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Wermutwolf
Wermutwolf
Urban Pro
Ort
Zürich
Gegründet
2023
Follower
2
Mein erstes Mal - Ballantine's Finest
Ich habe tatsächlich noch nie im Leben richtig billigen Whisky getrunken. Nun: Einmal ist immer das erste Mal. Darum landet der Ballantine’s Finest in meinem Tasting-Glas. Den gibts für schlappe 15 Franken die Buddel. Ist er gut investiertes Geld oder hätte ich mir dafür besser ein Bio-Avocado-Kresse-Frischkäse-Vollkornbrot-Sandwich gekauft?Kürzlich habe ich mit Dani über die rundum steigenden Preise diskutiert: höhere Mieten, teurere Krankenkassen, überrissene Benzinpreise, inflationäre Stromgebühren … und wenig danach verirrte ich mich in einen Denner-Shop; die Schweizer Variante von Aldi, Lidl & Co. Bei Discountern schaue ich immer gerne ins Spirituosenregal – vielleicht schlummert dort ein Schatz oder eine tolle Rabattaktion. Doch dieses Mal blieb mein Blick beim Aktions-Preisschild des Ballantine’s Finest hängen: 15 Franken für 7 dl.15 Franken?!! So viel zahlt man in Zürcher Restaurants für zwei grosse Bier. Kann das gut sein und gut gehen? Nicht lange überlegen, sondern zubeissen, ist die Devise vom Wermutwolf.Der Preis vom Ballantine’s Finest liegt nur wenig über der obligatorischen Alkoholsteuer von 29 Franken pro Liter reinem AlkoholBeim Ballantine’s Finest handelt es sich um einen Blended Scotch Whisky, also keinen Single Malt. Das heisst: Dieser Schotte beinhaltet Spirits aus mehreren Destillerien. Zudem müssen es nicht nur Malts aus Gerstenmalz sein, sondern es dürfen auch Grain-Whiskys in die Flasche. Diese können aus anderen (günstigeren) Getreidesorten wie Weizen, Mais, Roggen etc. hergestellt werden. Im Ballantine’s Finest sollen über 40 Malts- und Grain-Whiskys stecken, die ihm laut Hersteller Pernod Ricard seinen «einzigartigen Charakter, ein ausgereiftes Aroma und einen vollmundigen Geschmack» verleihen. Wie alt er ist, wird leider nicht verraten. Aber mindestens drei Jahre müssen sowohl die Malt- als auch Grain-Whiskys in Holzfässern lagern. Das ist bei schottischem Whisky vorgeschrieben.Für Jim Murray ist der Ballantine’s Finest einer der besten schottischen BlendsAuch spannend: Whisky-Experte Jim Murray hat den Ballantine’s Finest in seiner «Whisky Bible 2022» zum «Scotch blend of the year» gekürt und ihm sagenhafte 96 von 100 Punkten verliehen; damit liegt er auf dem Level eines 15-jährigen Highland Park oder um einen Blended Scotch aus der «Whisky Bible 2022» zu nehmen, eines Royal Salute 21 Years. Beide kosten (weit) über 100 Franken.Der Royal Salute 21 Years liegt zumindest preislich meilenweit vom Ballantine’s Finest entfernt; er geht für 180 Franken über den TresenSeien wir ehrlich: Jim Murray stösst Whisky-Fans mit seinen Benotungen gerne vor den Kopf. Deshalb lassen wir sein Urteil sowie den Billig-Billig-Preis des Ballantine’s Finest links liegen und gehen so objektiv wie möglich ans Tasting. In der Nase rieche ich viel Malz, fühle mich sogar an Bier erinnert. Dieser Blend duftet zudem fruchtig und süss. Hinzu kommen etwas Vanille, Schokolade und Eichenholz. Im Mund ist er butterweich, mit Eichenholz und Vanille. Er macht sich malzig-süss im Gaumen breit, ohne jegliche Bitterkeit. Ich nehme nur einen Anflug von Rauch wahr und sehr wenig Würze. Der Abgang ist kurz wie ein Schottischer Sommer, süss und mild – mit etwas Rauch und einer Prise Würze. Kurz und gut: Der Ballantine’s Finest ist ein sehr einfacher, süffiger Geselle. Er trinkt sich fast wie Wasser. Einen solchen Scotch kann man problemlos wie Richard Burton im Film «Wer hat Angst vor Virginia Woolf?» glasweise runterkippen.Auf Komplexität wurde verzichtet; dieser Scotch ist auf optimale Trinkbarkeit frisiert. Der Ballantine’s Finest ist wie ein japanischer Kleinwagen: Er bringt Dich zuverlässig, ohne Panne und Holpern, aber unspektakulär ans Ziel (welches das auch immer ist). Er ist keine Herausforderung, aber auch kein Erlebnis. Mir kommt der golden leuchtende Koffer aus dem Film «Pulp Fiction» in den Sinn. Es gäbe im Ballantine’s Finest so viel zu entdecken. Nur ist das alles in den Tiefen dieses Blends eingesperrt; ich schaffe es nicht, heranzukommen. Auch in «Pulp Fiction» erfahren wir nie, was sich Wertvolles in dem Koffer verbirgt.Würde ich ihn wieder kaufen? Nein! Er ist mir zu flach, zu malzig, zu banal. Bei jedem Schluck frage ich mich: Kommt noch was? Das frustriert. Ich gebe die 15 Franken lieber für zwei gute Glas Bier aus. Die nähren zudem genauso gut wie ein Bio-Avocado-Kresse-Frischkäse-Vollkornbrot-Sandwich.
Mein erstes Mal - Ballantine's Finest
Ich habe tatsächlich noch nie im Leben richtig billigen Whisky getrunken. Nun: Einmal ist immer das erste Mal. Darum landet der Ballantine’s Finest in meinem Tasting-Glas. Den gibts für schlappe 15 Franken die Buddel. Ist er gut investiertes Geld oder hätte ich mir dafür besser ein Bio-Avocado-Kresse-Frischkäse-Vollkornbrot-Sandwich gekauft?
