Wermutwolf
Wermutwolf
Urban Pro
Ort
Zürich
Gegründet
2023
Follower
2
Ein Tasting der anderen Art
An einem stürmischen Herbsttag unternehme ich ein etwas exzentrisches Ritual. Es ist ein mehrschichtiges Tasting des «Absinthe Brevans HR Giger» von der Matter-Luginbühl AG aus Kallnach, als Hommage an die Komplexität dieses spezifischen Absinthes wie auch der Person H.R. Giger und seiner Kunst.Sascha und ich mögen viele Lebenswasser. Am liebsten mag er Whisky und ich Mezcal. Doch wir beide lieben Absinth, den grossen, starken Bruder vom Wermut. Ich möchte nun nicht viel allgemeine Worte über Absinth verlieren, denn Sascha hat hier schon drei echt tolle Artikel darüber veröffentlicht: hier, hier und hier.Auch H.R. Giger mochte Katzen.Aufgrund der Lektüre seines letzten Artikels von Anfang November hatte ich mir bei diesen Meistern des Absinths drei verschiedene Flaschen bestellt. Zwei, bei denen Sascha das Prädikat «ausgezeichnet» gedropt hatte und dann noch den «Absinth Brevans H.R. Giger» (der nicht in Saschas Text vorgekommen ist). Nicht weil ich etwas über diesen wusste, sondern einfach weil ich zeitlebens ein Bewunderer von H.R. Gigers Kunst war.Ganz ehrlich, ich kannte vor Saschas Artikeln weder Matter Spirits (die den Absinth herstellen) noch Markus Lion (der deutsche Händler, der die Idee hatte und mit H.R. Giger das ausarbeitete) noch Jacques de Brevans (auf dessen Rezept aus dem 19. Jahrhundert der Absinth basiert). Ja, ich war unwürdig …Mittlerweile bin ich im Besitz des Werks von de Brevans, wenngleich nicht in Französisch, das hier eine Landessprache ist, sondern Englisch. Ich bin unwürdig …Folgendes Aktionssetting, das ich Echtzeit durchführe:- 4 Tasting-Durchgänge, je 4 cl, mit verschiedener Verwässerung. Also total 1,6 dl Absinth.- 4 persönliche Anekdoten zum von mir schon seit frühen Jahren hochverehrten Hansruedi Giger- 4 × ziehe ich eine Karte aus dem H.R.-Giger-Tarot und schreibe daraufhin nieder, inwiefern ich die Karte für meine momentane, persönliche Situation interpretiere. Ein kleiner Seelenstriptease under the influence.Gigers «Necronomicon» (oben rechts) ist ein grossartiges Buch, und das Grossformat wird seinen Zeichnungen gerecht.Ich beginne Punkt 20.00 Uhr. Ich spiele zu diesem Experiment drei Musikalben im Zufallsgenerator ab, zu denen H.R. Giger das Album-Cover gestaltet hat und die ich mir seit vielen Jahren immer wieder einmal anhöre, und zwar:- «Brain Salad Surgery» (Emerson, Lake & Palmer) – wofür das Bild von diesem Absinth verwendet wurde!- «III» (Danzig)- «To Mega Therion» (Celtic Frost)Die Alben von ELP und Celtic Fronst sind erweiterte Versionen, und so ist für gut 4 Stunden Musik gesorgt. Das sollte reichen. Der folgende Text ist real time geschrieben. Wie in unseren Videos: Es gibt nur einen Take, pure Authentizität, sonst nichts.Das ikonische Cover des Kultalbums von DanzigBezüglich Absinthe-Verwässerung gehe ich diese 4 Stufen durch:- Gar kein Wasser- Ein paar Tropfen- Circa 1:1- So viel, dass der sogenannte Louche-Effekt eintritt, circa 1:3, also dreimal so viel Wasser wie Absinthe.Bei den 4 Tarot-Karten gehe ich nach der Kreuz-Systematik vor:- Die Frage- Das sollte nicht getan werden- Das sollte getan werden- Dahin führt der WegDie Fragestellungen des Abends:- Wie schmeckt mir dieser Absinth in unterschiedlicher Trinkstärke?- Wie gut oder schlecht denke und schreibe ich in zunehmend alkoholisiertem Zustand?- Was sagen die Tarot-Karten?Ich erwähnte zu Beginn die Komplexität dieses spezifischen Absinths. Diesen kannte ich noch nicht, vertraue jedoch auf die Beschreibung des Herstellers:«Als Basisalkohol dient eine ausgewogene Mischung aus Weinalkohol und Marc. Absinthe Brevans wird, wie im 19. Jahrhundert üblich, mit Kräutern koloriert. Das Ergebnis ist ein hochkomplexer, authentischer Absinthe, der so bereits im 19. Jahrhundert existierte. Dieser Absinthe richtet sich eher an erfahrene Absintheliebhaber, die komplexe Rezepturen schätzen. Selbstverständlich ist dieser Absinthe mit Kräutern natürlich gefärbt und enthält weder Zucker noch andere künstliche Substanzen.»Es geht los! Ich rieche schmackhafte Kräuter, Minze und Koriander. Und auch das Wermutkraut, doch dezent. Anis und Fenchel schon auch, doch im Gaumen dann stärker. Der erste Schluck bestärkt meine hohen Erwartungen. Tatsächlich sehr komplex, ausgewogen und sehr spannend. Ein langer, kraftvoller Abgang.Nach dem Mischen lege ich die erste Karte. Die Frage.XIII: Der TodWas soll ich loslassen? Was für ein Opfer wäre der momentanen Situation angemessen, um den neuen Weg richtig zu begehen?Ich gehe nun schon seit vielen Jahren einem Brot-Job in der Administration nach. Es ist verrückt, wie sich in den vergangenen Jahrzehnten, seit dem Internetzeitalter, der Digitalisierung, alles verändert hat. Und wie das so ist bei den Menschen, oft nicht hin zum Besseren, zur Vernunft, sondern allzu oft hin zu einer aufgeblähten Bullshit-Organisation. Beispielsweise konnte ich früher Rechnungen ausdrucken, in Couverts verpacken, frankieren, und gut wars. Heute muss man sich zuerst einmal exzessiven Registrationsprozessen unterziehen. Bei meinem letzten solchen Martyrium fand das online statt, während mich ein gestresster Inder im typischen Englisch (etwas zu schnell für diesen Akzent) vorwärtsgetrieben hat, jede Frage in aggressivem Ton vorlesend, wie wenn ich des Lesens nicht mächtig wäre. Dann muss man Bestätigungen der Bank verschicken, dass man wirklich eine Geschäftsbeziehung miteinander unterhält und das Konto tatsächlich uns gehört.Diesen Giger-Absinth «Wolfsmilch» kannte ich schon. Gefällt mir auch, kommt für mich aber nicht an den «Brevans» ran.Kürzlich wollte ein anderer Kunde respektive auch wieder sein indisches Call-Center, einen Call durchführen, weil er eine läppische 145-Franken-Rechnung bekommen hat, mit einem anderen Bankkonto vermerkt, als dem, das bisher schon registriert war. Wir benutzen nun mal verschiedene Konti für verschiedene Dienstleistungen, was die Buchhaltung vereinfacht. Ich mache mir einen Spass daraus, ihm diesen Call immer wieder zu verwehren, ihn darauf hinzuweisen, dass das kompletter Unsinn ist, wegen diesen paar Kröten so ein Aufheben zu machen, und irgendwann wird die Rechnung dann jeweils trotzdem bezahlt.Wenn es ganz dick kommt, muss man die Rechnungen über ein eigenes Tool des Kunden abwickeln. Eine Schulung dafür kann locker auch einmal eine Stunde dauern. Es soll ja nicht zu einfach sein. Und so kommt es, dass man mit zunehmendem technischem Fortschritt nicht wirklich mehr Zeit für zusätzliche Produktivität erhält, sondern seine Zeit mit immer noch absurderen administrativen Foltertechniken verschwendet.Auf der anderen Seite gehe ich neuerdings diversen viel interessanteren Tätigkeiten nach, wie beispielsweise den Wermutwolf mit bizarren Texten wie diesem zu füttern. Leider kann ich davon noch nicht leben. Doch meine Überzeugung ist, dass sich früher oder später der Erfolg einstellt, wenn man das tut, was man gerne tut. Hoffentlich prä-mortem …«When the Dying calls» von Danzig läuft. «If I play in the dark of the world, and if I lose, I don’t mind, that’s when the dying calls.»Mit H.R. Giger teile ich den Nachnamen. Bevor ich den Namen meines Vaters angenommen hatte, hiess auch ich Giger. Ich weiss heute nicht mehr weshalb, doch ich hasste den Namen. Als Kind brachte mich mein Spitzname «Gigi» sogar