Kommentare

@Zimmer 8822: danke für deine Beitrag! auch ich habe mich köstlich amüsiert und möchte dir ein dickes Kompliment für deine Schreibstil machen! Kurzweilig, unterhaltsam und stilsicher sowie ortographisch korrekt. Findet man in der heutigen Zeit nicht mehr allzu oft.
Hast du studiert? und was bedeutet dein Nickname?

Ein glaubwürdiger und unterhaltsamer Beitrag...ich habe mich köstlich amüsiert und deckt sich in etwa mit meinen Erfahrungen. :-)) Nicht verzagen es gibt auch nette und durchaus normale interessante Männer. Viel Glück im neuen Jahr.

@shenga: Mit Sicherheit was dran, denn Dreistheit ist eine freche Form des Mutes. Auch wenn's eine Frage des Geschmacks ist.

@urdozurigo
aber im ausgang brauchts wenigstens ein bisschen mut zu...

@Zimmer 8822: Danke, ich wisch mir grad die Tränen vor Lachen aus den Augen, hab mich köstlich amüsiert. Aber eigentlich nur eine virtuelle Form dessen, was man irgendwo im Ausgang auch erlebt. Da hab ich genauso dreiste Dinger gesehen.

@heindoof: blödmann! ;-)

herrlich! *smile*

zitat: "Jedoch nicht genug. Wer Sex sucht, der wird niemals verzweifeln, wenn er im Internet auf die Suche geht"
falsch.
ER verzweifelt, zweifellos. nicht alle, aber die meisten. wie der text ja zeigt.
SIE hätte zwar gelegenheiten genug, aber naja.....kann sein dass ich eines tages anspruchsloser werde, solange ich aber noch die wahl habe, verzichte ich doch lieber darauf mein sexleben mit solchen perlen zu bereichern

muuuuaahhaaa, zuuu geil!!! :-))) daaaanke, hast mir den tag gerettet...
und geschichten, die das leben schreibt sind halt immer noch die besten....

willsch figge zimmer8822?