Kürzlich habe ich mit Dani über die rundum steigenden Preise diskutiert: höhere Mieten, teurere Krankenkassen, überrissene Benzinpreise, inflationäre Stromgebühren … und wenig danach verirrte ich mich in einen Denner-Shop ; die Schweizer Variante von Aldi, Lidl & Co. Bei Discountern schaue ich immer gerne ins Spirituosenregal – vielleicht schlummert dort ein Schatz oder eine tolle Rabattaktion. Doch dieses Mal blieb mein Blick beim Aktions-Preisschild des Ballantine’s Finest hängen: 15 Franken für 7 dl.
15 Franken?!! So viel zahlt man in Zürcher Restaurants für zwei grosse Bier . Kann das gut sein und gut gehen? Nicht lange überlegen, sondern zubeissen, ist die Devise vom Wermutwolf .
Der Preis vom Ballantine’s Finest liegt nur wenig über der obligatorischen Alkoholsteuer von 29 Franken pro Liter reinem Alkohol Beim Ballantine’s Finest handelt es sich um einen Blended Scotch Whisky, also keinen Single Malt. Das heisst: Dieser Schotte beinhaltet Spirits aus mehreren Destillerien. Zudem müssen es nicht nur Malts aus Gerstenmalz sein, sondern es dürfen auch Grain-Whiskys in die Flasche. Diese können aus anderen (günstigeren) Getreidesorten wie Weizen, Mais, Roggen etc. hergestellt werden. Im Ballantine’s Finest sollen über 40 Malts- und Grain-Whiskys stecken, die ihm laut Hersteller Pernod Ricard seinen «einzigartigen Charakter, ein ausgereiftes Aroma und einen vollmundigen Geschmack» verleihen. Wie alt er ist, wird leider nicht verraten. Aber mindestens drei Jahre müssen sowohl die Malt- als auch Grain-Whiskys in Holzfässern lagern. Das ist bei schottischem Whisky vorgeschrieben.
Für Jim Murray ist der Ballantine’s Finest einer der besten schottischen Blends Auch spannend: Whisky-Experte Jim Murray hat den Ballantine’s Finest in seiner «Whisky Bible 2022» zum «Scotch blend of the year» gekürt und ihm sagenhafte 96 von 100 Punkten verliehen; damit liegt er auf dem Level eines 15-jährigen Highland Park oder um einen Blended Scotch aus der « Whisky Bible 2022 » zu nehmen, eines Royal Salute 21 Years. Beide kosten (weit) über 100 Franken.
Der Royal Salute 21 Years liegt zumindest preislich meilenweit vom Ballantine’s Finest entfernt; er geht für 180 Franken über den Tresen Seien wir ehrlich: Jim Murray stösst Whisky-Fans mit seinen Benotungen gerne vor den Kopf. Deshalb lassen wir sein Urteil sowie den Billig-Billig-Preis des Ballantine’s Finest links liegen und gehen so objektiv wie möglich ans Tasting. In der Nase rieche ich viel Malz, fühle mich sogar an Bier erinnert. Dieser Blend duftet zudem fruchtig und süss. Hinzu kommen etwas Vanille, Schokolade und Eichenholz. Im Mund ist er butterweich, mit Eichenholz und Vanille. Er macht sich malzig-süss im Gaumen breit, ohne jegliche Bitterkeit. Ich nehme nur einen Anflug von Rauch wahr und sehr wenig Würze. Der Abgang ist kurz wie ein Schottischer Sommer, süss und mild – mit etwas Rauch und einer Prise Würze. Kurz und gut: Der Ballantine’s Finest ist ein sehr einfacher, süffiger Geselle. Er trinkt sich fast wie Wasser. Einen solchen Scotch kann man problemlos wie Richard Burton im Film «Wer hat Angst vor Virginia Woolf?» glasweise runterkippen.
Auf Komplexität wurde verzichtet; dieser Scotch ist auf optimale Trinkbarkeit frisiert. Der Ballantine’s Finest ist wie ein japanischer Kleinwagen: Er bringt Dich zuverlässig, ohne Panne und Holpern, aber unspektakulär ans Ziel (welches das auch immer ist). Er ist keine Herausforderung, aber auch kein Erlebnis. Mir kommt der golden leuchtende Koffer aus dem Film «Pulp Fiction» in den Sinn. Es gäbe im Ballantine’s Finest so viel zu entdecken. Nur ist das alles in den Tiefen dieses Blends eingesperrt; ich schaffe es nicht, heranzukommen. Auch in «Pulp Fiction» erfahren wir nie, was sich Wertvolles in dem Koffer verbirgt.
Würde ich ihn wieder kaufen? Nein! Er ist mir zu flach, zu malzig, zu banal. Bei jedem Schluck frage ich mich: Kommt noch was? Das frustriert. Ich gebe die 15 Franken lieber für zwei gute Glas Bier aus. Die nähren zudem genauso gut wie ein Bio-Avocado-Kresse-Frischkäse-Vollkornbrot-Sandwich.
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Zaubertrank - Glühwein
Vergesst den klebrig-süssen Sirup, der auf vielen Weihnachtsmärkten als Glühwein ausgeschenkt wird. Wir nehmen Euch mit auf eine Reise durch Zeit und Raum, um nach Rezepten für richtig guten Glühwein zu forschen.