einmal zum Weinen. Komisch, heute fände ich diese Benamslung nicht mal so ganz uncool.Necronomicon in FilmversionIch giesse ein paar Tropfen Wasser in die zweite Portion Absinthe ein. Ich rieche Lakritze. Beim Trinken wirkt er gräsriger, krautiger, wärmer. Ein absoluter Genuss! Das Produkt schlägt mit nicht unüblich hohen 68 Alkoholprozenten zu Buche.Ich lege die zweite Karte. Das sollte nicht getan werden.XIV: Die MässigkeitNun gut, dieser Fall scheint mir klar zu sein. Ich neigte schon immer etwas zum Exzess, zum Extrem. Bis 1 Uhr morgens arbeiten, dann noch ein NHL-Spiel schauen, dazu nicht wenige Drinks konsumieren, um 3.30 Uhr schlafen gehen und um 7.30 wieder aufstehen, um erneut arbeiten zu gehen. Oder in jugendlicheren Zeiten Montags bis am Morgen früh an der Party zu bleiben, um anschliessend direkt arbeiten zu gehen, gegebenenfalls inklusive sich kurz zu übergeben …Hier wäre sicher mehr Mässigkeit angebracht, um den geschundenen Körper, der ja ein Tempel ist, nicht so zu überfordern, auf dass er mir auch weiterhin die Möglichkeit bereitet, Pflichten und Spass nachzukommen. Wie ein guter Schnaps sollte wohl auch die Lebensführung ausgewogen sein. Wenn man sich im Rausch der jeweiligen Tätigkeiten befindet, ist es halt oft schwierig, sich dem bewusst zu werden. Okay, ich merke, ich suche bereits wieder nach Ausreden, um der Balance in Richtung Exzess zu entflüchten. Ich bemerke es wenigstens. Ich bin wach. Ich lebe konfrontativ, will nicht von Lebenslügen dirigiert werden. Ich sehe das Licht. Dieses grüne Feen-Licht …Meine Mentoren aus Jugendzeiten schenkten mir einst einen Migros-Sack der von Giger bemalt war. Ich kann mich nur noch dunkel erinnern, insofern weiss ich nicht so ganz, ob die Geschichte wirklich exakt so passiert ist. Die beiden Jungs waren mit einem Bandmitglied von Celtic Frost befreundet. Ja genau, eine der Bands, die ich mir jetzt gerade anhöre (aktuell gerade den Song «Circle of the Tyrants»). Und ich glaube, dass die Tasche ursprünglich ihm gehört hatte. Langer Rede, kurzer Sinn: Ich habe sie verloren. Keine Ahnung wie, wann, warum. Ich ging mit den Dingen früher nicht sehr sorgfältig um …Ich giesse die Absinthe-Portion 3 und relativ viel kaltes Wasser mit dazu ein.In der Nase schmecke ich etwas, was ich zuvor so rein gar nicht wahrgehommen habe, komme aber nicht darauf, was es ist. Ich habe das Gefühl, dass ich so einen ähnlichen Geschmack einst bei einem Mezcal gerochen habe. Nebel, trockener Rauch, Holz, etwas in diese Richtung.Ich lasse den Spirit in meinem Mund zirkulieren, schmecke wieder die Kräuter, nun etwas subtiler. Die Süsse wird zugleich dominanter. Sehr, sehr lecker!Ich lege die dritte Karte. Das sollte getan werden.XVI: Der TurmDer Turm symbolisiert ein Gefängnis unserer starren (Denk-)Strukturen, die zusammenbrechen, was einen harten Aufprall auf dem Boden der Realität zur Folge hat. Doch nach dem Wegfallen der Komfortzone, der Illusionen von Sicherheit, der Lügen, der falschen Hoffnungen und Dogmen, ist eine neue, freiere Existenz möglich.Ganz ehrlich, da muss ich zuerst noch mehr darüber nachdenken. Denn in meinem Selbstbild bin ich niemand, der sich gross Illusionen hingibt, starre Denkstrukturen pflegt oder mich äusseren Einflüssen verschliessen würde. Oder ist es vielleicht eben genau das, dass ich das denke …? Dass mich diese Karte jetzt gerade etwas ratlos zurücklässt, bedeutet wohl, dass ich hier noch genauer hinschauen sollte.Früher ging ich jedes Jahr im Sommer nach Montreux, ans weltberühmte Jazzfestival, meistens nicht nur für 2–3 Tage. Und auf dem Weg dorthin nahmen wir oft einen kurzen Umweg nach Gruyere auf uns, sodass wir das Giger-Museum besuchen konnten. So viele Erinnerungen. Nicht nur seine Kunst war faszinierend, auch der Kontrast zu diesem touristischen Dorf, das immer nach Käse riecht, und den grasenden Kühen auf blühenden Schweizer Postkarten-Wiesen.Ein Handy-Bild von besagtem 11. Juli 2018, im Giger-MuseumUnd dann tritt man in dieses Schloss St. Germain ein, in dem einen die dunklen Künste erwarten. Letztmals war dies am 11. Juli 2018 der Fall. Es waren in früheren Jahren immer schöne Momente, den Meister selbst zu sehen. Wie auch in Montreux «Funky Claude» (Nobs) zu begegnen. Und irgendwann waren dann beide grossen Persönlichkeiten nicht mehr unter uns. Was diese beiden Menschen eint, ist eben auch, dass sie ihre Konfortzone verlassen hatten, um Grosses zu erschaffen.Das Ritual nähert sich bereits dem Ende zu, ich giesse mir Absinthe-Glas Nummer 4 ein, und gebe so viel Wasser dazu, bis der besagte Louche-Effekt eintritt.Ich rieche einen ganzen Kräutergarten. Es riecht frisch. Ich trinke davon und weiss spätestens jetzt mit Sicherheit: Das ist der beste Absinth, den ich in meinem bisherigen Leben verkostete. Oder geraten meine Geschmacksnerven in Euphorie, weil ich nun doch schon eine ziemlich grosse Menge davon intus habe? Natürlich streite ich das energisch ab …Ich lege die vierte Karte. Dahin führt der Weg.XVII: Der SternEine Glückskarte! Der Jungbrunnen der Kreativität. Inspiration und Intuition. Auf Gigers Karte ist ein Wasserfall abgebildet. Das Wasser fliesst in die Erde, sodass Neues wachsen kann. Alte Ängste und Zweifel fallen ab, sodass Gedanken, Gefühle frei fliessen können.Das Kreuz ist fertig gelegt, es ist vollbracht.Ein schöner Abschluss, ein schönes Gesamtbild dieser Karten. Sascha und ich werden mit dem Wermutwolf weiterhin unserer Intuition folgen und das tun, über das schreiben, was wir wollen, was uns interessiert, wohin es uns zieht. Und darauf hoffen, dass Ihr uns auf dieser Reise begleitet.Dieses symbolische Prachtstück habe ich im Giger-Museum in Gruyere aufgenommen. Ich weiss leider nicht mehr, wer der Künstler ist. Und ja, ich mag Katzen … Am 15. Januar 2023 war ich an einer fantastischen Giger-Ausstellung in der Photobastei Zürich zugegen. Anstatt schwärmerischer Schwurbeleien hier ein paar Eindrücke, die ich an diesem Tag mit meiner Handykamera festhielt:Nun noch zur Auflösung der verschiedenen Trinkstärken. Noch immer denke ich, dass mir die Version mit einigen Tropfen Wasser, ja vielleicht auch mit einem ganz kleinen Gutsch davon am besten schmeckt, also maximal ein Verhältnis von 1:1.Das Denken und Schreiben scheint sich im Laufe des Abends nicht merklich verändert zu haben, aber das wird wohl der Tatsache geschuldet sein, dass ich kein Schnelltrinker bin. Für diese vier Absinthe-Portionen, dieses ganze Experiment, habe ich nun fast genau 4 Stunden aufgebracht. Es ist Mitternacht. Geisterstunde. Ich sage nicht, dass ich den Spirit nicht spüre, aber so richtig angetrunken bin ich ganz und gar nicht. Und wie bei der Trinkstärke gefällt mir auch der Text bei Durchgang 2 am besten.Falls nun jemand denkt, das war sicher ein ziemlich düsteres Setting mit Gigers dunklen Bildern und ebenso düsterem, harten Rock und Psychodelik, dem sei entgegnet: Es hat mir Spass gemacht! Wie auch bei jemandem wie dem König der dunklen Filme, David Lynch, ist es auch bei H.R. Giger so, dass das durchaus keine deprimierten Schizos sind/waren, sondern gerade durch die Konfrontation mit ihren Ängsten, mit ihrem Schatten, zu positiven, warmherzigen, witzigen, ultra-kreativen Zeitgenossen reiften. Also giesst euch einen schönen Absinth ein und lebt die dunklen und lichten Momente des Lebens so gut, so intensiv wie es die Situation hergibt. Cheers!
