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House of Satoshi
House of Satoshi
FreeIch bin ein Wirtschaftsmagazin
Ort
Zürich
Gegründet
2020
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10
EINE FAST VERRÜCKTE FRAU
Dass Menschen oft nur das sehen, was sie sehen wollen, zeigen die berühmten Rosenhan-Experimente aus den Jahren 1968 bis 1972. In einem von ihnen wurden zwei Psychologen gebrieft, gleich mit einem Patienten zu sprechen, der sich für einen Psychologen halte. Dann wurden die beiden Fachleute aufeinander losgelassen, nur um nach der Sitzung den jeweils anderen für komplett geisteskrank zu erklären. Fälschlicherweise für verrückt erklärt wurde auch Nellie Bly im Jahr 1887 – auch wenn sie daran nicht ganz unschuldig war. Die damals erst 23-jährige Reporterin hatte sich undercover in die berüchtigte New Yorker Psychiatrie auf Blackwell’s Island, heute Roosevelt Island, einweisen lassen. Die Zustände, die sie dort vorfand, waren noch schrecklicher, als sie erwartet hatte: Zu essen gab es verschimmeltes Brot mit ranziger Butter, dünne Suppe und verfaultes Obst, gebadet wurden die Patientinnen einmal die Woche, alle im selben Badewasser. Beleidigungen und Misshandlungen waren an der Tagesordnung. Als Bly bald ihr Spiel als Verrückte beenden wollte und dem Chefpsychiater mitteilte, sie sei völlig gesund, antwortete dieser, sie leide an Wahnvorstellungen. Der Horror endete erst, als sie von einem Anwalt aus der Anstalt geholt wurde. Ihre daraufhin verfasste Reportage «Zehn Tage im Irrenhaus» schlug ein wie eine Bombe. Sie führte dazu, dass die Regierung Blackwell’s Island wenige Jahre später schloss. Bei Bly stellte sich der Erfolg schneller ein: Sie wurde über Nacht zum Star und Vorbild für Frauen, die in den damals männerdominierten Journalismus vordringen wollten. Im Jahr darauf schickte sie ihr Chefredakteur, kein geringerer als Joseph Pulitzer, der Namensgeber des Pulitzer-Preises, auf den Spuren von Phileas Fogg aus Jules Vernes Roman «In 80 Tagen um die Welt» auf eine Weltreise. Nach 72 Tagen, sechs Stunden, elf Minuten und 14 Sekunden war sie zurück – ein neuer Rekord. Damit strafte sie all diejenigen Lügen, die in ihr eine typische Frau jener Zeit sehen wollten: zuhause, am Herd.#DuBistWirtschaft www.punktmagazin.ch
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Langstrasse 136, 8004 Zürich,
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Einführung in Bitcoin - für alle!
Wo: House of Satoshi
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Einführung in Bitcoin - für alle!
Willst du endlich wissen, was es mit Bitcoin auf sich hat? Wenn du zwar schon mal was von Bitcoin gehört hast, es spannend findest, aber keine Ahnung hast, wo du anfangen sollst, dann bist du hier goldrichtig! Du musst kein Ökonom oder Finanzexperte sein – Bitcoin ist für alle!
In unserem praxisnahen Workshop zeigen dir unsere Experten was Bitcoin ist, warum Bitcoin ein "sicherer Hafen" sein kann (wie Gold), wie man Bitcoin kauft und verkauft und wir diskutieren auch über die Mythen, wie Währung der Gangster oder "Umwelt-Sau". Ebenso blicken wir nach vorne: Wohin steuert der Preis von Bitcoin?
Im Ticketpreis sind 10 CHF enthalten, die wir dir in Form Bitcoin zurückerstatten. Ja, richtig gelesen. Wir erstellen gemeinsam ein Wallet und geben dir dann 10 CHF in Bitcoin zurück :-)
Datum:Samstag, 30.11.2024 10:00
Veranstaltungsort:House of SatoshiAdresse:Langstrasse 136, 8004 ZürichVeranstalter:House of SatoshiKontakt:h********@h*****************h
Weitere Informationen sind nur für Ron Orp Leser verfügbar. Hier gleich kostenlos anmelden.