Telefonat mit der Freundin. Sie erzählt, dass sie sich just for Fun bei einer Singlebörse im Internet angemeldet habe. „Versuch’s doch auch mal, ein guter Zeitvertreib mit Comedycharakter“. So oder so ähnlich müssen ihre Worte gewesen sein. Ja, klar warum eigentlich nicht? Statt wieder stundenlang im Netz herumzuhängen und sich nachher für den „Meistbesucht“-Stempel zu schämen, der im negativen Sinne als eine öffentliche Brandmarkung gesehen werden kann, dass man eindeutig viel zu viel Zeit hat, oder massig Geld beim Online-Schuhe-Shoppen auszugeben, folge doch dem Ruf der Freundin. So oder so ähnlich müssen meine Gedanken gewesen sein.
Auf dem Weg zur Arbeit begegnen mir ständig die großen Plakatwände einer Internet-Singlebörse mit gut zu merkendem Namen. Auch andere Freundinnen sind dort Mitglieder, jedoch nicht aus den Entertainmentgründen, sondern weil sie ernsthaft auf der Suche nach dem Mann für’s Leben sind. Gut fündig ist noch keine geworden, aber eine menge netter Dates sind da wohl schon bei rumgekommen. Zu verlieren habe ich also nichts. Ich kann mich ein bisschen amüsieren und vielleicht springt ja ein netter Mann dabei raus.
Eines Abends surfte ich ziellos durchs Netz, auf der Suche nach den paar Sneakers, die ich schon lange suche, aber irgendwie in jedem Shop in meiner Größe ausverkauft sind. Verdammt! Und nun? Frusttrinken, Schokolade essen oder ....? Trinken unter der Woche muss nicht sein, Schokolade macht nicht nur dick und Pickel, sondern verlangt von mir auch noch den Weg zur Tankstelle, weil keine im Haus ist. Und nu? Ach ja, da war ja was.
Ich rufe die Seite der Singlebörse auf, klicke auf „Registrieren“. „Männer müssen zahlen, so verzweifelt ist die Welt schon“, denke ich mir noch. Ich kämpfe mich durch das Anlegen meines Profils, überlege lange, wie ich ein möglichst harmloses Profil zusammenstelle, lade mein Foto hoch und die Singlebörse bescheinigt mir eine Flirtwahrscheinlichkeit von 95 %. Ich frage mich noch, ob ich vielleicht noch ein Bikinibild oder ähnliches laden muss, damit ich auf die vollen 100 % komme, entscheide aber, dass 95 % doch völlig ausreichend sind.
Mein Profil wird abgespeichert und ich kämpfe mich weiterhin durch die zugegebenermaßen etwas unübersichtliche Welt der so genannten „Flirtmails“. Ich stelle fest, dass es eine eigene Rubrik gibt, in der ich sehen kann, wer in den letzten Minuten mein Profil angeklickt hat. Wow, so kurz on und schon so frequentiert? Was muss hier erst los sein, wenn ich die 100 % erreicht hätte? Die erste Flirtmail geht auch schon ein. Es ist ein 35jähriger Mann, der kein Foto in seinem Profil hat. Das Profil lese ich mir flüchtig durch. Er schreibt mich mit „Hallo, wie geht’s? Hast Du Lust, Dich mit mir zu treffen?“ an. Ich bezeichne ihn erst einmal als „forschen Spund“, was er allerdings nicht versteht. Er erzählt mir, dass er Urologe ist und seit vier Jahren Single. Seine nächste Frage lautet schon, seit wann ich auf der Suche nach einem Mann bin. Panisch sehe ich mir noch einmal mein Profil an. Habe ich vielleicht doch irgendwo einen unterschwelligen verzweifelten Hilferuf aufgenommen? Ich kann nichts finden. Ich teile ihm mit, dass ich keine ernsthaften Absichten habe und eigentlich nur mal sehen will, wie es denn so ist. Er fragt wieder, wann wir uns treffen. Das „ob“ hat er schon direkt aus seinem Gedankengang gestrichen. Ich teile ihm mit, dass mir für ein Treffen mit einem wildfremden Mann aus dem Internet ein einfaches „hallo“ und eine Kurzzusammenfassung seines Lebens dann doch noch reichen. Ab dann startet für mich der wirkliche Entertainmentfaktor. Er fragt mich doch tatsächlich, warum ich uns keine Chance gebe. Ich lese seine „Flirtmail“ ungefähr fünfzigmal durch. „Verdammt“, denke ich mir. „Nachher steht hier noch Kai Pflaume vor der Tür und übergibt mir eine Videokassette mit einer selbstgesungenen Botschaft des 35jährigen Urologen.“ Ich gehe in die Offensive. Frage ihn, ob er eine Ahnung davon hat, wie verzweifelt er gerade bei mir ankommt und ob er nicht denkt, dass das möglicherweise etwas abtörnend auf mich wirken könnte. Doch statt einer rationalen Reaktion fleht er mich an, den Kontakt zu ihm nicht aufzugeben. Spricht von gemeinsamen Reisen und von Städten, die er schon immer mal mit einer Frau an seiner Seite besuchen möchte. Ich rufe im Gedächtnis sämtliche Psycho-Filme und Berichte ab, die mir je untergekommen sind und beschließe, diesen Mann zu blocken, bevor er mich zerstückelt und möglicherweise noch verspeist.
Okay. Round Two. Fight!