Ein Tasting der anderen Art
An einem stürmischen Herbsttag unternehme ich ein etwas exzentrisches Ritual. Es ist ein mehrschichtiges Tasting des «Absinthe Brevans HR Giger» von der Matter-Luginbühl AG aus Kallnach, als Hommage an die Komplexität dieses spezifischen Absinthes wie auch der Person H.R. Giger und seiner Kunst.
Sascha und ich mögen viele Lebenswasser. Am liebsten mag er Whisky und ich Mezcal. Doch wir beide lieben Absinth , den grossen, starken Bruder vom Wermut. Ich möchte nun nicht viel allgemeine Worte über Absinth verlieren, denn Sascha hat hier schon drei echt tolle Artikel darüber veröffentlicht: hier , hier und hier .
Auch H.R. Giger mochte Katzen. Aufgrund der Lektüre seines letzten Artikels von Anfang November hatte ich mir bei diesen Meistern des Absinths drei verschiedene Flaschen bestellt. Zwei, bei denen Sascha das Prädikat «ausgezeichnet» gedropt hatte und dann noch den « Absinth Brevans H.R. Giger » (der nicht in Saschas Text vorgekommen ist). Nicht weil ich etwas über diesen wusste, sondern einfach weil ich zeitlebens ein Bewunderer von H.R. Gigers Kunst war.
Ganz ehrlich, ich kannte vor Saschas Artikeln weder Matter Spirits (die den Absinth herstellen) noch Markus Lion (der deutsche Händler, der die Idee hatte und mit H.R. Giger das ausarbeitete) noch Jacques de Brevans (auf dessen Rezept aus dem 19. Jahrhundert der Absinth basiert). Ja, ich war unwürdig …
Mittlerweile bin ich im Besitz des Werks von de Brevans, wenngleich nicht in Französisch, das hier eine Landessprache ist, sondern Englisch. Ich bin unwürdig … Folgendes Aktionssetting , das ich Echtzeit durchführe:
- 4 Tasting-Durchgänge, je 4 cl, mit verschiedener Verwässerung. Also total 1,6 dl Absinth. - 4 persönliche Anekdoten zum von mir schon seit frühen Jahren hochverehrten Hansruedi Giger - 4 × ziehe ich eine Karte aus dem H.R.-Giger-Tarot und schreibe daraufhin nieder, inwiefern ich die Karte für meine momentane, persönliche Situation interpretiere. Ein kleiner Seelenstriptease under the influence.
Gigers «Necronomicon» (oben rechts) ist ein grossartiges Buch, und das Grossformat wird seinen Zeichnungen gerecht. Ich beginne Punkt 20.00 Uhr. Ich spiele zu diesem Experiment drei Musikalben im Zufallsgenerator ab, zu denen H.R. Giger das Album-Cover gestaltet hat und die ich mir seit vielen Jahren immer wieder einmal anhöre, und zwar: - «Brain Salad Surgery» (Emerson, Lake & Palmer) – wofür das Bild von diesem Absinth verwendet wurde! - «III» (Danzig) - «To Mega Therion» (Celtic Frost) Die Alben von ELP und Celtic Fronst sind erweiterte Versionen, und so ist für gut 4 Stunden Musik gesorgt. Das sollte reichen. Der folgende Text ist real time geschrieben. Wie in unseren Videos: Es gibt nur einen Take, pure Authentizität, sonst nichts.
Das ikonische Cover des Kultalbums von Danzig Bezüglich Absinthe-Verwässerung gehe ich diese 4 Stufen durch: - Gar kein Wasser - Ein paar Tropfen - Circa 1:1 - So viel, dass der sogenannte Louche-Effekt eintritt, circa 1:3, also dreimal so viel Wasser wie Absinthe. Bei den 4 Tarot-Karten gehe ich nach der Kreuz-Systematik vor: - Die Frage - Das sollte nicht getan werden - Das sollte getan werden - Dahin führt der Weg
Die Fragestellungen des Abends : - Wie schmeckt mir dieser Absinth in unterschiedlicher Trinkstärke? - Wie gut oder schlecht denke und schreibe ich in zunehmend alkoholisiertem Zustand? - Was sagen die Tarot-Karten? Ich erwähnte zu Beginn die Komplexität dieses spezifischen Absinths. Diesen kannte ich noch nicht, vertraue jedoch auf die Beschreibung des Herstellers: «Als Basisalkohol dient eine ausgewogene Mischung aus Weinalkohol und Marc. Absinthe Brevans wird, wie im 19. Jahrhundert üblich, mit Kräutern koloriert. Das Ergebnis ist ein hochkomplexer, authentischer Absinthe, der so bereits im 19. Jahrhundert existierte. Dieser Absinthe richtet sich eher an erfahrene Absintheliebhaber, die komplexe Rezepturen schätzen. Selbstverständlich ist dieser Absinthe mit Kräutern natürlich gefärbt und enthält weder Zucker noch andere künstliche Substanzen.»
Es geht los! Ich rieche schmackhafte Kräuter, Minze und Koriander. Und auch das Wermutkraut, doch dezent. Anis und Fenchel schon auch, doch im Gaumen dann stärker. Der erste Schluck bestärkt meine hohen Erwartungen. Tatsächlich sehr komplex, ausgewogen und sehr spannend. Ein langer, kraftvoller Abgang. Nach dem Mischen lege ich die erste Karte. Die Frage. XIII: Der Tod
Was soll ich loslassen? Was für ein Opfer wäre der momentanen Situation angemessen, um den neuen Weg richtig zu begehen? Ich gehe nun schon seit vielen Jahren einem Brot-Job in der Administration nach. Es ist verrückt, wie sich in den vergangenen Jahrzehnten, seit dem Internetzeitalter, der Digitalisierung, alles verändert hat. Und wie das so ist bei den Menschen, oft nicht hin zum Besseren, zur Vernunft, sondern allzu oft hin zu einer aufgeblähten Bullshit-Organisation. Beispielsweise konnte ich früher Rechnungen ausdrucken, in Couverts verpacken, frankieren, und gut wars. Heute muss man sich zuerst einmal exzessiven Registrationsprozessen unterziehen. Bei meinem letzten solchen Martyrium fand das online statt, während mich ein gestresster Inder im typischen Englisch (etwas zu schnell für diesen Akzent) vorwärtsgetrieben hat, jede Frage in aggressivem Ton vorlesend, wie wenn ich des Lesens nicht mächtig wäre. Dann muss man Bestätigungen der Bank verschicken, dass man wirklich eine Geschäftsbeziehung miteinander unterhält und das Konto tatsächlich uns gehört.
Diesen Giger-Absinth «Wolfsmilch» kannte ich schon. Gefällt mir auch, kommt für mich aber nicht an den «Brevans» ran. Kürzlich wollte ein anderer Kunde respektive auch wieder sein indisches Call-Center, einen Call durchführen, weil er eine läppische 145-Franken-Rechnung bekommen hat, mit einem anderen Bankkonto vermerkt, als dem, das bisher schon registriert war. Wir benutzen nun mal verschiedene Konti für verschiedene Dienstleistungen, was die Buchhaltung vereinfacht. Ich mache mir einen Spass daraus, ihm diesen Call immer wieder zu verwehren, ihn darauf hinzuweisen, dass das kompletter Unsinn ist, wegen diesen paar Kröten so ein Aufheben zu machen, und irgendwann wird die Rechnung dann jeweils trotzdem bezahlt. Wenn es ganz dick kommt, muss man die Rechnungen über ein eigenes Tool des Kunden abwickeln. Eine Schulung dafür kann locker auch einmal eine Stunde dauern. Es soll ja nicht zu einfach sein. Und so kommt es, dass man mit zunehmendem technischem Fortschritt nicht wirklich mehr Zeit für zusätzliche Produktivität erhält, sondern seine Zeit mit immer noch absurderen administrativen Foltertechniken verschwendet. Auf der anderen Seite gehe ich neuerdings diversen viel interessanteren Tätigkeiten nach, wie beispielsweise den Wermutwolf mit bizarren Texten wie diesem zu füttern. Leider kann ich davon noch nicht leben. Doch meine Überzeugung ist, dass sich früher oder später der Erfolg einstellt, wenn man das tut, was man gerne tut. Hoffentlich prä-mortem …
«When the Dying calls» von Danzig läuft. «If I play in the dark of the world, and if I lose, I don’t mind, that’s when the dying calls.» Mit H.R. Giger teile ich den Nachnamen. Bevor ich den Namen meines Vaters angenommen hatte, hiess auch ich Giger. Ich weiss heute nicht mehr weshalb, doch ich hasste den Namen. Als Kind brachte mich mein Spitzname «Gigi» sogar einmal zum Weinen. Komisch, heute fände ich diese Benamslung nicht mal so ganz uncool.
