinde, die ich genauso wenig nennen darf wie auch die Namen der Teilnehmer. Diese Anonymität war die Bedingung, dass ich mitmachen durfte, was ich voll und ganz verstehe, aus verschiedensten Gründen. Einer davon ist, dass man die Gruppe nicht noch grösser haben möchte. Wir waren 13 Menschen und zwei Hunde, wobei einer der beiden Hunde relativ früh nach Hause gebracht wurde. Und 13 Menschen erzeugen – vor allem mit zunehmendem Absinthe-Konsum – entsprechend Lautstärke, was nach 22 Uhr zum Problem werden könnte …Der Veranstalter – nennen wir ihn Tobi – führte uns quer durch die Gemeinde, zu acht verschiedenen Brunnen, wo man acht verschiedene Absinthes verkosten durfte, wobei er dazu nicht nur etwas zum jeweiligen Lebenswasser und zur Geschichte der «grünen Fee» erzählte, sondern auch über die Brunnen, die Wasserversorgung und die Historie der Gemeinde oder des Quartiers. Man erhielt also nebenbei einen hochspannenden Streifzug durch die Jahrhunderte, was hervorragend zur fast schon mystischen Ausstrahlung unserer Truppe passte, wie wir da im Lichte von Laternen durchs Dorf pilgerten. Die Idee zu diesem Ereignis hatte, man ahnt es schon, seinen Ursprung in einer Reise zum Val-de-Travers.Eine der besagten LaternenAm zweiten Brunnen die Überraschung: Es fliesst kein Wasser! Absinthe sollte man angesichts des hohen Alkoholgehalts mindestens im Verhältnis 1:1 bis 1:5 mit Wasser verdünnen, wie wir in früheren Beiträgen beschrieben haben. Kein Problem, Tobi ersetzte den Brunnen kurzerhand mit einem anderen Exemplar aus seinem Repertoire. Er stellte uns Messbecher zur Verfügung, doch wurden diese ziemlich rasch weitestgehend mit dem «Handgelenk-mal-Pi»-System ersetzt … Der Unkostenbeitrag für die ganze Bewirtung bis tief in die Nacht war mit 25 Franken nicht nur fair, sondern ein echter Freundschaftspreis.Dieser Wagen enthielt alle Absinthe-Flaschen, Becher, Laternen, etc. und wurde meistens von Tobi selbst gezogenHin und wieder wurden die Brunnenstopps noch mit einem Quiz ergänzt, so im Sinne von «Habt ihr auch wirklich zugehört?». Wer am nächsten an der Lösung dran war, gewann leckere lokale Süssigkeiten oder auch Salziges, was selbstverständlich schön brüderlich/schwesterlich geteilt wurde. Etwas im Magen zu haben war auch ratsam …Apropos schwesterlich: Auf dem Weg zum zweiten Brunnen fragte jemand: «Ist Deine Schwester zu Hause?» Nach der Bejahung wurde kurzerhand abgebogen und vor einem Balkon gemeinsam «Happy Birthday» gesungen. Eine schöne, spontane Geste des sympathischen Kollektivs. Das Geburtstagskind bedankte sich später im Chat für das Ständchen.Tobi erzählte mir, wie er bei der letzten Durchführung, die terminlich etwas später angesetzt war, plötzlich mit Schrecken feststellte, dass die Brunnen am Tag der Tour für die Winterpause abgeschaltet gewesen wären. Telefonisch konnte das Problem unbürokratisch gelöst werden, man meinte, man könne die Brunnen ohne weiteres eine Woche später als geplant abschalten. Ein weiterer Vorteil eines einheimischen Events. Ich machte mir auch kurz Sorgen, als ein Polizeiauto in unsere Richtung gefahren kam. Das müsste eigentlich suspekt ausschauen, eine Gruppe, die nachts mit einem Wagen durch die Gassen zogen. Sind das vielleicht Reichsbürger auf dem Weg ins Gemeindehaus, im Wagen zahlreiche Waffen parat für den Umsturz? Aber eben, kein Problem, man kennt sich, winkt einander zu, und weiter gehts!Die Etiketten erzählten ebenfalls interessante Geschichten, u.a. bezüglich der Kirchen. Einer der Brunnen befand sich vor dem Pfarrhaus …Die Tour machte mir wieder bewusst, über was für einen Luxus wir hier in der Schweiz verfügen, dass es so viele Brunnen gibt, aus denen sauberes Trinkwasser fliesst. Und wie schön es ist, wenn man nicht nur irgendwo wohnt, sondern auch eine Beziehung zu Land und Leuten und der Geschichte des Orts hat, in dem man lebt. Tobi hatte auch witzige Geschichten auf Lager, beispielsweise aus der Zeit, als die Gemeinde noch zweigeteilt war. Wie sich die Jugendlichen gegenseitig Streiche spielten, die Wappen der anderen Halbgemeinde verunstalteten.Die Rückseite von Flaschen konnten Überraschungen enthalten …Ungefähr gegen Mitternacht wurde angefeuert, auf einer Festbank gespeist und weiter Absinthe verkostigt. Anschliessend gehörte ich zu den ersten, die sich verabschiedeten, da ich am folgenden Morgen früh raus musste, weil ein Fitness-/Wellness-Wochenende geplant war.Nach Fitness und Wellness gab es am Abend nach der Absinthe-Brunnen-Tour zur Abrundung ein feines, lokales Bier zu geniessen. Wahrlich ein «Hoppy End»!Fazit: Es war eine wundervolle Mondscheinnacht, mit tollen Menschen, bei denen ich mich auf Anhieb sehr wohl fühlte. Ich freue mich schon sehr auf die 2025er-Ausgabe und bin dankbar für die grossartige Erfahrung! Vielen herzlichen Dank nochmals an dieser Stelle!