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Wermutwolf
Wermutwolf
Urban Pro
Ort
Zürich
Gegründet
2023
Follower
2
«Ich konnte dieses exzessive trinken nicht mehr machen.»
Ich erschien am Montag, 25. März nachmittags im «El Lokal», als auch der kultige und unverwüstliche Johnny Dowd mit seinen zwei Bandkollegen Park und Mike gerade angekommen ist. Es ist wunderbares Frühlingswetter in Zürich, die Sonne scheint und ich darf Johnny vor dem Soundcheck einige Fragen stellen.Wermutwolf (WMW): «Hast du noch Deine Speditionsfirma?»Johnny Dowd (JD): «Nein, das fiel weg während Covid. Ich war es auch langsam leid, ich machte das schon seit über 40 Jahren.»Als ich ihn daran erinnere, dass ich von einem Online-Magazin über Trinkkultur komme, scherzt er «Ah ja, dann werde ich mich für die Antworten mit meinem Team besprechen müssen.»WMW: «Wie würdest du deine Trinkgewohnheiten charakterisieren und wie hat sich das im Laufe der Zeit verändert, falls überhaupt?»JD: «Ich trank eine normale Menge Alkohol als ich in der Highschool war, ich war jedes Wochenende betrunken. Doch als dann Marijuana und LSD aufkamen, konvertierte ich sehr schnell, insofern trinke ich heute einfach ein Bier zum Abendessen. Bis vor etwa zehn Jahren trank ich durchaus auch noch Whiskeys auf Tour, doch seither sind das vielleicht vier Whiskeys pro Jahr. Wir hatten früher einige Trinker in der Band.»Seine zwei Bandkollegen scheinen glücklich zu sein, dass Johnny nicht mehr so viel trinkt. «Keep it straight!»Johnny Dowd an seinem Konzert im Zürcher «El Lokal»Ich spreche ihn auf die Berichte an, dass er während den Auftritten früher offenbar durchaus einiges getrunken hatte, was er bestätigt. «Ja, es gab sicher Zeitspannen von exzessivem trinken, aber ich konnte das echt nicht mehr machen, das war zu verdammt erschöpfend. Aber so ungefähr bei jedem zweiten Auftritt bekommen wir noch einen Whiskey oder so überreicht. Doch ich behielt über die Jahre eine gesunde Drogengewohntheit bei, aber ich will da sicher nicht damit prahlen oder so.» (lacht)WMW: «Ja, auf dem aktuellen Album ist da dieser Song, «LSD».»JD: «Ja. Das ist der am meisten autobiographische dieser Songs.»Als ich ihm erzählte, dass ich immer Angst hatte, LSD zu nehmen, weil man dann so lange Zeit auf einem Trip sei, wo man nicht rauskomme, antwortete er, dass er absolut schreckliche Erfahrungen damit gemacht habe, «horrific nightmarish fucking schizophrenic fucking splits», aber dann sei doch etwas an diesen Trips, solch ein Abenteuer, wie eine üble Tour, wo du aber kaum erwarten kannst, es wieder zu versuchen. Doch er habe auch Psychedelics seit Jahren nicht mehr genommen. Früher habe er Phasen gehabt, als er für anderthalb Jahre mindestens einmal pro Woche etwas eingeworfen habe. «Du weisst mit Sicherheit, dass es eine andere Realität gibt. Ich weiss nicht genau, was es ist. So ein «ist das ein Traum oder ist jenes ein Traum»-Ding. Es ist eine unglaubliche Erfahrung mit Musik hören, wenn du so tief in der Musik drin bist, irgendwie erhaben.»WMW: «Ich mag deine beiden letzten Alben am meisten. Du hast früher einige experimentelle Dinge gemacht, die mir dann aber etwas too much waren.»JD: «Ja, ich ging schon immer hin und her zwischen diesen Sphären. Der Künstler muss auf Entdeckungsreise gehen.»Ich spreche ihn auf die Entstehung des tollen, aktuellen Albums an, «Is Heaven real? How would I know». Er erzählt wie es dazu gekommen ist, wie er mit Musikern wie Amy Lavere Freundschaften schloss, der Blues-Geschichte des Studios, wo er dann einfach hingegangen sei, wo seine Schwester Schlagzeug spielte, ihr Ehemann Gitarre. Es sei alles super easy gelaufen, habe grossen Spass gemacht mit all diesen grossartigen Musikern.Wir sprechen auch über Ithaca im Bundesstaat New York, wo Johnny lebt. Ich erwähne den von dort stammenden Eishockey-Spieler Dustin Brown, der lange für die L.A. Kings (und während dem Lockout für die ZSC Lions) spielte, auch als Captain, und zwei Stanley Cups gewann. Johnny’s Bandkollege und Sänger Park sagt, dass er früher in Ithaca Lehrer war und Dustin ein Schüler seiner Kollegen war. Johnny hat dort noch zwei Schwestern, mehr ist von der Familie nicht mehr heimisch in diesem ländlichen Naturparadies. Obwohl New York während Covid ein Zentrum des Geschehens war, lebte man in Ithaca dann doch etwas weit entfernt vom urbanen Geschehen.Wir kommen auf die Wermutwolf-Themen zurück. Ich frage ihn, ob er sich daran erinnern könne, wie er zum ersten Mal betrunken war. Er meint, das sei gewesen als er ungefähr 13 Jahre alt war, im ersten Jahr der Junior High School. Als er den «alten Trick» erwähnt, den Schnaps des Vaters zu trinken und die Flasche mit Wasser aufzufüllen, frage ich mich erstens, weshalb ich noch nie von diesem Trick gehört hatte und zweitens, ob man das wirklich so regulieren kann, dass der Vater nichts davon bemerkt… Er sagt, dass dieses erste Mal betrunken zu sein ziemlich unangenehm gewesen sei, man aber dann halt in diese Bier trinken-Gewohnheit reingerutscht sei.Es sei aber schwierig gewesen, im 3’000-Seelen-Dorf wo er aufgewachsen sei, an Alkohol zu kommen, und das Geschehen habe sich mehr um Sport gedreht. Whiskey habe man dort sowieso nicht kaufen können, sie hätten das nicht legal verkaufen können, was aber okay gewesen sei, da sie einfach Biertrinker gewesen seien. Doch es sei «3,2-Punkt-Bier» gewesen, also wirklich leichtes Bier. Um also anständig betrunken zu werden, seien mindestens 12 Dosen nötig gewesen.Die einzigartige Einrichtung im «El Lokal»Ich frage ihn, ob es dann später im Militär vermutlich mehr heavy drinking gegeben habe. Er antwortet, dass er dort klar bei den Psychedelics- und Haschisch-Konsumenten gewesen sei. Im Militär habe es diese zwei Gruppen gegeben, die Drinkers und die Druggers. Es habe immer wieder mal Situationen gegeben, wenn Trinker zu den Druggers kommen wollten und dann völlige Zusammenbrüche erlitten. Er selbst habe in der Armee sehr wenig getrunken, denn es sei so viel Gewalt aus dem Trinker-Sektor gekommen, da habe er kein Teil davon sein wollen.Für anderthalb Jahre war er in Berlin stationiert, während dem Höhepunkt des Vietnamkriegs und der Hippiekultur. Berlin sei dazumals sehr hip, sehr links, antimilitaristisch gewesen (persönliche Anmerkung des Autors: Wie schön es doch wäre, wenn die Linke noch so antimilitaristisch wäre …). Das sei insofern eine merkwürdige Ausstrahlung gewesen, ausserdem habe es dort viele Männer gegeben, mit beispielsweise einem Arm, «den vielleicht dein Vater ihnen während dem zweiten Weltkrieg abgeschossen hatte. Das machte es irgendwie seltsam.» Aber er habe eine Verbindung zur hiesigen Drogenkultur schliessen können.Die Memphis-BandIch frage ihn, ob Cannabis im Staat New York legal sei. Die Drei sind sich etwas unsicher, meinen aber, dass es einigermassen legal sei, oder auf dem Weg dahin. Es gäbe Orte, wo man es nun seit Neustem legal kaufen könne. Ich erwähne, dass Deutschland gerade am Legalisieren sei, und dass hier in der Schweiz Testprogramme laufen, wo der Bezug legal sei. Johnny sagt, es sei eigentlich bedeutungslos, da es so einfach anzubauen sei, was er seit 30 Jahren tue. Jeder baue es an, es sei so einfach und günstig zu beziehen.Ich sage, dass ich seit knapp zehn