Necronomicon in Filmversion Ich giesse ein paar Tropfen Wasser in die zweite Portion Absinthe ein. Ich rieche Lakritze. Beim Trinken wirkt er gräsriger, krautiger, wärmer. Ein absoluter Genuss! Das Produkt schlägt mit nicht unüblich hohen 68 Alkoholprozenten zu Buche. Ich lege die zweite Karte. Das sollte nicht getan werden. XIV: Die Mässigkeit
Nun gut, dieser Fall scheint mir klar zu sein. Ich neigte schon immer etwas zum Exzess, zum Extrem. Bis 1 Uhr morgens arbeiten, dann noch ein NHL-Spiel schauen, dazu nicht wenige Drinks konsumieren, um 3.30 Uhr schlafen gehen und um 7.30 wieder aufstehen, um erneut arbeiten zu gehen. Oder in jugendlicheren Zeiten Montags bis am Morgen früh an der Party zu bleiben, um anschliessend direkt arbeiten zu gehen, gegebenenfalls inklusive sich kurz zu übergeben … Hier wäre sicher mehr Mässigkeit angebracht, um den geschundenen Körper, der ja ein Tempel ist, nicht so zu überfordern, auf dass er mir auch weiterhin die Möglichkeit bereitet, Pflichten und Spass nachzukommen. Wie ein guter Schnaps sollte wohl auch die Lebensführung ausgewogen sein. Wenn man sich im Rausch der jeweiligen Tätigkeiten befindet, ist es halt oft schwierig, sich dem bewusst zu werden. Okay, ich merke, ich suche bereits wieder nach Ausreden, um der Balance in Richtung Exzess zu entflüchten. Ich bemerke es wenigstens. Ich bin wach. Ich lebe konfrontativ, will nicht von Lebenslügen dirigiert werden. Ich sehe das Licht. Dieses grüne Feen-Licht …
Meine Mentoren aus Jugendzeiten schenkten mir einst einen Migros-Sack der von Giger bemalt war. Ich kann mich nur noch dunkel erinnern, insofern weiss ich nicht so ganz, ob die Geschichte wirklich exakt so passiert ist. Die beiden Jungs waren mit einem Bandmitglied von Celtic Frost befreundet. Ja genau, eine der Bands, die ich mir jetzt gerade anhöre (aktuell gerade den Song «Circle of the Tyrants»). Und ich glaube, dass die Tasche ursprünglich ihm gehört hatte. Langer Rede, kurzer Sinn: Ich habe sie verloren. Keine Ahnung wie, wann, warum. Ich ging mit den Dingen früher nicht sehr sorgfältig um … Ich giesse die Absinthe-Portion 3 und relativ viel kaltes Wasser mit dazu ein. In der Nase schmecke ich etwas, was ich zuvor so rein gar nicht wahrgehommen habe, komme aber nicht darauf, was es ist. Ich habe das Gefühl, dass ich so einen ähnlichen Geschmack einst bei einem Mezcal gerochen habe. Nebel, trockener Rauch, Holz, etwas in diese Richtung. Ich lasse den Spirit in meinem Mund zirkulieren, schmecke wieder die Kräuter, nun etwas subtiler. Die Süsse wird zugleich dominanter. Sehr, sehr lecker! Ich lege die dritte Karte. Das sollte getan werden. XVI: Der Turm
Der Turm symbolisiert ein Gefängnis unserer starren (Denk-)Strukturen, die zusammenbrechen, was einen harten Aufprall auf dem Boden der Realität zur Folge hat. Doch nach dem Wegfallen der Komfortzone, der Illusionen von Sicherheit, der Lügen, der falschen Hoffnungen und Dogmen, ist eine neue, freiere Existenz möglich. Ganz ehrlich, da muss ich zuerst noch mehr darüber nachdenken. Denn in meinem Selbstbild bin ich niemand, der sich gross Illusionen hingibt, starre Denkstrukturen pflegt oder mich äusseren Einflüssen verschliessen würde. Oder ist es vielleicht eben genau das, dass ich das denke …? Dass mich diese Karte jetzt gerade etwas ratlos zurücklässt, bedeutet wohl, dass ich hier noch genauer hinschauen sollte.
Früher ging ich jedes Jahr im Sommer nach Montreux, ans weltberühmte Jazzfestival , meistens nicht nur für 2–3 Tage. Und auf dem Weg dorthin nahmen wir oft einen kurzen Umweg nach Gruyere auf uns, sodass wir das Giger-Museum besuchen konnten. So viele Erinnerungen. Nicht nur seine Kunst war faszinierend, auch der Kontrast zu diesem touristischen Dorf, das immer nach Käse riecht, und den grasenden Kühen auf blühenden Schweizer Postkarten-Wiesen.
Ein Handy-Bild von besagtem 11. Juli 2018, im Giger-Museum Und dann tritt man in dieses Schloss St. Germain ein, in dem einen die dunklen Künste erwarten. Letztmals war dies am 11. Juli 2018 der Fall. Es waren in früheren Jahren immer schöne Momente, den Meister selbst zu sehen. Wie auch in Montreux « Funky Claude » (Nobs) zu begegnen. Und irgendwann waren dann beide grossen Persönlichkeiten nicht mehr unter uns. Was diese beiden Menschen eint, ist eben auch, dass sie ihre Konfortzone verlassen hatten, um Grosses zu erschaffen.
Das Ritual nähert sich bereits dem Ende zu, ich giesse mir Absinthe-Glas Nummer 4 ein, und gebe so viel Wasser dazu, bis der besagte Louche-Effekt eintritt. Ich rieche einen ganzen Kräutergarten. Es riecht frisch. Ich trinke davon und weiss spätestens jetzt mit Sicherheit: Das ist der beste Absinth, den ich in meinem bisherigen Leben verkostete. Oder geraten meine Geschmacksnerven in Euphorie, weil ich nun doch schon eine ziemlich grosse Menge davon intus habe? Natürlich streite ich das energisch ab … Ich lege die vierte Karte. Dahin führt der Weg. XVII: Der Stern
Eine Glückskarte! Der Jungbrunnen der Kreativität. Inspiration und Intuition. Auf Gigers Karte ist ein Wasserfall abgebildet. Das Wasser fliesst in die Erde, sodass Neues wachsen kann. Alte Ängste und Zweifel fallen ab, sodass Gedanken, Gefühle frei fliessen können.
Das Kreuz ist fertig gelegt, es ist vollbracht. Ein schöner Abschluss, ein schönes Gesamtbild dieser Karten. Sascha und ich werden mit dem Wermutwolf weiterhin unserer Intuition folgen und das tun, über das schreiben, was wir wollen, was uns interessiert, wohin es uns zieht. Und darauf hoffen, dass Ihr uns auf dieser Reise begleitet.
Dieses symbolische Prachtstück habe ich im Giger-Museum in Gruyere aufgenommen. Ich weiss leider nicht mehr, wer der Künstler ist. Und ja, ich mag Katzen … Am 15. Januar 2023 war ich an einer fantastischen Giger-Ausstellung in der Photobastei Zürich zugegen. Anstatt schwärmerischer Schwurbeleien hier ein paar Eindrücke, die ich an diesem Tag mit meiner Handykamera festhielt:
Nun noch zur Auflösung der verschiedenen Trinkstärken. Noch immer denke ich, dass mir die Version mit einigen Tropfen Wasser, ja vielleicht auch mit einem ganz kleinen Gutsch davon am besten schmeckt, also maximal ein Verhältnis von 1:1. Das Denken und Schreiben scheint sich im Laufe des Abends nicht merklich verändert zu haben, aber das wird wohl der Tatsache geschuldet sein, dass ich kein Schnelltrinker bin. Für diese vier Absinthe-Portionen, dieses ganze Experiment, habe ich nun fast genau 4 Stunden aufgebracht. Es ist Mitternacht. Geisterstunde. Ich sage nicht, dass ich den Spirit nicht spüre, aber so richtig angetrunken bin ich ganz und gar nicht. Und wie bei der Trinkstärke gefällt mir auch der Text bei Durchgang 2 am besten.
Falls nun jemand denkt, das war sicher ein ziemlich düsteres Setting mit Gigers dunklen Bildern und ebenso düsterem, harten Rock und Psychodelik, dem sei entgegnet: Es hat mir Spass gemacht! Wie auch bei jemandem wie dem König der dunklen Filme, David Lynch, ist es auch bei H.R. Giger so, dass das durchaus keine deprimierten Schizos sind/waren, sondern gerade durch die Konfrontation mit ihren Ängsten, mit ihrem Schatten, zu positiven, warmherzigen, witzigen, ultra-kreativen Zeitgenossen reiften. Also giesst euch einen schönen Absinth ein und lebt die dunklen und lichten Momente des Lebens so gut, so intensiv wie es die Situation hergibt. Cheers!
