Kommentare

eschebeschl, damals mitte/ende 90'ziger als diese junge britin mit ihrem lover gegen einen pfeiler in paris geklatscht ist, da wurde weltweit in den gedenkgottesdiensten applaudiert.
aber hat sich was geändert? sind wir dem tod gegenüber offener geworden? verzichten wir auf paparazzi bilder?
was hat sich mit dem 11. september geändert? sind wir unserer sterblichkeit bewusster geworden? umarmen wir unsere mitmenschen regelmässiger?
oder bleiben wir in unserer umgebung.
damals als dieser junge fussballfan zum krüppel geprügelt wurde, hat uns das allen die augen geöffnet und sind die randerscheinungen der matche nun gewaltfrei?
da war doch der türsteher vom longstreet, angelo. wurde ermordet, mitten unter uns. leben wir nun in einer waffenlosen schweiz?
wie schon von ristretto gesagt, medienhype und live-betroffenheitsjournalismus.
ja das leben ist gefährlich. hört mal wieder hank williams, Ill never get out of this world alive.

@ heindoof und bikini. Eure flapsig gemeinten Beiträge bringen die Sache möglicherweise auf den Punkt. Wir leben halt weder im Irak, noch in Haiti und das letzte grosse Sterben bei uns liegt lange zurück. Insofern ist in unserer Gesellschaft und zur heutigen Zeit der Tod oder viel mehr Tote tatsächlich nicht sehr präsent. Und wenn, dann wird im verborgenen Gestorben. Noch vor zwei Generationen war es durchaus üblich, dass Verstorbene noch drei Tage zu Hause aufgebahrt blieben um Freunden, Nachbarn und Verwandten die Möglichkeit zum Abschiednehmen zu geben. Dadurch war der Tod sicherlich präsenter und alltäglicher als heute. Als vor drei Jahren mein Vater gestorben ist, kamen die Nachbarskinder aus reiner Neugierde vorbei, weil sie mal eine Leiche sehen wollten. Das finde ich durchaus verständlich. Meine Eltern haben mich als Kind vor dieser Erfahrung schützen wollen, bei den Begräbnissen meiner Grosseltern durfte ich nicht dabei sein und so war ich schon fast erwachsen, als ich zum ersten Mal eine Leiche sah.
Ich finde das bedauerlich, wenn der Tod so verdrängt wird. Und um jetzt noch einmal den Bogen zu schlagen zur Trauerfeier für Robert Enke: Da wurde eben gerade nicht routiniert ein Event abgefeiert. Es war im Gegenteil die Unsicherheit der Beteiligten, wie wohl mit so einer Situation umzugehen sei, deutlich spürbar. Wohl nie zuvor war bei einer Trauerfeier so viel geklatscht worden, mal verhalten, mal kräftig, dann wieder stockend. Da war eine grosse Menschenmenge zu beobachten bei ihrer Suche nach der angemessenen Form für ihre Veranstaltung. Und im Übrigen waren die Reden allesamt hörenswert. DFB-Präsident Zwanziger hat in einer bewegenden, selbstkritischen Rede, ohne Manuskript übrigens, das eigene Tun und Lassen und mithin den ganzen Fussballzirkus sehr in Frage gestellt. Und wenn er dadurch die Menschen erreichen und sie ermuntern konnte, vermehrt auf ihre Mitmenschen zu achten, Augen, Ohren und Herzen offen zu halten, wie einer von euch geschrieben hat, dann hat sich die Veranstaltung schon gelohnt.

Genau. Oder mach mal eine umfrage im Irak. Oder in Haiti. Nimmt mich ja wunder.

Nur so am Rand; "Der Tod wird wieder gesellschaftsfaehig"
Wann war er das dann das letzte mal? 1941 beim Russlandfeldzug?
Blödes Thema, dumme Meinungen.

Ein guter Beitrag, der auch bei wiederholter Lektüre trotz traurigem Thema Freude macht. Gut deshalb, weil mit Sensibilität und Menschlichkeit geschrieben! Bravo. Ich werde künftig mehr auf Dich bzw Deine Beiträge achten. Du hast auf Besserwisserei, Zynismus, Anklage etc verzichtet, womit Du Dich von einigen Forumteilnehmer angenehm abhebst.

Achtung Spiritualität:
Ich lese gerade ein faszinierendes Buch: "Mutige Seelen". In diesem wird die These vertreten, gestützt auf channelings, daß die Seelen sich vorher (vor der Geburt) absprechen und daß z.B. der Freitod eines Menschen keine Flucht oder Feigheit ist, sondern aus dem Grunde geschieht, daß andere Menschen daran wachsen dürfen! In diesem Fall von der mutigen Ehefrau und Adoptivtochter, über teils einfacher gestrickte Fußballfans, die sich sonst gegenseitig die Köpfe einhauen bis zu den Menschen, die sich hier darüber Gedanken machen.
Interessant auch, daß der Tod, der in dieser Gesellschaft so ausgeklammert wird, plötzlich ins Rampenlicht gerät. In anderen Kulturen und Religionen, im Buddhismus und im Hinduismus wird er nicht so verdrängt. Ein interessanter Beitrag zu diesem Thema www.memoro.org Es ist genau wie bei den Ängsten, verdrängen bringt gar nichts, lieber konkret ins Auge fassen, hier herrscht die perfekte Gleichheit aller.