Jahren nicht mehr gekifft hätte, da ich dann aufgehört hätte, Zigaretten zu rauchen. Mike meint, er habe nie Zigaretten geraucht, aber möge Doobies. Tabak mache ihn schwindlig. Johnny meint, dass man in den Staaten anders raucht, pur, nicht wie hier mit Tabak versetzt. Ich frage, ob purer Konsum nicht sehr stark sei von der Wirkung her. Johnny lacht: «Ja, USA, Baby! USA!»Johnny und seine zwei Bandkollegen beim Znacht im «El Lokal»Ich erzählte Johnny, wie mich sein Song «Whiskey ate my brain» herzhaft lachen liess und fragte, wie der Song entstanden sei. John sagte, dass die meisten ihrer Songs «Character driven» seien. Es gäbe schon einige Songs mit autobiographischem Bezug, doch meistens kämen die Geschichten von Leuten, die er kenne, die er sich ausmale oder die er im Fernsehen gesehen habe.Ich frage ihn, ob in dem Fall auch der Song «Hope» vom aktuellen Album (den ich für den ersten Artikel über Johnny übersetzt hatte), nicht einer Situation entsprungen sei, die er erlebt habe. Er verneint, meint nein, das sei nicht spezifisch so erlebt, dass ihn eine Frau so versetzt habe. Zumindest soweit er sich erinnern könne (lacht). Ich sage ihm, dass der Song – wie auch viele andere von ihm – gleichzeitig etwas Trauriges hat, aber auch sehr lustig sei. John bejaht, das sei das, wohin er strebe, diesen Mix aus traurig und lustig. Einige Leute sähen nur den traurigen Teil und meinen, er sei so dunkel und depressiv und manche sähen nur den witzigen Teil und fänden ihn albern, aber es brauche den Blick auf beides, um zu erleben, was er versuche zu machen.Ja, in Zürcher Hotels kann man meistens ein Fenster aufmachen. Purer Luxus…Ich frage ihn, wie er die Entwicklung der Musikindustrie erlebt habe in den etwa 35 Jahren, in denen er nun (als 76-Jähriger) dabei sei. Seine Antwort entspricht wohl grob den Antworten, welche viele Musiker geben würden, welche alle Phasen von Vinyl zu CDs, MTV und nun Streaming erlebt haben. «Ja, als ich begonnen hatte, gab es eine richtige Musikindustrie. Record Labels, Entwicklungen und Tour-Support. Jetzt ist nichts mehr wirklich übrig geblieben ausser Liveauftritten, aber das ist eh der beste Teil davon. Weisst du, die Verwüstung der Musikindustrie hat mich sowieso nicht so sehr betroffen, da ich nie so sehr erfolgreich damit war. Die Dinge ändern sich einfach, wenn du älter wirst. Ich bin nun einfach sehr viel älter.»Auf meine Frage, wie er die heutige Musik generell sieht, druckst er zuerst herum, meint «I don’t know». Ich sage ihm, wie das bei mir ist, dass ich noch immer primär die Musik der 60er und 70er Jahre höre, was bei ihm offensichtlich Resonanz erzeugt. «Ja ich versuchte da eine Weile mitzukommen, aber irgendwann sagte ich mir fuck it, warum soll ich mir die heutige Musik anhören, wenn ich James Brown oder Otis Redding hören kann? Ich meine, ich höre mir durchaus auch neue Musik an, aber die Musik, die mich berührt, ist noch immer die gleiche Musik wie die als ich jung war. Wenn du in den 80ern aufgewachsen bist, wäre es wohl diese Musik, das hat wohl mit dem Zufall deiner Geburtszeit zu tun.» (persönliche Anmerkung des Autors: Nein, für mich ist das ganz anders. Ich bin in den 80ern aufgewachsen, doch hat diese Musik für mich nicht im Geringsten die Qualitäten der voraus gegangenen Jahrzehnten.) Johnny fährt fort: «Und das war für mich der Punkt beim aktuellen Album. Ich war immer etwas davor zurückgewichen, den Sound meiner Jugend zu spielen, dachte dann aber doch, fuck it, jetzt machen wir das einfach. Und ich bin froh, dass ich es nicht schon früher gemacht habe, dass ich mir zuerst diese Erfahrungen von «experimentellerem Lärm» aneignen konnte.»Johnny macht allerlei Kunst, nicht nur Musik.Wir sprechen über James Brown, ich erzähle ihnen, wie ich zweimal Tickets hatte, doch zweimal etwas dazwischen gekommen ist (zuerst war er krank und dann tot…) und John erzählte, wie sie gerade kürzlich total begeistert ein 1970er-Paris-Konzert von ihm geschaut hätten. Ich spreche ihn darauf an, dass er in einem Interview einst sinngemäss sagte, dass Soul eigentlich sein Lieblingssound wäre, er es aber nicht spielen könne. «Ja, dieser Sound ist so abhängig von guten Stimmen. Ein Soul-Sänger zu sein heisst, eine grossartige Stimme zu haben und das war der Grund, weshalb ich davon abgesehen habe. Ich dachte, dass ich vielleicht irgendwann eine grossartige Stimme haben würde, und das war die Sache mit dem aktuellen Album in Memphis, als ich dachte fuck it, ich habe EINE Stimme. Wenn man da die richtigen Ingredienzen dazu gibt… Ich machte meinen Frieden mit all meinen Dingen, meiner Stimme, mein Gitarrenspiel, allem. Ich dachte «that’s it».»Ich erzählte ihm, dass als ich seine Stimme das erste Mal hörte, sie mich an den Filmemacher David Lynch erinnerte, der auch Musik macht. Er antwortete, dass er jahrelang in Kontakt mit Angelo Badalamenti war, dem Komponisten von David Lynch. Er hätte gerne etwas mit David gemacht, aber das kam nie zustande. Angelo sei aber ein netter Typ und habe eine krasse Musiksammlung mit abertausenden LPs.Auf meine Frage, ob er, wenn er trinkt, eher still oder laut wird, antwortet er, dass er jeweils angriffig geworden sei und auch deshalb weg vom Alkohol gegangen sei, da er oft Prügel kassierte. Er sei kein grosser Kämpfer und unter Alkoholeinfluss sei er hilflos wie ein Baby geworden, aber trotzdem überheblich. Er sei dann nicht so böse wie teils andere Leute geworden, aber doch ziemlich unausstehlich.Ich spreche ihn auf den «Hollywood Vampires»-Trinkklub an, über den ich kürzlich einen Artikel geschrieben habe, und dem so illustre Typen wie Keith Moon, Alice Cooper, John Lennon etc. angehörten. Dass das extrem exzessive Menschen waren, die aber andererseits auch zeitlose Meisterwerke der Musik erschaffen hatten. Wie er diese zwei Seiten sehe. Johnny meint, dass das immer schwierig zu beurteilen sei, wie diese Verbindungen wirklich waren. «Ich tendiere zu denken, dass Charlie Parker auch wundervoll gespielt hätte, wenn er sich nie Heroin gespritzt hätte. Aber … wer weiss das schon wirklich … Doch ich wäre lieber weniger Künstler, dafür noch am Leben.»Ich erwähnte eine Doku, die ich kürzlich über Jim Morrison gesehen hatte, und dass ich bezweifle, dass The Doors die Musik gemacht hätten, die sie erschufen, wenn sie keine Psychedelics, Alkohol und so weiter konsumiert hätten. John meint, dass Psychedelics schon eine ganz andere Kategorie als andere Drogen und Alkohol sei. Alkohol vergifte grundsätzlich einfach dein System (Körpersystem, Nervensystem etc. – AdV). Psychedelics – im sinnvollen Rahmen angewendet – erweitere wirklich dein Vorstellungsvermögen, während Alkohol dich nur glauben lässt, dass es so sei. «Alkohol macht dich nur glauben, dass du kreativ wirst, aber wenn du je eine Band siehst, wie sie betrunken ein Konzert gibt, dann ist das in der Regel einfach nicht gut.» Ich antworte, dass ich gestern einen YouTube-Clip von ihm angeschaut hätte … Johnny: «Oh Shit!» Allgemeines Gelächter bricht aus. Ein Bandkollege meint, er müsse jetzt da einschreiten. Ich fahre fort, sage ihnen, dass ich eine etwa 10-minütige Version des Songs «Nancy» meine, wo er gegen Ende des Clips torkelnd beinahe umgefallen sei. Er antwortet, das sei nicht wegen Alkohol, sondern