Weiterlesen
Wermutwolf's Weihnachts-Knigge
Weihnachten ist das Fest der Liebe und Familie. Nur leider sind die Familienschläuche mit Onkel «Flachwitz», Tante «Nörgeli» und Schwager «Besserwisser» nicht nüchtern ertragbar. Also saufen, was das Zeug hält? Geht leider nicht – sonst gibt es am Ende eine Intervention der gesamten Verwandtschaft. Zudem wird es einem nach dem zwölften Glas von Grossmutters Eierlikör nur schlecht. Doch der Wermutwolf weiss Rat …
O du fröhliche, o du selige … o du qualvolle Weihnachtszeit. Wer stundenlang quietschenden Blockflöten, schlechten Witzen, neidischem Tratsch und belanglosem Gerede von Verwandten zuhören muss, die er einmal pro Jahr sieht, wünscht sich einfach nur ein Glas Hochprozentiges – oder auch zwei. Das schlechte Essen und Benehmen der erweiterten Familie hilft auch nicht gerade.
Bedauerlicherweise wird nur billiger Wein, Grossmutters Likör mit mehr Zucker als Alkohol und wässriger Punsch kredenzt. Und langt man dennoch reichlich zu, muss man am nächsten Tag nicht nur mit einem mörderischen Kater, sondern am kommenden Weihnachtsfest mit dem hämischen Spott und den Vorwürfen der lieben Verwandtschaft kämpfen. Doch wir kennen Tricks, mit denen Ihr Euer Lieblingsgebräu auf die Weihnachtsfeier schmuggelt und das Beste: Niemand merkt, dass Ihr trinkt. DER ABSTINENZLER Sei ein Vorbild: Bring ein Sixpack (oder besser zwei) alkoholfreies Bier aufs Weihnachtsfest. Erzähle allen, dass Du keinen Alkohol mehr trinkst, aber sie ruhig dürfen. Du hättest dem Teufelszeug endgültig abgeschworen. Dir ginge es viel besser. Du hättest Dein alkoholfreies Bier mitgebracht … Natürlich leerst Du die untrinkbare Plörre vorgängig aus und füllst die Flaschen mit Deinem Lieblings-IPA. Bei Flaschen mit Drehverschlüssen geht das sehr einfach.
Aussen alkoholfrei – innen mit Geschmack Bonustipp: Soll es etwas Stärkeres sein, kannst Du das auch mit alkoholfreiem Gin machen. DAS SÜSSE FRÜCHTCHEN Orangen sind gesund und passen zu Weihnachten. Noch besser schmecken sie mit Wodka. Mache Deinen eigenen Screwdriver, indem Du vorher das klare Wässerchen in ein paar Orangen spritzt. Onkel und Tantchen werden sich wundern, wieso Du so viele Orangen vertilgst: Verkauf das als neue Diät und Superfood.
In diesen Orangen stecken die wahren Vitamine PRINGLES – EINMAL GEPOPPT … Vielleicht sind Früchte nicht Dein Ding, sondern eher Chips. Zum Glück gibt es Pringles: Die Dose eignet sich perfekt zum Schmuggeln von Alk. Nimm die Chips heraus und deponiere im unteren Teil ein paar Shotfläschchen oder einen Plastikbeutel mit Deinem Lieblings-Whisky. Lege ein paar Chips darüber. Der Clou: Zu Deinem Drink hast Du gleich noch die Snacks.
… nie mehr gestoppt, dank doppeltem Boden
DER FOTOGRAF Oute Dich vor Hinz, Kunz und Anhang als fanatischer Fotograf und schleppe eine grosse Kamera samt Objektivarsenal mit aufs Fest. Kaufe Dir ein paar dieser Objektivbecher und fülle sie mit der Spirituose Deiner Wahl. Vergiss nicht, ein paar Schnappschüsse zu machen, damit Deine Tarnung nicht auffliegt.
Damit macht fotografieren Spass DIE LESERATTE Gebt Euch belesen. Ohne Buch könnt Ihr einfach nicht aus dem Haus … besonders, wenn darin hochprozentiges Wissen lagert. Vielleicht werden Sie Euch Professor oder Streber schimpfen, wenn die wüssten …
Ein gutes Buch ist wie Medizin zum Blättern DIE/DER MODISCHE «Ugly Christmas Sweater» nennen sich besonders hässliche Weihnachtspullover. Doch ein Wermutwolf kennt keine Scham. Ist der Ruf einmal ruiniert, lebt es sich frei und ungeniert. Kauft Euch einen dieser Sweater, die haben Platz für eine Flasche Eures Lieblingstrunks. Gibt es für Frauen …
... und für Männer
DER FEUERWEHRMANN Weihnachten bedeutet Kerzen und Kerzen bedeuten Feuer. Ihr seid kürzlich der freiwilligen Feuerwehr beigetreten. Da muss natürlich ein Feuerlöscher auf die Weihnachtsfeier mit; eigentlich ist der Feuerlöscher ein Durstlöscher . Hoffen wir, dass wir wirklich nur diesen löschen müssen …
Feuerlöscher = Durstlöscher DIE SCHLECHTE BLASE Ihr hattet kürzlich eine Blasenentzündung und müsst deshalb ständig austreten. Das wird Euch nicht nur ein mitfühlendes «Du Arme/Du Armer» einbringen, sondern auch die wohlige Wärme feinen Alkohols. Kauft Euch eine « Boozey Bladder » zum Schmuggeln Eures Rettungstrunks.
So sieht die Blase eines Wermutwolfs aus
Weiterlesen
Mein erstes Mal - Ballantine's Finest
Ich habe tatsächlich noch nie im Leben richtig billigen Whisky getrunken. Nun: Einmal ist immer das erste Mal. Darum landet der Ballantine’s Finest in meinem Tasting-Glas. Den gibts für schlappe 15 Franken die Buddel. Ist er gut investiertes Geld oder hätte ich mir dafür besser ein Bio-Avocado-Kresse-Frischkäse-Vollkornbrot-Sandwich gekauft?
Kürzlich habe ich mit Dani über die rundum steigenden Preise diskutiert: höhere Mieten, teurere Krankenkassen, überrissene Benzinpreise, inflationäre Stromgebühren … und wenig danach verirrte ich mich in einen Denner-Shop ; die Schweizer Variante von Aldi, Lidl & Co. Bei Discountern schaue ich immer gerne ins Spirituosenregal – vielleicht schlummert dort ein Schatz oder eine tolle Rabattaktion. Doch dieses Mal blieb mein Blick beim Aktions-Preisschild des Ballantine’s Finest hängen: 15 Franken für 7 dl.
15 Franken?!! So viel zahlt man in Zürcher Restaurants für zwei grosse Bier . Kann das gut sein und gut gehen? Nicht lange überlegen, sondern zubeissen, ist die Devise vom Wermutwolf .
Der Preis vom Ballantine’s Finest liegt nur wenig über der obligatorischen Alkoholsteuer von 29 Franken pro Liter reinem Alkohol Beim Ballantine’s Finest handelt es sich um einen Blended Scotch Whisky, also keinen Single Malt. Das heisst: Dieser Schotte beinhaltet Spirits aus mehreren Destillerien. Zudem müssen es nicht nur Malts aus Gerstenmalz sein, sondern es dürfen auch Grain-Whiskys in die Flasche. Diese können aus anderen (günstigeren) Getreidesorten wie Weizen, Mais, Roggen etc. hergestellt werden. Im Ballantine’s Finest sollen über 40 Malts- und Grain-Whiskys stecken, die ihm laut Hersteller Pernod Ricard seinen «einzigartigen Charakter, ein ausgereiftes Aroma und einen vollmundigen Geschmack» verleihen. Wie alt er ist, wird leider nicht verraten. Aber mindestens drei Jahre müssen sowohl die Malt- als auch Grain-Whiskys in Holzfässern lagern. Das ist bei schottischem Whisky vorgeschrieben.
Für Jim Murray ist der Ballantine’s Finest einer der besten schottischen Blends Auch spannend: Whisky-Experte Jim Murray hat den Ballantine’s Finest in seiner «Whisky Bible 2022» zum «Scotch blend of the year» gekürt und ihm sagenhafte 96 von 100 Punkten verliehen; damit liegt er auf dem Level eines 15-jährigen Highland Park oder um einen Blended Scotch aus der « Whisky Bible 2022 » zu nehmen, eines Royal Salute 21 Years. Beide kosten (weit) über 100 Franken.