Adventszeit ist Glühweinzeit. Der warme Gewürzwein sorgt nicht nur für Stimmung, sondern hat weitere positive Eigenschaften. Die liechtensteinische Gesundheitskasse meint : «Glühwein beugt – in Massen getrunken – Krankheiten wie Erkältungen und viralen Infektionen der Lunge vor. Das liegt zum einen an der antiviralen Wirkung der im Wein enthaltenen Tannine und zum anderen an der antiviralen und antibakteriellen Wirkung der Nelken.» Also hoch die Tassen und runter damit …
Leider haben viele Weihnachtsmärkte etwas missverstanden: Glühwein ist kein klebrig-süsser Hustensirup, sondern ein schmackhafter, stärkender und wärmender Trunk. Das wussten bereits die alten Ägypter. Auch sie mischten Gewürze und Kräuter in ihren Wein. Das verbessert nicht nur den Geschmack, sondern der Alkohol löst die Wirkstoffe aus den Ingredienzien. Laut Forschern der «University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology» in Philadelphia vermählten die Ägypter unter anderem Koriander, Melisse, Minze, Rosmarin, Salbei und Tannenharz mit dem vergärten Traubensaft. Ob sie diesen warm getrunken haben, lässt sich ohne Originalrezept bedauerlicherweise nicht nachvollziehen. Ich tippe wegen der dortigen Temperaturen aber eher auf kalt.
Auch im antiken Griechenland und im alten Rom wusste man um die positive Wirkung von Gewürz- und Kräuterweinen. So soll der bekannte griechische Arzt Hippokrates Wermutwein gegen verschiedene Gebrechen verschrieben haben. Und vom berühmten römischen Koch Caelius Apicius ist ein Kochbuch unter dem Namen « De re coquinaria » («Über die Kochkunst») überliefert. Darin findet sich ein Rezept für einen Gewürzwein namens «Conditum Paradoxum». Er besteht aus Wein, Honig, Mastix (ein Baumharz), Pfeffer, Lavendel, Safran und Dattelkernen. Das Originalrezept findet Ihr hier . Folgend eine vereinfachte Variante:
1 Flasche Retsina (weisser, griechischer Harzwein; gibts zum Beispiel hier oder etwas edler hier )
100 Gramm Honig
9 Gramm gemahlener schwarzer Pfeffer
1 Prise Safran
1 Prise getrocknete Lavendelblüten
2 geröstete Dattelkerne
150 Milliliter des Weines mit dem Honig und den Gewürzen kochen, bis sich der Honig aufgelöst hat. Sobald das Gemisch abgekühlt ist, den restlichen Wein zugeben. Wichtig ist es, nicht den ganzen Wein aufzukochen, sonst verdampft zu viel Alkohol. Der Trunk einen Tag bis zwei Tage ziehen lassen und danach absieben. Der Gewürzwein kann kalt oder warm genossen werden (nicht aufkochen, sonst geht zu viel Alkohol flöten. Darum sollte Glühwein nie über 78 Grad Celsius erhitzt werden; ab dann verdampft der Alkohol).
Was für Römer gut ist, schadet Rittern nicht. Auch an den Höfen von Königen und Adligen wurde im Mittelalter gerne den gewürzten Weinen zugesprochen; das einfache Volk konnte sich die teuren Gewürze nicht leisten. Sehr beliebt war der Hypocras – ein gesüsster Wein, der mit Gewürzen wie schwarzem Pfeffer, Ingwer, Galgant, Gewürznelken, Majoran, Muskatnuss und Zimt vermischt wurde. Rosenwasser und Orangenblüten fanden ebenfalls ihren Weg in den Hypocras. Serviert wurde das Getränk warm oder kalt. In Basel scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Dort wird der Hypocras/Hypokras noch heute beim Jahreswechsel getrunken. Das Rezept dazu (nach Betty Bossi ):
7,5 Deziliter Weisswein
1 Liter Rotwein
3 Esslöffel Orangensaft
1 Esslöffel Zitronensaft
220 Gramm Zucker
3 Gewürznelken
1 Zimtstange
1 Esslöffel Kardamomkapseln (nur Samen)
0,25 Teelöffel Muskat
1 Stück Ingwer in Scheiben
Den Weisswein mit allen Zutaten, aber ohne den Rotwein aufkochen. Umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Etwas abkühlen lassen. Nun den Rotwein dazugiessen. Ein bis zwei Tage ziehen lassen und absieben. Anschliessend fünf weitere Tage kühl und dunkel ziehen lassen.
Von Basel reisen wir nach Schweden. Dort nennt sich der Glühwein schlicht Glögg. Das Sympathische an den Skandinaviern. Wenn sie dem Alkohol zusprechen, dann richtig. Darum hat es im Glögg nicht nur Wein, sondern auch Rum. Es ist schliesslich kalt dort oben, darum braucht es ein wenig mehr Heizstoff. Ein Rezept für schwedischen Glögg habe ich hier gefunden:
1 Liter Rotwein
8 Zentiliter Rum
100 Gramm Zucker
1 Zimtstange
20 Gramm frische Ingwerscheiben
2 Teelöffel Kardamom-Pulver
4 Gewürznelken
100 Gramm Rosinen
50 Gramm abgezogene Mandelstifte
Den Rotwein mit Rum und allen Zutaten bis auf die Mandelstifte erhitzen, aber nicht kochen (Ihr wisst: Wir wollen den Alkohol nicht verdampfen). Umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Den Glögg über Nacht ziehen lassen und danach absieben. Die Rosinen dürfen drinbleiben. Vor dem Servieren wird der Schwedentrunk erhitzt und mit den Mandelstiften garniert. Wer eine hiesige Variante des Glöggs kreieren möchte, kann statt Rum einen feinen Obstbrand verwenden.
Zum Abschluss ein traditionelles Schweizer Glühweinrezept, den auch dieser schmeckt selbst gemacht mit frischen Zutaten am besten. Es basiert auf Betty Bossi .
1 Liter Rotwein
150 Gramm Rohzucker
1 Bio-Orange
2 Zimtstangen
3 Gewürznelken
1 Messerspitze Muskat
Die Orange in Scheiben schneiden und mit den anderen Zutaten in der Pfanne erwärmen (nicht kochen … Ihr wisst: Der Alkohol ist unser Freund). Solange umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Zimtstangen und Nelken entfernen. Noch warm in Tassen oder Gläser geben und servieren. Nach Wunsch mit einem Schuss Schweizer Obstbrand verfeinern. Wohl bekomms!