Ermüdung gewesen, bei so einem langen Song. Das sei aber ein grossartiges Video (lacht).Johnny ist in Hochform, wenn auch etwas erschöpft …Ich übergebe Johnny ein kleines Geschenk, einen Whisky von Matter Spirits, sage ihm, er solle es halt verschenken, da er ja gar nicht wirklich trinke. Ich erzähle ihnen, dass wir in der Schweiz eine junge Whisky-Nation seien, dass wir das bis Ende der 90er Jahren nicht herstellen konnten wegen alter Kriegsgesetze, als Getreide nur für Esswaren verarbeitet werden durfte, was mit Erstaunen zur Kenntnis genommen wird. «We’ll take that bad boy home! Ich werde ihn wohl meiner Schwester geben, sie trinkt gerne Whisky.» Ich erkläre ihm, dass ich das mit dem Whisky mit seiner Schwester besprochen hatte, ich sie gefragt hätte, was er gerne für Whisky trinke und sie nur meinte: «keep it simple!». Johnny lacht, sie kenne ihn nur zu gut … Er bewundert die «wunderschöne» Flasche und fragt sich, wie er sie legal heim bringen kann.Wir sprechen noch über die Prohibitionszeit, worüber Johnny bestimmt sagt, dass es ganz sicher sei, dass man keine Kriege gegen Alkohol und Drogen gewinnen könne, dass solche Gesetze keinen Sinn machen, dass man schon sehr früh das hätte lassen sollen, so dass man sich jede Menge verschwendetes Geld und ruinierte Leben hätte ersparen können. Menschen bräuchten bis zu einem gewissen Grad einfach ihre Drogen und ihren Alkohol, den Zugang dazu. Wenn man das verhindere, mache man nichts anderes, als es in die Hände von Kriminellen zu übergeben. Auf der anderen Seite sei die Prohibitionszeit durchaus auch eine spannende Zeit gewesen, mit den Mobsters und so, und selbst die Legalisierung von Marijuana nehme ihm etwas den Spass an der Sache, den Thrill etwas Illegales zu tun und damit durchzukommen.Eine Angestellte vom «El Lokal» kommt und sagt, dass es Zeit für den Soundcheck sei. Ich verabschiede mich und komme abends zurück für das Konzert, welches super war, und wo ich dann auch begreife, was er meinte, dass sie eine ganz andere Version von «Johnny B. Goode» spielen. «Kennst du Guns n Roses? Es ist mehr so eine Slash-Version», raunte er lachend.Ich hoffe, dass Johnny uns noch mit vielen weiteren so tollen Kreationen beglücken wird, egal ob mit oder ohne Whisky …PS: Ich liess es mir natürlich nicht nehmen, das Hausbier vom «El Lokal» zu probieren. Ein konventionelles, süffiges Bier aus der Quöllfrisch-Brauerei. Marketingtechnisch hat man sich hier aber so richtig verwirklicht, wie man auch auf der Rückseite feststellen kann:Dieses Bier wird also von der Appenzeller Brauerei hergestellt, welche kürzlich mit dem Zukauf der maroden Winterthurer Chopfab Boxer-Brauerei zu einem der ganz grossen Big Player im hiesigen Biermarkt aufgestiegen ist. Bei Vollmond hergestellt passt ja zu uns Wermutwölfen, und dem Knochenmann von der Schippe springen, würde höchstwahrscheinlich Johnny «not dead yet» Dowd auch gefallen. Gutes Tun. Genau, Johnny B. Goode. Cheers! Aufs herzblutende Leben!
«Ich konnte dieses exzessive trinken nicht mehr machen.»
Ich erschien am Montag, 25. März nachmittags im «El Lokal», als auch der kultige und unverwüstliche Johnny Dowd mit seinen zwei Bandkollegen Park und Mike gerade angekommen ist. Es ist wunderbares Frühlingswetter in Zürich, die Sonne scheint und ich darf Johnny vor dem Soundcheck einige Fragen stellen. Wermutwolf (WMW): «Hast du noch Deine Speditionsfirma?» Johnny Dowd (JD): «Nein, das fiel weg während Covid. Ich war es auch langsam leid, ich machte das schon seit über 40 Jahren.» Als ich ihn daran erinnere, dass ich von einem Online-Magazin über Trinkkultur komme, scherzt er «Ah ja, dann werde ich mich für die Antworten mit meinem Team besprechen müssen.»
WMW: «Wie würdest du deine Trinkgewohnheiten charakterisieren und wie hat sich das im Laufe der Zeit verändert, falls überhaupt?» JD: «Ich trank eine normale Menge Alkohol als ich in der Highschool war, ich war jedes Wochenende betrunken. Doch als dann Marijuana und LSD aufkamen, konvertierte ich sehr schnell, insofern trinke ich heute einfach ein Bier zum Abendessen. Bis vor etwa zehn Jahren trank ich durchaus auch noch Whiskeys auf Tour, doch seither sind das vielleicht vier Whiskeys pro Jahr. Wir hatten früher einige Trinker in der Band.» Seine zwei Bandkollegen scheinen glücklich zu sein, dass Johnny nicht mehr so viel trinkt. «Keep it straight!»
Johnny Dowd an seinem Konzert im Zürcher « El Lokal » Ich spreche ihn auf die Berichte an, dass er während den Auftritten früher offenbar durchaus einiges getrunken hatte, was er bestätigt. «Ja, es gab sicher Zeitspannen von exzessivem trinken, aber ich konnte das echt nicht mehr machen, das war zu verdammt erschöpfend. Aber so ungefähr bei jedem zweiten Auftritt bekommen wir noch einen Whiskey oder so überreicht. Doch ich behielt über die Jahre eine gesunde Drogengewohntheit bei, aber ich will da sicher nicht damit prahlen oder so.» (lacht) WMW: «Ja, auf dem aktuellen Album ist da dieser Song, « LSD ».» JD: «Ja. Das ist der am meisten autobiographische dieser Songs.» Als ich ihm erzählte, dass ich immer Angst hatte, LSD zu nehmen, weil man dann so lange Zeit auf einem Trip sei, wo man nicht rauskomme, antwortete er, dass er absolut schreckliche Erfahrungen damit gemacht habe, «horrific nightmarish fucking schizophrenic fucking splits», aber dann sei doch etwas an diesen Trips, solch ein Abenteuer, wie eine üble Tour, wo du aber kaum erwarten kannst, es wieder zu versuchen. Doch er habe auch Psychedelics seit Jahren nicht mehr genommen. Früher habe er Phasen gehabt, als er für anderthalb Jahre mindestens einmal pro Woche etwas eingeworfen habe. «Du weisst mit Sicherheit, dass es eine andere Realität gibt. Ich weiss nicht genau, was es ist. So ein «ist das ein Traum oder ist jenes ein Traum»-Ding. Es ist eine unglaubliche Erfahrung mit Musik hören, wenn du so tief in der Musik drin bist, irgendwie erhaben.»
WMW : «Ich mag deine beiden letzten Alben am meisten. Du hast früher einige experimentelle Dinge gemacht, die mir dann aber etwas too much waren.» JD: «Ja, ich ging schon immer hin und her zwischen diesen Sphären. Der Künstler muss auf Entdeckungsreise gehen.» Ich spreche ihn auf die Entstehung des tollen, aktuellen Albums an, « Is Heaven real? How would I know ». Er erzählt wie es dazu gekommen ist, wie er mit Musikern wie Amy Lavere Freundschaften schloss, der Blues-Geschichte des Studios, wo er dann einfach hingegangen sei, wo seine Schwester Schlagzeug spielte, ihr Ehemann Gitarre. Es sei alles super easy gelaufen, habe grossen Spass gemacht mit all diesen grossartigen Musikern. Wir sprechen auch über Ithaca im Bundesstaat New York, wo Johnny lebt. Ich erwähne den von dort stammenden Eishockey-Spieler Dustin Brown , der lange für die L.A. Kings (und während dem Lockout für die ZSC Lions) spielte, auch als Captain, und zwei Stanley Cups gewann. Johnny’s Bandkollege und Sänger Park sagt, dass er früher in Ithaca Lehrer war und Dustin ein Schüler seiner Kollegen war. Johnny hat dort noch zwei Schwestern, mehr ist von der Familie nicht mehr heimisch in diesem ländlichen Naturparadies. Obwohl New York während Covid ein Zentrum des Geschehens war, lebte man in Ithaca dann doch etwas weit entfernt vom urbanen Geschehen.