Der Royal Salute 21 Years liegt zumindest preislich meilenweit vom Ballantine’s Finest entfernt; er geht für 180 Franken über den Tresen Seien wir ehrlich: Jim Murray stösst Whisky-Fans mit seinen Benotungen gerne vor den Kopf. Deshalb lassen wir sein Urteil sowie den Billig-Billig-Preis des Ballantine’s Finest links liegen und gehen so objektiv wie möglich ans Tasting. In der Nase rieche ich viel Malz, fühle mich sogar an Bier erinnert. Dieser Blend duftet zudem fruchtig und süss. Hinzu kommen etwas Vanille, Schokolade und Eichenholz. Im Mund ist er butterweich, mit Eichenholz und Vanille. Er macht sich malzig-süss im Gaumen breit, ohne jegliche Bitterkeit. Ich nehme nur einen Anflug von Rauch wahr und sehr wenig Würze. Der Abgang ist kurz wie ein Schottischer Sommer, süss und mild – mit etwas Rauch und einer Prise Würze. Kurz und gut: Der Ballantine’s Finest ist ein sehr einfacher, süffiger Geselle. Er trinkt sich fast wie Wasser. Einen solchen Scotch kann man problemlos wie Richard Burton im Film «Wer hat Angst vor Virginia Woolf?» glasweise runterkippen.
Auf Komplexität wurde verzichtet; dieser Scotch ist auf optimale Trinkbarkeit frisiert. Der Ballantine’s Finest ist wie ein japanischer Kleinwagen: Er bringt Dich zuverlässig, ohne Panne und Holpern, aber unspektakulär ans Ziel (welches das auch immer ist). Er ist keine Herausforderung, aber auch kein Erlebnis. Mir kommt der golden leuchtende Koffer aus dem Film «Pulp Fiction» in den Sinn. Es gäbe im Ballantine’s Finest so viel zu entdecken. Nur ist das alles in den Tiefen dieses Blends eingesperrt; ich schaffe es nicht, heranzukommen. Auch in «Pulp Fiction» erfahren wir nie, was sich Wertvolles in dem Koffer verbirgt.
Würde ich ihn wieder kaufen? Nein! Er ist mir zu flach, zu malzig, zu banal. Bei jedem Schluck frage ich mich: Kommt noch was? Das frustriert. Ich gebe die 15 Franken lieber für zwei gute Glas Bier aus. Die nähren zudem genauso gut wie ein Bio-Avocado-Kresse-Frischkäse-Vollkornbrot-Sandwich.
Weiterlesen
Zaubertrank - Glühwein
Vergesst den klebrig-süssen Sirup, der auf vielen Weihnachtsmärkten als Glühwein ausgeschenkt wird. Wir nehmen Euch mit auf eine Reise durch Zeit und Raum, um nach Rezepten für richtig guten Glühwein zu forschen.
Adventszeit ist Glühweinzeit. Der warme Gewürzwein sorgt nicht nur für Stimmung, sondern hat weitere positive Eigenschaften. Die liechtensteinische Gesundheitskasse meint : «Glühwein beugt – in Massen getrunken – Krankheiten wie Erkältungen und viralen Infektionen der Lunge vor. Das liegt zum einen an der antiviralen Wirkung der im Wein enthaltenen Tannine und zum anderen an der antiviralen und antibakteriellen Wirkung der Nelken.» Also hoch die Tassen und runter damit …
Leider haben viele Weihnachtsmärkte etwas missverstanden: Glühwein ist kein klebrig-süsser Hustensirup, sondern ein schmackhafter, stärkender und wärmender Trunk. Das wussten bereits die alten Ägypter. Auch sie mischten Gewürze und Kräuter in ihren Wein. Das verbessert nicht nur den Geschmack, sondern der Alkohol löst die Wirkstoffe aus den Ingredienzien. Laut Forschern der «University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology» in Philadelphia vermählten die Ägypter unter anderem Koriander, Melisse, Minze, Rosmarin, Salbei und Tannenharz mit dem vergärten Traubensaft. Ob sie diesen warm getrunken haben, lässt sich ohne Originalrezept bedauerlicherweise nicht nachvollziehen. Ich tippe wegen der dortigen Temperaturen aber eher auf kalt.
Auch im antiken Griechenland und im alten Rom wusste man um die positive Wirkung von Gewürz- und Kräuterweinen. So soll der bekannte griechische Arzt Hippokrates Wermutwein gegen verschiedene Gebrechen verschrieben haben. Und vom berühmten römischen Koch Caelius Apicius ist ein Kochbuch unter dem Namen « De re coquinaria » («Über die Kochkunst») überliefert. Darin findet sich ein Rezept für einen Gewürzwein namens «Conditum Paradoxum». Er besteht aus Wein, Honig, Mastix (ein Baumharz), Pfeffer, Lavendel, Safran und Dattelkernen. Das Originalrezept findet Ihr hier . Folgend eine vereinfachte Variante:
1 Flasche Retsina (weisser, griechischer Harzwein; gibts zum Beispiel hier oder etwas edler hier )
100 Gramm Honig
9 Gramm gemahlener schwarzer Pfeffer
1 Prise Safran
1 Prise getrocknete Lavendelblüten
2 geröstete Dattelkerne
150 Milliliter des Weines mit dem Honig und den Gewürzen kochen, bis sich der Honig aufgelöst hat. Sobald das Gemisch abgekühlt ist, den restlichen Wein zugeben. Wichtig ist es, nicht den ganzen Wein aufzukochen, sonst verdampft zu viel Alkohol. Der Trunk einen Tag bis zwei Tage ziehen lassen und danach absieben. Der Gewürzwein kann kalt oder warm genossen werden (nicht aufkochen, sonst geht zu viel Alkohol flöten. Darum sollte Glühwein nie über 78 Grad Celsius erhitzt werden; ab dann verdampft der Alkohol).
Was für Römer gut ist, schadet Rittern nicht. Auch an den Höfen von Königen und Adligen wurde im Mittelalter gerne den gewürzten Weinen zugesprochen; das einfache Volk konnte sich die teuren Gewürze nicht leisten. Sehr beliebt war der Hypocras – ein gesüsster Wein, der mit Gewürzen wie schwarzem Pfeffer, Ingwer, Galgant, Gewürznelken, Majoran, Muskatnuss und Zimt vermischt wurde. Rosenwasser und Orangenblüten fanden ebenfalls ihren Weg in den Hypocras. Serviert wurde das Getränk warm oder kalt. In Basel scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Dort wird der Hypocras/Hypokras noch heute beim Jahreswechsel getrunken. Das Rezept dazu (nach Betty Bossi ):
7,5 Deziliter Weisswein
1 Liter Rotwein
3 Esslöffel Orangensaft
1 Esslöffel Zitronensaft
220 Gramm Zucker
3 Gewürznelken
1 Zimtstange
1 Esslöffel Kardamomkapseln (nur Samen)
0,25 Teelöffel Muskat
1 Stück Ingwer in Scheiben
Den Weisswein mit allen Zutaten, aber ohne den Rotwein aufkochen. Umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Etwas abkühlen lassen. Nun den Rotwein dazugiessen. Ein bis zwei Tage ziehen lassen und absieben. Anschliessend fünf weitere Tage kühl und dunkel ziehen lassen.
Von Basel reisen wir nach Schweden. Dort nennt sich der Glühwein schlicht Glögg. Das Sympathische an den Skandinaviern. Wenn sie dem Alkohol zusprechen, dann richtig. Darum hat es im Glögg nicht nur Wein, sondern auch Rum. Es ist schliesslich kalt dort oben, darum braucht es ein wenig mehr Heizstoff. Ein Rezept für schwedischen Glögg habe ich hier gefunden:
1 Liter Rotwein
8 Zentiliter Rum
100 Gramm Zucker
1 Zimtstange
20 Gramm frische Ingwerscheiben
2 Teelöffel Kardamom-Pulver
4 Gewürznelken
100 Gramm Rosinen
50 Gramm abgezogene Mandelstifte
Den Rotwein mit Rum und allen Zutaten bis auf die Mandelstifte erhitzen, aber nicht kochen (Ihr wisst: Wir wollen den Alkohol nicht verdampfen). Umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Den Glögg über Nacht ziehen lassen und danach absieben. Die Rosinen dürfen drinbleiben. Vor dem Servieren wird der Schwedentrunk erhitzt und mit den Mandelstiften garniert. Wer eine hiesige Variante des Glöggs kreieren möchte, kann statt Rum einen feinen Obstbrand verwenden.
Zum Abschluss ein traditionelles Schweizer Glühweinrezept, den auch dieser schmeckt selbst gemacht mit frischen Zutaten am besten. Es basiert auf Betty Bossi .
1 Liter Rotwein
150 Gramm Rohzucker
1 Bio-Orange
2 Zimtstangen
3 Gewürznelken
1 Messerspitze Muskat
Die Orange in Scheiben schneiden und mit den anderen Zutaten in der Pfanne erwärmen (nicht kochen … Ihr wisst: Der Alkohol ist unser Freund). Solange umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Zimtstangen und Nelken entfernen. Noch warm in Tassen oder Gläser geben und servieren. Nach Wunsch mit einem Schuss Schweizer Obstbrand verfeinern. Wohl bekomms!