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Wolfstour - Bierliebe(andfriends).ch
Gutes Bier muss man einfach lieben! Niemand weiss das besser als Alexandra und Raphael, die der Wermutwolf an einem herbstlichen Freitagmittag in ihrem Restaurant, mitten im Zentrum von Luzern, besucht. Nach der aufmerksamen Lektüre dieses Berichts könnt ihr zudem tolle Preise gewinnen!
Während ich den kurzen Spaziergang vom Bahnhof Luzern zu ihrem hopfigen Domizil direkt an der Reuss zurücklege, begegnen mir gefühlte 200 asiatische Touristen. Eine entsprechende Menschentraube steht auch vor der Pizzeria neben « Bierliebe & Friends ». Dabei denke ich: «Mensch Leute! Ihr geht nun in ein Lokal, in dem ihr wie in tausend anderen Pizzas spachteln werdet, und seht das Lokal nicht, in dem ihr eine einzigartige Auswahl an Schweizer Craft-Bieren bekommen könntet. Wenn ich euch wäre, würde ich den Guide wechseln …» Als ich eintrete, empfängt mich Alexandra – mit der ich mich bis zu diesem Treffen korrespondiert hatte – unerwartet mit etwas Kleinem, lebendigem auf sich; ihrer vier Monate alten Tochter, ihrem zweiten Kind. Sie und Raphael haben bereits einen zweijährigen Sohn.
Ihr Mann Raphael stösst kurz darauf dazu. Er begann diese ganze Bier-Odyssee vor etwa acht Jahren, als er die vielen unabhängigen Schweizer Bierbrauereien anfragte, was sie von seiner Idee hielten, Abonnements anzubieten, bei denen der geneigte Bierliebhaber jeden Monat verschiedene Craft-Biere aus der Schweiz bis vor die Haustür zugestellt bekommt. Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden. Auch bei mir selbst. Begonnen hatte es damit, dass ich meinem Vater Anfang 2021 ein Geschenk-Abo zum Geburtstag überreichte. Im Herbst desselben Jahres abonnierte ich für mich selbst ein Liebhaber-Abo , das mir seither mit monatlich wechselnden acht mal drei verschiedenen Bieren konstante Freude bereitet. Beschreibung: «Ideal für alle Bierliebhaber mit grossem Durst, Gruppen, Vereine oder als Feierabendbier in der Firma.» Tja, ich bin keine Gruppe und auch kein Verein, verfüge aber tatsächlich über grossen, wermutwölfischen Durst …
24 Flaschen Genuss. Hier der Rückblick auf die diversen vergangenen Monatslieferungen: https://www.bierliebe.ch/biersorten/ Anfänglich betrieb Raphael das Hobby noch aus dem Elternhaus heraus, bis irgendwann die Garage, Waschküche etc. mit Bieren vollgestopft waren, und seine Eltern meinten, das sei ja eine tolle Sache mit diesen Bierlieferungen und so, aber ob er nicht vielleicht einmal ein Lager zu mieten in Betracht ziehen wolle … Gesagt, getan, doch auch dieses Lager wurde zu eng. Mittlerweile stösst das 290-Quadratmeter-Lager in Rothenburg langsam ebenfalls an Kapazitätsgrenzen. Seine Eltern helfen aber nach wie vor, wo sie können – sei es bei der Vorbereitung der Versandkartons oder in der Betreuung von Kind 1. Früher hatten sie auch geholfen, Bier auszuliefern. Irgendwann begannen die Post-Angestellten Raphael zu fragen, was er da eigentlich tue, da er so oft Pakete aufgab. Nachdem er die Situation erklärt hatte, erfuhr er, dass das auch einfacher geht, und er eine Lizenz für seine Massenversände erhielt. Heute bieten sie verschiedene Bier-Abos an; sehr beliebt ist das Geschenk-Abo, bei dem man ein Bier-Abo für drei, sechs oder zwölf Monate verschenken kann.
Raphael erklärt mir das Flaschen- und Dosenangebot Raphaels und Alexandras Background ist in der Unternehmensberatung, bei PWC, wo sie sich kennenlernten. Obwohl sie keinerlei Gastro-Erfahrung hatten, half ihnen diese Berufserfahrung sicher dabei, sich selbstständig zu machen. Wie furchtlos sie in derlei Geschäften vorzugehen wagen, zeigte sich schon bei frühen Experimenten, etwa als sie an einem Event versuchten, die Besucher mit hedonistischen American Hot Dogs zu beglücken – wie erwähnt, ohne wirklich zu wissen, was sie da genau taten. Das hat funktioniert, dank Last Minute-Massnahmen ihrer Zulieferer und hinterliess Spuren bis zur heutigen Speisekarte in ihrem « Bierliebe & Friends »-Restaurant, wo die heissen Hunde ebenso auf der Speisekarte zu finden sind. Im April 2019 war es dann so weit. Die Eröffnung des Luzerner Restaurants war Tatsache. Die ursprüngliche Idee, diese unglaubliche Vielfalt der Schweizer Bierbrauer den Menschen gastronomiemässig nahezubringen, wurde realisiert. Zwölf Bierzapfhähne sind mit zwölf für alle ersichtlichen Tafeln beschrieben, wo sich die Angestellten immer wieder aufs Neue kreativ verwirklichen können, denn wie bei den Abos wechseln auch bei den Zapfhähnen die Biere laufend.
Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass das Nachfüllen des Offenbiers gut geht und nicht zuerst nur Schaum aus dem Zapfhahn kommt Einige Monate nach der Eröffnung rollte die Corona-Welle über die Welt, und leider nicht eine des gleichnamigen Bieres. Der erste Lockdown war noch verkraftbar gewesen, und auch nicht ausserordentlich lang andauernd. Beim zweiten Lockdown Ende 2021 gab es dann schon einige schlaflose Nächte auszuhalten, wo man nicht mehr so genau wusste, wie man kalkulieren sollte/könnte. Was nicht einfach war für ein Unternehmerpaar, das ihren Betrieb mit vermutlich mehr Excel-Tabellen betreibt als viele andere. Einige der schönsten Erfahrungen, die das junge Unternehmerpaar mit ihrem Bier-/Gourmet-Tempel gemacht hatten, geschahen, als ihre Stammgäste nach dieser schwierigen Zeit wieder kamen und die wiedergewonnene Freiheit dafür nutzten, vorsätzlich noch das eine oder andere Bier mehr zu bestellen. Die «Bierliebe»-Abonnements erfuhren in diesen schwierigen Jahren zwar einen weiteren Schub, konnten aber das Minus des neuen Lokals nicht kompensieren.