Wir kommen auf die Wermutwolf -Themen zurück. Ich frage ihn, ob er sich daran erinnern könne, wie er zum ersten Mal betrunken war. Er meint, das sei gewesen als er ungefähr 13 Jahre alt war, im ersten Jahr der Junior High School. Als er den «alten Trick» erwähnt, den Schnaps des Vaters zu trinken und die Flasche mit Wasser aufzufüllen, frage ich mich erstens, weshalb ich noch nie von diesem Trick gehört hatte und zweitens, ob man das wirklich so regulieren kann, dass der Vater nichts davon bemerkt… Er sagt, dass dieses erste Mal betrunken zu sein ziemlich unangenehm gewesen sei, man aber dann halt in diese Bier trinken-Gewohnheit reingerutscht sei. Es sei aber schwierig gewesen, im 3’000-Seelen-Dorf wo er aufgewachsen sei, an Alkohol zu kommen, und das Geschehen habe sich mehr um Sport gedreht. Whiskey habe man dort sowieso nicht kaufen können, sie hätten das nicht legal verkaufen können, was aber okay gewesen sei, da sie einfach Biertrinker gewesen seien. Doch es sei «3,2-Punkt-Bier» gewesen, also wirklich leichtes Bier. Um also anständig betrunken zu werden, seien mindestens 12 Dosen nötig gewesen.
Die einzigartige Einrichtung im «El Lokal» Ich frage ihn, ob es dann später im Militär vermutlich mehr heavy drinking gegeben habe. Er antwortet, dass er dort klar bei den Psychedelics- und Haschisch-Konsumenten gewesen sei. Im Militär habe es diese zwei Gruppen gegeben, die Drinkers und die Druggers. Es habe immer wieder mal Situationen gegeben, wenn Trinker zu den Druggers kommen wollten und dann völlige Zusammenbrüche erlitten. Er selbst habe in der Armee sehr wenig getrunken, denn es sei so viel Gewalt aus dem Trinker-Sektor gekommen, da habe er kein Teil davon sein wollen. Für anderthalb Jahre war er in Berlin stationiert, während dem Höhepunkt des Vietnamkriegs und der Hippiekultur. Berlin sei dazumals sehr hip, sehr links, antimilitaristisch gewesen (persönliche Anmerkung des Autors: Wie schön es doch wäre, wenn die Linke noch so antimilitaristisch wäre …) . Das sei insofern eine merkwürdige Ausstrahlung gewesen, ausserdem habe es dort viele Männer gegeben, mit beispielsweise einem Arm, «den vielleicht dein Vater ihnen während dem zweiten Weltkrieg abgeschossen hatte. Das machte es irgendwie seltsam.» Aber er habe eine Verbindung zur hiesigen Drogenkultur schliessen können.
Die Memphis-Band Ich frage ihn, ob Cannabis im Staat New York legal sei. Die Drei sind sich etwas unsicher, meinen aber, dass es einigermassen legal sei, oder auf dem Weg dahin. Es gäbe Orte, wo man es nun seit Neustem legal kaufen könne. Ich erwähne, dass Deutschland gerade am Legalisieren sei, und dass hier in der Schweiz Testprogramme laufen, wo der Bezug legal sei. Johnny sagt, es sei eigentlich bedeutungslos, da es so einfach anzubauen sei, was er seit 30 Jahren tue. Jeder baue es an, es sei so einfach und günstig zu beziehen. Ich sage, dass ich seit knapp zehn Jahren nicht mehr gekifft hätte, da ich dann aufgehört hätte, Zigaretten zu rauchen. Mike meint, er habe nie Zigaretten geraucht, aber möge Doobies. Tabak mache ihn schwindlig. Johnny meint, dass man in den Staaten anders raucht, pur, nicht wie hier mit Tabak versetzt. Ich frage, ob purer Konsum nicht sehr stark sei von der Wirkung her. Johnny lacht: «Ja, USA, Baby! USA!»
Johnny und seine zwei Bandkollegen beim Znacht im «El Lokal» Ich erzählte Johnny, wie mich sein Song « Whiskey ate my brain » herzhaft lachen liess und fragte, wie der Song entstanden sei. John sagte, dass die meisten ihrer Songs «Character driven» seien. Es gäbe schon einige Songs mit autobiographischem Bezug, doch meistens kämen die Geschichten von Leuten, die er kenne, die er sich ausmale oder die er im Fernsehen gesehen habe. Ich frage ihn, ob in dem Fall auch der Song « Hope » vom aktuellen Album (den ich für den ersten Artikel über Johnny übersetzt hatte), nicht einer Situation entsprungen sei, die er erlebt habe. Er verneint, meint nein, das sei nicht spezifisch so erlebt, dass ihn eine Frau so versetzt habe. Zumindest soweit er sich erinnern könne (lacht). Ich sage ihm, dass der Song – wie auch viele andere von ihm – gleichzeitig etwas Trauriges hat, aber auch sehr lustig sei. John bejaht, das sei das, wohin er strebe, diesen Mix aus traurig und lustig. Einige Leute sähen nur den traurigen Teil und meinen, er sei so dunkel und depressiv und manche sähen nur den witzigen Teil und fänden ihn albern, aber es brauche den Blick auf beides, um zu erleben, was er versuche zu machen.
Ja, in Zürcher Hotels kann man meistens ein Fenster aufmachen. Purer Luxus… Ich frage ihn, wie er die Entwicklung der Musikindustrie erlebt habe in den etwa 35 Jahren, in denen er nun (als 76-Jähriger) dabei sei. Seine Antwort entspricht wohl grob den Antworten, welche viele Musiker geben würden, welche alle Phasen von Vinyl zu CDs, MTV und nun Streaming erlebt haben. «Ja, als ich begonnen hatte, gab es eine richtige Musikindustrie. Record Labels, Entwicklungen und Tour-Support. Jetzt ist nichts mehr wirklich übrig geblieben ausser Liveauftritten, aber das ist eh der beste Teil davon. Weisst du, die Verwüstung der Musikindustrie hat mich sowieso nicht so sehr betroffen, da ich nie so sehr erfolgreich damit war. Die Dinge ändern sich einfach, wenn du älter wirst. Ich bin nun einfach sehr viel älter.» Auf meine Frage, wie er die heutige Musik generell sieht, druckst er zuerst herum, meint «I don’t know». Ich sage ihm, wie das bei mir ist, dass ich noch immer primär die Musik der 60er und 70er Jahre höre, was bei ihm offensichtlich Resonanz erzeugt. «Ja ich versuchte da eine Weile mitzukommen, aber irgendwann sagte ich mir fuck it, warum soll ich mir die heutige Musik anhören, wenn ich James Brown oder Otis Redding hören kann? Ich meine, ich höre mir durchaus auch neue Musik an, aber die Musik, die mich berührt, ist noch immer die gleiche Musik wie die als ich jung war. Wenn du in den 80ern aufgewachsen bist, wäre es wohl diese Musik, das hat wohl mit dem Zufall deiner Geburtszeit zu tun.» (persönliche Anmerkung des Autors: Nein, für mich ist das ganz anders. Ich bin in den 80ern aufgewachsen, doch hat diese Musik für mich nicht im Geringsten die Qualitäten der voraus gegangenen Jahrzehnten.) Johnny fährt fort: «Und das war für mich der Punkt beim aktuellen Album. Ich war immer etwas davor zurückgewichen, den Sound meiner Jugend zu spielen, dachte dann aber doch, fuck it, jetzt machen wir das einfach. Und ich bin froh, dass ich es nicht schon früher gemacht habe, dass ich mir zuerst diese Erfahrungen von «experimentellerem Lärm» aneignen konnte.»