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EINE FAST VERRÜCKTE FRAU
Dass Menschen oft nur das sehen, was sie sehen wollen, zeigen die berühmten Rosenhan-Experimente aus den Jahren 1968 bis 1972. In einem von ihnen wurden zwei Psychologen gebrieft, gleich mit einem Patienten zu sprechen, der sich für einen Psychologen halte. Dann wurden die beiden Fachleute aufeinander losgelassen, nur um nach der Sitzung den jeweils anderen für komplett geisteskrank zu erklären. Fälschlicherweise für verrückt erklärt wurde auch Nellie Bly im Jahr 1887 – auch wenn sie daran nicht ganz unschuldig war. Die damals erst 23-jährige Reporterin hatte sich undercover in die berüchtigte New Yorker Psychiatrie auf Blackwell’s Island, heute Roosevelt Island, einweisen lassen. Die Zustände, die sie dort vorfand, waren noch schrecklicher, als sie erwartet hatte: Zu essen gab es verschimmeltes Brot mit ranziger Butter, dünne Suppe und verfaultes Obst, gebadet wurden die Patientinnen einmal die Woche, alle im selben Badewasser. Beleidigungen und Misshandlungen waren an der Tagesordnung. Als Bly bald ihr Spiel als Verrückte beenden wollte und dem Chefpsychiater mitteilte, sie sei völlig gesund, antwortete dieser, sie leide an Wahnvorstellungen. Der Horror endete erst, als sie von einem Anwalt aus der Anstalt geholt wurde. Ihre daraufhin verfasste Reportage «Zehn Tage im Irrenhaus» schlug ein wie eine Bombe. Sie führte dazu, dass die Regierung Blackwell’s Island wenige Jahre später schloss. Bei Bly stellte sich der Erfolg schneller ein: Sie wurde über Nacht zum Star und Vorbild für Frauen, die in den damals männerdominierten Journalismus vordringen wollten. Im Jahr darauf schickte sie ihr Chefredakteur, kein geringerer als Joseph Pulitzer, der Namensgeber des Pulitzer-Preises, auf den Spuren von Phileas Fogg aus Jules Vernes Roman «In 80 Tagen um die Welt» auf eine Weltreise. Nach 72 Tagen, sechs Stunden, elf Minuten und 14 Sekunden war sie zurück – ein neuer Rekord. Damit strafte sie all diejenigen Lügen, die in ihr eine typische Frau jener Zeit sehen wollten: zuhause, am Herd. #DuBistWirtschaft www.punktmagazin.ch
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AMAZONS ERSTER TAG
Nur wenige Unternehmen verändern tatsächlich das alltägliche Leben der Menschen. Eines davon ist der US-Handelsgigant Amazon, der das Einkaufsverhalten komplett verändert hat. Einst als Online Buchhändler gestartet, ist Amazon heute weit mehr als nur ein Onlinehändler. Das Unternehmen produziert Filme und Serien, baut Tablets und Handys, bietet Serverdienstleistungen an und betreibt in den USA Lebensmittelgeschäfte. Das Zauberwort von Amazons erfolgreichem Gründer Jeff Bezos lautet «Tag 1». Erfolgreiche Firmen dürfen ihren Gründerspirit nie verlieren und die Kundenobsession der sei der beste Weg, um die Vitalität von Tag eins zu bewahren. Tag zwei ist für Bezos bereits Stagnation. Lieber investiert er Kapital in Technologien und neue Geschäftsfelder, als Aktionäre mit hohen Gewinnausschüttungen bei der Stange zu halten. Dafür erntet Bezos nicht nur Lob: Allen voran die Ratingagenturen kritisieren sein Vorgehen. Wegen zu tiefer Profitabilität bewertet Moody’s die Amazon-Anleihen knapp über Schrottniveau. Trotzdem hat Bezos es geschafft, die Wall Street von seinem Konzept zu überzeugen. Andere Wege geht Bezos auch bei der jährlichen Berichterstattung für Aktionäre. Während die meisten börsenkotierten Firmen keinen Aufwand scheuen und Hochglanzbroschüren veröffentlichen, reicht Amazon ein 86-seitiges Word-Dokument. Der Erfolg gibt Bezos recht: Amazons Kursentwicklung schlägt die US-Leitbörsen seit Jahren.
