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Wermutwolf

Wermutwolf

Wermutwolf

Urban Pro
Ort Zürich
Gegründet 2023
Follower 2
Wolfstour - DistiSuisse

Wolfstour - DistiSuisse

Liebe Ron Orper, bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, eine kurze Ergänzung zum Artikel der letzten Woche, als wir den Kentucky-Bourbon, mit dem Matthew McConaughey assoziiert wurde, behandelten. Nun erreichte uns die News, dass er ins Tequila-Lager gewechselt hat. And this is that...Der Wermutwolf startete vor gut einem halben Jahr, um sich in seinem Revier – der Welt der alkoholischen Getränke – umzusehen, umherzustreifen, zu beobachten, zu lernen und davon zu berichten. Diese Welt besteht auch aus Auszeichnungen, zähflüssigen Award-Shows.Man kennt das in den meisten Branchen: Award-Shows sind praktisch immer eine viel zu lange Angelegenheit. Sie folgen meist starren Stammesregeln, die seit vielen, vielen Jahren ritualisiert vorgetragen werden. Selbst die «Oscars» regen regelmässig zum hochfrequenten Gähnen an. Die vielleicht einzige, löbliche Ausnahme sind die «Golden Globes», bei denen Ricky Gervais den geladenen Reichen und Schönen immer wieder den satirisch zugespitzten Spiegel vorhält:Die DistiSuisse findet alle zwei Jahre statt und ist so etwas wie der Schweizer Brennereien-Oscar. Heuer, am 13. Oktober 2023 (Freitag der 13te!), fand die Prämierung in der schönen, alten «Basler Markthalle» statt, beginnend gegen 16 Uhr.In Basel, genauer Baselland, noch genauer Pratteln, war ich bereits in der Nacht zuvor. Dort veranstaltete eine britische Coverband von Led Zeppelin wieder einmal eins ihrer Z7-Konzerte. Normalerweise bekommt man in den Konzert-/Festival-Locations nicht so tolle Getränke. Die grossen Multis bieten so einiges, wenn man ihre Standard-Schlonze bezieht. Im immer wieder gerne besuchten Z7 bieten sie aktuell jedoch immerhin zwei verschiedene Single Malt-Whiskys an, einen «Oban» und einen «Laphroaig» (10-jährig). Da greift ein Wermutwolf natürlich bei beidem noch so gerne zu!Sogar mein Lieblings-Gin «Amuerte» wird hier ausgeschenkt!Am Tag danach also schon wieder zurück nach Basel. Dieses Mal in die Stadt. Und auch dort gab es guten Whisky. Auch Single Malt Whisky. Und vieles mehr. Doch zuerst wurde unsere Geduld und unser Sitzfleisch auf die Probe gestellt. Die Prämierung dauerte über anderthalb Stunden, wobei ich mich immer wieder fragte, weshalb man verschiedenste verwandte Gattungen nicht zusammenfasst und den Anlass damit würdevoll kürzt. Wobei man so etwas Ähnliches mit Fug und Recht auch über diesen Artikel sagen könnte …Die vielen Kategorien führten dazu, dass in der Kategorie «Aprikosenbrand» nur eine einzige Firma, die Distillerie Morand, für ihren «Abricotine AOP Valais», eine Goldmedaille holte, und man sich so das übliche Ritual vom Couvert öffnen, wer denn wohl den Kategoriensieg ergatterte, auch hätte sparen können …Anstehen, um hineinzukommen, wo Gold vergeben wirdDie dreiköpfige Jazz-Band, welche die verschiedenen Award-Kategorien gekonnt intonierten, bestand klar erkennbar aus versierten Künstlern und hielt uns musikalisch beschwingt bei Laune. Klassiker wie den «Alabama Song» der Doors wurden (instrumental) passend eingespielt. Im Geiste sang man mit: «Show me the way to the next Whisky Bar …»Markus Matzner, seines Zeichens Chefredaktor von Obst und Wein, führte routiniert moderierend durch den Nachmittag, immer wieder erzählend, wie er in der Vorbereitung zur Veranstaltung Chat GPT befragt, und welche meist sinnfreien Antworten er auf seine Fragen erhalten hatte. Der Wermutwolf kann hierzu auch ein Lied dazu singen, zumal diese künstliche Nicht-Intelligenz schwadronierte, dass Wermutwölfe Wesen aus Frank Herberts Kultroman «Dune – Der Wüstenplanet» seien … Die KI äussert sich entgegen dem Mega-Hype sehr oft wie ein Betrunkener im Paulanergarten. Aber okay, dazumals, bei unserem «Zürich Bier Festival»-Artikel, war der Chatbot auf der Höhe seines Könnens, und ziemlich gut drauf, immerhin.Gesamthaft waren es 135 Brennereien (plus 30 % gegenüber letztem Mal), die total 790 Produkte eingereicht hatten. Bei insgesamt 167 Gold- (91–100 Punkte) und 415 Silbermedaillen (81–90 Punkte) in 19 Kategorien ergibt das nach Adam Riese 582 Medaillenträger, was 74 % der eingereichten Proben zu Gewinnern macht, auch wenn die Silbermedaillenträger nicht auf die Bühne rauf durften. Die Teilnahmegebühr beträgt pro eingereichter Probe je nachdem Fr. 240.– (für die 1. Probe), Fr. 220.– (2. bis 4. Probe), oder Fr. 200.– (5. und weitere Proben). Rechnen wir mit durchschnittlich Fr. 220.– pro Probe, ergibt das ein Total von Fr. 173’800.–. Dafür muss man selbstredend etwas bieten können …Die Gruppe von Experten, welche die 790 Produkte innert drei Tagen bewerten durfte/musste, wird wie folgt beschrieben: «Die 30-köpfige Jury unter der Leitung von Jonas Inderbitzin von Agroscope besteht aus geschulten Verkosterinnen und Verkostern, die aus verschiedenen Tätigkeits- und Interessenskreisen kommen (z. B. Brennereiwesen, Wissenschaft, Handel, Gastronomie oder Fachpresse).»Was für ein Beruf!Solche «geschulten Verkoster» scheinen mir einen Platz im Olymp der coolsten Jobs der Welt verdient zu haben, zusammen mit Filmproduzenten, Klub-Besitzern, DJs, Rockmusikern, Profisportlern, Astronauten, Restaurant-Kritikern, Wetterschmöckern, und so weiter.Nach den 19 Goldmedaillen-/Kategorien-Gewinner-Zeremonien kamen noch ein paar Sonder-Awards dazu, dazwischen obligate Comedy-Einlagen, und danach wurden wir in die Freiheit ausgewildert, zum für uns interessanteren Teil, dem Degustationsevent. Für 15 Franken (plus Glas-Depot) kriegte man fünf Jetons, um fünf Lebenswasser nach Gutdünken probieren zu können.Wie furchtlos ein Wermutwolf agiert, war ersichtlich, als Sascha und ich bereits nach dem Start am Stand von Goldmedaillen-Gewinner Orator AG (die mit ihrer Mandarine den Kategoriensieg bei den sogenannten «Sondersorten» und weiteren drei Gold- sowie 18 Silbermedaillen heftig abgeräumt hatten) unser Revier zum total gefährlichen Stand der Distillerie Stillerie hin erweiterten. Die Truppe stammt aus Fleurier, im legendären Absinthe-Mekka Val-de-Travers.Diese Meister ihres Fachs zogen uns unmittelbar in den Bann ihrer hervorragenden Produkte. Drei Absinthes erhielten in der Prämierung Silbermedaillen. Für mich gehörten sie zu den interessantesten Brennern dieses