Johnny macht allerlei Kunst, nicht nur Musik. Wir sprechen über James Brown, ich erzähle ihnen, wie ich zweimal Tickets hatte, doch zweimal etwas dazwischen gekommen ist (zuerst war er krank und dann tot…) und John erzählte, wie sie gerade kürzlich total begeistert ein 1970er-Paris-Konzert von ihm geschaut hätten. Ich spreche ihn darauf an, dass er in einem Interview einst sinngemäss sagte, dass Soul eigentlich sein Lieblingssound wäre, er es aber nicht spielen könne. «Ja, dieser Sound ist so abhängig von guten Stimmen. Ein Soul-Sänger zu sein heisst, eine grossartige Stimme zu haben und das war der Grund, weshalb ich davon abgesehen habe. Ich dachte, dass ich vielleicht irgendwann eine grossartige Stimme haben würde, und das war die Sache mit dem aktuellen Album in Memphis, als ich dachte fuck it, ich habe EINE Stimme. Wenn man da die richtigen Ingredienzen dazu gibt… Ich machte meinen Frieden mit all meinen Dingen, meiner Stimme, mein Gitarrenspiel, allem. Ich dachte «that’s it».» Ich erzählte ihm, dass als ich seine Stimme das erste Mal hörte, sie mich an den Filmemacher David Lynch erinnerte, der auch Musik macht. Er antwortete, dass er jahrelang in Kontakt mit Angelo Badalamenti war, dem Komponisten von David Lynch. Er hätte gerne etwas mit David gemacht, aber das kam nie zustande. Angelo sei aber ein netter Typ und habe eine krasse Musiksammlung mit abertausenden LPs.
Auf meine Frage, ob er, wenn er trinkt, eher still oder laut wird, antwortet er, dass er jeweils angriffig geworden sei und auch deshalb weg vom Alkohol gegangen sei, da er oft Prügel kassierte. Er sei kein grosser Kämpfer und unter Alkoholeinfluss sei er hilflos wie ein Baby geworden, aber trotzdem überheblich. Er sei dann nicht so böse wie teils andere Leute geworden, aber doch ziemlich unausstehlich. Ich spreche ihn auf den «Hollywood Vampires»-Trinkklub an, über den ich kürzlich einen Artikel geschrieben habe, und dem so illustre Typen wie Keith Moon, Alice Cooper, John Lennon etc. angehörten. Dass das extrem exzessive Menschen waren, die aber andererseits auch zeitlose Meisterwerke der Musik erschaffen hatten. Wie er diese zwei Seiten sehe. Johnny meint, dass das immer schwierig zu beurteilen sei, wie diese Verbindungen wirklich waren. «Ich tendiere zu denken, dass Charlie Parker auch wundervoll gespielt hätte, wenn er sich nie Heroin gespritzt hätte. Aber … wer weiss das schon wirklich … Doch ich wäre lieber weniger Künstler, dafür noch am Leben.»
Ich erwähnte eine Doku, die ich kürzlich über Jim Morrison gesehen hatte, und dass ich bezweifle, dass The Doors die Musik gemacht hätten, die sie erschufen, wenn sie keine Psychedelics, Alkohol und so weiter konsumiert hätten. John meint, dass Psychedelics schon eine ganz andere Kategorie als andere Drogen und Alkohol sei. Alkohol vergifte grundsätzlich einfach dein System (Körpersystem, Nervensystem etc. – AdV) . Psychedelics – im sinnvollen Rahmen angewendet – erweitere wirklich dein Vorstellungsvermögen, während Alkohol dich nur glauben lässt, dass es so sei. «Alkohol macht dich nur glauben, dass du kreativ wirst, aber wenn du je eine Band siehst, wie sie betrunken ein Konzert gibt, dann ist das in der Regel einfach nicht gut.» Ich antworte, dass ich gestern einen YouTube-Clip von ihm angeschaut hätte … Johnny: «Oh Shit!» Allgemeines Gelächter bricht aus. Ein Bandkollege meint, er müsse jetzt da einschreiten. Ich fahre fort, sage ihnen, dass ich eine etwa 10-minütige Version des Songs «Nancy» meine, wo er gegen Ende des Clips torkelnd beinahe umgefallen sei. Er antwortet, das sei nicht wegen Alkohol, sondern Ermüdung gewesen, bei so einem langen Song. Das sei aber ein grossartiges Video (lacht).
Johnny ist in Hochform, wenn auch etwas erschöpft … Ich übergebe Johnny ein kleines Geschenk, einen Whisky von Matter Spirits , sage ihm, er solle es halt verschenken, da er ja gar nicht wirklich trinke. Ich erzähle ihnen, dass wir in der Schweiz eine junge Whisky-Nation seien, dass wir das bis Ende der 90er Jahren nicht herstellen konnten wegen alter Kriegsgesetze, als Getreide nur für Esswaren verarbeitet werden durfte, was mit Erstaunen zur Kenntnis genommen wird. «We’ll take that bad boy home! Ich werde ihn wohl meiner Schwester geben, sie trinkt gerne Whisky.» Ich erkläre ihm, dass ich das mit dem Whisky mit seiner Schwester besprochen hatte, ich sie gefragt hätte, was er gerne für Whisky trinke und sie nur meinte: «keep it simple!». Johnny lacht, sie kenne ihn nur zu gut … Er bewundert die «wunderschöne» Flasche und fragt sich, wie er sie legal heim bringen kann.
Wir sprechen noch über die Prohibitionszeit, worüber Johnny bestimmt sagt, dass es ganz sicher sei, dass man keine Kriege gegen Alkohol und Drogen gewinnen könne, dass solche Gesetze keinen Sinn machen, dass man schon sehr früh das hätte lassen sollen, so dass man sich jede Menge verschwendetes Geld und ruinierte Leben hätte ersparen können. Menschen bräuchten bis zu einem gewissen Grad einfach ihre Drogen und ihren Alkohol, den Zugang dazu. Wenn man das verhindere, mache man nichts anderes, als es in die Hände von Kriminellen zu übergeben. Auf der anderen Seite sei die Prohibitionszeit durchaus auch eine spannende Zeit gewesen, mit den Mobsters und so, und selbst die Legalisierung von Marijuana nehme ihm etwas den Spass an der Sache, den Thrill etwas Illegales zu tun und damit durchzukommen. Eine Angestellte vom «El Lokal» kommt und sagt, dass es Zeit für den Soundcheck sei. Ich verabschiede mich und komme abends zurück für das Konzert, welches super war, und wo ich dann auch begreife, was er meinte, dass sie eine ganz andere Version von «Johnny B. Goode» spielen. «Kennst du Guns n Roses? Es ist mehr so eine Slash-Version», raunte er lachend. Ich hoffe, dass Johnny uns noch mit vielen weiteren so tollen Kreationen beglücken wird, egal ob mit oder ohne Whisky …
PS: Ich liess es mir natürlich nicht nehmen, das Hausbier vom «El Lokal» zu probieren. Ein konventionelles, süffiges Bier aus der Quöllfrisch-Brauerei. Marketingtechnisch hat man sich hier aber so richtig verwirklicht, wie man auch auf der Rückseite feststellen kann:
Dieses Bier wird also von der Appenzeller Brauerei hergestellt, welche kürzlich mit dem Zukauf der maroden Winterthurer Chopfab Boxer-Brauerei zu einem der ganz grossen Big Player im hiesigen Biermarkt aufgestiegen ist. Bei Vollmond hergestellt passt ja zu uns Wermutwölfen , und dem Knochenmann von der Schippe springen, würde höchstwahrscheinlich Johnny «not dead yet» Dowd auch gefallen. Gutes Tun. Genau, Johnny B. Goode. Cheers! Aufs herzblutende Leben!
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Wir feiern Ron Orp's 20. Geburi mit einer Schnitzeljagd!
Markiert euch den Donnerstag, 18. April 2024 fett im Kalender! Dann veranstalten wir zu Ehren des 20. Geburis von «Ron Orp» , bei denen wir vom Wermutwolf Stadtschreiber sind, eine feuchtfröhliche Schnitzeljagd durch fünf Zürcher Langstrassenquartier-Lokale. Nimm teil und nimm deine Freunde, Verwandte, Ehepartner, Geliebte(n), Bürokollegen und Trinkkumpanen gleich auch noch mit!