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DAS DA UNTEN
«Das andere Geschlecht» nannte Simone de Beauvoir das Werk, das sie weltberühmt machte – davor hatte die Philosophin und Feministin im Schatten ihres Mannes gestanden, des Schriftstellers und ebenfalls Philosophen Jean-Paul Sartre. Der Buchtitel ist klug gewählt, gilt das männliche Geschlecht doch als der «Normalfall», während das weibliche etwas Abweichendes bezeichnet, etwas Anderes. Das zeigt sich selbst bei Geschlechtsorganen. Lange Zeit war die Vorstellung verbreitet – und von einflussreichen Männern wie Sigmund Freud mit Begriffen wie «Penisneid» befeuert –, dass der Mann in der Unterhose «etwas» hat, während die Frau dort «leer» ist, ein Loch. Diese Asymmetrie setzt sich in der Alltagssprache fort. Das männliche Geschlechtsorgan wird Penis, Glied oder Schwanz genannt. So weit, so selbstverständlich. Wie aber heisst «das da unten» bei Frauen? Scheide? Das Zeitalter der Schwerter ist lange vorbei. Scham? Soweit kommt’s noch. Vagina? Bezeichnet den Kanal, der zum Muttermund führt. Klitoris? Ist ein wichtiger Teil des weiblichen Geschlechtsorgans.
Möse, Muschi? Salopp, aber immerhin kommen wir der Sache näher. Die korrekte Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsorgan lautet: Vulva. Wer das nicht gewusst hat – Simone de Beauvoir lesen! www.punktmagazin.ch
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VON MORGENS BIS ABENDS
Bei Seitensprungportalen gilt dasselbe wie ab vier Uhr morgen im Club: Die Männer sind massiv in der Überzahl. Die Kunst der Anbieter besteht somit darin, einen möglichst hohen Frauenanteil vorzutäuschen. Doch die Konsumenten werden misstrauischer – und googeln die Seriosität der Anbieter. Aber auch diese sind ja nicht auf den Kopf gefallen: In weiser Voraussicht haben sie Webseiten wie singleboersen-vergleich.ch oder betrugstest.com ins Leben gerufen. Die sind natürlich, trotz redaktionellem Anstrich, ihrerseits Betrug. Aber wirklich Mühe gegeben hat man sich dabei nicht. So sind gemäss diesen Seiten sämtliche Portale topseriös, überall hat es mehr Frauen als Männer. Doch die User Kommentare sind offensichtliche Fakes, und dass jeweils ein Pop-up erscheint und zum jeweiligen Anbieter führt, sorgt auch nicht unbedingt für Vertrauen. Damit auch wirklich jeder den Betrug erkennen kann, hat man netterweise eine weitere Hilfestellung eingebaut. Unter jedem Artikel erscheint eine scheinbar zufällig ausgewählte Kundenmeinung. Immer mit vielen Sternen – und immer von derselben Dame: einer gewissen Denise Schlüter. Die natürlich nicht wirklich Denise Schlüter heisst, das Bild ist ein Archivbild. Wenn schon bescheissen, dann richtig, möchte man ihnen zurufen. Nebst den lausigen Fakes gibt es übrigens auch richtige Bewertungsportale. Trustpilot.com etwa. Dort wird C-Date, der Testsieger der meisten Portale, in 74 von 100 Fällen mit einem von fünf Sternen bewertet. #DuBistWirtschaft #lesenistsexy www.punktmagazin.ch Insta und Facebook
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DIGITALER ÜBERLEBENSKAMPF
