Kommentare

ich lese grad "schweiz als heimat?" von max frisch. ein déja vu nach dem anderen :-(

Ich glaube, das ist einfach menschlichesallzumenschliches Verhalten...und war dementsprechend früher nicht anders...
Dass es mehr auffällt (den Eindruck teile ich auch) liegt wohl daran, dass wir uns heute gegenseitig viel besser "überwachen" können - und dementsprechend sofort merken, ob sich jemand drückt.
Ja, heute gibt es vermutlich mehr Möglichkeiten, sich gegenseitig zu überwachen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass es nicht nur daran liegt. Ich habe sogar den Eindruck, dass es teilweise sogar gegenteilig ist und man heute in gewissen Dingen anonymer oder sich anonymer fühlt. In den ländlichen Gegenden kannte man sich beispielsweise früher beim Namen, was heute immer weniger der Fall ist. Früher bestand auch eine grössere Abhängigkeit untereinander, insbesondere auch finanzieller Natur. Das führte in meinen Augen zu einer gewissen sozialen Kontrolle. Das will nicht bedeuten, dass nicht viel hinter vorgehaltener Hand gesagt wurde, vermutlich war eher das Gegenteil der Fall. Trotzdem glaube ich, dass man mehr für einander eingestanden ist, gerade aufgrund der Abhängigkeit. Aber vielleicht mag ich mich da auch täuschen.

Ansonsten ist denke ich das was du beschreibst sehr menschlich und gar nicht auf die Schweiz bezogen sondern allgemein. Immer wieder in Konfrontation zu gehen kostet unglaublich viel Energie. Daher neigen die meisten eher zur Verdrängung und Lethargie, wie beim Bild von den 3 Affen. Wenn du dich mal kulturgeschichtlich so umsiehst, wirst du feststellen, dass die wegschau-taktik allgegenwärtiges Massenphänomen ist. Oder was denkst du ist der Grund, warum immer wieder menschenverachtende Regime an die Macht schaffen, und das über Jahre hinweg? Eben, weil es menschlich ist, den bequemen Weg zu gehen und sich leiten zu lassen bzw der Meinung derMehrheit zuzustimmen statt sichaufzulehnen und sich zu exponieren, was meistens eine gewisses Risiko für einen selbst beinhaltet.
Das hast du vermutlich recht und ja, Konfrontation kostet Energie, Resignation und Unzufriedenheit aushalten jedoch auch. Das Risiko, sich zu exponieren, ist tatsächlich je nach Umfeld, Interessen und Macht beträchtlich. Das Verrückte daran ist, dass, wenn es im Kleinen geduldet wird, die Gefahr besteht, dass es im Grossen nicht viel anders ist.

Tönt ein bisschen nach dem fight-or-flight-syndrom... Die alte Geschichte mit dem Säbelzahntiger ;-)

Wie sagt man so schön: "Mit dem Alter kommt die Reife!"
Ne, ich weiß nicht ob ich hier eher die Feigheit oder die Bequemlichkeit schlecht reden möchte. Beides sind unangenehme Atemzüge der Gesellschaft.
Wie du das ganze siehst ist definitiv nicht falsch.ich würde mir aber eine andere Frage stellen:
Achtest du zu sehr darauf? - und wie Livanto schon gefragt hat: Was machst du anders wie früher?
Ja, Bequemlichkeit ist mir auch in den Sinn gekommen, hat was. Sind es unangenehme Atemzüge jeder Gesellschaft? Ist es einfach eine Zeiterscheinung aufgrund des Wohlstands und des Invididualismus?
Ja, ich achte im Moment sehr darauf. Vermutlich gerade deshalb, weil es für mich noch kein Normalzustand ist und ich mich selbst daran gewöhnen und immer wieder dazu bringen muss, nicht ins alte Muster zu fallen. Ob ich "zu" sehr darauf achte, weiss ich nicht. Mir fällt einfach auf was für Probleme daraus entstehen, wenn man dem nachgibt. Je nach Umstände betrifft es dann nicht nur 1 oder 2 Menschen, sondern die Menschen rundherum ebenfalls, meist nicht im positiven Sinne.