Jahrgangs. Nicht nur waren ihre 60-prozentigen Absinthes exquisit, auch ihre Liköre sind extrem schmackhaft.Ich erwarb ihren Zimtlikör Pandora (Slogan: «Um klarer zu sehen, muss man trüber trinken»), der mit dem blumigen, zugänglichen «Dame Blanche»-Absinthe angereichert ist, und obwohl ich nicht wirklich zu süsslichen Likören neige, verzauberte mich dieser 42-prozentige Likör so sehr, dass ich eine Flasche davon kaufen musste. Es ist eine zutiefst betörende Mischung aus süsslichem Zimtlikör und lieblichem, doch herb-komplexem Absinthe, die einen echt schwer zu umschreibenden Wow-Effekt auslöst. Grandios! Auch in Tiki-Cocktails wird mir diese tolle Kreation noch viel Freude bereiten, garantiert. Doch auch pur on the rocks ein Hochgenuss! Der Drink erinnert daran, dass die mythische Pandora nicht einfach die Übel dieser Welt auf die Menschen losgelassen hat, sondern ursprünglich als Göttin der Erde verehrt wurde, die alle lebensnotwendigen Dinge bringt.Wir verkosteten noch manches mehr, doch vor allem Lokalmatador Tobias Buser von der Stadtbrennerei & Stadtkeller Trink GmbH flashte uns mit der einzig wahren Magie: Pure, unverfälschte Authenzität! An einem marketinggetränkten Tag wie diesem empfanden wir Tobias wie einen Schwall erfrischenden Quellwassers im Gesicht, der uns wieder ins Hier und Jetzt fokussieren liess, nie um einen ironischen Spruch verlegen. Grossartig! Wir verkosteten unter anderem seinen Alpenkräuterbitter (nomen est omen, muss man mögen – und mit Wasser verdünnen) wie auch seinen 75-prozentigen (sic!) Absinth. Ich ersteigerte seinen London Dry Gin, da ich zu Hause erstaunlicherweise fast keinen Gin mehr vorrätig hatte, und weil sein geniales Anti-Marketing einfach unwiderstehlich ist.Brenner und Chefredaktor beim FachsimpelnDer Name seines Gins: «Gift»! In einer altmodischen Schrift, auf einer Apothekerflasche. I love it!!! Während ich diese Zeilen in die Tasten haue, trinke ich einen Gin-Tonic davon, mit Fever Tree Light-Tonic Water gemixt. Sehr fein! Sehr erfrischend. Klassisch. Gradlinig. Beschreibung: «Mit ausschliesslich in Mitteleuropa (nördlich der Alpen) heimischen Zutaten. Neben dem Hauptakteur Wacholder sorgen die Gundelrebe und die Eberraute für frische, zitrische Aspekte und bringen, zusammen mit den Sellerieblättern, die Kräuternote. Pappelknospen runden als balsamische Komponente ab. Engelsüsswurz und Enzianwurzel sorgen für Körper und Würze.» Kaufempfehlung!Endlich wieder Gift im (Kühl-)Schrank …Was mir ebenfalls noch viel Freude in Tiki-Cocktails bereiten wird, ist der Candy Rum von Z’graggen, der wegen seines Holzgeschmacks eine spezielle Note verströmt, und ähnlich süss runtergeht wie der Zimtlikör aus dem Jura. Und ja, ganz ehrlich, an viel mehr der diversen Stände kann ich mich nicht mehr erinnern. Der an die Award-Show anschliessende Steh-Apéro hatte viele Leckereien im Angebot, doch auch daran kann ich mich nur noch bruchstückhaft erinnern. Under the influence …Ah ja, wer gewonnen hat, kann man hier nachlesen, denn nur schon den Titel «Brennerei des Jahres» gewannen neun verschiedene Destillerien:https://distisuisse.ch/wp-content/uploads/2023/10/DistiSuisse_23_Resultateliste_nach_Kategorie.pdf