Mit Geld kann man schöne Sachen machen. In ein gutes Restaurant essen gehen zum Beispiel. Oder, wenn etwas mehr Geld auf der Seite liegt, sich ein neues Auto kaufen. Wer noch mehr Geld hat, kann Sophia Smith eine letzte Überlebenschance verschaffen. Das 10-jährige Mädchen aus Massachusetts hat einen seltenen Hirntumor, der nur schwer operabel ist. Nach sechs Wochen Bestrahlung ist Sophie soweit stabilisiert, dass sie sich einer neuartigen Therapie in England unterziehen könnte. Dafür braucht ihre Familie allerdings 250 000 Dollar, die sie nicht hat. Ihr – und der von Tausenden anderen – letzter Strohhalm ist GoFundMe.com. Während die meisten Crowdfunding-Seiten neue, häufig kreativ angehauchte Projekte befördern, kommt GoFundMe immer häufiger bei Schicksalsschlägen zum Zug: Mittlerweile ist «Medizinische Notfälle» die wichtigste Kategorie der grössten sozialen Fundraising-Plattform. Gesammelt wird einerseits für die tatsächlichen Behandlungskosten, andererseits für die Folgekosten, welche den Familien durch die Erkrankung entstehen. Das Verstörende an der Medical-Kategorie auf GoFundMe ist – aus Schweizer Sicht –, dass es sie überhaupt gibt: Dass Patienten aufgrund überlebensnotwendiger Operationen und deren Folgekosten in die Insolvenz getrieben werden, sind für ein entwickeltes Land ein Armutszeugnis. Doch selbst wenn man sich mit der schieren Existenz von GoFundme arrangiert hat, bleibt ein ungutes Gefühl. Denn wie bei jedem Crowdfunding geht es darum, ein möglichst ansprechendes Profil zu erarbeiten, das möglichst viel Aufmerksamkeit, Klicks, Shares – und letztlich Geld – generiert. Die kleine Sophia etwa muss ein wahrer Sonnenschein sein: beliebt, kreativ, lustig, hilfsbereit, intelligent, kämpferisch. Aber was ist mit Kindern, die mürrisch, nachdenklich, scheu, nicht so helle, vielleicht sogar potthässlich sind? Natürlich haben auch sie ein Recht auf Überleben – nur haben sie im Jööh-Aufmerksamkeitskampf geringe Chancen, die erforderlichen Mittel aufzutreiben. Alles, was ihnen in den Ohren bleibt, ist das GoFuckYou ihrer Sozialsysteme, das den digital geführten Konkurrenzkampf auf dem Sterbebett überhaupt erst nötig macht. #DuBistWirtschaft #lesenistsexy - Betrag aus dem PUNKTmagazin - www.punktmagazin.ch
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Das Bitcoin-Evangelium
Anhänger monotheistischer Religionen sind nicht selten als Religioten verschrien. Dass sich hinter scheinbar profanen Dingen Religiöses verbirgt, ahnen die wenigsten. Denn gerade religiöse Bezüge wirken oftmals zutiefst konstruktiv und sinnstiftend. So auch bei Bitcoin.
In Anlehnung an den Black Friday von 1929 ging auch der 15. September 2008 als schwarzer Tag in die Wirtschaftsgeschichte ein. Mit dem Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt – Tausende Angestellte hatten ihren Arbeitsplatz vom einen Tag auf den anderen zu räumen. Etliche andere Finanzinstitute mussten, genau wie zahlreiche Versicherungen, von ihren Staaten gerettet werden. Der Interbankenhandel, die Geschäftstätigkeit der Banken untereinander, kam faktisch zum Erliegen.