Die Idee entstand durch die Inspiration des Films « The World’s End ». Selbstredend kann man in der heutigen Zeit nicht dazu aufrufen, 12 Biere runterzuspülen, und so machen wir nun eine Schnitzeljagd, bei der anstatt Leberschaden der Spielspass im Vordergrund steht. Das sind die Regeln: In jedem der fünf Lokale verstecken wir diese Wermutwolf -Bierdeckel:
Pro Person und Lokal sind maximal zwei dieser Bierdeckel zu finden und einzustecken, sodass es auch für die anderen Teilnehmer noch genug Bierdeckel zu suchen gibt. Aber bitte keine Personaltüren öffnen und dergleichen. Immer schön diskret, aufmerksam und gesittet bleiben … Ausserdem platzieren wir in jedem Lokal, im offenen Raum, also hinter keinen Türen versteckt, vier dieser relativ kleinen Wermutwolf -Aufkleber (4 × 4 Zentimeter):
Hiervon sind Fotos zu schiessen, und zwar mit genug Hintergrund, dass ersichtlich ist, von wo die Aufkleberbilder stammen. Diese Bilder sind dann bis 21 Uhr gesammelt an die E-Mail-Adresse [email protected] zu schicken oder am Ort der Preisverleihung, der Tiki-Rock-Bar «Mata Hari», zu zeigen. Obwohl man eine Schnitzeljagd vor allem wegen des Spasses an der Sache mitmacht, gibt es ein paar tolle Preise für diejenigen mit den meisten Punkten zu gewinnen. Und Punkte kann man auf folgende Arten in jedem der fünf Lokale sammeln: • max. zwei Bierdeckel finden und einstecken = 2 Punkte • max. vier Aufkleber fotografieren = 4 Punkte • ein Bier und/oder ein Mineralwasser und/oder ein Getränk nach Wahl konsumieren und eine Quittung dafür verlangen und einstecken = 1 Punkt Falls ihr Sascha und/oder Dani in gut sichtbaren Wermutwolf-Shirts entdeckt, signieren wir einen Bierdeckel, was fünf Extrapunkte gibt. Das bedeutet, dass man maximal 40 Punkte erreichen kann.
Seit 40 Wochen und 40 Artikeln in der Ron Orp-Gemeinschaft trinkfest mit dabei. Die Schnitzeljagd beginnt früh, um 16 Uhr, und läuft bis 21 Uhr, also fünf Stunden lang. Natürlich kann man auch versuchen, innert zwei Stunden mit Adleraugen und von Lokal zu Lokal joggend, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, doch die früh startenden Wermutwölfe sind sicher im Vorteil … Nun zu den teilnehmenden Lokalen, die ihr natürlich in eurer bevorzugten Reihenfolge besuchen könnt. Hier aber doch die ökonomischste, zeitlich speditivste Variante (die beiden letztgenannten Bars haben erst ab 17 Uhr geöffnet): Bar 63 Rolandstrasse 19 Öffnungszeiten Donnerstag: 16.00 – 01.00 Diese Bar verfügt über ein sensationelles Cocktails-Angebot . Cocktail-Heaven!
The International (Beer Bar) Luisenstrasse 7 Öffnungszeiten Donnerstag: 16.00 – 00.00 Acht verschiedene, wechselnde Biere offen ab Zapfhahn und unzählige weitere Biere in Flaschen oder Dosen werden hier angeboten. Natürlich kann man aber auch Weine, Cocktails usw. bestellen.
Amboss Rampe Zollstrasse 80 Öffnungszeiten Donnerstag: 16.00 – 02.00 Nebst dem leckeren, namensgebendem Bier und der Bar, welche Teil der Schnitzeljagd ist, gibt es hier auch ein Restaurant , wo man sich von 17.30 – 22.00 etwas Feines zu essen gönnen kann.
Eldorado – Craft Beer Bar Limmatstrasse 109 Öffnungszeiten Donnerstag: 17.00 – 01.00 101 Biere aus aller Welt kann man hier bestellen. Und wenn man sämtliche 101 Biere getrunken hat, wird man u. a. mit einem gravierten Flaschenöffner an der Wand verewigt . Über 270 Bierliebhaber haben das bereits erreicht.
Mata Hari Langstrasse 237 Öffnungszeiten Donnerstag: 17.00 – 03.00 Das ist quasi das « World’s End » der Schnitzeljagd, wo man nebst tollen Tiki-Cocktails auch den eigens konzipierten «World’s End»-Cocktail für CHF 22.– bestellen kann.
Zutaten: Turicum Master Blend Rum, Overproof Demerara Rum, Overproof Jamaican Rum, Falernum, Grapefruit, Lime, Zimtsirup. Um 21 Uhr werden wir hier die Sponsoring-Preise den Gewinnern der Schnitzeljagd überreichen: • Gutschein von « The International » Beer Bar über CHF 50.–
• Sechs Spirituosenkelch-Gläser von « Orator » im Wert von CHF 48.–
• Degu Paket von « Bierliebe.ch » mit sechs verschiedenen Bieren, zwei Treber Tschipps und zwei Biergläsern im Wert von CHF 44.90
• Ein 8-Pack « Amboss » Bier «Blonde» im Wert von CHF 16.–
• Ein 8-Pack « Amboss » Bier «Amber» im Wert von CHF 16.–
Und nach der Preisverleihung kann man gleich im « Mata Hari » bleiben und das DJ-Set geniessen, in der «Amboss Rampe» die Jam-Session erleben oder einfach dort verweilen, wo es einem am besten gefallen hat und die Nacht ausklingen lassen. Cheers, see you there!
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IPA-Wrestling-Championships (1) - Let's Go!
Von jetzt an heisst es Mann gegen Mann, äh Bier gegen Bier! Und zwar nicht im Fliegengewicht, sondern im gehaltvollen Bierstil «India Pale Ale», dem ungekrönten König von Hopfen und Malz. Mögen die Spiele beginnen!
Nun ist es so weit! Der Wermutwolf geht gesammelt zum zweiten Mal ans Zürcher Bierfestival . Werden wir es schaffen, so viel Bier zu konsumieren, dass sich die 80 Franken Eintrittsgebühren rentieren werden? Wenn wir von ca. 3 Franken pro Degu-Portion ausgehen, werden wir also rund 27 Portionen Bier verkosten müssen. Für einen Wermutwolf natürlich kein Ding … mutmasslich … (Der Bericht wie es war erscheint in Kürze) Jedenfalls ist das ein gutes Datum, um eine andere Bieridee zu lancieren: die IPA-Wermutwolf-Meisterschaft!
Die Regeln sind simpel. Ich habe mir eine Kiste IPA’s bestellt, 32 verschiedene Sorten. Und die lasse ich nun im Zweierduell gegeneinander antreten. Nach dem ersten Durchgang sind noch 16 Biere übrig. Dann beginnen quasi die IPA-Playoffs. Diese Biere wird dann Sascha gegeneinander Tasting-kämpfen lassen. Dann werde ich wiederum die acht Biere (nochmals) testen, welche noch in der Auswahl sind. Dann geht es zurück zu Sascha mit vier IPA’s, und dann, ja dann werden Sascha und ich gemeinsam die finalen zwei Königsbiere in einer spannungsgeladenen Wolfsprobe den Titelkampf ausfechten lassen, für den Titel des ersten IPA-Wermutwolf-Champions der bierseligen Geschichte dieses Onlinemagazins.
Die wichtigsten Hopfensorten für IPA-Biere (Foto aus dem empfehlenswerten Buch « Workshop Bier » von Mark Dredge) Warum IPA’s? Alles Geschmackssache. Wir beim Wermutwolf erwarten mehr vom Leben als Standard-Lager-Schlonze, wir mögen die Bitterkeit, das Herbe, das Hopfige, der höhere Alkoholgehalt (ein Geschmacksträger), das exotische Abenteuer-Feeling dieses Bierstils.
Ein Ausschnitt aus der IPA-Bestellung beim Zürich Bierfestival-Sponsor Amstein . Hat ein Wermutwolf Angst, ein polnisches Bier zu trinken, welches im Namen den Ausdruck «mysteriös» enthält? Natürlich nicht. Und falls doch, würde er es kaum öffentlich zugeben … Im heutigen Kick-Off-Wettkampf treten zwei IPA’s aus derselben Walliser Brauerei, die bereits seit über 50 Jahren zur Feldschlösschengruppe gehört, gegeneinander an; das « Valaisanne White IPA » vs. das « Valaisanne Juicy IPA ».
Die beiden Kontrahenten schenken sich nichts, das «White IPA», ein Hybrid eines IPA’s und eines Weizenbieres, fährt einen leicht gekrümmten Bananenpunch aus. Sehr betörend. Das «Juicy IPA» kommt mit einem Kampfgewicht von 52 Kilokalorien pro Deziliter und typischer Fruchtigkeit daher, ohne jedoch diesbezüglich aufdringlich zu wirken. Souverän.
