Fundamentale Überlegungsfehler beim Kennenlernen: Die falschen Männer / Frauen werden aussortiert.

«Sven musste mich ziemlich überreden, mich auf ein Date mit ihm einzulassen. Er war so gar nicht mein Typ, ein Kerl mit Muskeln und keinem Gramm Fett am Körper, nur in sich selbst verliebt. Einer, der so richtig zupacken kann. Das hat er auch getan und wir landeten im Bett.
Doch irgendwie war da keine Anziehungskraft. Es fing schon beim Küssen an, es passte einfach nicht.»
Was für mich wie aus einem schlechten Hollywood Film klingt, ist nüchterne Wirklichkeit (http://www.bento.de/gefuehle/diese-typen-triffst-...
Als ich den Beitrag gelesen hatte, kamen mir die zahlreichen Gespräche mit Männern und Frauen in den Sinn, die sich genau um dieses Thema drehten.
Immer wieder höre ich von Frauen, dass es für sie wichtig ist, dass der Mann Interesse an ihr zeigt, und zwar immer wieder und sehr deutlich. Meiner Erfahrung nach scheint Grosszügigkeit bei solchen Frauen hoch im Kurs zu sein. So wird beispielsweise eine Einladung (z.B. zu einem Drink oder Essen) von gewissen Frauen als Interesse gewertet. Teilweise geht es sogar soweit, dass der Mann direkt aussortiert wird, wenn er beim ersten Treffen die Frau nicht einlädt. Es scheint frei nach dem Motto: Nur Männer, die hartnäckig sind und Interesse zeigen, sind gut für mich.
Mich überrascht hierbei, dass diese Frauen aufgrund dieser Überzeugung immer wieder an Männer geraten, die zwar sehr hartnäckig sind und Interesse zeigen, aber eigentlich absolut nicht zu ihnen passen («Er war so gar nicht mein Typ […]. Doch irgendwie war da keine Anziehungskraft.») und sich trotzdem auf diese («Bad Boys») einlassen. Als aussenstehende Person und als Mann komme ich zum Schluss, dass die Überzeugung «hartnäckige Männer, die Interesse zeigen sind (per se) gut für Frauen», einem fundamentalen Überlegungsfehler unterliegt. Warum?
Einerseits, weil Frauen, die nach dieser Überzeugung leben, zwangsläufig immer wieder auf Männer stossen, von denen sie sich verleitet fühlen, etwas zu tun, das sie eigentlich gar nicht wollen. Andererseits, weil Männer aussortiert werden (oft «Nice Guys»), die, die Frau nicht zu etwas verleiten, was sie eigentlich nicht wollen. Wieso nicht?
Immer wieder höre ich von Männern, dass sie Frauen auf Augenhöhe begegnen und diese gleich behandeln wollen («Nice Guys»). Solche Männer stellen sich nicht über die Frau, sind nicht ständig nur mit sich beschäftigt, sondern es interessiert sie, was die Frau will. Diese Männer sind nach meiner Erfahrung aber selten diejenigen, die die Frau beim ersten Date einladen. Sie leben frei nach dem Motto: Nur Frauen, die mir auch etwas zurückgeben, sind gut für mich. Mit etwas zurückgeben ist weder primär Sex, noch das nähere Kennenlernen der Frau gemeint, da die Frau umgekehrt im jeweiligen Fall in den Genuss desselben kommt. Folglich wird dies nicht als Gegen-«Leistung» betrachtet. Bleibt eine Gegen-«Leistung» (länger?) aus, wird die Frau aussortiert, wenn der Mann nicht ohnehin bereits aussortiert wurde.
Mich überrascht hierbei, dass diese Männer aufgrund dieser Überzeugung zwar weniger an Frauen geraten, die nicht zu ihnen passen, dafür aber im Allgemeinen viel weniger an Frauen geraten, eingeschlossen diejenigen, die zu ihnen passen würden. Als Mann kann ich hierbei leider nur bedingt aus der Sicht einer aussenstehenden Person sprechen, komme jedoch ebenfalls zum Schluss, dass die Überzeugung, dass «nur Frauen, die auch (scheinbar) etwas zurückgeben, gut für Männer sind», einem fundamentalen Überlegungsfehler unterliegt. Warum?
Weil Männer, die nach dieser Überzeugung leben, wie bereits erwähnt, zahlreiche Frauen aussortieren bzw. von solchen aussortiert werden, auch diejenigen, die passend wären.
Meiner Ansicht nach bestehen bei beiden Geschlechtern teilweise (Nein, es betrifft nicht alle Frauen und Männer) fundamentale Überlegungsfehler. Fundamentale Überlegungsfehler sind es in meinen Augen deshalb, weil sie den eigentlich gewünschten Zweck (in der Regel ein passendes Gegenstück finden) (teilweise? mehrheitlich?) nicht fördern, sondern behindern. Der Ursprung dafür liegt wohl in den veränderten Rollenbildern, die nur teilweise von Männern und Frauen geteilt werden.
Dem könnte entgegnet werden, dass die Überzeugungen und Erwartungen nun einmal unterschiedlich sein können und wenn es nicht passt, dann hätte es ohnehin nicht gepasst. Dies kann in gewissen Fällen tatsächlich sein, ich habe jedoch den Eindruck, dass dies nicht für die Mehrheit der Fälle zutrifft und in Tat und Wahrheit viel eher Rollenbilder in den Köpfen bestehen, die in ihrer Urform nicht oder nur schwer zu vereinbaren sind, aber sich durch ein gegenseitiges Entgegenkommen und einen Dialog durchaus gut vereinbaren liessen.
Wie sind eure Erfahrungen zu Überzeugungen und Rollenbildern von Männern und Frauen oder allgemein von Menschen? Wann sind sie im Hinblick auf das Kennenlernen förderlich, wann hinderlich?