Die realwirtschaftliche Rezession setzte ein. Ein Jahr nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers tat die Commerzbank, was eigentlich unmöglich ist: Sie schätzte die Kosten der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Resultat: 10,5 Billionen Dollar. Der Schock sass tief, die globale politische Verzweiflung war überall spürbar. Erst recht, als sich auch die als Hoffnungsträger angepriesenen Staaten mit ihren Rettungsaktionen ins finanzielle Elend stürzten. Die Sehnsucht nach einem Messias war gross.
31. Oktober 2008. Etwas mehr als ein Monat nach Krisenhöhepunkt erreicht einige hundert Mitglieder einer obskuren E-Mailliste von Kryptografie-Experten die Nachricht eines gewissen Satoshi Nakamoto. «Seit geraumer Zeit arbeite ich an einem elektronischen Zahlungssystem, das vollständig peer-to-peer ist und keiner vertrauenswürdigen Drittpartei bedarf», schreibt der unbekannte Nakamoto. In seiner E-Mail findet sich ein Link zu einem White Paper, das auf eine zwei Monate zuvor registrierte Webseite hochgeladen wurde. Die neunseitige Schrift beschreibt ein Zahlungssystem namens Bitcoin.
Den adressierten Kryptografie-Freaks und Informatikern war die Idee einer Kryptowährung keinesfalls neu. Schon in den 1990er-Jahren gab es derartige Ansätze, sie waren jedoch allesamt gescheitert. Wenig überraschend also, dass auch Bitcoin erstmal auf wenig Euphorie stiess. Warum sollte ausgerechnet dieses System grundlegend besser sein als die anderen?
Göttlich geplantes Timing
Dessen muss sich Satoshi Nakamoto bewusst gewesen sein – weshalb er mit ein paar spezifischen Spezialmerkmalen aufwartete: Bitcoin, so erklärte der unbekannte Schreiber, basiere auf einer Blockchain, einer über unzählige Rechner gestreuten Datenbank. Diese verhindere, dass Transaktionen doppelt ausgeführt werden könnten. Dem fügte er sein ultimatives Verkaufsargument bei: Die Technologie sei komplett dezentralisiert – ohne zentralen Server oder Autorität, die das System kontrolliere. Stattdessen verfügt sie über Anreize, die dafür sorgen, dass die Blockchain durch deren Nutzer aufrechterhalten würde.
Innerhalb der Szene war so ziemlich jeder mit jedem bekannt, da ein reger Online-Austausch gepflegt wurde. Doch von Satoshi Nakamoto hatte noch nie jemand gehört. Aus dem Nichts tauchte dieser Nakamoto eines Tages auf und kündigte Grosses an. Keiner der angeschriebenen Kryptografie-Begeisterten wusste, wer sich hinter diesem Pseudonym verbarg. Nakamoto verwendete zwar zumindest drei E-Mail-Adressen, doch die waren derart aufwendig verschlüsselt, dass die Identifizierung der dahinterstehenden Person faktisch unmöglich war. Noch heute ist die wahre Identität Nakamotos nicht zweifelsfrei geklärt.
Sein plötzliches Erscheinen hätte die ominöse Figur angesichts der Finanzkrise 2008 kaum besser timen können. Geld regiert die Welt, doch wer regiert das Geld? Es war eine jener Fragen, die im Zuge der Ereignisse wieder stärker in den Vordergrund trat. Nakamotos Antwort in seinem Whitepaper: Die Zentral- und Geschäftsbanken dieser Welt. Es sind diese zentralisierten Horte der Macht, die über das Leben und teils Überleben der Menschen entscheiden. Am Höhepunkt der Finanzkrise also, der uns unser wehrloses Ausgeliefertsein einmal mehr schonungslos aufzeigte, trat Satoshi Nakamoto mit seinem Heilsplan die virtuelle Bühne: Bitcoin sollte die Welt und ihre Menschen aus den Fängen der Zentralisierung befreien.
Seit Menschengedenken basieren Gesellschaften auf Vertrauen. Um Vertrauen ab einer bestimmten Gesellschaftsgrösse gewährleisten zu können, waren Menschen immer auf eine zentral organisierte Autorität angewiesen. Mit der bedauernswerten Konsequenz, dass es stets die für unabhängig gehaltene Zentraleinheit war, welche das Vertrauen nicht selten ausnützte.