Die famose Aussicht auf das berühmte Luzerner Wahrzeichen Ich empfand Bemerkungen aus dem persönlichen Umfeld stets als zynisch, die meinten, dass die Gastro-Betriebe, die in dieser Zeit pleitegingen, ja sicherlich schon vorher nicht gut gewirtschaftet hätten. Diese Leute verstehen nicht, dass die Gastronomie oft mit sehr tiefen Margen kalkulieren muss und gerade Neugründungen auf verlässliche Geschäftsgrundlagen angewiesen sind. Wir lassen es uns oben, in der ersten Etage, mit Blick auf die Kapellbrücke, kulinarisch gut gehen. Platz hat es insgesamt für etwa 70 Personen. Tagsüber sind es vorwiegend Touristen, und abends kehrt sich das Verhältnis zugunsten der Einheimischen um, die wissen, dass es hier tolle Biere zu trinken gibt. Mittlerweile gäbe es auch so einige, die primär für die Speisen einkehrten.
Im ersten Stock hat man den Überblick, woher die zwölf Biere kommen Natürlich muss ich, will ich die beiden fragen: «Was für Bier mögt Ihr am liebsten?» Alexandra antwortet zuerst, sie mag Pale Ales am besten. Und Raphael ist auch in dieser Ecke zu Hause, er mag – wie ich auch – IPAs am liebsten. Als ich frage, was sie abseits von Bier am liebsten trinken, meinen beide, dass es Wein sei, obwohl sie dort nicht so Experten seien wie beim Bier. Raphael und Alexandra verfügen beide über ein Bier-Sommelier-Diplom, von dem her ist das nachvollziehbar. Wie kürzlich bei einem anderen Unternehmerpaar in ihren 30ern, frage ich auch sie, wie sie sich die Arbeit untereinander aufteilen. Das finde ich immer unheimlich spannend, denn ich vermute, dass wenn man das nicht möglichst optimal auf die Reihe bekommt, es echt schwierig sein kann – sowohl beruflich als auch privat. Freimütig geben sie zu, dass das ein Findungsprozess war und ist, der im Laufe der Zeit angepasst werden musste. In früheren Modellen sei es beispielsweise zu Situationen gekommen, in denen sie sich kaum mehr sahen, was natürlich kein Dauerzustand sein kann. Momentan sei die Aufteilung grob so, dass Alexandra für das Restaurant und Raphael für die Abos zuständig sei.
Natürlich trinke ich beim Besuch India Pale Ale … Ferner gibt es da auch noch ihr Biervelo , ein Drahtesel mit 3 x 20 Liter Craftbeer im Kasten, sodass bei entsprechenden Anlässen auch mobil keine Bierliebe-Kehle trocken bleiben muss. « Bierliebe & Friends » ist ein Lokal ganz nach meinem Geschmack. Es ist gemütlich, man fühlt sich wohl darin. Die Gastgeber sind grundsympathische Leute und man bekommt darin echt gutes Bier. Wie oft war ich schon in Lokalen, wo meine Liebe für Bier enttäuscht worden ist? Grob geschätzt vermutlich so gegen 70 bis 80 Prozent der Fälle. Hier kann das nicht passieren. Ein wahrer Bier-Safe-Place. Herrlich, gerade weil so selten! Sie bieten überwiegend lokale Produkte an, mit zwei Ausnahmen: Apérol und Coca-Cola. Diese Produkte werden so häufig nachgefragt, dass man sie ganz einfach anbieten müsse.
Bei den Chips haben sie die « Treber-Tschipps » von der Appenzeller Brauerei Locher im Angebot, die aus dem Nebenprodukt des Brauprozesses gemacht werden. Auch hier: nachhaltig-lokal. Ich versuchte in der Zwischenzeit diejenigen mit Meersalz, andere mit Paprika und jene mit Rosmarin/Kräuter. Allesamt sind sie sehr lecker! Natürlich muss man mit höheren Kosten kalkulieren, wenn man auf günstige Massenware verzichtet, doch dadurch entsteht ihr USP, ihr Alleinstellungsmerkmal; lokale Qualität. Sie kennen ihre Zulieferer gut und können sich auf sie verlassen. Ich frage sie, was sie denken, weshalb der Bierkonsum in der Schweiz seit vielen Jahren rückläufig ist. Vor etwa 20 Jahren waren es noch etwa 20 Liter mehr pro Person und Jahr. Raphael äussert seine Vermutung, dass es zum einen dem allgemeinen, gestiegenen Gesundheitsbewusstsein und zum anderen dem immer grösseren Angebot geschuldet sein könnte. Dass jemand, der früher mehr Bier getrunken hat, mittlerweile mehr auf Apéritifs, Weine, Gin usw. verlagert hat.