Weiterlesen
Wolfstour - Bierliebe(andfriends).ch
Gutes Bier muss man einfach lieben! Niemand weiss das besser als Alexandra und Raphael, die der Wermutwolf an einem herbstlichen Freitagmittag in ihrem Restaurant, mitten im Zentrum von Luzern, besucht. Nach der aufmerksamen Lektüre dieses Berichts könnt ihr zudem tolle Preise gewinnen!
Während ich den kurzen Spaziergang vom Bahnhof Luzern zu ihrem hopfigen Domizil direkt an der Reuss zurücklege, begegnen mir gefühlte 200 asiatische Touristen. Eine entsprechende Menschentraube steht auch vor der Pizzeria neben « Bierliebe & Friends ». Dabei denke ich: «Mensch Leute! Ihr geht nun in ein Lokal, in dem ihr wie in tausend anderen Pizzas spachteln werdet, und seht das Lokal nicht, in dem ihr eine einzigartige Auswahl an Schweizer Craft-Bieren bekommen könntet. Wenn ich euch wäre, würde ich den Guide wechseln …» Als ich eintrete, empfängt mich Alexandra – mit der ich mich bis zu diesem Treffen korrespondiert hatte – unerwartet mit etwas Kleinem, lebendigem auf sich; ihrer vier Monate alten Tochter, ihrem zweiten Kind. Sie und Raphael haben bereits einen zweijährigen Sohn.
Ihr Mann Raphael stösst kurz darauf dazu. Er begann diese ganze Bier-Odyssee vor etwa acht Jahren, als er die vielen unabhängigen Schweizer Bierbrauereien anfragte, was sie von seiner Idee hielten, Abonnements anzubieten, bei denen der geneigte Bierliebhaber jeden Monat verschiedene Craft-Biere aus der Schweiz bis vor die Haustür zugestellt bekommt. Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden. Auch bei mir selbst. Begonnen hatte es damit, dass ich meinem Vater Anfang 2021 ein Geschenk-Abo zum Geburtstag überreichte. Im Herbst desselben Jahres abonnierte ich für mich selbst ein Liebhaber-Abo , das mir seither mit monatlich wechselnden acht mal drei verschiedenen Bieren konstante Freude bereitet. Beschreibung: «Ideal für alle Bierliebhaber mit grossem Durst, Gruppen, Vereine oder als Feierabendbier in der Firma.» Tja, ich bin keine Gruppe und auch kein Verein, verfüge aber tatsächlich über grossen, wermutwölfischen Durst …
24 Flaschen Genuss. Hier der Rückblick auf die diversen vergangenen Monatslieferungen: https://www.bierliebe.ch/biersorten/ Anfänglich betrieb Raphael das Hobby noch aus dem Elternhaus heraus, bis irgendwann die Garage, Waschküche etc. mit Bieren vollgestopft waren, und seine Eltern meinten, das sei ja eine tolle Sache mit diesen Bierlieferungen und so, aber ob er nicht vielleicht einmal ein Lager zu mieten in Betracht ziehen wolle … Gesagt, getan, doch auch dieses Lager wurde zu eng. Mittlerweile stösst das 290-Quadratmeter-Lager in Rothenburg langsam ebenfalls an Kapazitätsgrenzen. Seine Eltern helfen aber nach wie vor, wo sie können – sei es bei der Vorbereitung der Versandkartons oder in der Betreuung von Kind 1. Früher hatten sie auch geholfen, Bier auszuliefern. Irgendwann begannen die Post-Angestellten Raphael zu fragen, was er da eigentlich tue, da er so oft Pakete aufgab. Nachdem er die Situation erklärt hatte, erfuhr er, dass das auch einfacher geht, und er eine Lizenz für seine Massenversände erhielt. Heute bieten sie verschiedene Bier-Abos an; sehr beliebt ist das Geschenk-Abo, bei dem man ein Bier-Abo für drei, sechs oder zwölf Monate verschenken kann.
Raphael erklärt mir das Flaschen- und Dosenangebot Raphaels und Alexandras Background ist in der Unternehmensberatung, bei PWC, wo sie sich kennenlernten. Obwohl sie keinerlei Gastro-Erfahrung hatten, half ihnen diese Berufserfahrung sicher dabei, sich selbstständig zu machen. Wie furchtlos sie in derlei Geschäften vorzugehen wagen, zeigte sich schon bei frühen Experimenten, etwa als sie an einem Event versuchten, die Besucher mit hedonistischen American Hot Dogs zu beglücken – wie erwähnt, ohne wirklich zu wissen, was sie da genau taten. Das hat funktioniert, dank Last Minute-Massnahmen ihrer Zulieferer und hinterliess Spuren bis zur heutigen Speisekarte in ihrem « Bierliebe & Friends »-Restaurant, wo die heissen Hunde ebenso auf der Speisekarte zu finden sind. Im April 2019 war es dann so weit. Die Eröffnung des Luzerner Restaurants war Tatsache. Die ursprüngliche Idee, diese unglaubliche Vielfalt der Schweizer Bierbrauer den Menschen gastronomiemässig nahezubringen, wurde realisiert. Zwölf Bierzapfhähne sind mit zwölf für alle ersichtlichen Tafeln beschrieben, wo sich die Angestellten immer wieder aufs Neue kreativ verwirklichen können, denn wie bei den Abos wechseln auch bei den Zapfhähnen die Biere laufend.
Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass das Nachfüllen des Offenbiers gut geht und nicht zuerst nur Schaum aus dem Zapfhahn kommt Einige Monate nach der Eröffnung rollte die Corona-Welle über die Welt, und leider nicht eine des gleichnamigen Bieres. Der erste Lockdown war noch verkraftbar gewesen, und auch nicht ausserordentlich lang andauernd. Beim zweiten Lockdown Ende 2021 gab es dann schon einige schlaflose Nächte auszuhalten, wo man nicht mehr so genau wusste, wie man kalkulieren sollte/könnte. Was nicht einfach war für ein Unternehmerpaar, das ihren Betrieb mit vermutlich mehr Excel-Tabellen betreibt als viele andere. Einige der schönsten Erfahrungen, die das junge Unternehmerpaar mit ihrem Bier-/Gourmet-Tempel gemacht hatten, geschahen, als ihre Stammgäste nach dieser schwierigen Zeit wieder kamen und die wiedergewonnene Freiheit dafür nutzten, vorsätzlich noch das eine oder andere Bier mehr zu bestellen. Die «Bierliebe»-Abonnements erfuhren in diesen schwierigen Jahren zwar einen weiteren Schub, konnten aber das Minus des neuen Lokals nicht kompensieren.
Die famose Aussicht auf das berühmte Luzerner Wahrzeichen Ich empfand Bemerkungen aus dem persönlichen Umfeld stets als zynisch, die meinten, dass die Gastro-Betriebe, die in dieser Zeit pleitegingen, ja sicherlich schon vorher nicht gut gewirtschaftet hätten. Diese Leute verstehen nicht, dass die Gastronomie oft mit sehr tiefen Margen kalkulieren muss und gerade Neugründungen auf verlässliche Geschäftsgrundlagen angewiesen sind. Wir lassen es uns oben, in der ersten Etage, mit Blick auf die Kapellbrücke, kulinarisch gut gehen. Platz hat es insgesamt für etwa 70 Personen. Tagsüber sind es vorwiegend Touristen, und abends kehrt sich das Verhältnis zugunsten der Einheimischen um, die wissen, dass es hier tolle Biere zu trinken gibt. Mittlerweile gäbe es auch so einige, die primär für die Speisen einkehrten.
Im ersten Stock hat man den Überblick, woher die zwölf Biere kommen Natürlich muss ich, will ich die beiden fragen: «Was für Bier mögt Ihr am liebsten?» Alexandra antwortet zuerst, sie mag Pale Ales am besten. Und Raphael ist auch in dieser Ecke zu Hause, er mag – wie ich auch – IPAs am liebsten. Als ich frage, was sie abseits von Bier am liebsten trinken, meinen beide, dass es Wein sei, obwohl sie dort nicht so Experten seien wie beim Bier. Raphael und Alexandra verfügen beide über ein Bier-Sommelier-Diplom, von dem her ist das nachvollziehbar. Wie kürzlich bei einem anderen Unternehmerpaar in ihren 30ern, frage ich auch sie, wie sie sich die Arbeit untereinander aufteilen. Das finde ich immer unheimlich spannend, denn ich vermute, dass wenn man das nicht möglichst optimal auf die Reihe bekommt, es echt schwierig sein kann – sowohl beruflich als auch privat. Freimütig geben sie zu, dass das ein Findungsprozess war und ist, der im Laufe der Zeit angepasst werden musste. In früheren Modellen sei es beispielsweise zu Situationen gekommen, in denen sie sich kaum mehr sahen, was natürlich kein Dauerzustand sein kann. Momentan sei die Aufteilung grob so, dass Alexandra für das Restaurant und Raphael für die Abos zuständig sei.
