Kommentare

stadtfüxin, was ist denn an diesem Land sooo toll? Dass es etwas mehr Reiche gibt als in andern Ländern? Dass ich mich in Zürich weniger sicher fühle als in Wien, Mailand, Paris, Hamburg...? Dass ich nach 10 Minuten eine Busse habe, wenn ich den Enkel mit Gepäck und Kinderwagen in die Stadt bringen muss? Du hast natürlich Recht, gutverdienende leben in diesem Land besser als anderswo. Dazu gehören aber nicht alle. Offenheit und Kontaktfreude hat aber nichts mit toll und gut leben zu tun.

hat schon was: wir schweizer machen uns gerne selbst schlecht. wir lästern darüber, dass wir kontaktunfreudig sind, europa sind wir auch nicht beigetreten, die banken sind auch pervers und irgendwie sollten wir ganz anders sein, weltoffener, freundlicher und so weiter. wir sind aber halt so wie wir sind. die einen kantone offener, die anderen weniger. versteht mich nicht falsch: ich finde zürich city auch ein eher kontaktkarges pflaster, und dementsprechend stärker muss ich mich engagieren, um soziale kontakte zu haben. dennoch finde ich nicht alles schlecht an uns schweizer. ich finde uns sogar ganz gut, und wir leben in einem tollen land, auf das wir meiner meinung nach ruhig stolz sein durfen. so viele mentalitäten, kulturen, sprachen, ansichten auf so knappem raum in einklang zu bringen. das ist eine starke leistung! zudem bietet zürich so viel - gute jobs mit gutem verdienst, kultur, kunst, soziales, natur und und und. das wiegt doch die nachteile schon ein wenig auf... findet ihr nicht? ich habs vielleicht einfach satt zu hören, dass wir schweizer nicht ok sind, so wie wir sind. besser werden kann man immer, ist schon klar - wir arbeiten ja auch dran. oder?

Was willst du denn da diskutieren?!
Soll man dich mit der Anwesenheit davon überzeugen, dass dieses Schubladendenken albern ist?
Wie soll das gehen?
Meine Erfahrung ist eine andere, was aber wohl auch mit meiner eigenen Art und meinem Wesen und meinem Umfeld zusammenhängt.

Ich will die Runde nicht allzu gross halten. So um die 10 Personen wäre ideal. Sonst können wir nicht in die Tiefe gehen.

Einen debattenabend zur "weltoffenheit" und "kontakfreudigkeit "von Helvetier? Tolle idee! Es stimmt: das mit dem verallgemeinen hat tatsächlich nur nachteile, da JEDE nationalität - nebst ECHTEN eigenen merkmalen - gutes und schlechtes, angenehmes und unangenehmes zu bieten hat. Wie jeder mensch halt.
Et oui, les Romands préfèrent être qualifiés de Romands. Wie die Ticinesi auch als solche. DAS stimmt halt für alle :-).
Debatte im.. Neumarkttheater ? Und in der presse ausschreiben/ankündigen?

@pierreramuz: Ich bin in Zürich aufgewachsen und habe ausser einem Jahr auf dem Land irgendwo in Bern immer in Zürich gelebt.
@Alle: Ich bin überwältigt von eurem Feedback. Echt interessant die Theorie mit den Bergen ohne Meeresanschluss und auch der Tatsache, dass wir lange keinen Krieg hier hatten und so die Menschen durch den Wohlstand nicht so aufeinander angewiesen sind. Leuchtet mir ein.
Ich mache euch allen einen Vorschlag. Ich würde dieses Thema liebend gerne an einem Abend an einem ruhigen Ort diskutieren, da ich denke, dass das recht eine spannende Diskussion werden würde.
Ich selber betreibe ein Coaching in Bereich Persönlichkeitsentwicklung und ich könnte das ganze moderieren und würde auch einen kleinen ruhigen Seminarraum buchen.
Wer wäre grundsätzlich dabei?