Auf ihre Zukunftspläne angesprochen, meinen sie, dass ihre Mission weiterhin sei, die Biervielfalt der Schweiz zu fördern, unter anderem durch weitere Angebote von « Bierliebe » im Versandbereich und allenfalls auch mit weiteren Standorten ihres Gastroangebots. Ihre Grosszügigkeit für Wermutwölfe kennt keine Grenzen: Sie übergaben uns drei supertolle Wettbewerbsgewinne zur Verlosung :
Ein «Bierliebe»-Geschenk-Abo für 3 Monate (Bier-Abo für drei Monate, jeweils drei verschiedene Biere à je zwei Flaschen) im Wert von Fr. 89.90
Ein «Bierliebe»-Degustationspaket (Ein Bierpaket mit sechs verschiedenen Bieren, zwei Treber Tschipps, zwei Biergläser) im Wert von Fr. 49.90
Ein «Bierliebe»-Kennenlernpaket (Ein Bierpaket mit drei verschiedenen Bieren à je zwei Flaschen) im Wert von Fr. 31.90
Wenn Ihr nun also feine, hopfige Geschenke ergattern wollt, dann schreibt an [email protected] die Antworten auf folgende Fragen:
Wie viele wechselnde Offenausschank-Zapfhahne hat es im « Bierliebe & Friends »-Restaurant?
Was gibt es für Geschenk-Abos respektive mit welchen Laufzeiten?
Was für Biere trinken Raphael und der Autor dieses Artikels am liebsten?
Adresse angeben nicht vergessen. Cheers!
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Mein erstes Mal - Underberg
Appenzeller, Chartreuse, Jägermeister – diese Kräuterliköre sind mir zu süss. Also habe ich mich auf die Suche nach einem Kräuterschnaps ohne Zucker gemacht … und bin fündig geworden. Er heisst Underberg , kommt aus Deutschland und enthält «Kräuter, Alkohol, Wasser und sonst nichts». Wird er mein Herz erobern?
Wie der französische Chartreuse gibt auch der Underberg seine inneren Werte nicht preis. Seine Rezeptur kennen nur fünf «Geheimnisträger». Ob er so viele Kräuter wie der Chartreuse (130 sollen es sein) beinhaltet, verraten die deutschen Kräutermagier nicht. Doch so viel ist bekannt: Der Underberg ist im Herzen eigentlich kein Deutscher, sondern ein Weltenbummler; sein Geschmack verleihen ihm Pflanzen aus 43 Ländern. Weder Farbstoffe noch Zucker dürfen ihn berühren – nur Kräuter, Wasser und Alkohol. Hergestellt wird er seit 1846. Das fertige Kräuterelixier reift in Fässern aus slowenischer Eiche, bevor es in kleine 2-cl-Fläschchen abgefüllt wird. Äusserlich gibt sich der Underberg ebenfalls zugeknöpft: Die Portionenflaschen sind in braunes Papier eingewickelt.
Laut den Machern « hält das Strohpapier den Flaschenhals hygienisch rein und schützt den Kräuter-Digestif vor Lichteinflüssen ». Warum die kleine Flasche? Sie wurde 1949 eingeführt, da im Nachkriegsdeutschland viele sehr arm waren; ein 2-cl-Fläschchen konnten sich allerdings die meisten leisten (auch heute ist er mit Fr. 4.50 für drei Flaschen erschwinglich). Mehr als eine kleine Flasche braucht es aber auch nicht, denn der Underberg ist mit 44 Volumenprozent alles andere als ein Schwächling. Zudem: Er ist ein Magenbitter, «Verdauerli» oder im heutigen Jargon Kräuter-Digestif; den kann man nur bei akutem Geschmacksverlust glasweise kippen, selbst als Wermutwolf . Auch wenn der Darsteller in der Werbung aus den 1950er-Jahren keine Miene beim Trinken verzieht und sein Dauergrinsen behält … und ihn vor dem Essen und nicht nach dem Essen zu sich nimmt.
Aber damals war man nicht so zimperlich wie heute. Das Motto lautete «Täglich Underberg und Du fühlst Dich wohl» … am besten vor und nach dem Essen.
Bei schlechtem Schlaf ebenfalls.
Oder im Zug; also einfach immer und überall.
Auch in den 1970er-Jahren war es so, dass der Underberg einem «jeden Tag über den Berg hilft».
Und weil die Ohrwurmmelodie (denkt Ihr auch an «Frölein, heit dir mis Hündli gseh?») so schön ist, gleich nochmals:
Die neuere Werbung ist leider nichtssagend: Werden da Instrumente, Pauschalreisen, Kopfhörer … oder was eigentlich angepriesen? Passt aber gut in die aktuelle «Keine Aussage ist die beste Aussage»-Zeit. Wegen der Altersbeschränkung gibts die nur direkt hier bei YouTube . Doch wir vom Wermutwolf haben eine Meinung, sagen diese und stehen dazu. Darum … Trommelwirbel … mein erstes Mal Underberg. Die Flasche ist schnell entblättert und verströmt nach dem Öffnen einen starken Duft nach Nelken. Ausserdem rieche ich Anis und Zimt, gepaart mit Süsse. Ich denke sofort an Schmorbraten, Kartoffelstock und braune Sosse … an Herbst, Winter und Weihnachten. Getrunken wird er laut Herstellern bei Zimmertemperatur und auf ex; also runter damit. Im Mund bricht die Hölle los: Der Underberg ist bitter, und ich meine damit: verdammt bitter.
Es dominiert der Nelkengeschmack, Süsse spüre ich keine; nur Schärfe und Bitterkeit. Er riecht besser, als er sich trinkt – obwohl ich kein Fan von Bratensosse im Glas bin. Im Abgang spüre ich das Brennen der 44 Volumenprozent, weich ist der Underberg nicht; Nelke und Bitterkeit hängen länger als ich mir wünsche auf der Zunge. Mein Urteil:
Ich bin froh, dass ich keine Magenprobleme habe und auch ohne Underberg tagtäglich über den Berg komme. Schade nur, dass ich nie eine der Prämien wie einen Underberg-Schlüsselanhänger, eine Nostalgie-Blechkarte oder den tollen Underberg-Gurt bekommen werde; die gibt es nämlich fürs Sammeln und Einschicken der Plastikdeckel .
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Die Schweiz brannte lichterloh!