Natürlich trinke ich beim Besuch India Pale Ale … Ferner gibt es da auch noch ihr Biervelo , ein Drahtesel mit 3 x 20 Liter Craftbeer im Kasten, sodass bei entsprechenden Anlässen auch mobil keine Bierliebe-Kehle trocken bleiben muss. « Bierliebe & Friends » ist ein Lokal ganz nach meinem Geschmack. Es ist gemütlich, man fühlt sich wohl darin. Die Gastgeber sind grundsympathische Leute und man bekommt darin echt gutes Bier. Wie oft war ich schon in Lokalen, wo meine Liebe für Bier enttäuscht worden ist? Grob geschätzt vermutlich so gegen 70 bis 80 Prozent der Fälle. Hier kann das nicht passieren. Ein wahrer Bier-Safe-Place. Herrlich, gerade weil so selten! Sie bieten überwiegend lokale Produkte an, mit zwei Ausnahmen: Apérol und Coca-Cola. Diese Produkte werden so häufig nachgefragt, dass man sie ganz einfach anbieten müsse.
Bei den Chips haben sie die « Treber-Tschipps » von der Appenzeller Brauerei Locher im Angebot, die aus dem Nebenprodukt des Brauprozesses gemacht werden. Auch hier: nachhaltig-lokal. Ich versuchte in der Zwischenzeit diejenigen mit Meersalz, andere mit Paprika und jene mit Rosmarin/Kräuter. Allesamt sind sie sehr lecker! Natürlich muss man mit höheren Kosten kalkulieren, wenn man auf günstige Massenware verzichtet, doch dadurch entsteht ihr USP, ihr Alleinstellungsmerkmal; lokale Qualität. Sie kennen ihre Zulieferer gut und können sich auf sie verlassen. Ich frage sie, was sie denken, weshalb der Bierkonsum in der Schweiz seit vielen Jahren rückläufig ist. Vor etwa 20 Jahren waren es noch etwa 20 Liter mehr pro Person und Jahr. Raphael äussert seine Vermutung, dass es zum einen dem allgemeinen, gestiegenen Gesundheitsbewusstsein und zum anderen dem immer grösseren Angebot geschuldet sein könnte. Dass jemand, der früher mehr Bier getrunken hat, mittlerweile mehr auf Apéritifs, Weine, Gin usw. verlagert hat.
Auf ihre Zukunftspläne angesprochen, meinen sie, dass ihre Mission weiterhin sei, die Biervielfalt der Schweiz zu fördern, unter anderem durch weitere Angebote von « Bierliebe » im Versandbereich und allenfalls auch mit weiteren Standorten ihres Gastroangebots. Ihre Grosszügigkeit für Wermutwölfe kennt keine Grenzen: Sie übergaben uns drei supertolle Wettbewerbsgewinne zur Verlosung :
Ein «Bierliebe»-Geschenk-Abo für 3 Monate (Bier-Abo für drei Monate, jeweils drei verschiedene Biere à je zwei Flaschen) im Wert von Fr. 89.90
Ein «Bierliebe»-Degustationspaket (Ein Bierpaket mit sechs verschiedenen Bieren, zwei Treber Tschipps, zwei Biergläser) im Wert von Fr. 49.90
Ein «Bierliebe»-Kennenlernpaket (Ein Bierpaket mit drei verschiedenen Bieren à je zwei Flaschen) im Wert von Fr. 31.90
Wenn Ihr nun also feine, hopfige Geschenke ergattern wollt, dann schreibt an [email protected] die Antworten auf folgende Fragen:
Wie viele wechselnde Offenausschank-Zapfhahne hat es im « Bierliebe & Friends »-Restaurant?
Was gibt es für Geschenk-Abos respektive mit welchen Laufzeiten?
Was für Biere trinken Raphael und der Autor dieses Artikels am liebsten?
Adresse angeben nicht vergessen. Cheers!
Weiterlesen
Mein erstes Mal - Underberg
Appenzeller, Chartreuse, Jägermeister – diese Kräuterliköre sind mir zu süss. Also habe ich mich auf die Suche nach einem Kräuterschnaps ohne Zucker gemacht … und bin fündig geworden. Er heisst Underberg , kommt aus Deutschland und enthält «Kräuter, Alkohol, Wasser und sonst nichts». Wird er mein Herz erobern?
Wie der französische Chartreuse gibt auch der Underberg seine inneren Werte nicht preis. Seine Rezeptur kennen nur fünf «Geheimnisträger». Ob er so viele Kräuter wie der Chartreuse (130 sollen es sein) beinhaltet, verraten die deutschen Kräutermagier nicht. Doch so viel ist bekannt: Der Underberg ist im Herzen eigentlich kein Deutscher, sondern ein Weltenbummler; sein Geschmack verleihen ihm Pflanzen aus 43 Ländern. Weder Farbstoffe noch Zucker dürfen ihn berühren – nur Kräuter, Wasser und Alkohol. Hergestellt wird er seit 1846. Das fertige Kräuterelixier reift in Fässern aus slowenischer Eiche, bevor es in kleine 2-cl-Fläschchen abgefüllt wird. Äusserlich gibt sich der Underberg ebenfalls zugeknöpft: Die Portionenflaschen sind in braunes Papier eingewickelt.
Laut den Machern « hält das Strohpapier den Flaschenhals hygienisch rein und schützt den Kräuter-Digestif vor Lichteinflüssen ». Warum die kleine Flasche? Sie wurde 1949 eingeführt, da im Nachkriegsdeutschland viele sehr arm waren; ein 2-cl-Fläschchen konnten sich allerdings die meisten leisten (auch heute ist er mit Fr. 4.50 für drei Flaschen erschwinglich). Mehr als eine kleine Flasche braucht es aber auch nicht, denn der Underberg ist mit 44 Volumenprozent alles andere als ein Schwächling. Zudem: Er ist ein Magenbitter, «Verdauerli» oder im heutigen Jargon Kräuter-Digestif; den kann man nur bei akutem Geschmacksverlust glasweise kippen, selbst als Wermutwolf . Auch wenn der Darsteller in der Werbung aus den 1950er-Jahren keine Miene beim Trinken verzieht und sein Dauergrinsen behält … und ihn vor dem Essen und nicht nach dem Essen zu sich nimmt.
Aber damals war man nicht so zimperlich wie heute. Das Motto lautete «Täglich Underberg und Du fühlst Dich wohl» … am besten vor und nach dem Essen.
Bei schlechtem Schlaf ebenfalls.
Oder im Zug; also einfach immer und überall.
Auch in den 1970er-Jahren war es so, dass der Underberg einem «jeden Tag über den Berg hilft».
Und weil die Ohrwurmmelodie (denkt Ihr auch an «Frölein, heit dir mis Hündli gseh?») so schön ist, gleich nochmals:
Die neuere Werbung ist leider nichtssagend: Werden da Instrumente, Pauschalreisen, Kopfhörer … oder was eigentlich angepriesen? Passt aber gut in die aktuelle «Keine Aussage ist die beste Aussage»-Zeit. Wegen der Altersbeschränkung gibts die nur direkt hier bei YouTube . Doch wir vom Wermutwolf haben eine Meinung, sagen diese und stehen dazu. Darum … Trommelwirbel … mein erstes Mal Underberg. Die Flasche ist schnell entblättert und verströmt nach dem Öffnen einen starken Duft nach Nelken. Ausserdem rieche ich Anis und Zimt, gepaart mit Süsse. Ich denke sofort an Schmorbraten, Kartoffelstock und braune Sosse … an Herbst, Winter und Weihnachten. Getrunken wird er laut Herstellern bei Zimmertemperatur und auf ex; also runter damit. Im Mund bricht die Hölle los: Der Underberg ist bitter, und ich meine damit: verdammt bitter.
Es dominiert der Nelkengeschmack, Süsse spüre ich keine; nur Schärfe und Bitterkeit. Er riecht besser, als er sich trinkt – obwohl ich kein Fan von Bratensosse im Glas bin. Im Abgang spüre ich das Brennen der 44 Volumenprozent, weich ist der Underberg nicht; Nelke und Bitterkeit hängen länger als ich mir wünsche auf der Zunge. Mein Urteil:
Ich bin froh, dass ich keine Magenprobleme habe und auch ohne Underberg tagtäglich über den Berg komme. Schade nur, dass ich nie eine der Prämien wie einen Underberg-Schlüsselanhänger, eine Nostalgie-Blechkarte oder den tollen Underberg-Gurt bekommen werde; die gibt es nämlich fürs Sammeln und Einschicken der Plastikdeckel .
Weiterlesen