Was zu Anfangszeiten des Bitcoin wohl keinem der involvierten Programmierer so richtig bewusst war, sollte diesen ein paar Jahre später selbstverständlich erscheinen. Für Bitcoin-Anhänger ist Bitcoin nicht bloss ein alternatives Zahlungssystem, sondern gewissermassen die Errettung aus jahrhundertealter Tyrannei zentralisierter Macht. So wie das Christentum den Menschen von Natur aus als Sklaven der Sünde sieht, erkennen Anhänger von Bitcoin im Menschen einen Sklaven zentralistischer Machtstrukturen. Für die einen liegt die Erlösung in der Gnade Gottes, für die anderen in der Dezentralisierung.
Mysteriöser Schöpfungsakt
Nicht nur den Zeitpunkt hat Satoshi Nakamoto bestens gewählt, auch die Inszenierung erscheint perfekt zu sein. Dass niemand weiss, wer hinter dem Decknamen steckt, macht die Sache mysteriös und wenig fassbar. Das verleiht Bitcoin seinen eigenen Schöpfungsmythos. Diese Geheimniskrämerei hätte wohl kaum so gut funktioniert, wenn sie nicht Bitcoins Schlüsselanliegen – Anonymität und Dezentralität – widerspiegeln würde. Dass selbst der Gründer unbekannt ist und keine zentrale Machtposition innehat, unterstreicht die Integrität und das Wertversprechen der virtuellen Währung.
Nur wenige haben je mit Satoshi Nakamoto via Internet «persönlich» kommuniziert, so wie auch nur wenige Propheten direkten Draht zu ihrem Gott hatten. Am 12. Dezember 2010 richtete Satoshi Nakamoto seine letzte Nachricht an die Community, mit der er seit Anbeginn in Kontakt stand. Er ging ohne eine Abschiedsnachricht, ohne eine letzte glorreiche Abschlussrede. Nakamoto hörte einfach auf zu schreiben.
Sein Rückzug galt jedoch nur der breiten Community, eine kleine Gruppe von Kernprogrammieren scharte Nakamoto weiterhin um sich. Ähnlich wie Jesus seine von ihm auserlesenen Jünger lehrte, informierte Nakamoto seine Core Developer über die weiteren Entwicklungsschritte des Bitcoin. Im April 2011 schickte er jedoch auch seinen Jüngern eine letzte Nachricht. Genauso geheimnisvoll wie Nakamoto auf der Bühne erschien, verschwand er drei Jahre später wieder.
Für Bitcoin-Anhänger ist Satoshi Nakamoto nicht nur das einsiedlerische Computergenie hinter Bitcoin, sondern die Personifizierung einer höheren Macht, die sich aus ihrer aktiven Rolle zurückgezogen hat und noch als gottähnliche Gestalt in unseren Köpfen weiterlebt. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde», steht in der Genesis. Und Nakamoto schuf am Anfang den ersten Block an Bitcoins, den Genesis-Block. Die Parallelen zur Schöpfungsgeschichte der Bibel sind nicht zu übersehen.
«Machet die Welt zu Jüngern»
Mittlerweile die Bitcoin-Community stark angewachsen, bezüglich Symbolik steht sie religiösen Glaubensgemeinschaften in nichts nach. Die Christen haben ihr Kreuz, die Moslems den Halbmond, die Bitcoin-Jünger den Token. Selbst Musik wird zu Ehren des Bitcoin komponiert. Es sind – wenig überraschend – lobpreisende Lieder. Der offizielle Bitcoin-Song «Ode to Satoshi» etwa beschreibt, wie Bitcoin dereinst die Welt regieren wird. «10 000 Bitcoins» von Laura Saggers wiederum ist angelehnt an «Oder es werden Musiktitel christlichen Anbetungsliedern nachempfunden: 10 000 Bitcoins heisst das Stück von Laura Saggers und erinnert dabei stark an 10 000 Reasons (Bless the Lord)» von Matt Redman.