Am vergangenen Samstag war es also wieder so weit: Fasnachtsbeginn! Haha, nein, natürlich meine ich den alljährlichen Destillerien-Event "Die Schweiz brennt!", zu dem wir hier kürzlich einen Vorbericht mit Tasting veröffentlicht hatten. Es stellte sich die Frage, wohin wir am Veranstaltungstag selbst gehen werden. Für mich als Zürcher gschämig: In der Stadt Zürich machte rein gar niemand mit. Im Wallis, Tessin und Graubünden fast niemand. Es sollte nicht allzu weit entfernt und möglich sein, mehrere Brennereien zu besuchen, ohne dabei jedes Mal eine halbe Weltreise zurücklegen zu müssen.
Wenn man sich nun die Karte der teilnehmenden Brennereien anschaut, war schnell klar, wohin der Wildwechsel führen würde: Zum malerischen Vierwaldstättersee. Da der alkoholisierte Event seltsamerweise tagsüber stattfindet, also je nach dem von circa 10 Uhr morgens (was halt schon noch etwas früh ist, um sich einen hinter die Binde zu kippen) bis circa 17 Uhr abends (was normalerweise eher der Beginn der Cocktail Hour ist), und wir nicht in Stress verfallen wollten, haben wir uns für ein Maximum von drei Destillerien entschieden: Zuerst zur Brennerei Stalder in Weggis, anschliessend zum Sigrist Weingut Letten in Meggen und abschliessend zur Distillerie Studer , mitten in der Stadt Luzern Wir beginnen also ländlich, verschieben dann in Richtung Agglomeration, und beschliessen den Ausflug in der urbanen Leuchtestadt.
Der Brennerei-Marathon beginnt! Abfahrt nach 10 Uhr morgens, kamen wir um 11 Uhr in Weggis an. Dies ist der Ort, von wo aus mit einer Seilbahn der Rigi erreicht wird. Und PS: bei diesem Reiseziel empfehle ich, ins Kräuterhotel einzukehren. Ein wundervoller Ort, mit herrlichem Essen und tollen Drinks, v.a. erwähnenswert finde ich ihr hauseigener Gin Tonig - ein Hochgenuss! Wer unsere AGB ’s gelesen hat, weiss: Wenn wir Wermutwölfe schwärmen, dann tun wir das von innen (vom Herzen), nicht von aussen (vom Portemonnaie von Geldgebern) her.
Obwohl noch Morgen ist, finden sich doch schon einige Besucher ein. Die Gastgeber haben sowohl drinnen wie auch draussen eindrücklich mit reichlich Leckereien, sowohl in flüssiger als auch essbarer Form, aufgedeckt. Wir gehen aber zuerst gleich rein in die gute Brennstube, wo Xaver Stalder bereits einer Gruppe Interessierter am lebenden Objekt erklärt, wie seine tollen Produkte entstehen. Es werden viele Fragen gestellt. Obwohl an diesem Tag eher nasskaltes Hudelwetter herrscht, ist es in diesen Räumen natürlich immer schön warm. Wir hatten ausserdem Glück: Wann immer wir dislozierten, regnete es kaum.
Xaver Stalder erklärt geduldig alles Wissenswerte zur Brennkunst. Als wir schliesslich im Aussenbereich zur Degustation schreiten, springt mein Herz vor Freude, als ich verschiedene Whiskys zur Probe erhalte, die bis zu acht Jahre lang gelagert wurden. In der Schweiz gibt es ja noch nicht sehr viele davon. Vor allem der 8-jährige Whisky aus Fass 3 ist ein Erlebnis, sehr gehaltvoll, langer Abgang, hervorragend!
Auch der "Wäggiser Äntebüsi" (33%, sehr süffig) und der Rigi Bergkirsch (41%, schön voller Mandelgeschmack) munden ausgezeichnet. Was an diesem Hof auffällt, ist die grosse Familie, welche überall auf die eine oder andere Art mithilft. Bei der Bar steht ein grosses Kässeli, wo man sich an all diesen Gaumenfreuden finanziell beteiligen kann. Naturgemäss decken solche Spenden kaum die getätigten Ausgaben. Ich hoffe, dass sich viele Neugierige bei Stalder über den Tag hinweg eingefunden haben, damit sich der Anlass trotzdem auszahlt. Es wäre sehr verdient. Weiter geht es nach Meggen, zum Sigrist Weingut Letten, nur etwa 15 Minuten von Weggis entfernt. Man sieht auf den ersten Blick, hier wirkt alles frisch, neu. Die ganze Anlage ist ungefähr vier Jahre alt und hochmodern ausgerüstet.
Wir werden von Conny und Kari Sigirist empfangen und bestens unterhalten. Brennmeister Kari zeigt uns alles ganz genau, von den Rohstoffbehältern, zum Brennvorgang, dem Fasslager, der computergesteuerten Energieversorgung und mehr.
Kari zeigt wie's geht. Anschliessend bewundern wir den atemberaubenden Ausblick von der Terrasse über See und Berge aus, bevor wir im Café-/Barbereich zu den Verkostungen schreiten. Ich interessiere mich zuerst für den im Lohnbrand hergestellten Cannabis-Gin, da ich den herb-krautig-grasigen Geschmack des Hanfs gerne mag. Zuhause habe ich einen Cannabis-Absinth, der mir sehr gut schmeckt, und so war ich nun auf die Gin-Variante gespannt. Ich wurde nicht enttäuscht und ersteigerte mir davon eine Flasche. Ebenso wie vom Cognac, äh Pardon: Brandy . 10 Jahre im Eichen-Barriquefass gelagert, begeistert er mit Komplexität und einem langen Abgang.
In diesem Tank lagert der Cannabis-Gin noch mit einem wesentlich höheren Alkoholgehalt als später in der Flasche… (74% versus 42%) Was immer äusserst interessant ist, sind Kostproben von verschiedenen Produkten der selben Getränkegattung. Conny schenkt mir drei verschiedene Grappa’s, äh Pardon: Marc’s ein. Zuerst den fruchtig-klassischen 1-jährigen aus dem Stahltank, gefolgt vom süsseren 3-jährigen (ebenfalls Stahltank), bevor dann mit dem 5-jährigen "Sélection l’Amour" aus dem Eichen-Barriquefass das Marc-Tasting seinen Höhepunkt erreicht. Obwohl ich nie ein grosser Grappa-Konsument war, staune ich ob der hohen Kunst, welche mir hier serviert wird. Alle drei werden mit 40 Volumenprozenten abgefüllt.