Der nächste macht einen netten Eindruck. Er ist auch Arzt. Wir unterhalten uns normal. Ich erzähle ihn von seinem Kollegen, er reagiert völlig normal darauf. Ich beginne, langsam wieder etwas Vertrauen zu schöpfen. Für diesen Arzt muss ich eine Lanze brechen, er hat sich mir gegenüber die ganze Zeit sehr nett und sympathisch verhalten. Also nicht nur Freaks unterwegs.
Dann kommt die nächste „Flirtmail“. Er ist 31 und nach dem „Hallo“ sendet er mir erst einmal ein Foto von sich in Unterhose. Ich werde von Lachanfällen geschüttelt und bin versucht, dieses Foto erst einmal an meine Freundinnen weiterzuleiten, aber der Anstand in mir siegt. Er posiert auf diesem Foto in einer engen weißen Unterhose, ist allgemein doch eher gut gebaut, doch ich bin mir sicher, dass er sich Socken in den Schritt gestopft hat. Wir unterhalten uns. Sein Foto kommentiere ich nicht weiter und er fragt glücklicherweise nicht nach. Irgendwann kommt die übliche Konversation über das Berufsleben. Ich teile ihm mit, dass ich in einer Anwaltskanzlei arbeite. Was nun folgt, lässt mich doch mit offenem Mund den Bildschirm anstarren. Er ergeht sich in Tiraden darüber, dass meine Zunft doch alles bespitzelt, die Stasi noch von uns lernen könne und wir doch alle für den Überwachungsstaat arbeiten würden. Ich nehme es nicht ernst, denke, er macht einen Spaß. Dem ist leider nicht so. Er kann gar nicht mehr aufhören. Unterstellt mir grausame Verhörmethoden und ähnliches. Ich versuche es immer noch von der spaßigen Seite zu nehmen und teile ihm mit, dass ich definitiv nicht für die Amerikaner auf Guantanamo arbeite. Doch er ignoriert es. Irgendwann wird es mir zu bunt. Ich antworte ihm, dass ich bei solchen Leuten wie ihm doch schon fast stark für den Überwachungsstaat wäre, denn dann hätte man auch die Möglichkeiten, ihn unter Verschluss zu halten. Ich unterstelle ihm ein leichtes Paranoiaproblem und wünsche ihm noch ein schönes Leben. Wie sollte es auch anders sein? Er betitelt mich mit allen ihm zu Verfügung stehenden Fäkalausdrücken und ich klicke meinen mittlerweile geliebten „Block-This-User-Button“.
Auch diese Story teile ich meinem netten Arzt mit. Er lacht sich kaputt und fragt mich, wie ich es schaffe, solche Leute aufzutun. Ich bitte ihn, mein Profil nach versteckten Aufrufen durchzusehen, doch er auch kann nichts finden.
Mittlerweile werde ich selbst aktiv und suche mir Männer aus, die ich anschreibe. Dazu habe ich ein ganz einfaches Kriterium: ich nehme die, die keine Poserbilder von sich im Profil haben, auf denen sie halb bekleidet Gewichte stemmen und sich dabei selbst noch die Brustmuskeln küssen. Viel Auswahl habe ich da nicht.
Neben meinem netten Arzt hat sich noch ein geselliger und sympathischer Rockmusikliebhaber zu mir gesellt, der mich gleich sympathisch fand, weil ich die einzige im ganzen Forum war, die erkannt hat, dass sein Profilbild den Sänger von QOTSA darstellt und nicht ihn selbst. Er schickt mir zum Dank ein Foto von sich und ich bin zufrieden.
Am Ende bin ich ganze zwei Tage für ca. zwei Stunden insgesamt dort online gewesen und kann folgendes Fazit aufweisen:
Ich habe sechs Einladungen zum Sex bekommen. Einer davon wollte nur lecken, ohne Gegenleistung. Er stand einfach darauf, eine Frau zu verwöhnen. Ein edelmütiger Zug von ihm, doch für mich völlig unglaubwürdig. Ich habe ca. 15 Fotos von Männern in Unterhosen bekommen und denke stark darüber nach, mir mein Badezimmer damit zu tapezieren. Ich habe Verzweifelte getroffen, Wahnsinnige und selbstverliebte Egomanen. In gerade einmal zwei zusammengefassten Stunden. Ach ja, ich vergaß: einer fragte mich, ob ich es okay fände, wenn er mir zur Begrüßung durch das Gesicht schlecken dürfe, denn das fände er so schön. Ich riet ihm, sich eine Hundeliebhaberin zu suchen und diese Frage mit ihr zu erörtern.
Mitgenommen habe ich Folgendes: Entertaint wurde ich. Jedoch nicht genug. Wer Sex sucht, der wird niemals verzweifeln, wenn er im Internet auf die Suche geht. Ein Arzt und ein Rocker reichen völlig für normale Konversation. Und Männer spinnen alle. Jedenfalls ein großer Teil davon.
Als ich die Flirtmail eines weiteren Mittdreissigers bekomme, der mir direkt die Devot-Dominante-Beziehung vorschlägt und fragt, ob ich nicht Lust habe, ihn mir als Sklaven zu halten, ignoriere ich meinen geliebten „Block-This-User-Button“ und suche direkt nach „Registrierung löschen“. Button gefunden, zurück in die normale Internetwelt zurückgekehrt, festgestellt, dass ich mit dem „Meistbesucht“-Button doch ganz gut leben kann und am Ende auch die Sneakers in meiner Größe gefunden.
Das Leben kann doch schön sein.
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