Selbstverständlich darf auch ein auf Bitcoin und dessen Begründer abgeändertes «Vaterunser» nicht fehlen. Darin heisst es beispielsweise: «Und führe uns nicht in Altcoins (andere Kryptowährungen), sondern erlöse uns von Ripple (eine Blockchain für das etablierte Bankensystem). Diese religiös anmutenden Lieder und Gebete zeigen, dass Bitcoin eben nicht bloss Zahlungsmittel ist, sondern auch eine Religion. Niemand schreibt Lieder und Gebete über Visa oder Master Card.
Dass es so weit kommen konnte, ist der Arbeit der Core Developer zu verdanken. Diese Handvoll Programmierer war es, die andere Programmierer sowie Unternehmer und Investoren bekehrte, die wiederum selber die frohe Botschaft verbreiteten. Religiöse Konnotationen sind auch hier klar sichtbar: Innerhalb der Gemeinschaft spricht man oft von Bitcoin-Evangelisten, die Ungläubige bekehren sollen. Gewonnen werden diese neuen Jünger an zahlreichen Bitcoin-Meetups, die, wie sollte es anders sein, nicht selten an Orten abgehalten werden, die Satoshi Square getauft wurden. Schilderungen zufolge hätte manch interessierter Neubesucher ein erleuchtendes Glaubenserlebnis, nachdem die Wahrheit von Bitcoin gepredigt wurde.
Die enge Pforte und der schmale Weg
Bitcoin hat vor allem jene in seinen Bann gezogen, die den Moment der Erlösung sehnlichst erwartet haben. Auch in den Jahren vor der Geburt Christi hofften die unterdrückten Juden auf eine Befreiung von den römischen Besatzungsmächten. Mit der Geburt Jesu glaubten viele an die Wende. Umso grösser war die Enttäuschung, als der Messias mit den bestehenden Herrschaftsstrukturen nicht aufräumte.
Ähnlich Ernüchterndes könnte auch der Bitcoin-Community bevorstehen, denn inzwischen haben sich Zentral- und Geschäftsbanken sowie andere Grossunternehmen im grossen Stil auf die Blockchain eingeschossen. Es scheint realistisch, dass sich die hinter Bitcoin stehende Technologie in vielen Bereichen durchsetzt – vermutlich aber durch die grossen Player in die von ihnen gewünschten Bahnen gelenkt wird. Dass die Blockchain aber sämtliche zentralistischen Institutionen obsolet werden lässt, scheint zumindest in nächster Zeit ausgeschlossen.
Selbst innerhalb der Bitcoin-Community gibt es Zankereien, die an die religiösen Aufspaltungen des Christentums erinnern. Bitcoin XT, Bitcoin Classic und Bitcoin Unlimited sind nur die bedeutendsten dieser Forks, wie die alternativen Programme in der Fachsprache genannt werden. Sie leiten sich alle von Bitcoin Core ab, der Originalversion von Bitcoin. Wenn auch alle dasselbe Bitcoin-Protokoll zum Fundament haben, weichen sie in der Ansicht über das eigentliche Wesen und die Programmierung voneinander ab. Natürlich behauptet jeder, die eine richtige Interpretation von Nakamotos Worte zu haben, die er in seinem Whitepaper, für viele eine Art Bibel, dargelegt hat.
Wird Bitcoin je Mainstream werden? Es ist nicht davon auszugehen. Zu stark ist der Gegenwind jener anderen Religion, deren Gott die zentralistisch organisierte Papiergeldwährung ist. Das kann man als Misserfolg sehen – aber vielleicht muss es ja genauso sein. Denn gerade aufgrund der zahlreichen religiösen Wesenszüge, die einen schöpferischen Idealismus nähren, hat Bitcoin das Zeug, auch ausserhalb des Systems für seine Gläubigen Sinn und Alternative zu sein.
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