Danke für die herzliche Bewirtung, Conny! Wir beenden unsere Odyssee wie erwähnt nach weiteren ca. 20 Minuten in Luzern, unweit der Kapellbrücke, bei der Distillerie Studer. Im Vorbericht haben wir ihren Dry Gin und den Caramel-Likör probiert. Die Caramel-Zeltli aus der Confiserie Studer können hier komplementär versucht werden.
Der "Brennpunkt" an der Gerbergasse Schon von weitem sieht man die Feuersäule ihres "Brennpunkts". Wir versuchen hier ihren beerigen Negroni und verkosten das Gin-Fondue. Dieses war so lecker, dass wir kurzerhand beschlossen, zum frühen Znacht ein Fondue im bekannten Stadtkeller essen zu gehen.
Ein Schaufenster auf dem Weg zum "stillen Örtchen" Ein echter Wermutwolf wählt natürlich selbst nach einem so hochprozentigen Tag das Fondue mit Kirsch-Beigabe, welches eine schöne Würze verleiht. Und das hauseigene Bier, mit Pilatus-Quellwasser gebraut, gefällt ebenfalls.
Ich lasse den Tag bierselig Revue passieren und realisiere: Trotz allen leckeren Verkostungen sind es die Gespräche, welche den Tag speziell gemacht haben; über die Schwierigkeiten mit Obst-Schädlingen, Ernteprozesse, wann man sich auf die Technik und wann doch eher auf die guten, alten menschlichen Sensoren verlässt, über die Wege, welche die Menschen zurückgelegt haben, Familienanekdoten, wo man mit gesetzlichen Richtlinien zu kämpfen hat, die verschiedenen möglichen Arten die Alkoholsteuern zu entrichten, Küfereien, und vieles mehr.
Ich werde mir bewusst, dass ich vor kurzem hier in Luzern bereits einen tollen Tag verbringen durfte, primär um das sehr sympathische Unternehmer-Paar von Bierliebe (& Friends) zu treffen. Bei diesem Artikel, der in Kürze erscheinen wird, gibt es dann wieder flüssige Kostbarkeiten zu gewinnen. Also stay tuned!
Nur ungefähr 20 Autominuten von hier entfernt, fand ebenfalls am Samstag, 11.11. ein bizarres Traditionsritual in Sursee statt, wovon die klassischen Newsmedien natürlich gerne berichten: Die Gansabhauet , bei dem versucht wird, einer toten Gans mit einem stumpfen Säbel den Kopf abzuschlagen… Ich denke aber, dass ich mich für den besseren Anlass entschieden hatte. Ich erlebte einmal mehr, in welcher hohen Qualität die hiesigen Destillerien produzieren, was in mir eine Mischung aus Stolz, Genugtuung und Dankbarkeit hinterlässt. In die Welt der Brennereien einzutauchen ist immer wieder faszinierend, lehrreich, spannend. Von mir aus könnte dieser Tag jeden Monat stattfinden…
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Wolfstour - Die Schweiz brennt!
Bereits im achten Jahr findet dieser Anlass in Kürze, am Samstag, 11. November 2023, erneut statt. Dutzende Schweizer Destillerien öffnen ihre Tore und vermitteln der Bevölkerung aktiv die hohe Kunst des Brennens. Natürlich wird dann auch der Wermutwolf vor Ort sein. Vielleicht zieht es auch Dich diesen Samstag raus, dorthin wo alle diese köstlichen alkoholischen Genüsse entstehen und zelebriert werden? Dann solltest du unseren Vorbericht schauen. Wir unterbreiten dir ein paar Vorschläge, wohin du gehen könntest und was es dort feines zu probieren gibt:
Den Wermutwolf erreichen noch immer News zum Event, welche zu spät für unsere Video-Aufnahme eingetroffen sind. Beispielsweise von Dani, dem Chef von Maygreen , welcher aber eine gute Entschuldigung für die späte Zustellung hat: Er hat Tag und Nacht Gin gebrannt, um am 11. November ihre vier Jahreszeiten-Gin’s vorstellen zu können. Der Frühling als Blütenwiese, der Sommer ein exotischer Beach-Frucht-Cocktail, beim Herbst meinte er, dass Nebel schwer einzufangen sei, er aber Steinpilze gefunden habe, und der Winter, stark und würzig, sei eine Art Lebkuchen in flüssiger Form. Wir finden, das klingt doch sehr schmackhaft. Seine Anmerkung zu seinem im Video verkosteten sizilianischen Blutorangen-Geist werde ich noch überprüfen: Er meinte, dass dieser hervorragend zu einem Espresso passen würde. Wenn es ein Profi sagt, wird es ja vermutlich schon stimmen… Und dann erreichte uns von der ebenfalls im Video behandelten Distillerie Studer in Luzern noch die Kunde, dass sie jetzt auch noch ihr Programm für diesen speziellen Tag finalisiert haben: https://www.distillery.ch/schweiz-brennt-besuchen-sie-uns-am-11-november-in-luzern/ Die Links zum Event und zu den besprochenen Destillerien: - https://www.die-schweizer-brenner.ch/die-schweiz-brennt/ - https://distilleriestillerie.ch/ - https://distillerie-wanner.ch/ - https://www.stadtbrennerei.ch/ - https://maygreen.ch/ - https://www.humbel.ch/ - https://www.distillery.ch/ - https://www.etter-distillerie.ch/de/ - https://www.zgraggen.ch/ - https://www.orator.ch/de/ - https://www.macardo.ch/ Und unseren letzten Artikel auf Ron Orp , über den Brenner-Oscar "DistiSuisse" lohnt sich ebenfalls vorgängig zu lesen. C u there. Cheers!
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