@panchovilla Was genau stört dich denn? Warum diese Abwehr? Was ist daran inszeniert, wenn noch am Abend des Todes 35000 Leute spontan zum Stadion gehen, um ihre Trauer und Fassungslosigkeit mit anderen zu teilen? Sind die alle ferngesteuert? Wer hat denen gesagt, das sei jetzt "in"? Was ist falsch daran, wenn der Verein reagiert und in wenigen Tagen eine Trauerfeier organisiert und damit dem Bedürfnis sehr vieler Menschen entgegenkommt, die persönlich Anteil nehmen wollen? Woher willst du wissen, dass die allermeisten ausserhalb Hannovers noch nie von diesem Spieler gehört hatten?
Vermutlich waren ihm die wenigsten zuvor schon mal persönlich begegnet. Aber spürbar war da in allen Interviews und Berichten über ihn seit Jahren, dass dieser Mensch ein Aufrechter war, jemand dem es gelungen war, im aufgeheizten Betrieb des Profifussballs sich selbst und seinen Idealen treu zu bleiben, jemand, der auch im harten Konkurrenzkampf immer fair und sportlich blieb und selbst seinen direkten Konkurrenten den Erfolg gegönnt hat. Ein bei allem Ehrgeiz durchaus bescheidener Mensch, der auch die Schattenseiten des Daseins kennengelernt hatte, ohne dadurch von seiner Linie abzukommen. So eine gelebte Haltung hat heute tatsächlich Seltenheitswert, zumindest im Bereich der Leistungsspitze. Andere mögen Sinnvolleres und überhaupt "Mehr" geleistet haben in ihrem Leben. Aber er hat in einem Bereich, der sehr im Fokus der Öffentlichkeit steht, der mit seinen Mechanismen, Ansprüchen, Verwerfungen immer auch Spiegel der Gesellschaft ist, in der wir zu leben haben, eine eher altmodische Haltung verkörpert, eine Sehnsucht nach Fairness und Mitgefühl.
Die, die nun trauerten, hatten gehofft, dass er sich mit dieser Haltung durchsetzen möge, einige, die etwas näher dran waren, sahen in ihm tatsächlich ein Idol.
Es schmerzt, dass er nun an seinen eigenen hehren Ansprüchen gescheitert ist. Mit ihm starb auch ein Stück der Hoffnung, dass im Spitzensport Menschlichkeit, Anteilnahme und Ehrlichkeit möglich wären. Insofern wurde das Gewissen derer berührt, die als Fans oder bloss Interessierte viel Zeit und Gefühle in den Betrieb des Profifussballs investieren und dabei vielleicht ahnen, dass sie alleine durch ihr Interesse an den jeweils aktuellen Ereignissen und Ergebnissen den sogenannten "Medienhype", den sie im Grunde ablehnen, selbst mit befeuern.
Mich hat sein Tod bewegt und auch die Reaktionen der Menschen in seinem Umfeld. Da waren echte Gefühle spürbar, da wurde wieder mal deutlich, dass auch Prominente, Stars, die, die sich durchgesetzt haben, Menschen sind wie wir, mit Hoffnungen, Ängsten, Schwächen und Empfindlichkeiten. Und endlich konnten sie das auch so zeigen.

noch ergaenzen dart ich das zitat aus Der Todesanzeige der Ehefrau Robert emkes: Dass die Trauerfeier eine bewegende Stunde des deutschen Fußballs wurde, lag auch an den Reden. Heinrich Plochg, der Pastor der Pfarrei St. Joseph, zitierte aus der Todesanzeige von Theresa Enke, die selbst ein Zitat des tschechischen Schriftstellers und Staatsmanns Vaclav Havel aufgegriffen hatte. "Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." Diese Worte hatte Teresa Enke, die mit ihrem mutigen Schritt auf die Depression ihres Mannes hinzuweisen, die große Anteilnahme ausgelöst hatte, ihrem Robert mitgegeben. "Er war nicht nur Idol, sondern ein Ideal, ein ideales Vorbild", fügte Pfarrer Plochg hinzu.