Ich sehs wie Kristallin.
Offenbar brauchen die einen ihre Welt wunderbar in Schubladen einsortiert.
Schweizer sind so, die Deutschen soundso... Schweizerinnen gehen pauschal auch mal so gar nicht.
Liebe Stadtfüxin, als "welsch" werden wir Romands nicht so gerne bezeichnet. ;)

@stadtfüxin: danke.
Wieder mal ch-bashing. Wenn "die schweizer" nicht sooo hmhm sind, NA UND? Warum müssen "wir" (keine ahnung) wie brasilianer sein? oder italiener? oder amerikaner? Supiweltoffen. Ich bin das, was ich bin. Und entschuldige mich nicht dafür. Nur schon das "die schweizer" finde ich in diesem zusammenhang eine zumutung, eine unzulässige verallgemeinerung. Ich bin keine schweizerin von geburt und von zuhause, aber ich liebe dieses land und ich liebe die leute hier und den mix von leuten (25 % ausländeranteil im bauernland, n'dugu..., einer der höchsten in Europa). (aber man darf natürlich auch die minderwertigkeitskomplexe pflegen bis zum gehtnichtmehr, eine spezialität der SP, viel spass dabei...).

Die Igel-Mentalität hat in der Schweiz eine lange Tradition und wird seit dem zweiten Weltkrieg intensiv gepflegt. Die Schweizer wollen sich nicht in die Karten gucken lassen. Es könnte jemand merken, was sie denken oder welche Besitztümer vorhanden sind und dann neidisch werden. Besitzlose Schweizer sind meist kontaktfreudig, es seih denn, sie schämen sich für ihre Armut.

pierreramuz +1
*
ausserdem scheint mir der sehr hohe wohlstand auch seinen teil dazu beizutragen. so hör ich immer wieder, wie freunde, die vergleichbar sehr arme länder bereist haben (zb. albanien, mongolei usw.) von den einheimischen da extrem freundlich aufgenommen und bewirtet wurden, obwohl die selber kaum was haben. also haben wir uns vielleicht wirklich einen gewissen reflex antrainiert, unser hab und gut zu verteidigen. dazu (zu hab und gut) könnte man auch den freundeskreis zählen. jede neue person, welche da dazustösst bedeutet erstmal eine potentielle störquelle. dies gilt vor allem für ganz fremde personen. es gilt das bürgen system. man braucht sehr häufig eine person, die einen in eine gruppe einführt. ansonsten wird man erstmal als eindringling wahrgenommen. das kann einerseits asntrengend sein, führt andererseits aber auch zu einer gewissen beständigkeit. irgendwie ein bisschen wie unser politisches system. da mahlen die mühlen auch langsam aber beständig.

weil man hier noch stil hat und nicht einfach jeden blöd anquatscht!

heh...!!! für ein mal bin ich mit n'dugu einverstanden ;-) !
kein meeranstoss (= offenheit zur welt, schon mal wirtschaftlich) und kein krieg: gut zusammengefasst. dazu kommt: angst vor ALLEM was nicht norm ist (kunst ev. ausgenommen aber eben - die meisten ch-künstler mit erfolg leben nicht in der schweiz) und aus dem rahmen fällt. sogar bei der jüngeren (25-40jh) generation.
ich bin keine (de-)schweizerin (ausser durch heirat mal, wobei mein ex-mann halb nord-deutscher mit it. wurzeln war, und viel herumgereist; reisen öffnet ja immer herz und geist) und komme aus einem land mit meer. zudem bin ich international aufgewachsen und kenne somit nichts anderes als "mit FREMDEN" kulturen, hautfarben, religionen, sprachen und essgewohnheiten stets in kontakt gewesen zu sein.
Ich habe in ZH studiert und immer in, oder in der nähe von grossstädtchen gewohnt. In der DE-schweiz höre ich aber regelmässig (ex-partner, halb tessiner inkl.), ich sei ein "ZU" girl: zu offen, zu direkt, zu spontan, zu optimistisch, zu positiv, zu tolerant, zu freundlich (yes siree!!!), zu kommunikativ und zu... kontaktfreundlich.
One last point: weil ja jeder (= 98%) der zweibeinern heute, wenn "da draussen" nur noch mit ipod, chewing-gum und nase auf smartphone herumläuft, sind eh die 3 "haupt kontakquellen* - ohren, augen, mund - ständig blockiert, und zwar ab 13-14jh.!
DAS sollte als erstes mal geändert werden....