Das Setting mit gleichen Gläsern, das «White IPA» aber in Leichtmetallrüstung, das «Juicy IPA» in Flaschenform. Brot und Wasser als Gaumenneutralisierer Beide tragen die Hopfensorte «Citra» in sich, mit deren typischen fruchtigen Ausprägung, und auch der Alkoholgehalt ist beinahe identisch (5,8 % «Juicy IPA» vs. 6,0 % «White IPA»). Die internationalen Bitter-Einheiten sind noch näher beisammen (36 vs. 35) und die Bewertungen auf DER Bierplattform «Untappd» ist ebenso ähnlich (3,55 vs. 3,48, Stand 20.3.2024).
Ich schliesse mich diesem äusserst knappen Ergebnis an. Das «White IPA» ist eine tolle Kreation, gegenüber dem typischeren IPA «Juicy» ist es mir aber zu sehr Weizenbier. Obwohl es eine einzige, homöopathische Bittereinheit weniger hat, schmeckt es für mich im Vergleich trotzdem bitterer, etwas weniger ausgewogen in der Bitterkeit als das «Juicy IPA». Somit haben wir in der ersten Runde einen saftigen Gewinner: « Valaisanne Juicy IPA ». Es ist jedoch bei Weitem kein Sieg nach K.O., sondern ganz klar ein technischer Sieg nach geringer Punktedifferenz. Das « White IPA » kann den Ring mit erhobenem Haupt verlassen. PS: In der Wolfshöhle ist auch schon der Bericht zu Kampf Nummer 2 erschienen.
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Kneipentour - Beste Cocktail-Bars: Widder
Ich muss Zeugnis ablegen, gestehen, zu meiner Schande: Als Zürcher und waschechter Wermutwolf war ich vorher noch nie in der Zürcher « Widder Bar ». Zum Glück hat sich das nun geändert! Nicht umsonst ist dieser Whisky-Tempel weltberühmt.
Es war Freitagnachmittag und ich war mausbeinallein im gesamten Bürokomplex. Heuballen wehten durch die Gänge und in der Ferne war das Geheul eines einsamen Kojoten hörbar. Na ja, das nicht gerade, aber es hätte zur Situation gepasst. Da überkam mich ein Moment der Klarheit: Leg die Arbeit nieder und gönn Dir was! Am besten einen feinen Cocktail. Oder noch besser: Zwei Cocktails! Hell, it’s Friday! Gesagt, getan. Ich fragte mich, welche Cocktailbar bereits jetzt, gegen 15.30 Uhr, geöffnet hat. Natürlich am ehesten Bars, die zu einem Hotel gehören. Ich ging eine Liste der besten Zürcher Cocktail-Bars durch und brauchte nur ein paar Sekunden, um meine Wahl zu treffen. Die legendäre «Widder Bar». Keine Ahnung, weshalb ich da noch nie drin war. Eigentlich ein unentschuldbares Vergehen.
Ich bog von der Bahnhofstrasse in Richtung Widdergasse ab, wo mich auf einem grossen Schaufensterplakat die noch immer sehr attraktive Julia Roberts anlächelte, vorbei an einer Kirche aus dem 13. Jahrhundert, und dann war es endlich so weit; ich stand vor dem berühmten Lokal. Von aussen deutet nicht viel auf den Luxus im Inneren, abgesehen von den Michelin-, Gault-Millau-Plaketten (bspw. «Gault & Millau Guide-Sommelier des Jahres 2024», Stefano Petta) beim Eingang. Als ich eintrete, ist mir bewusst, wie geschichtsträchtig die Adresse ist. Demütig nehme ich an einem Tisch unter zig Whiskyflaschen, neben dem Klavier, Platz und sauge die Atmosphäre auf. Natürlich hat es gut betuchte Gäste, man hört oft Englisch, sieht Businessmeetings im lockeren Rahmen.
Die Whisky – und die Cocktailkarte sind sehr interessant. Selbstverständlich fokussiere ich mich auf die Signature Cocktails. Der «Area Code» sticht mir gleich ins Auge, der sowohl einen 12-jährigen Glenfiddich als auch einen 16-jährigen Lagavulin enthält. Zu Hause käme es mir nie in den Sinn, mit Single Malts einen Cocktail zu mixen. Da kann ich nicht widerstehen, den bestelle ich als Erstes. Zusammen mit Marsala (ein sizilianischer Likörwein), Schokolade und Angostura Bitters ergibt sich ein wahrlich göttlicher Trank! Ich bin mehr als begeistert, maximale Wermutwolf -Punktzahl erreicht!
Der unglaublich leckere «Area Code»-Cocktail Ich mustere die anmutige Holzdecke sowie die übergrosse Widder-Statue im Eingangsbereich. Als ich in der Whiskykarte stöbere, fallen mir fast die Augen aus dem Kopf! Ich erblicke einen 50-jährigen Glenfiddich. 4 cl davon kosten läppische 8000 Franken! Nein, das ist kein Tippfehler. Acht Mille! Ich bin Zürcher und mir ist bewusst, wie viele Menschen hier ein- und ausgehen, für die solch einen Betrag wie für unsereiner eine Zehnernote ist, aber trotzdem, meine Güte …
Sascha hat besagten Edel-Glenfiddich auf eBay entdeckt; für schlappe CHF 47’000.- gibt es dort noch eine 7-dl-Flasche zu ersteigern, Stand 5. März 2024. Angenommen die Widder Bar würde diese Flasche ersteigern, könnte sie damit CHF 140’000.- umsetzen, sprich einen Gewinn von CHF 93’000.- erwirtschaften. Mit einer einzigen Flasche! Verrückt…
Hier die Erklärung, weshalb das mit «simultan» im Namen des Whisky’s vorkommt, wie er gemacht wurde und welche Geschmacksprofile er hat Nun gut, ich habe keine Ahnung, ob es wirklich so viele reiche Leute gibt, die sich ein Glas Whisky für CHF 8’000.- bestellen. Ausserdem muss man natürlich noch die Ausgaben für die Immobilie, Löhne, etc. abziehen. Trotzdem viel Schotter für eine einzige Flasche.
In dieser Bar mangelt es an nichts! Der zweite Cocktail, den ich mir gönne, heisst «Tomaten auf den Augen». Es war eine Challenge. Ich bin überhaupt nicht der «Bloody Mary»-Trinker und Tomaten habe ich lieber in einer Suppe als in einem Cocktail. Dieser Drink enthält Mezcal, Tomatenkonfitüre, Limetten, Kräuter und Ginger Ale. Ich war skeptisch, doch weit gefehlt, auch dieser Cocktail schmeckte absolut himmlisch! Mit gesalzenem Glasrand genoss ich jeden einzelnen Schluck davon sehr bewusst. Vielleicht ein klein wenig zu bewusst, da der wunderbare Drink mit der Zeit etwas vom Eis verwässert wurde und an Magie einbüsste, wenngleich er auch dann noch mundete.
Ich glaube, ich hatte «Tomaten auf den Augen» Die «Widder Bar» bewegt sich in einer preislichen Liga wie bspw. die « Bar am Wasser », das muss man sich schon bewusst sein. Für die beiden Cocktails bezahlte ich mit einer 50er-Note. Aber das war es definitiv wert! Ich werde wiederkehren, und falls ich einst reich werden sollte, werde ich dort eine Runde 50-jährigen Glenfiddich schmeissen. Ehrewöde!
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Wolfsprobe
Mutprobe und Trinkspiel: Sascha und ich (Dani) vom Wermutwolf machten bereits zum siebten Mal ein gegenseitiges Blindtasting, die sogenannte Wolfsprobe . Einzige Regel: Es muss Alkohol sein. Finden wir heraus, was es ist? Ist es überhaupt trinkbar? Überleben wir es? Oder landen wir im Elysium? Oder beides?
