Zurück

Wermutwolf

Wermutwolf

Wermutwolf

Urban Pro
Ort Zürich
Gegründet 2023
Follower 2
Trinkgeschichten - Die Londoner Bierflut

Trinkgeschichten - Die Londoner Bierflut

Nahezu 1,5 Millionen Liter Gratisbier – der Traum jedes Wermutwolfs? Mitnichten! In London führte diese ungeheure Menge Gerstensaft im Jahre 1814 zu einer Katastrophe, die acht Frauen und Kindern das Leben kostete.Der 17. Oktober 1814 war ein schwarzer Tag für Anne Saville. In ihrer Kellerwohnung an der New Street im Londoner Armenviertel St. Giles trauerte sie um ihren zweijährigen Sohn. Er war am Sonntag – nur ein Tag zuvor – gestorben. Mehrere Freundinnen spendeten ihr bei der Totenwache Trost.Anne Saville war eines der Opfer der Londoner Bierflut.Bild generiert mit dem KI-Tool MidjourneyIn einem Nachbarhaus konnte Mary Banfield mit ihrer vierjährigen Tochter Hannah beim Nachmittagstee zumindest noch für kurze Zeit ihr Mutterglück geniessen; ahnungslos, was sich gerade in der nahegelegenen «Horse Shoe Brewery» der Firma Henry Meux & Co. an der Ecke Oxford Street und Tottenham Court Road abspielte.Vor dem Unglück trank Mary Banfield mit ihrer vierjährigen Tochter Hannah und einem weiteren Kind den Nachmittagstee. Bild generiert mit dem KI-Tool MidjourneyDort prüfte Lagerleiter George Crick um 16.30 Uhr die 6,7 Meter hohen Gärtanks aus Holz. Dabei stellte er fest, dass sich bei einem der gewaltigen Bottiche ein eiserner Fassreifen gelockert hatte. Das kam allerdings einige Male im Jahr vor. Deshalb sah Crick keinen Grund zur Panik. Er meldete das Malheur seinem Vorgesetzten. Der beruhigte ihn und meinte, Crick solle eine schriftliche Meldung schreiben, man würde das Problem später beheben.Bei der Kontrolle fiel George Crick ein gelockerter Fassreifen auf.Bild generiert mit dem KI-Tool MidjourneyDer drei Stockwerke hohe Holztank war fast bis zur Oberkante mit zehn Monate altem Porter gefüllt. Eine Stunde später geschah das Unglück: Der riesige Bottich zerbarst. Die Bierflut riss einen Absperrhahn eines benachbarten Tanks ab, was zu einem Dominoeffekt führte; weitere Fässer wurden beschädigt. Ein Tsunami aus nahezu 1,5 Millionen Litern Bier zerstörte die Rückwand der Brauerei. Die 4,5 Meter hohe Flutwelle aus Bier, Ziegeln und Schutt ergoss sich in die New Street, wo sie zwei Häuser niederwalzte und zwei weitere beschädigte.In einem der zerstörten Häuser hielt Anne Saville die Totenwache mit ihren drei Freundinnen Elizabeth Smith, Catherine Butler, Mary Mulvey und deren dreijährigem Sohn Thomas. Sie wurden alle getötet. Im zweiten zerstörten Gebäude trank Mary Banfield mit ihrer Tochter Hannah und einem weiteren Kind Tee. Sie wurden von der Bierwelle auf die Strasse gerissen. Hannah starb, genauso ein weiteres Kind in einem anderen Haus der New Street: Sarah Bates.Die Londoner Horse Shoe Brauerei um 1800.Quelle: Wikipedia.comDas Gelände um die Brauerei herum war tief gelegen und flach. Aufgrund der unzureichenden Entwässerung floss das Bier in die Keller; die Menschen mussten auf Möbel klettern, um nicht zu ertrinken.Die Flutwelle riss zudem die Wand des Pubs «Tavistock Arms» ein. Dabei wurde die 14-jährige Bedienstete Eleanor Cooper unter den Mauersteinen begraben, als sie Töpfe im Hof der Brauerei wusch.Wie durch ein Wunder überlebten alle Mitarbeiter der Brauerei.Zwei Tage nach der Katastrophe wurde ein Geschworenengericht einberufen, um das Unglück zu untersuchen. Es kam zum Schluss, dass es sich bei dem Vorfall um höhere Gewalt handelte. Somit bekamen die Opfer der Katastrophe keinen Schadenersatz. Dennoch kostete das Unglück die Brauerei 23’000 britische Pfund. Sie erhielt jedoch 7250 britische Pfund von der britischen Verbrauchssteuerbehörde zurück und wurde so vor dem Bankrott bewahrt. Infolge des Unfalls wurden die grossen Holztanks in der Brauereiindustrie schrittweise durch ausgekleidete Betonbehälter ersetzt.Immerhin hielt man im betroffenen Viertel zusammen: Die Opfer der Bierflut wurden von ihren Familien aufgebahrt; viele kamen, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen und spendeten Geld für die Beerdigung. Für die Familien wurde zudem gesammelt.