wenn man von der schweiz redet, denkt man meistens nur an die deutschschweizer - oder noch schlimmer: an die zürcher. es gibt auch welsche und tessiner. ich bin im tessin aufgewachsen, da quatscht man auch eher fremde an und mit allen "befreundet". obs denn wirkliche freunde sind, sei dahingestellt. was vermutlich auch für australier gilt.
in zürich trifft die aussage der "kontaktunfreudigkeit" meiner meinung nach zu: man hat wenig zeit, viel zu tun. eigentlich sieht man kaum, wer grad vorbei läuft. das ist sicher ein grund. ein wenig hat die zurückhaltung auch mit anstand und sich-nicht-einmischen-wollen zu tun. man lässt andere einfach in ruhe: ein grund, weswegen viele promis gerne in der schweiz hausen. die werden auch nicht angesprochen. das bankgeheimnis ist auch ein schönes sinnbild für die (deutsch)schweizer verschwiegenheit.
manchmal nervt mich dieser stetige sicherheitsabstand. andermal sage ich mir: es ist einfach eine eigenheit dieses volkes, so wie es bei einem anderen volk eine andere (nervige) eigenschaft sein kann.

freakezoid, hast du diese erfahrung an verschiedenen orten in der schweiz gemacht oder vor allem in zürich? - ich selbst komme aus zürich und kenne es ziemlich gut und kann deine beobachtung teilen. aber beispielsweise in bern empfinde ich die leute schon viel offener oder auch in luzern. n'dugus theorie mit den bauern scheint mir nicht ganz falsch, aber unvollständig. eine tiefe unsicherheit steckt dahinter. mir kommt dann immer in den sinn, dass die schweiz bis vor 100 jahren ein armes land war. dann ist sie zu einem der reichsten länder aufgestiegen. durch fleiss, aber auch durch glück und manchmal auch durch unfaire machenschaften. manchmal kommt es mir so vor, wie wenn "die schweiz" jeden fremden beargwöhnt, ob er vielleicht an diese ergaunerten und erworbenen güter möchte, von denen man selbst nicht immer so genau weiss und wissen will, woher sie kommen. - da mag die alte "bauernschläue" mitspielen. das ist der eine teil. der ander ist der, dass die ganze schweiz mehr oder weniger provinz ist, vorstadt. das richtige dorf gibt es kaum mehr, eine richtige stadt auch nicht. und was tim burton im interview mit der süddeutschen vom letzten samstag sagte (leider nicht online verfügbar) zum stichwort "suburbia", nämlich dass nach seiner erfahrung vorstädte einen viel grösseren spiessigen anpassungsdruck ausüben als andere siedlungsstrukturen - er selbst ist im umfeld von los angeles aufgewachsen - , das scheint mir doch auch auf die schweiz recht gut zuzutreffen.
ins selbe kapitel gehärt auch, dass die schweiz ihre eigene geschichte sehr schlecht kennt und dass vieles immer wieder verdrängt wird. nur gegen grosse widerstände und mit grosser verspätung werden problematische themen diskutiert. und dann schnell wieder unter den teppich gekehrt. friederich dürrenmatt hat dies sehr anschaulich in seiner rede "die schweiz als gefängnis" beschrieben. man kann hier durchaus parallelen sehen zu den zuständen in der tscheckoslowakei (er hat die rede ja zu ehren von vaclav havel gehalten) oder vor allem zur ddr. es ist nicht nur ein misstrauen den fremden gegenüber, es ist auch ein misstrauen den eigenen landsleuten gegenüber.
wie gesagt, soviel zum geschichtlichen. heute denke ich, dass nicht zuletzt dank der personenfreizügigkeit, die schweiz auch etwas lockerer wird. aber oberflächliche hippness bedeutet noch lange nicht weniger verstocktheit.

weil das land so klein ist - dadurch muss man nicht gross rumziehen und man ist nicht darauf angewiesen, dass fremde einen in ihren kreis aufnehmen. weil die schweiz einen bäuerischen ursprung hat - bauern sind fremden gegenüber grundsätzlich misstrauisch. wegen der alpen - ohne meeranstoss mit lauter bergen ist der blick in die weite begrenzt. und weil die schweiz keinen krieg erlebt hat - dadurch waren die menschen nie richtig aufeinander angewiesen. und das bankgeheimnis hat natürlich auch nicht gerade zu offenheit beigeragen.
1