ich moechte hier einmal die These von der "Entdeckung der Langsamkeit" einbringen. es gibt im Moment so etwas wie ein sich entwickelndes "weltgewissen". unsere Wahrnehmung von selbsttodereignissen beschraenkt sich ja in der Regel auf eigene Erfahrungen (nahtodereignisse bzw. ausserkoerperliche Wahrnehmungen) oder uns nahestehende Menschen als angehoerige oder Freunde, bekannte, die durch so ein Ereignis wortwoertlich aufgeruettelt werden. in der tat veraendert dies die eigene (selektive) Wahrnehmung. warum also wieder die schuld bei den anderen suchen (Popkultur und medienschelte). nur weil ein Thema einen "Nerv" der Zeit in "good old romantic europe" trifft muss man es doch nicht gleich verdammen und schelten. "suspend judgement" stillstehen, innehalten und lieber einmal mehr nachdenken darueber, was eigentlich wesentlich im leben fuer mich ist! Kalibrierung und ggfls. bewusstmachen und -werden der eigenen Ziele, wuensche, Wahrnehmung und Wirklichkeit. wir werden durch (auch die mediale) Inszenierung solcher Ereignisse wach geruettelt. das erinnert uns dann vielleicht an eigene Verletzungen, Frustrationen, Belanglosigkeiten und essentielles ja manchmal sogar existentielles. von daher glaube ich an einen Wandel durch solche Ereignisse in denjenigen Menschen, die so einen Freitod als Erinnerung und Mahnung an das eigene leben, die wunderbare Vielfalt der moeglichkeiten und Auswahlen erinnert und uns zum handeln inspiriert - auch einmal in nicht ausgetretene Pfade zu gehen, sonst wird man niemals eigene fussabdruecke (Legacy) hinterlassen sondern halt mit der Masse unauffaellig und gar nicht besonders mit der mainstreet untergehen. mir jedenfalls ging das Ereignis unterdie Haut. vor allem die Flucht nach vorne der nun wirklich meist betroffenen Person seiner Ehefrau. en mutiger Schritt in die (Medien) offensive, damit eben jeder Spekulatius von vorne herein abgewuergt wird. ihre gefuehle und wuerdigungen des lebenden und toten Robert Enke sowie die eigene Trauer und wuerdigungen der Geschichte dieses Mannes. ich bin froh, dass da jemand den Mut hatte - und das in so einer Lage. die Trauer und Wut der Menschen ist genauso echt und authentisch wie die verlogenen Trittbrettfahrer, die meinen sie haetten eine stimme zu dieser Geschichte hinzuzufuege , sich jedoch voellig doof und dumm nur selber in den Mittelpunkt stellend. was meint ihr dazu? ich jedenfalls bleibe lieber mal wieder stehen, beobachte und versuche zu fuehlen und zu spurten, was da passiert (auch mit mir!)

Jaja, wiedermal voll mit scheisse was?
in tat und wahrheit, kümmert es sowohl dich MJ als auch dich Bikini einen feuchten scheiss, ihr seid nur mit euch beschäftigt und das feingefühl jemandem das Herz zu lesen habt ihr laaaaange hinter euch gelassen, wiederlich ist das.

Okay, du willst darüber diskutieren. Ich handle, wenn es angezeigt ist.

ich finde nicht, dass es nur um einen "geschmacklosen hype" geht, an dem sich alle aufgeilen. Klar gibt es in diesem Fall uebertriebenes Medieninteresse, weil es eben ein Fussballstar war, der sich umgebracht hat. Aber es bringt doch auch Diskussionen zum entstehen, die sich damit befassen, dass die Vokskrankheit nr. 1, naemlich Depression, ein Tabuthema in unserer Leisitungsgesellschaft ist, ein Tabu, das vermittelt, dass man nichts oder weniger wert ist, wenn man eben nicht fit, schlank, erfolgreich, dem Druck gewachsen ist. Man hat einfach nicht psychisch labil, krank, instabil zu sein. basta. Und es ist doch - so tragisch der Tod eines Einzelnen auch fuer die Familie und Freunde sein mag - laengst an der Zeit, dass an diesem Tabu endlich geruettelt wird!

Da ich keinen fernseher habe, geht glücklicherweise auch dieser (geschmacklose) hype an mir vorbei (halleluja). ---- Es ist tragisch und traurig, wenn ein mensch sich umbringt, weil er zu sehr am leben litt. Anteilnahme darf sein, es würde aber weiterbringen, wenn man etwas konkretes aus der betroffenheit machen würde, sprich einem kollegen, von dem man weiss, dass es ihm nicht so gut geht, etwas nettes, humorvolles, tröstendes sagen oder einfach fragen "wie gehts". Anteilnahme soll schon beginnen, wenn der am-leben-leidende noch lebt. Selten entscheidet sich jemand von einem tag auf den anderen zu sterben. Das plant man, reift heran. Und diese menschen sind nicht irgendwo. Sie sind auch nicht angeschrieben "achtung suizidgefährdet". Es kann ein freund, ein bruder, ein bekannter, ein nachbar, die verkäuferin von der bäckerei sein. Deshalb augen und ohren und herz offen halten.

@panchovilla: in jedem zweiten Leserbrief und Zeitungsartikel wird der Lokführer erwähnt - und zwar immer genau mit diesen Worten: "Kein Mensch spricht vom Lokführer.."
Ich finde alles auch ein Wenig übertrieben und Betroffenheitskitsch liegt mir ziemlich fern - Ich kann aber die Trauer um Enke, der weekend für weekend in der BuLi zu sehen und National-torhüter war, eher nachvollziehen als wenn im Kreis4 Kerzen angezündet werden für Micha-el Jackson.

medienhype und live-betroffenheitsjournalismus... da sind jegliche relationen verloren gegangen.