Natürlich lädt das Format, welches wir ausdrücklich zur Nachahmung empfehlen (:-) dazu ein, dem Anderen Streiche zu spielen. Ich hatte Sascha beispielsweise einst so ein rotes 80%-Wodka-Röhrchen vom Kiosk zu trinken gegeben. In letzter Zeit musste ich allerdings mehr unten durch... Ansonsten ist dieses Trinkspiel auch ein Kanal, um dem Anderen Getränke nahe zu bringen, über die man beim Wermutwolf geschrieben oder über die man gesprochen hatte. Und natürlich, um die eigenen Geruchs- und Geschmackssensoren zu schulen. Spoiler alert: das war nun bei dieser Folge Sascha's Getränk : und das war das Meinige .
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Mein erstes Mal - Chartreuse
Die erste Liebe, der erste Kuss, der erste … Chartreuse. In dieser Rubrik stellt der Wermutwolf alkoholische Getränke vor, die wir noch nie probiert haben. Haut uns das erste Mal aus den Socken, sind wir gnadenlos enttäuscht oder ist es einfach nur schrecklich?
Chartreuse : Das ist Apfelgrün mit einem Hauch von Gelb. Das ist der Duft von 130 Kräutern. Das ist die wechselhafte Geschichte eines französischen Kartäuserordens. Das ist ein Geheimrezept, das nicht mal eine Handvoll Mönche kennen. Das ist die Zutat unzähliger Cocktails.
Sogar die Rockband ZZ Top hat dem Chartreuse einen Song gewidmet Trotzdem hatte ich bisher noch nie ein Glas Chartreuse getrunken. Meine erste Begegnung mit Chartreuse verdanke ich dem surrealistischen Regisseur Luis Buñuel. Als ich mir neulich sein Meisterwerk «Dieses obskure Objekt der Begierde» angeschaut habe, erwachte meine Begierde nach Chartreuse.
Der Film «Dieses obskure Objekt der Begierde» weckt Begierden In einer frühen Szene im Film verlangt der Hauptcharakter Mathieu Faber (grossartig gespielt von Fernando Rey) von einem Bediensteten einen Chartreuse. Der fragt: «Gelben oder Grünen?». Selbstsicher antwortet Faber: «Grünen: Er regt mehr an.» Der Bedienstete bemerkt: «Ausserdem wirkt er leicht aphrodisierend.» Es war um mich geschehen: Ich wollte Chartreuse kennenlernen – seine grün-gelb changierende Farbe bestaunen, den Kräuterduft riechen, ihn in all seinen Facetten schmecken und erleben. Glücklicherweise schaffte ich es noch, eine der begehrten Flaschen grünen Chartreuse zu ergattern. Denn mittlerweile herrscht Knappheit. Die Kartäusermönche haben 2021 beschlossen, die steigende Nachfrage nicht mehr zu befriedigen. In einem Brief schrieben Sie, dass ihr primäres Ziel der Schutz des Klosterlebens sei und sie ihre Zeit der Einsamkeit und dem Gebet widmen möchten. Sie würden weniger produzieren, dafür in besserer Qualität. Wie sympathisch!
Sympathisch: Die Kartäusermönche setzen auf Qualität, nicht Quantität. Quelle: everydaydrinking.com Der Kartäuserorden nördlich von Grenoble im französischen Departement Isère erinnert ans gallische Dorf aus «Asterix und Obelix»; er kümmert sich nicht um Modeerscheinungen oder darum, was andere denken oder wollen. Gegründet wurde das Mutterkloster «La Grande Chartreuse» um 1084 nach Christus.
Die beeindruckende La Grande Chartreuse in den französischen Alpen . Quelle: wikipedia.com; CC BY 2.5; Floriel Dieses musste jedoch einige Jahrhunderte ohne den berühmten Chartreuse-Likör auskommen. Die Rezeptur eines mittelalterlichen Alchemisten gelangte erst 1605 in die Hände der Kartäusermönche im Kloster in Vauvert, einem Vorort von Paris. Diese versuchten vergeblich, das komplexe Elixier herzustellen. Deshalb schickten sie das Rezept ans Stammkloster. Erst 1737 schaffte es der Kloster-Apotheker Jérôme Maubec das «Chartreuse Elixir Vegetal» herzustellen. Es hat 69 Volumenprozent und ist noch heute erhältlich.
Das Chartreuse Elixir Vegetal 69 % gibts nur im 1-Deziliter-Fläschchen Maubecs Nachfolger Bruder Antoine verfeinerte 1764 die Rezeptur; der berühmte Chartreuse Verte mit 55 Volumenprozent war geboren. Es gibt noch eine dritte Version: den milderen, süsseren Chartreuse Jaune mit 40 Volumenprozent; ausgetüftelt 1838 von Bruder Bruno Jacquet. Noch heute werden alle drei Varianten unter Aufsicht der Mönche hergestellt – aber nicht mehr im Kloster, sondern in der Aiguenoire-Destillerie .
Chartreuse verte und Chartreuse jaune Während all der Jahrhunderte musste der Orden viel Leid erdulden: Das Kloster wurde 1132 von einer Lawine zerstört. Ganze achtmal brannte die «Grosse Kartause» nieder und wurde wieder aufgebaut. Während der Französischen Revolution 1789 mussten die Mönche das Land verlassen und konnten erst 1816 wieder zurückkehren. 1903 dasselbe Spiel: Das Mutterkloster wurde verstaatlicht, die Mönche wurden ausgewiesen. Sie bauten im spanischen Tarragona eine Destillerie und produzierten dort die Chartreuse-Liköre, bis sie 1932 wieder ins Stammkloster zurück durften (in Tarragone wurde Chartreuse noch bis 1989 produziert, aber unter dem Namen Liqueur Peres Chartreux Tarragone). Bis 1935 destillierten sie den Chartreuse im nahegelegenen Fourvoirie. Die Destillerie wurde jedoch durch einen Erdrutsch zerstört. Danach wanderte die Produktion nach Voiron und ab 2018 nach Aiguenoire. Für Sammler interessant: Die Abfüllungen aus der frühen Zeit in Tarragona gehören zu den wertvollsten. Bei dieser turbulenten Geschichte erstaunt es nicht, dass sich die Kartäusermönche auf ihr Klosterleben konzentrieren wollen und wenig auf weltliche Bedürfnisse und Forderungen geben. Was im Chartreuse alles steckt, wissen nur die Klosterbrüder. Insgesamt sollen es 130 Pflanzen, Kräuter und Blüten sein. Diese werden von den Kartäusermönchen zusammengestellt und in der Destillerie in Aiguenoire mazeriert, also in hochprozentigem Weinalkohol eingelegt. Die Kräuterelixiere werden mehrfach destilliert und anschliessend mit Pflanzen gefärbt. Zum Abschluss folgt eine Lagerung in Holzfässern. Die genaue Rezeptur ist nur drei Mönchen bekannt. Zwei davon stellen die Kräutermischungen zusammen und kennen jeweils nur die Hälfte der Formel. Ach ja: Die drei Klosterbrüder haben ein Schweigegelübde abgelegt. Ausser den drei erwähnten Chartreuse-Likören sind übrigens noch zwei weitere Varianten erhältlich, die acht Jahre lang im Fass lagern: der Chartreuse V.E.P. Verte und der Chartreuse V.E.P. Jaune. Zudem gibt es diverse Spezialabfüllungen . Schwierig erreichbar, viele Geheimnisse, eine fast schon sagenhafte Vergangenheit : Das führt zu brennender Begierde. Darum füllte ich meinen ersten grünen Chartreuse mit riesigen Erwartungen ins Glas. Ich hielt mich dabei an Fernando Rey und näherte mich derm Chartreuse in seiner natürlichen Form: pur und ungeschminkt. Die Farbe ist magisch; gelblich-grün schimmernd. In der Nase explodiert der Kräuterduft – würzig, krautig, Minze, Zitrone, Holz. Überwältigend. Ich kann es kaum mehr erwarten: Wie wird der erste Kuss? Leider enttäuschend: Er ist mir zu süss und zu heftig (was den Alkoholgehalt angeht). Mit etwas kaltem Wasser oder Eis könnte ich dem grünen Chartreuse nochmals eine Chance geben und tue es. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Der zweite Kuss wird sanfter, zärtlicher – aber ist mir immer noch viel zu süss. Schade. Mit Chartreuse allein werde ich nicht glücklich. Ich kann ihn nur mit anderen teilen. Ich sehe seine perfekte Rolle als Cocktailzutat. Darum habe ich ihn Dani geschenkt, unserem Spezialisten für Mixgetränke aller Art , der ihn bereits mit Freude und Erfolg ausprobiert hat.
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