klingt spannend!
erzähl doch mal, was z.B. anders machst als früher?
hab ähnliches grad mehrfach gehört in jüngster Zeit - hab mitdiskutiert & den Kopf schräg gehalten... ja, hast Recht - es ist genauso fest zu stellen!
ich eingeschlossen - versteht sich...
fühl mich müde, hab kein Bock mehr, keine Lust - vielleicht nur zur Zeit - gut möglich, dass es so bleibt. Eine Variante der Anpassung an Veränderungen. Konzentration auf für mich wesentliches - denn ganz ehrlich- ich könnt den ganzen Tag schreien, oder noch besser; direkt und ohne Vorwarnung schiessen...
Wie wird Belästigung genau definiert? Ich muss ehrlich sagen, dass ich den Begriff nur aus der Alltagssprache kenne und die damit verbundenen Beispiele, die ich erfahren habe, waren nach meiner Ansicht subjektiv geprägt.
"Für mich ist (sexuelle) Belästigung ein Thema mit fliessenden Grenzen, da es in meinen Augen stark subjektiv geprägt ist. .... Ein falsch oder richtig gibt es vermutlich dabei nicht." Ähm, nope... ein dezidiertes: Nope!
Es ist ziemlich genau definiert, was als Belästigung etc. gilt. Viel eher müssten wir uns um die Menschen Gedanken machen, die solche Taten abtun mit "ach, damit muss man (frau) halt leben" oder "hat ja nicht wehgetan" oder "jetzt mal nicht übertreiben"...
Bitte nicht missverstehen, ich war auch lange in Deiner Gedankenwelt; mittlerweile muss ich aber sagen, dass ich da einen entscheidenden Denkfehler gemacht habe! Am einfachsten ist er an einem Beispiel erklärt:
Wenn ich bestohlen werde, zucke ich dann auch mit den Schultern und sage "Jänu"?
Ebä...
Ja, vermutlich braucht es seine Zeit, bis wir Menschen uns in der Schweiz an die Verdichtung gewöhnt haben.
Verstehe. Für mich ist (sexuelle) Belästigung ein Thema mit fliessenden Grenzen, da es in meinen Augen stark subjektiv geprägt ist. Was die einen geniessen, als Kompliment empfinden oder mit einem Schmunzeln hinnehmen, empfinden andere als verletztend oder bedrohend. Ein falsch oder richtig gibt es vermutlich dabei nicht. Für Aussenstehende ist es deshalb meiner Erfahrung nach schwierig zu beurteilen, wann die Grenze überschritten wird. Ich habe den Eindruck, dass das Thema auch stark schambesetzt ist, was es nicht einfacher macht, u.a. in der Öffentlichkeit klar signalisieren, wenn Grenzen überschritten wurden. Dies wäre in meinen Augen aber sehr wichtig, Teil der Eigenverantwortung und macht gegen aussen deutlich, dass ein Problem vorliegt. Dass Menschen trotzdem aktiv wegschauen, macht es dabei nicht besser, da die Betroffenen im Stich gelassen werden und die Grenzüberschreittung geduldet wird...
Hm, das Beispiel mit der numerischen Unterlegenheit kann ich als Mensch nachvollziehen. Hier stellt sich tatsächlich die Frage nach der eigenen Sicherheit. Wenn unsere Kultur anders wäre, sprich wir zusammen füreinander einstehen würden, wäre aber wohl auch das kein Problem.
...noch einen zur Bequemlichkeit- ja, wegen Sättigungserscheinungen & wegen Dichtestress - es fällt Menschen grundsätzlich schwer, mit Veränderungen umzugehen.
Die Kadenz und die geringe Einflussmöglichkeit auf aktuell gestellte Anpassungsaufgaben könnte hier eine Rolle spielen... ;-)
wo ich das konkret gehört habe, fragst du... sagen wir, im erweiterten Umfeld - eher von jüngeren Personen.
Da ist die junge Frau, die erzählt, in ÖV belästigt zu werden & nur Leute zu sichten, die aktiv wegschauen.
Da ist die andere junge Frau, die sich daran stört, wie Menschen mit Migrationshintergrund den Unterschied zwischen Mülleimer, Fussboden und Sitzflächen erklärt erhalten müssten - sie sich aber, der numerischen Unterlegenheit bewusst, nicht traut.
und da bin ich, der... ach komm: Schiessen gehört eingeführt - und zwar sofort! ;-)
In welchem Zusammenhang hast du mehrfach Ähnliches gehört? Und auf was hast du keinen Bock und keine Lust mehr? Auf Konfrontation? Ehrlichkeit?
Schreien könnte ich zwischendurch auch immer wieder; schiessen ist wohl eher nicht so eine gute Lösung, ausser es kommt niemand zu Schaden.
Hm, naja, ich probiere mich zu überwinden und direkter und ehrlicher zu sein, z.B. häufiger sagen, wenn mich etwas stört oder ich nicht derselben Meinung bin, anderen gegenüber eigene Grenzen klarer kommunizieren, andere nicht im Ungewissen lassen, sondern die Karten offen legen, Stellung beziehen, Absichten, Ansichten und Gefühle mitteilen, kommunizieren, warum und wieso ich den Umgang miteinander verändern oder Kontakte beende will. Ich versuche weniger zu denken und mehr zu handeln, z.B. am Morgen früh einmal quer durch den Bus schreien, weil jemandem vor der Nase die Tür zugeht und der Bus ohne diese Person abfährt (ich wohne in einer eher ländlichen Gegend, dort kommt nicht alle paar Minuten ein Bus). Es gelingt mir auch nicht immer gleich gut, meinen Arsch hoch zu kriegen und mich zu überwinden, aber irgendwie fühlt es sich trotz den unangenehmen Begleiterscheinungen unter dem Strich besser und richtiger für mich an, als mich mit Scheuklappen durch den Tag zu schlagen.
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